Anteilsschenkung unter Vorbehaltsnießbrauch, Schenkungsteuer: Wenden Eltern Teile ihrer Beteiligungen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft unentgeltlich ihren Kindern zu und behalten sie sich dabei den lebenslänglichen Nießbrauch vor, fehlt es den Kindern an der für die Anwendung des § 13 a ErbStG erforderlichen Mitunternehmerinitiative, wenn vereinbart ist, dass die Nießbraucher die Gesellschafterrechte der Kinder wahrnehmen und die Kinder den Eltern "vorsorglich" Stimmrechtsvollmacht erteilen. - Urt.; BFH 10.12.2008, II R 34/07; SIS 09 05 64
I. Zur Regelung ihrer
Vermögensnachfolge gründeten die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr Ehemann
zunächst eine Grundstücks-Verwaltungs GmbH (GmbH) und
zusammen mit dieser als Komplementärin durch notariell
beurkundeten Vertrag vom 28.12.2001 (UR-Nr. 1154/2001) eine GmbH
& Co. KG (KG), an deren Gesellschaftsvermögen die Eheleute
je zur Hälfte und die GmbH nicht beteiligt sein sollten. Das
Gesellschaftskapital sollte 20.000 EUR betragen und von den
Eheleuten durch Einbringung eines ihnen bis dahin zu hälftigem
Miteigentum gehörenden bebauten Grundstücks sowie der
damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten in Höhe von
511.292 EUR aufgebracht werden. Soweit der Wert des
Grundstücks „die Kommanditeinlage“ überstieg,
war die Differenz hälftig auf variablen Kapitalkonten
auszuweisen. Die festen Kapitalkonten sollten das Maß der
Gesellschaftsrechte bestimmen. Die KG wurde am 16.4.2002 ins
Handelsregister eingetragen.
Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag
vom selben Tag (UR-Nr. 1156/2001) vereinbarten die Eheleute, ihr
festes Kapitalkonto von je 10.000 EUR in jeweils drei Anteile
aufzuspalten, und zwar in einen Anteil von 1.000 EUR und zwei
Anteile von 4.500 EUR. Sodann übertrugen sie - mit Wirkung auf
den Zeitpunkt der Eintragung der KG ins Handelsregister - die
Anteile zu 4.500 EUR jeweils unentgeltlich auf den Sohn und die
Tochter. Dazu hieß es, die Schenkungen würden durch
Umbuchung des „vorbezeichneten festen Kapitals“ auf
Konten der Kinder vollzogen. Es bestehe Einigkeit darüber,
„dass die variablen Kapitalkonten der Schenker von der obigen
Übertragung unberührt bleiben“. In Abänderung
des Gesellschaftsvertrages der KG erkannten die Kinder an, nur ein
Stimmrecht von je 5 v.H. zu haben. Außerdem billigten sie den
Eheleuten das „unbegrenzte Recht zu, Entnahmen zu
tätigen, auch wenn hierdurch ein negatives Kapitalkonto beim
Schenker und negatives Kapital der Gesellschaft“ entstehe
oder sich vergrößere.
Die Eheleute behielten sich jeweils einen
lebenslänglichen Nießbrauch vor und verpflichteten sich
gesamtschuldnerisch, die außerordentlichen
Grundstückslasten einschließlich der eingebrachten
Verbindlichkeiten zu tragen. Die Nießbraucher sollten die
Gesellschaftsrechte in der KG wahrnehmen; die Kinder erteilten
ihnen „vorsorglich Stimmrechtsvollmacht“. Nach Regelung
einiger auflösender Bedingungen bezüglich der
Schenkungsabreden übernahmen die Eheleute schließlich
die Schenkungsteuer.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) ermittelte einen Grundbesitzwert für Zwecke
der Schenkungsteuer auf den 28.12.2001 für das von den
Eheleuten in die KG eingebrachte Grundstück in Höhe von
1.552.282,15 EUR und setzte mit Bescheid vom 5.12.2002 wegen der
Schenkung der Klägerin an die Tochter eine Steuer von 8.184
EUR fest. Als Ausführungszeitpunkt der Schenkung war der Tag
der Eintragung der KG ins Handelsregister, nämlich der
16.4.2002, angegeben. Der schenkweise Erwerb war mit 1/4 von 90
v.H. von (abgerundet 1.552.000 EUR ./. 511.292 EUR), nämlich
mit 234.159 EUR, angesetzt.
