1
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, verkaufte und vermietete im Zeitraum
September bis Dezember 2005 PKW.
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Einziger Geschäftsführer und
Alleingesellschafter der Klägerin war SK. SK war darüber
hinaus auch Geschäftsführer und Alleingesellschafter der
in den Niederlanden ansässigen E-BV (E), einer
Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts. Die E war zu 99 %
an der in Frankreich ansässigen S-SARL (S), einer
Kapitalgesellschaft französischen Rechts, beteiligt.
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3
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S bot in Frankreich PKW zum Verkauf an.
Zwischen S und der in Spanien ansässigen V-SL (V), einer
Kapitalgesellschaft spanischen Rechts, bestand ein
„Provisionsvermittlungsvertrag“, aufgrund dessen S in
Frankreich Abnehmer für Fahrzeuge warb, an die V die Fahrzeuge
verkaufte. Die an die in Frankreich ansässigen Abnehmer
verkauften PKW erwarb V von der Klägerin, die diese Fahrzeuge
ihrerseits entweder von E oder von anderen Händlern erwarb,
wenn S einen Abnehmer in Frankreich gefunden hatte. Die Differenz
zwischen Ein- und Verkaufspreis der V belief sich auf ca. 500 EUR
pro PKW.
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Soweit die Klägerin die Fahrzeuge von
E erwarb, war ihrem Geschäftsführer, SK, der
Weiterverkauf durch V auf Vermittlung von S an den jeweiligen
französischen Abnehmer aufgrund eines
„Winst-Verdeling“ genannten Vermerks, aus dem sich auch
der jeweilige Kaufpreis ergab, bekannt. Bei den PKW handelte es
sich sowohl um Neu- als auch um Gebrauchtfahrzeuge.
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Bei Neufahrzeugen veranlasste die
Klägerin die Zulassung des PKW auf sich selbst und versicherte
die Fahrzeuge. Mit den französischen Käufern der PKW
schloss die Klägerin eine
„Kraftfahrzeugüberlassungsvereinbarung“ und einen
„Mietvertrag“ für sechs Monate ab, ohne dass dabei
Mietzahlungen vereinbart wurden. Die Klägerin übergab die
PKW im Inland an zwei Personen, für die V erst nach Abwicklung
der streitigen Fahrzeuglieferungen schriftliche
„Überführungsvollmachten“ erteilte. Die
beiden Bevollmächtigten brachten die PKW nach Frankreich zu S,
die die PKW dort den französischen Abnehmern gegen Zahlung des
Kaufpreises an S übergab. S leitete die Kaufpreiszahlungen an
E weiter.
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6
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Nach Ablauf von sechs Monaten meldete die
Klägerin die PKW ab und erteilte V eine Rechnung über
eine innergemeinschaftliche Lieferung eines Gebrauchtfahrzeugs.
Zeitgleich überwies E den von den französischen Abnehmern
gezahlten Kaufpreis an S zurück. S leitete die Zahlung an V
weiter. V überwies den ihr in Rechnung gestellten Kaufpreis an
die Klägerin. Mit zwei Ausnahmen wurden alle Fahrzeuge auf die
Abnehmer in Frankreich zugelassen. In zwei Fällen wurden PKW
auf Käufer in den Niederlanden zugelassen.
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Die Klägerin behandelte die
PKW-Verkäufe an V als steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferungen. Sie zeichnete die der V erteilte
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auf. Weiter verfügte die
Klägerin jeweils über eine Versicherung der V, die
Fahrzeuge nach Barcelona/Spanien zu verbringen und dort der
Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen. Tatsächlich wendete V auf
den Verkauf an die französischen Abnehmer nur die
Differenzbesteuerung an.
