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Vorbehaltsnießbraucher als wirtschaftlicher Eigentümer der Gesellschaftsanteile

Vorbehaltsnießbraucher als wirtschaftlicher Eigentümer der Gesellschaftsanteile: Wem Gesellschaftsanteile im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen werden, erwirbt sie nicht i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG, wenn sie weiterhin dem Nießbraucher nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen sind, weil dieser nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann. - Urt.; BFH 24.1.2012, IX R 51/10; SIS 12 07 57

Kapitel:
Unternehmensbereich > Betriebsaufgabe, Veräußerung, Anteilsübertragung
Fundstellen
  1. BFH 24.01.2012, IX R 51/10
    BStBl 2012 II S. 308
    LEXinform 0928152

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 25.4.2012
    -/- in NWB 13/2012 S. 1051
    jh in StuB 7/2012 S. 282
    J.M. in AktStR 2/2012 S. 206
    B.H. in BFH/PR 6/2012 S. 212
    W.Bo. in FR 13/2012 S. 644
    B.H. in HFR 5/2012 S. 500
    H.G. in DStR 10/2013 S. 448
Normen
[EStG] § 17 Abs. 2
[AO 1977] § 39 Abs. 2 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 06.08.2010, SIS 10 33 86, Anteilsübertragung, Nießbrauch, Ablösezahlung, Anschaffungskosten, Angehörige
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 14.11.2023, SIS 23 20 83, Berechtigung zur Absetzung für Abnutzung (AfA) nach entgeltlichem Anteilserwerb: 1. Mit dem entgeltlichen...
  • FG Nürnberg 29.9.2023, SIS 24 05 34, Einkommensteuerpflicht der entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs an GmbH-Anteilen: 1. Die Za...
  • BFH 14.2.2022, SIS 22 11 08, Mittelbare vGA im Zusammenhang mit nießbrauchbelasteten GmbH-Geschäftsanteilen: 1. Ist an einem Kapitalge...
  • BFH 14.2.2022, SIS 22 11 09, Mittelbare vGA im Zusammenhang mit nießbrauchbelasteten GmbH-Geschäftsanteilen: 1. Ist an einem Kapitalge...
  • FG Baden-Württemberg 26.2.2020, SIS 20 11 62, Veräußerungserlös aus einer Managementbeteiligung als geldwerter Vorteil bei den Einkünften aus nichtselb...
  • FG Baden-Württemberg 14.12.2015, SIS 17 17 19, Keine Auswirkungen der Rspr. des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Herabsetzung der Bete...
  • Hessisches FG 24.3.2015, SIS 15 14 58, Wirtschaftliches Eigentum bei der Übertragung von Aktien, verfassungswidrige Rückwirkung des § 8 b Abs. 3...
  • BFH 18.11.2014, SIS 14 33 47, Übertragung eines GmbH-Anteils unter Vorbehaltsnießbrauch: 1. Zahlungen für die Ablösung eines (Vorbehalt...
  • FG Köln 28.4.2014, SIS 14 23 57, "Bestimmter Sachverhalt" i.S. des § 174 Abs. 4 AO: Der Fortfall der sachlichen und personellen Verflechtu...
  • FG Münster 16.5.2013, SIS 14 05 40, Zurechnung, Nießbrauch, Surrogat: 1. Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt grundsätzlich nur der Inhaber ...
  • FG Düsseldorf 26.4.2013, SIS 14 05 28, Zurechnung unentgeltlich erworbener GmbH-Anteile bei Vorbehaltsnießbrauch: 1. Das wirtschaftliche Eigentu...
  • FG München 26.2.2013, SIS 13 26 58, Anforderungen an die Übertragung von Anteilen an einer amerikanischen Incorporated: 1. Nach der BVerfG-Re...
  • FG Hamburg 18.10.2012, SIS 13 13 56, Treuhand oder tatsächliche Herrschaft an Kapitalbeteiligungen: Die Vermutung der Vollständigkeit und Rich...
  • BFH 1.8.2012, SIS 12 32 74, Frage des wirtschaftlichen Eigentums eines an Aktien Unterbeteiligten: Wer an Aktien unterbeteiligt ist, ...
  • FG Münster 24.5.2012, SIS 12 26 34, Steuerbegünstigung nach § 13 a ErbStG bei Anteilsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt: 1. Die Steuerbeg...
Fachaufsätze
  • LIT 02 57 99 H. Götz, DStR 10/2013 S. 448: Schenkungsteuerliche Risiken beim Vorbehaltsnießbrauch an GmbH-Anteilen? - BFH-Urteil vom 24.1.2012, IX R...
  • LIT 02 39 64 J. Moritz, AktStR 2/2012 S. 206: Wirtschaftliches Eigentum an GmbH-Anteilen - Anmerkungen und Beratungshinweise zu den BFH-Urteilen vom 24...