Einspruch und Klage, mit denen die
Klägerin verlangt hatte, ihr die Steuervergünstigungen
des § 13a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
i.d.F. vor Inkrafttreten des Art. 13 Nr. 1 des
Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 29.12.2003 (BGBl I 2003, 3076) -
ErbStG - zu gewähren, blieben ohne Erfolg. Das FA stundete
lediglich mit Einspruchsentscheidung vom 30.6.2003 die Steuer
vollen Umfangs nach § 25 Abs. 1 ErbStG. Auch das Finanzgericht
(FG) war der Ansicht, die Steuervergünstigungen des § 13a
ErbStG könnten nicht gewährt werden, weil die Kinder
keine Mitunternehmer geworden seien. Es fehle an der
Mitunternehmerinitiative, weil die Gesellschafterrechte der Kinder
von den Nießbrauchern wahrgenommen würden, und wegen des
umfassenden Entnahmerechts der Nießbraucher auch an dem
Mitunternehmerrisiko.
Im Klageverfahren hatte die Klägerin
ein auf Januar 2002 datiertes und von den Eltern sowie den Kindern
unterschriebenes Schriftstück vorgelegt, in dem festgestellt
wurde, es sei von Anfang an gewollt gewesen, auch die variablen
Kapitalkonten in die Zuwendungen einzubeziehen. Dies solle mit dem
Schriftstück klargestellt werden.
Mit der Revision rügt die
Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 sowie Abs. 2 und 4 Nr. 1 ErbStG. Die den Eltern erteilte
Stimmrechtsvollmacht stehe einer Mitunternehmerinitiative der
Kinder nicht entgegen. Durch die Vollmachten seien deren
Stimmrechte nicht erloschen. Die Kinder könnten jederzeit
persönlich an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen und
ihr Stimmrecht ausüben. Die damit gegebenen
Gestaltungsmöglichkeiten seien von den Kindern auch genutzt
worden. Dazu verweist die Klägerin auf das oben erwähnte
und vom 2.1.2002 datierende Schriftstück. Außerdem stehe
- so die Klägerin - den Kindern das Widerrufsrecht
gemäß § 164 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB)
zu. Auch die Vollmachten könnten gemäß § 168
Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) jederzeit
widerrufen werden; diese Möglichkeit habe schon zum
Ausführungszeitpunkt der Schenkung bestanden. Im Übrigen
ergebe sich aus dem „Vollmachtsverhältnis“ die
Verpflichtung des Bevollmächtigten, die Vollmacht
ausschließlich im Interesse des Vollmachtgebers
auszuüben. Die Kinder hätten auch ein
Mitunternehmerrisiko getragen. Dem stehe das Entnahmerecht der
Eltern nicht entgegen. Ein Verlust des Gesellschaftsvermögens
hätte auch sie betroffen. Sollten die Kinder nicht
Mitunternehmer geworden sein, stelle sich die Frage, ob dies
überhaupt rechtserheblich sei. Entscheidend sei doch
lediglich, dass das übertragene Vermögen
Betriebsvermögen sei. Dieses Erfordernis sei unabhängig
von einer Mitunternehmerstellung der Kinder erfüllt.
Schließlich rügt die Klägerin das Übergehen
eines Beweisantrags.
Die Klägerin beantragt, unter
Aufhebung der Vorentscheidung den Schenkungsteuerbescheid vom
5.12.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.6.2003 dahin
zu ändern, dass die Steuervergünstigungen
gemäß § 13a ErbStG gewährt und die Steuer
dadurch auf 0 EUR herabgesetzt werden.