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8
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) ging im Anschluss an eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass die PKW aufgrund
eines Gesamtplans direkt an die französischen Endabnehmer
geliefert wurden. V sei nur zum Schein in die Lieferkette
einbezogen worden, um innergemeinschaftliche Lieferungen
vorzutäuschen. V sei keine Verfügungsmacht verschafft
worden. Tatsächliche Abnehmer seien die französischen
Endkunden gewesen. Die Einschaltung der V sei wirtschaftlich
unsinnig gewesen und habe nur der Umsatzsteuerhinterziehung
gedient. Das FA ging daher von steuerpflichtigen Lieferungen im
Inland aus und änderte dementsprechend die
Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide September bis Dezember 2005
durch die Änderungsbescheide vom 22.6.2007. Der hiergegen
eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
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9
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Demgegenüber gab das Finanzgericht
(FG) der Klage statt. Abnehmer der Lieferungen sei V gewesen. Die
zivilrechtlichen Vereinbarungen hätten zwischen der
Klägerin und V bestanden. Die Klägerin habe die PKW an
Bevollmächtigte der V ausgehändigt. V habe die in den
Rechnungen der Klägerin ausgewiesenen Kaufpreise an die
Klägerin gezahlt. Die französischen Abnehmer hätten
die Verfügungsmacht von V erhalten. Dass V keinen
innergemeinschaftlichen Erwerb versteuert, sondern auf die
Lieferungen an die französischen Abnehmer die
Differenzbesteuerung angewendet habe, spreche nicht gegen eine
Abnehmerstellung der V. Unerheblich sei der „strukturierte
Verkaufsablauf“ und die der Klägerin bekannte
„Winst-Verdeling“, nach der sich für V nur eine
Marge von ca. 500 EUR aus den einzelnen PKW-Verkäufen ergeben
habe. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass S die Fahrzeuge
an die französischen Abnehmer verkauft habe. Hierfür
spreche auch nicht die Bezahlung, da S keine Zahlungen an die
Klägerin geleistet habe. Die Klägerin habe den Beleg- und
Buchnachweis erbracht. Zumindest seien die Lieferungen nach der
objektiven Beweislage steuerfrei, da die Klägerin die PKW an V
als Unternehmer geliefert habe und aufgrund der
Zulassungsbescheinigungen feststehe, dass die Fahrzeuge nach
Frankreich und in zwei Fällen in die Niederlande gelangt
seien. Einen Antrag des FA auf Tatbestandsberichtigung lehnte das
FG ab.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2010, 1930 =
SIS 10 25 48 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht das FA Verletzung
materiellen Rechts geltend. Die Klägerin sei mit ihren
Umsätzen in ein Betrugsmodell eingebunden gewesen und habe an
Verschleierungsmaßnahmen zur Vermeidung der
Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsland Frankreich kollusiv
mitgewirkt. V sei zur Anwendung der Differenzbesteuerung nicht
befugt gewesen. Nach den den Mitgliedstaaten gemäß Art.
28c Teil A der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) zustehenden
Befugnissen und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des
Gerichthofs der Europäischen Union (EuGH) seien die
Lieferungen steuerpflichtig.
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Das FA beantragt sinngemäß, das
Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unzulässig, hilfsweise als unbegründet
zurückzuweisen.
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Die Revision hätte nicht zugelassen
werden dürfen. Auch aus der Revisionsbegründung des FA
ergebe sich keine grundsätzliche Bedeutung. Das FA habe sich
nicht mit Haupt- und Hilfsbegründung des FG
auseinandergesetzt. Zumindest sei die Revision unbegründet.
Die Sachverhaltswürdigung sei Sache des FG, an die der
Bundesfinanzhof (BFH) mangels geltend gemachter Verfahrensfehler
gebunden sei. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG
habe sich die Klägerin keines Rechts- oder Systemmissbrauchs
schuldig gemacht. Es lägen auch keine Feststellungen vor, nach
denen sich ihr Geschäftsführer an der Vermeidung einer
Erwerbsbesteuerung auch beteiligt habe. Das FG habe weiter
festgestellt, dass sie, die Klägerin, den Beleg- und
Buchnachweis erbracht habe. Ein strafrechtlicher Vorwurf gegen den
Geschäftsführer sei nicht einmal ansatzweise dargelegt
worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft habe in einem
Strafverfahren sogar Freispruch für den
Geschäftsführer beantragt. Die spanischen und
französischen Finanzbehörden hätten die Sache nicht
weiter verfolgt. Von einem kollusiven Zusammenwirken könne
keine Rede sein. Der vom EuGH entschiedene Fall sei mit dem
Streitfall, weil eine Hinterziehung nicht vorliege, nicht
vergleichbar. Es stehe ihr frei, ein steuerlich optimales Ergebnis
zu erzielen.