 

1

I. Der Vater des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) war im Jahr 2001 mit 90 % an einer Gebäude Service GmbH (GmbH) beteiligt, deren Stammkapital 70.000 DM betrug. Er schenkte dem Kläger im Jahr 2001 einen Gesellschaftsanteil im Nennbetrag von 21.000 DM (30 %). Die Anschaffungskosten des Vaters betrugen 175.392,86 DM. Im Jahr 2002 erwarb der Kläger einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 2.300 DM (3,29 %) für 150.000 DM von einer (weiteren) Anteilseignerin. Im Rahmen der Euroumstellung wurde das Stammkapital der GmbH im Jahr 2004 geringfügig auf 36.000 EUR angehoben.

 

 

2

Aufgrund notariell beurkundeten Vertrags vom 16.3.2004 übertrug der Vater dem Kläger drei weitere Gesellschaftsanteile von 12.550 EUR, 8.700 EUR und 2.450 EUR, insgesamt also 23.700 EUR (65,83 %). Die Anschaffungskosten des Vaters für diese GmbH-Anteile beliefen sich auf 293.270,11 EUR. Der Vater behielt sich gemäß Ziffer III dieses Vertrags an den übertragenen Beteiligungen den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch vor. Dem Nießbraucher gebührten danach die während des Nießbrauchs auf die Beteiligungen entfallenden ausgeschütteten Gewinnanteile. Zwar standen die mit den übertragenen Beteiligungen verbundenen Mitgliedschaftsrechte wie z.B. das Stimmrecht dem Kläger zu. Er bevollmächtigte jedoch den Vater unwiderruflich zur Ausübung des Stimmrechts in sämtlichen Gesellschaftsangelegenheiten und verpflichtete sich gegenüber dem Vater (u.a.), von seinem eigenen Stimmrecht hinsichtlich der übertragenen Anteile keinen Gebrauch zu machen bzw. ersatzweise nach Weisung des Nießbrauchers (des Vaters) zu stimmen. Außerdem wurde vereinbart, dass der Kläger im Falle des früheren Ablebens seines Vaters seiner Mutter als dauernde Last einen monatlichen Betrag in Höhe von 2.000 EUR zahlen musste. Nach Vertragsdurchführung betrugen die Anteile des Klägers am Stammkapital der GmbH 35.700 EUR (99,17 %) und der Anteil des Vaters 300 EUR (0,83 %).

 

 

3

Der Kläger und sein Vater verkauften sämtliche Anteile an der GmbH aufgrund des notariell beurkundeten Vertrags vom 29.11.2006 für 3.220.000 EUR an eine KG. Die Übertragung war aufschiebend bedingt bis zur - nicht vor dem 8.1.2007 zu erfüllenden - Zahlung des Kaufpreises. Im Rahmen einer Vereinbarung vom 15.12.2006 verzichtete der Vater des Klägers auf seine eingeräumten Nießbrauchrechte und die Mutter des Klägers auf die aufschiebend bedingte dauernde Last. Als Gegenleistung für den Verzicht vereinbarten die Vertragsparteien (Vater, Mutter und der Kläger) einen Ablösebetrag von 1.679.800 EUR, der für den Kläger unmittelbar von der KG auf das Konto des Vaters zu zahlen war.