Das FA ist der Revision
entgegentreten.
II. Die Revision ist unbegründet; sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Steuervergünstigungen des
§ 13a ErbStG sind zu Recht verweigert worden, da die Kinder
nicht Mitunternehmer geworden sind. Es fehlt zumindest an der
erforderlichen Mitunternehmerinitiative.
1. Die KG ist eine gewerblich geprägte
Personengesellschaft. Zugewendet sind Teile von den
Kommanditbeteiligungen der Eltern (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 14.12.1995 II R 79/94, BFHE 179, 166, BStBl II 1996,
546 = SIS 96 06 08). Deren vom FA mit Hilfe des Grundbesitzwerts
ermittelten Werte sind nicht zu beanstanden.
a) Durch die schenkweise Übertragung von
Teilen der elterlichen Kommanditbeteiligungen sind die Kinder
Mitinhaber des Gesellschaftsvermögens geworden. Die
Schenkungen sollten nach dem Vertragswortlaut nur die festen
Kapitalkonten der Eltern erfassen. Sie waren durch Umbuchung von
den Kapitalkonten der Eltern auf entsprechende Kapitalkonten der
Kinder zu vollziehen. Allerdings haben die Eltern die Umbuchungen
entgegen dem Wortlaut des Schenkungsvertrages nicht auf die festen
Kapitalkonten beschränkt, sondern im selben Verhältnis
ihre variablen Kapitalkonten einbezogen. Dies ist
schenkungsteuerrechtlich beachtlich. Maßgeblich ist
nämlich gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht
die vereinbarte, sondern die tatsächlich vorgenommene
Bereicherung der Kinder auf Kosten der Eltern. Dazu bedurfte es des
im Klageverfahren vorgelegten und auf Januar 2002 datierenden
Schriftstücks nicht.
b) Da die Umbuchungen zeitnah zu der
Einbringung des Grundstücks in die Gesellschaft erfolgten,
spiegeln die Gesellschafterkonten nach Vollzug der Umbuchungen auch
das Verhältnis wider, in dem die Eltern und die Kinder am
Gesellschaftsvermögen bestehend aus dem eingebrachten
Grundstück als Aktivposten und den damit
zusammenhängenden Verbindlichkeiten als Passivposten beteiligt
waren. Da somit das Verhältnis, in dem sich dieses
Vermögen auf die nunmehr vier Kommanditisten verteilte, fest
lag - nämlich im Verhältnis 5:5:45:45 -, kann auf sich
beruhen, mit welchem Wert die Eltern das Grundstück
tatsächlich in die Gesellschaft eingebracht haben und ob
dieser „Einbringungswert“ dem gemeinen Wert
entsprach oder nicht. Es ist auch zutreffend, dass das FA bei der
Ermittlung des Gesellschaftsvermögens die von den Eltern in
die KG eingebrachten Verbindlichkeiten als Passivposten
berücksichtigt hat, obwohl die Eltern sich gegenüber den
Kindern im Rahmen der Nießbrauchsbestellung verpflichtet
hatten, die eingebrachten Verbindlichkeiten zu tragen. Diese Abrede
betraf nicht das Gesellschaftsverhältnis, welches für die
Bestimmung des Werts der Beteiligungen an der KG maßgeblich
ist.