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II. A) Die Revision des FA ist entgegen der
Auffassung der Klägerin zulässig. Das FA macht mit seiner
Revision ausdrücklich eine Verletzung von Bundesrecht durch
eine unzutreffende Auslegung von § 6a des Umsatzsteuergesetzes
1999/2005 (UStG) geltend und wendet sich sowohl gegen die vom FG
bejahte Steuerfreiheit aufgrund eines Beleg- und Buchnachweises als
auch gegen die vom FG angenommene Steuerfreiheit nach der
objektiven Beweislage. Dass sich das FA daneben auch noch zu
einzelnen Revisionszulassungsgründen des § 115 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) geäußert hat, steht der
Zulässigkeit der Revision nach § 120 Abs. 2 FGO nicht
entgegen. Weiter kann gegen die Zulassung der Revision nicht
eingewendet werden, dass das FG die Revision mangels
Zulassungsgrundes nicht habe zulassen dürfen (vgl. § 115
Abs. 3 FGO).
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B) Die Revision des FA ist auch
begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage
abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Lieferungen
der Klägerin sind nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen
steuerfrei.
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1. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind
unter den Voraussetzungen von § 6a UStG steuerfrei.
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a) Die Steuerfreiheit für die
innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer oder der
Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Darüber
hinaus bestehen bei Lieferungen an Unternehmer oder juristische
Personen weitere, in der Person des Erwerbers zu erfüllende
Voraussetzungen. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und
b, Nr. 3 UStG muss es sich beim Abnehmer der Lieferung entweder um
einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein
Unternehmen erworben hat, oder um eine juristische Person handeln,
die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung
nicht für ihr Unternehmen erworben hat; der Erwerb des
Gegenstands der Lieferung muss in allen Fällen beim Abnehmer
in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der
Umsatzbesteuerung unterliegen.
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Die Steuerfreiheit beruht auf Art. 28c Teil A
Buchst. a Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach sind
steuerfrei „a) die Lieferungen von Gegenständen im
Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den
Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des
in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft
versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an
einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige
juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in
einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder
der Beförderung der Gegenstände handelt“.
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b) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen der
Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG gemäß §
6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999/2005 durch Belege
und buchmäßige Aufzeichnungen nachzuweisen. Dieser
Beleg- und Buchnachweis beruht auf dem ersten Satzteil des Art. 28c
Teil A der Richtlinie 77/388/EWG (BFH-Urteil vom 12.5.2009 V R
65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter
II.B.1.b). Danach legen die Mitgliedstaaten Bedingungen
„zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen
Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung
von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und
Mißbrauch“ fest, wobei sie die Grundsätze der
Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und des
Vertrauensschutzes zu beachten haben (EuGH-Urteil vom 7.12.2010
C-285/09, R, UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr. 45). Der Unternehmer
hat den Beweis für die Steuerfreiheit einschließlich der
von den Mitgliedstaaten aufgestellten Bedingungen zu erbringen
(EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr. 46).
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c) Erbringt der Unternehmer den Beleg- und
Buchnachweis nicht vollständig, erweisen sich Nachweisangaben
als unzutreffend oder bestehen berechtigte und nicht durch den
Unternehmer ausgeräumte Zweifel an der inhaltlichen
Richtigkeit der Angaben (vgl. BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl
II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter II.B.2.b; vom 17.2.2011 V R
28/10, BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57, unter II.2.c), ist die
Lieferung steuerpflichtig, wenn diese Mängel den
„sicheren Nachweis“ der materiellen
Anforderungen verhindern (EuGH-Urteil vom 27.9.2007 C-146/05,
Collée, Slg. 2007, I-7861 = SIS 08 00 30 Rdnr. 31).
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22
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Darüber hinaus ist die Lieferung auch
steuerpflichtig, wenn - obwohl die Voraussetzungen für die
Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung objektiv
vorliegen - sich der Steuerpflichtige unter Verstoß gegen die
auf dem ersten Satzteil des Art. 28c Teil A der Richtlinie
77/388/EWG beruhenden Pflichten zum Beleg- und Buchnachweis die
Identität des Erwerbers verschleiert, um diesem im
Bestimmungsmitgliedstaat eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu
ermöglichen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr.
51 und Leitsatz. BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57,
und vom 17.2.2011 V R 30/10, BFH/NV 2011, 1451 = SIS 11 22 58,
jeweils unter II.2.c).