 

 

4

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2007) erklärte der Kläger einen Veräußerungsgewinn von 525.636,90 EUR, den er wie folgt ermittelte:

 

 

Veräußerungserlös

3.220.000 EUR x 99,17 %

= 3.193.166,67 EUR

 

./. Anschaffungskosten (AK)

459.727,74 EUR

(eigene und nach § 17 Abs. 2 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes—EStG—

maßgebende AK des Vaters)
+ 1.679.800,00 EUR
(Ablösezahlung)

 

 

 

 

 

 

 

 

= 2.139.527,74 EUR

 

./. Veräußerungskosten

 

2.365,13 EUR

 

Veräußerungsgewinn

 

1.051.273,80 EUR

 

Anzusetzen nach

Halbeinkünfteverfahren

 

 

525.636,90 EUR

 

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) erkannte den vom Kläger an den Vater gezahlten Ablösebetrag nicht als nachträgliche Anschaffungskosten an, ermittelte einen Veräußerungsgewinn von 2.731.073 EUR und unterwarf diesen in Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zur Hälfte der Besteuerung.

 

 

6

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gelangte in seinem in EFG 2011, 131 = SIS 10 33 86 veröffentlichten Urteil zu der Auffassung, dass der Kläger Gesellschaftsanteile aufgrund der notariellen Schenkungsurkunde unentgeltlich erworben habe und dass er die Ablösungszahlung von 1.679.800 EUR als nachträgliche Anschaffungskosten habe aufwenden müssen, um sich die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an den Anteilen zu verschaffen. Das FG setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr im Urteil vom 6.8.2010 zunächst auf 274.468 EUR fest, änderte diese Festsetzung allerdings auf Antrag des Klägers durch Ergänzungsurteil vom 17.9.2010, indem es die Einkommensteuer 2007 auf nunmehr 269.269 EUR festsetzte.

 

 

7

Hiergegen richten sich die Revisionen des FA, die es auf rechtsfehlerhafte Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG i.d.F. des Streitjahres (2007) stützt.

 

 

8

Das FA beantragt, die Vorentscheidungen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

9

Der Kläger beantragt, die Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 7.6.2011 die Verfahren IX R 51/10 (betreffend das ursprüngliche Urteil des FG vom 6.8.2010) und IX R 60/10 = SIS 11 26 34 (betreffend das Ergänzungsurteil vom 17.9.2010) unter dem erstgenannten Aktenzeichen miteinander verbunden.

 

 

11

II. Die Revisionen des FA sind begründet und führen nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG.

 

 

12

Die Urteile sind aufzuheben, weil das FG von einem unentgeltlichen Erwerb der Gesellschaftsanteile durch den Kläger aufgrund des notariell beurkundeten Vertrags vom 16.3.2004 gemäß § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG ausgegangen ist, ohne zu prüfen, ob ihm die Gesellschaftsanteile nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zuzurechnen sind.

 

 

13

1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Ist danach die im Streitjahr vollzogene Veräußerung an die KG unstreitig steuerbar, so ist problematisch, welche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Gewinns nach § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen sind.

 

 

14

a) Das FG geht mit den Beteiligten davon aus, der Kläger habe die Gesellschaftsanteile vom Vater unentgeltlich i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG erworben. Indes kann der Senat aufgrund der Feststellungen des FG nicht prüfen, ob die Gesellschaftsanteile dem Kläger aufgrund des notariell beurkundeten Vertrags auch nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen waren oder ob das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen erst mit dem Verzicht des Vaters auf das Nießbrauchrecht - und damit entgeltlich gegen Zahlung des Ablösebetrags - übergegangen ist.

 

 

15

b) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Abweichend von der zivilrechtlichen Eigentümerstellung an Wirtschaftsgütern sind Wirtschaftsgüter demjenigen zuzurechnen, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO). Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auf einen Erwerber über, wenn er aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. die Urteile vom 26.1.2011 IX R 7/09, BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540 = SIS 11 11 59, und vom 20.7.2010 IX R 38/09, BFH/NV 2011, 41 = SIS 10 39 67, jeweils m.w.N.).

 

 

16

Diese Grundsätze gelten auch, wenn zu entscheiden ist, ob der Veräußerer den veräußerten Anteil unentgeltlich i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG „erworben“ hat. Hat er kein wirtschaftliches Eigentum an dem Gesellschaftsanteil erlangt, hat er ihn nicht erworben.