2. Das FG hat auch zutreffend erkannt, dass
die Klägerin durch die Verweigerung der
Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und
Abs. 2 ErbStG in ihren Rechten nicht verletzt wurde.
a) Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1
ErbStG kommen die Vergünstigungen in Betracht für
inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb u.a. eines
Anteils an einem Gesellschaftsanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) oder eines Anteils daran. Im
Streitfall war Erwerbsgegenstand nicht jeweils ein Anteil an einem
Gesellschaftsanteil im Sinne der genannten Vorschriften des EStG,
sondern ein Teil von einem Gesellschaftsanteil. Dies unterscheidet
den Sachverhalt von demjenigen, der dem Urteil des FG Münster
vom 10.11.2005 3 K 5635/03 Erb (EFG 2006, 422 = SIS 06 14 20), auf
das sich die Klägerin beruft, zugrunde lag. Damals ging es um
eine typisch stille Unterbeteiligung, die die Frage aufwarf, ob
überhaupt etwas zugewendet worden ist. Das Urteil wurde nur im
Ergebnis bestätigt, weil es an einer Zuwendung fehlte
(BFH-Urteil vom 16.1.2008 II R 10/06, BFHE 220, 513, BStBl II 2008,
631 = SIS 08 15 04). Geht es um die Abspaltung von einem
Gesellschaftsanteil, die mit der Aufnahme eines weiteren
Gesellschafters in die Gesellschaft verbunden ist (vgl. dazu R 51
Abs. 3 Satz 3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien - ErbStR - 2003),
muss der Empfänger dieses abgespaltenen Teils seinerseits
Mitunternehmer werden, um die Vergünstigungen des § 13a
ErbStG beanspruchen zu können.
b) Die in § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG
vorgesehenen Steuervergünstigungen greifen nur ein, wenn das
von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbene
Vermögen durchgehend sowohl beim bisherigen Rechtsträger
als auch beim neuen Rechtsträger (Erwerber) den Tatbestand des
Abs. 4 Nr. 1 der Vorschrift erfüllt (so BFH-Urteil vom
14.2.2007 II R 69/05, BFHE 215, 533, BStBl II 2007, 443 = SIS 07 11 14; vgl. auch Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer,
§ 13a Rz 24; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher,
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, § 13a
Rz 132; Seer in GmbHR 1999, 64, 70; a.A. Meincke, Erbschaftsteuer-
und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 13a Rz
7, allerdings nur für die Seite des Erblassers/Schenkers;
Kapp/ Ebeling, § 13a ErbStG Rz 7.1). Dies ergibt sich für
die Erwerberseite nicht nur aus dem Begünstigungszweck der
Norm in Verbindung mit den Nachversteuerungstatbeständen des
Abs. 5 der Vorschrift, sondern auch aus dem Gleichheitssatz des
Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Bevorzugung des
Betriebsvermögens gegenüber anderen Vermögensarten
bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bedarf im Hinblick auf Art.
3 Abs. 1 GG einer Rechtfertigung, wie sie der Gesetzgeber dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 22.6.1995 2
BvR 552/91 (BVerfGE 93, 165, BStBl II 1995, 671 = SIS 95 17 09,
unter C. I. 2. b bb) entnommen hat. Das BVerfG hat aber die
Milderung des Steuerzugriffs bei Betriebsvermögen
ausdrücklich auf solche Erwerber beschränkt, die den
Betrieb „weiterführen“,
„aufrechterhalten“ und
„fortführen“. Diese Wortwahl zeigt, dass
das BVerfG einen Erwerber im Blick hatte, bei dem das erworbene
Vermögen Betriebsvermögen geblieben ist. Bei einem Erwerb
eines Mitunternehmeranteils bzw. eines Teils davon verlangt die
Fortführung, dass auch der Erwerber Mitunternehmer geworden
ist. Dies hat seinen Niederschlag auch im Wortlaut des § 13a
Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gefunden. Danach gelten die
Steuervergünstigungen nicht für inländisches
Betriebsvermögen schlechthin, sondern nur für derartiges
Vermögen beim Erwerb u.a. eines Anteils an Gesellschaften i.S.