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23
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2. Die Klägerin ist nach diesen
Grundsätzen entgegen dem FG-Urteil nicht berechtigt, die
Steuerfreiheit ihrer Lieferungen aufgrund der nachweislich objektiv
vorliegenden Voraussetzungen hierfür zu beanspruchen. Selbst
wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass -
unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung zur Bestimmung
des Abnehmers (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57, und
in BFH/NV 2011, 1451 = SIS 11 22 58, jeweils unter II.2.b) - im
Streitfall V Abnehmer der Lieferungen der Klägerin war, sind
die Lieferungen der Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung an
einer Umsatzsteuerhinterziehung steuerpflichtig.
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a) Der EuGH begründet in seinem Urteil R
in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 die Steuerpflicht trotz Vorliegens
der objektiven Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der
innergemeinschaftlichen Lieferung damit, dass die Vorlage von
Scheinrechnungen oder die Übermittlung unrichtiger Angaben
sowie sonstige Manipulationen die genaue Erhebung der Steuer
verhindern und das ordnungsgemäße Funktionieren des
Mehrwertsteuersystems in Frage stellen. Das Ausstellen unrichtiger
Rechnungen berechtigt dabei die Mitgliedstaaten aufgrund der ihnen
nach dem ersten Satzteil des Art. 28c Teil A der Richtlinie
77/388/EWG eingeräumten Befugnisse, die Steuerfreiheit zu
versagen, wobei die Grundsätze der
Verhältnismäßigkeit, der Neutralität, der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes der Steuerpflicht nicht
entgegenstehen, wenn sich der Lieferer dadurch vorsätzlich an
einer Steuerhinterziehung beteiligt, dass er die Identität des
wahren Erwerbers verschleiert, um diesen zu ermöglichen,
Mehrwertsteuer zu hinterziehen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnrn. 48 bis 55). Dementsprechend geht auch das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) davon aus, dass „die
Steuerfreiheit jedenfalls nicht eingreift, wenn die
Erwerbsbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat unterlaufen
wird“ (BVerfG-Beschluss vom 16.6.2011 2 BvR 542/09, unter
C.I.b bb). Maßgeblich ist insoweit der zwischen
innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem
Erwerb bestehende Besteuerungszusammenhang und die damit bezweckte
Verlagerung des Steueraufkommens auf den Bestimmungsmitgliedstaat
durch die dort beim Abnehmer als Steuerschuldner vorzunehmende
Besteuerung (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57, und
in BFH/NV 2011, 1451 = SIS 11 22 58, jeweils unter II.2.a und
3.).
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b) Im Streitfall hat sich die Klägerin
über ihren Geschäftsführer SK mit ihren Lieferungen
wissentlich an einem auf Umsatzsteuerhinterziehung angelegten
Geschäftsmodell beteiligt, das das Funktionieren des
gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet, und kann daher
für diese Lieferungen nicht die Steuerfreiheit nach § 6a
UStG beanspruchen.
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aa) Die Klägerin hat Fahrzeuge erworben,
auf die die Regelungen über die Differenzbesteuerung nach
nationalem Recht wie nach der Richtlinie 77/388/EWG nicht anwendbar
waren.
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Die Lieferung von Gegenständen unterliegt
nur dann der Differenzbesteuerung, wenn für die Lieferung des
Gegenstandes an den Unternehmer, der die Differenzbesteuerung
anwendet (Wiederverkäufer) gemäß § 25a Abs. 1
Nr. 2 UStG „Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach §
19 Abs. 1 UStG nicht erhoben“ oder „die
Differenzbesteuerung vorgenommen wurde“, wobei letzteres
zu Recht erfolgt sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 23.4.2009 V R
52/07, BFHE 226, 123, BStBl II 2009, 860 = SIS 09 28 69, Leitsatz).
Die gleichen Voraussetzungen bestehen im Unionsrecht, das in Art.
26a Teil B Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für die Anwendung
der Differenzbesteuerung darauf abstellt, dass die Gegenstände
an den Wiederverkäufer „von einem
Nichtsteuerpflichtigen“, „von einem anderen
Steuerpflichtigen, sofern die Lieferung des Gegenstandes
gemäß Artikel 13 Teil B Buchst. c von der Steuer befreit
ist“, „von einem anderen Steuerpflichtigen,
sofern für die Lieferung des Gegenstandes durch diesen anderen
Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung nach Artikel 24 gilt und es
sich um ein Investitionsgut handelt“ oder „von
einem anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, sofern die
Lieferung durch diesen anderen steuerpflichtigen
Wiederverkäufer gemäß dieser Sonderregelung
mehrwertsteuerpflichtig ist“, geliefert werden.