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG. Es reicht daher
nicht, dass eine Gesellschaft wie im Streitfall gewerblich
geprägte Personengesellschaft geblieben ist, wenn es am Erwerb
eines Mitunternehmeranteils deshalb fehlt, weil der
übertragene Gesellschaftsanteil ertragsteuerrechtlich als
wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) einem Vorbehaltsnießbraucher zuzurechnen
ist.
c) Die verlangte Mitunternehmerstellung haben
die Kinder im Streitfall nicht erlangt. Es fehlt bereits an der
dafür erforderlichen Mitunternehmerinitiative, so dass es
nicht mehr darauf ankommt, ob und in welchem Ausmaß sie ein
Mitunternehmerrisiko tragen. Mitunternehmerinitiative bedeutet vor
allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend ist
schon die Möglichkeit zur Ausübung von
Gesellschaftsrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und
Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten
nach dem HGB zustehen (so BFH-Urteil vom 11.7.1989 VIII R 41/84,
BFH/NV 1990, 92 = SIS 89 23 27). Daran fehlt es im Streitfall.
aa) Es kann auf sich beruhen, ob und inwieweit
ein Nießbrauch, mit dem der Anteil an einer
Personengesellschaft belastet ist und dessen Ausgestaltung nicht
von den inhaltlichen Vorgaben des BGB abweicht, dazu berechtigt,
die Mitverwaltungsrechte und das Stimmrecht des Gesellschafters
wahrzunehmen (vgl. dazu Ulmer in Münchener Kommentar zum BGB,
Bd. 5, 4. Aufl. 2004, § 705 Rdnrn. 99-102; Gummert in
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1, 2004,
§ 16 Rdnr. 26; Karsten Schmidt in Münchener Kommentar zum
Handelsgesetzbuch, Bd. 3, 2007, Vor § 230 Rdnr. 21; W.
Müller in Beck’sches Handbuch der
Personengesellschaften, 2. Aufl. 2002, § 4 Rz 21); denn ein
nach den Vorgaben des BGB ausgestalteter Nießbrauch
lässt jedenfalls die Mitunternehmerinitiative des
Nießbrauchsbestellers nicht entfallen (so BFH-Urteil vom
1.3.1994 VIII R 35/92, BFHE 175, 231, BStBl II 1995, 241, 245 = SIS 94 22 14). Im Streitfall haben die Vertragspartner jedoch über
die Vorgaben des BGB hinaus bestimmt, die Gesellschaftsrechte -
gemeint sind die Gesellschafterrechte - sollten von den Eltern als
Nießbrauchern wahrgenommen werden. Damit haben sich die
Eltern deren Ausübung vorbehalten. Nur für den Fall, dass
diese Abrede aus rechtlichen Gründen das angestrebte Ziel
verfehlt, die Gesellschaftsrechte wie bisher, aber nunmehr als
Nießbraucher weiter ausüben zu können, haben die
Kinder den Eltern „vorsorglich“ eine
Stimmrechtsvollmacht erteilt (vgl. dazu Karsten Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 1824). Spätestens damit
ist die Position der Kinder in der KG so geschwächt, dass von
einer Mitunternehmerschaft nicht mehr gesprochen werden kann.
bb) Die Kinder haben sich der Ausübung
ihrer Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte begeben und damit
den Eltern auch die Möglichkeit eingeräumt, trotz des
gesellschaftsvertraglich dafür vorgesehenen Erfordernisses der
Einstimmigkeit den Gesellschaftsvertrag ggf. zum Nachteil der
Kinder zu ändern. Das schließt eine
Mitunternehmerinitiative der Kinder aus (vgl. auch Schmidt/Wacker,
Einkommensteuergesetz, Kommentar, 27. Aufl. 2008, § 15 Rz 751,
756). Daran vermag die Regelung des § 168 Satz 2 Halbsatz 1
BGB, wonach eine Vollmacht auch bei Fortbestehen des ihrer
Erteilung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses widerruflich
ist, nichts zu ändern. Die Regelung steht nämlich unter
dem einschränkenden Halbsatz 2 der Vorschrift, wonach die
Widerruflichkeit entfällt, wenn sich aus dem ihrer Erteilung
zugrundeliegenden Rechtsverhältnis etwas anderes ergibt.