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Im Streitfall hat die Klägerin die
Fahrzeuge nach den für den Senat bindenden Feststellungen
(§ 118 Abs. 2 FGO) von anderen Händlern ohne Anwendung
der Differenzbesteuerung erworben, so dass die Weiterlieferung
durch die Klägerin wie auch weitere Anschlusslieferungen nicht
der Differenzbesteuerung unterlagen.
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bb) Bei der innergemeinschaftlichen
Weiterlieferung der Fahrzeuge erteilte die Klägerin Rechnungen
an V über nach § 6a UStG steuerfreie Lieferungen,
während V für die von S vermittelten Verkäufe an die
französischen und niederländischen
„Endabnehmer“ Rechnungen über
differenzbesteuerte Lieferungen ausstellte. V unterließ
demgegenüber die im Mitgliedstaat der Beendigung der
Beförderung nach Art. 28b Teil A Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG geschuldete Besteuerung des innergemeinschaftlichen
Erwerbs (Art. 28a der Richtlinie 77/388/EWG). Damit wurde in der
von der Klägerin angenommenen Lieferkette (Klägerin an V
und V an „Endabnehmer“) ein nach der Richtlinie
77/388/EWG nicht bestehender „Steuervorteil“
dadurch in Anspruch genommen, dass die in Frankreich und den
Niederlanden aufgrund der Lieferungen der Klägerin bestehende
Verpflichtung zur Erwerbsbesteuerung durch das Vortäuschen
einer differenzbesteuerten Lieferung verdeckt wurde.
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Dies erfolgte - worauf der Senat in der
mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat - im
Rahmen eines Geschäftsmodells, das durch Hinterziehung der
nach der Richtlinie 77/388/EWG geschuldeten Erwerbssteuer darauf
angelegt war, das ordnungsgemäße Funktionieren des
gemeinsamen Mehrwertsteuersystems in Frage zu stellen und dazu
diente, die Erwerbsbesteuerung zu unterlaufen. Denn der
Fahrzeugvermittler S und die Klägerin als
Fahrzeugverkäufer waren nahestehende Personen, da der
Gesellschafter/Geschäftsführer der Klägerin, SK,
Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der E
war, die ihrerseits zu 99 % an S beteiligt war. Die Einschaltung
der V beruhte daher nicht auf wirtschaftlichen Erwägungen,
sondern diente ausschließlich dazu, durch Ausstellen von
Rechnungen über differenzbesteuerte Lieferungen der
Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs faktisch zu
entgehen.
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cc) Die Klägerin hat sich auch
wissentlich an der Hinterziehung der Erwerbssteuer beteiligt. Denn
wie sie selbst ausführt, hatte sie über ihren
Geschäftsführer „Kenntnis von jedem einzelnen
Geschäftsvorfall“ und „hat die
maßgeblichen Fahrzeuge erst dann selbst angekauft, wenn der
Endabnehmer, vorliegend der französische Endkunde, seinerseits
den Kaufvertrag abgeschlossen hatte“, so dass die
angestrebte Lieferkette (Erwerb durch die Klägerin, Lieferung
an V und an „Endabnehmer“) erst in Gang gesetzt
wurde, wenn S einen potentiellen Kunden für ein bestimmtes
Fahrzeug gefunden hatte. Zudem hat sich die Klägerin in
Kenntnis des „strukturierten Verkaufsablaufs“,
und in Übernahme der „bewusst sachlich
falschen“ Angaben der V zum Bestimmungsort der Fahrzeuge
in Barcelona/ Spanien an der Hinterziehung der nach der Richtlinie
77/388/EWG in Frankreich und den Niederlanden geschuldeten
Erwerbssteuer beteiligt. Ob zugleich auch eine Steuerhinterziehung
im Inland vorliegt, ist dabei für die umsatzsteuerrechtliche
Beurteilung ebenso unerheblich wie die Frage, wie das Handeln des
SK strafrechtlich zu würdigen ist.