Vorliegend ergibt sich etwas anderes. Das der Vollmachtserteilung
zugrundeliegende Rechtsverhältnis erschließt sich
nämlich im Streitfall aus der ihrer Erteilung vorangestellten
Abrede, wonach die Gesellschaftsrechte von den Nießbrauchern
wahrgenommen werden. Denn wegen der Bedenken, ob eine derartig
weitgehende Abrede zulässig ist, wurde
„vorsorglich“ eine Stimmrechtsvollmacht erteilt.
Die Abrede über die Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte sieht
aber keine Widerrufsrechte vor. Solche Widerrufsrechte lassen sich
auch nicht aus dem Auftragsrecht herleiten. Die Eltern sahen sich
hinsichtlich der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte der Kinder
nicht als deren Beauftragte (§ 662 BGB). Sie wollten diese
Gesellschafterrechte - für die Kinder erkennbar - mittels der
Stellung als Vorbehaltsnießbraucher in Kontinuität
(weiter) ausüben. Damit ist auch die der Absicherung dienende
Vollmacht unwiderruflich. Unter diesen Umständen kann auf sich
beruhen, ob eine freie Widerruflichkeit der Vollmacht
überhaupt erheblich oder deshalb unbeachtlich wäre, weil
mit der Ausübung eines solchen Widerrufsrechts im
Verhältnis zwischen Schenker und Beschenkten nicht zu rechnen
wäre.
cc) Das während des Klageverfahrens
vorgelegte und auf den Januar 2002 datierte Schriftstück, das
auch von den Kindern unterzeichnet ist, beweist entgegen der
Ansicht der Klägerin nicht, dass die Kinder bei
Gesellschaftsbeschlüssen auch persönlich abgestimmt
hätten. Das Schriftstück betrifft keine
Gesellschaftsangelegenheit im Sinne der Stimmrechtsregelung in der
KG, sondern den Vertrag UR-Nr. 1156/2001, der neben der Zuwendung
der Gesellschaftsbeteiligungen die Stimmrechtsregelung im Rahmen
der Nießbrauchsbestellung überhaupt erst begründet.
Eine schriftliche Erklärung aber, die eine einvernehmliche
Interpretation dieses Vertrages durch die Vertragsparteien
darstellen soll, muss durch die Vertragsparteien persönlich
abgegeben werden.
3. Die Rüge, das FG habe einen
Beweisantrag übergangen und dadurch die Sache mangelhaft
aufgeklärt, greift nicht durch. Unabhängig davon, ob sich
der Beweisantrag aus dem vorbereitenden Schriftsatz an das FG vom
24.9.2003 überhaupt auf entscheidungserhebliche Tatsachen
bezog, hat die Klägerin ein etwaiges Rügerecht bereits
gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der
Zivilprozessordnung (ZPO) verloren (vgl. dazu BFH-Urteil vom
20.4.1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727 = SIS 89 16 33). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche
Verhandlung am 27.4.2006 ist weder der Antrag wiederholt noch die
Nichterhebung der angebotenen Beweise gerügt worden (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 30.7.2002 X B 40/02, BFH/NV 2003, 56 = SIS 03 06 66, sowie vom 15.1.2004 XI B 203/02, BFH/NV 2004, 657 = SIS 04 17 93).
Zweifel an der Entscheidungserheblichkeit der
unter Beweis gestellten Tatsachen ergeben sich aus Folgendem:
Selbst wenn den Kindern trotz der Stimmrechtsregelung das Recht
verblieben wäre, an den Gesellschafterversammlungen
teilzunehmen - auch dies wäre ein Mitverwaltungsrecht (Karsten
Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 558) -, wäre
aus denselben Gründen, die gemäß den vorstehenden
Ausführungen zu II. 2. c) gegen eine Widerruflichkeit der
Stimmrechtsvollmachten sprechen, auch eine persönliche
Stimmrechtsausübung durch die Kinder ausgeschlossen, sofern
die Eltern sie nicht im Einzelfall gestatten.