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dd) Ohne Bedeutung ist, ob die Klägerin,
wie sie darlegt, davon ausging, dass nach spanischem Recht - im
Gegensatz zum UStG und zur Richtlinie 77/388/EWG - ein aufgrund
einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung erworbener
Gegenstand im Rahmen der Differenzbesteuerung weitergeliefert
werden könne. Selbst wenn die Rechtsauffassung der
Klägerin in Bezug auf die Beurteilung des spanischen Rechts
zuträfe, wäre dies unerheblich, da die Fahrzeuge, wie
zwischen den Beteiligten unstreitig ist, im Streitfall nie nach
Spanien gelangt sind und daher Spanien als ein für Besteuerung
maßgeblicher Leistungsort für eine ggf. der
Differenzbesteuerung unterliegende Lieferung von vornherein
ausscheidet. Daher kommt auch der Behauptung der Klägerin, sie
habe „in dem guten Glauben gehandelt, dass der Ablauf der
Geschäftsbeziehung legal ist“, keine Bedeutung zu,
zumal sie sich das Wissen ihres Geschäftsführers SK
zurechnen lassen muss (vgl. BFH-Urteil vom 19.5.2010 XI R 78/07,
BFH/NV 2010, 2132 = SIS 10 32 74, unter II.2.b bb).
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Ohne Erfolg macht die Klägerin für
die Steuerfreiheit ihrer Lieferungen schließlich geltend, es
stehe ihr „frei, die Rechtsbeziehungen so auszugestalten,
dass unter Beachtung der spanischen Umsatzsteuervorschriften
insgesamt Umsatzsteuer eingespart und so das Geschäft positiv
beeinflusst werden“ konnte. Zwar können die
Steuerpflichtigen nach der Rechtsprechung des EuGH „die
Organisationsstrukturen und die Geschäftsmodelle, die sie als
für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Begrenzung
ihrer Steuerlast am besten geeignet erachten, im Allgemeinen frei
wählen“ und hat „der Steuerpflichtige, wenn
er die Wahl zwischen verschiedenen Umsätzen hat, das Recht
..., seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine
Steuerschuld in Grenzen hält“ (EuGH-Urteil vom
22.12.2010 C-277/09, RBS Deutschland, UR 2011, 222 = SIS 11 01 63
Rdnrn. 53 f.). Eine derartige Wahlmöglichkeit bestand aber im
Streitfall nicht. Denn die von der Klägerin gelieferten
Fahrzeuge unterlagen nicht der Differenzbesteuerung, wobei
hinsichtlich der Weiterlieferung der Fahrzeuge auch kein Recht auf
„Option“ zur Differenzbesteuerung bestand (vgl.
auch BFH-Urteil in BFHE 226, 123, BStBl II 2009, 860 = SIS 09 28 69, unter II.1.c bb).
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3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist
abzuweisen, da der Klägerin die Steuerfreiheit nach § 6a
UStG für die von ihr ausgeführten Lieferungen entgegen
dem FG-Urteil, das bei seiner Entscheidung das EuGH-Urteil R in UR
2011, 15 = SIS 11 00 36 nicht berücksichtigen konnte, unter
keinem denkbaren Gesichtspunkt zusteht.
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Für ein Vorabentscheidungsersuchen an den
EuGH besteht kein Anlass. Zwar ergibt sich - worauf der Senat im
Urteil in BFH/NV 2011, 1451 = SIS 11 22 58, unter II.3.a
hingewiesen hat - aus dem EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 nicht, ob eine Steuerpflicht der innergemeinschaftlichen
Lieferung trotz Vorliegens der objektiven Voraussetzungen der
hierfür zu erfüllenden Voraussetzungen in Betracht kommt,
wenn dem Unternehmer - ohne über die Identität des
Abnehmers zu täuschen - nur bekannt ist, dass der Abnehmer,
den er nach seinen Belegen und buchmäßigen
Aufzeichnungen als Abnehmer führt, seine steuerlichen
Verpflichtungen im Bestimmungsmitgliedstaat nicht erfüllt.
Keine unionsrechtlichen Zweifel bestehen nach der Rechtsprechung
des EuGH aber für die im Streitfall vorliegende
Fallgestaltung, bei der dem Lieferer - hier der Klägerin -
nicht nur bekannt war, dass der Abnehmer - hier V - seine
Verpflichtung zur Erwerbsbesteuerung in Frankreich und den
Niederlanden nicht erfüllt hat, sondern sie im Rahmen des von
ihrem Gesellschafter/Geschäftsführer auf
Umsatzsteuerhinterziehung angelegten Geschäftsmodells
Lieferungen in Kenntnis und Billigung der maßgeblichen
Umstände ausgeführt hat.
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