 

 

17

c) Ist der Gesellschaftsanteil unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs „unentgeltlich“ übertragen worden, fehlt es am Erwerb des Gesellschaftsanteils, wenn der übertragene Geschäftsanteil als wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem Vorbehaltsnießbraucher zuzurechnen ist (vgl. in diesem Sinne auch BFH-Urteil vom 10.12.2008 II R 34/07, BFHE 224, 144, BStBl II 2009, 312 = SIS 09 05 64). Bereits zivilrechtlich ist der Nießbraucher einem Gesellschafter mit der Folge einer Zurechnung nach § 39 Abs. 1 AO gleichzustellen, wenn der Nießbrauch die gesamte Beteiligung umfasst und ihm eine Position vermittelt, die ihm (z.B. durch ihm eingeräumte Stimmrechtsvollmachten) entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5.4.2011 II ZR 173/10, DStR 2011, 1475 ff., m.w.N. aus Rechtsprechung und Schrifttum).

 

 

18

Erst recht ist dem Nießbraucher unter diesen Voraussetzungen der Gesellschaftsanteil steuerrechtlich nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen. Er ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann (BFH-Urteil vom 6.10.2009 IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl II 2010, 460 = SIS 10 05 38, zur Quotentreuhand).

 

 

19

2. Nach diesen Maßstäben sind die angefochtenen Urteile aufzuheben. Das FG hat einen unentgeltlichen „Erwerb“ der Anteile durch den Kläger von seinem Vater angenommen, ohne § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG zu prüfen. Trotz des vom FG in Bezug genommenen Notarvertrags vom 16.3.2004 und der darin dem Vater als Nießbraucher eingeräumten unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht in sämtlichen Gesellschaftsangelegenheiten hat es die Anteile schon ab diesem Zeitpunkt dem Kläger zugerechnet und ist deshalb von einem unentgeltlichen Erwerb ausgegangen. Sofern aber das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen Anteilen zunächst beim Vater verblieben ist, hat dieser die Anteile wirtschaftlich erst mit dem Verzicht auf den Nießbrauch im Jahr 2006 an den Kläger übertragen, und zwar entgeltlich gegen die Ablösezahlung als Gegenleistung.

 

 

20

Auch dann sind dem Kläger allerdings Anschaffungskosten in Höhe der nämlichen Ablösungszahlung gemäß § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches entstanden. Das führt aber nicht dazu, dass sich das Urteil deshalb aus anderen Gründen als richtig darstellte (§ 126 Abs. 4 FGO): Denn das FG hätte dann einen zu niedrigen Gewinn der Besteuerung unterworfen. Es hat nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG den maßgeblichen Gewinn - neben dem Ausgleichsbetrag als nachträgliche Anschaffungskosten - um die Anschaffungskosten des Vaters gemindert. Diese Vorschrift ist aber nicht anzuwenden und der Gewinn damit nicht um die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers zu mindern, wenn die Gesellschaftsanteile erst im Jahr 2006 entgeltlich übertragen worden sind.

 

 

21

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar spricht der vom FG in Bezug genommene Vertragsinhalt dafür, dass das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen Anteilen beim Vater, dem Vorbehaltsnießbraucher, verblieben ist. Trotzdem kann der Senat nicht durchentscheiden. Da der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und nicht lediglich das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend ist (BFH-Urteil vom 9.10.2008 IX R 73/06, BFHE 223, 145, BStBl II 2009, 140 = SIS 08 44 63), bedarf es grundsätzlich einer tatrichterlichen Würdigung (BFH-Urteil vom 22.7.2008 IX R 74/06, BFHE 222, 458, BStBl II 2009, 124 = SIS 08 35 56), die der BFH als Revisionsinstanz nicht selbst durchführen kann. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als die Beteiligten zum Aspekt des Verbleibs des wirtschaftlichen Eigentums bisher - abgesehen vom Gerichtsbescheid und der mündlichen Verhandlung - nicht gehört worden sind und auch noch nicht vorgetragen haben.

 

 

22

Ferner muss verfahrensrechtlich die Beteiligung des Vaters am Verfahren gemäß § 174 Abs. 5 AO erwogen werden. Hat der Vater mit dem Verzicht auf den Nießbrauch gegen den Ablösebetrag von 1.679.800 EUR sein wirtschaftliches Eigentum an den Anteilen entgeltlich übertragen, realisiert er einen Veräußerungsgewinn. Dies geschieht aufgrund eines Rechtsbehelfs des Klägers, mit dem dieser erreicht, dass der Ablösebetrag als Anschaffungskosten seiner veräußerten Gesellschaftsanteile den Gewinn mindert. Folglich kann das FA auch dem Vater gegenüber nachträglich die richtigen steuerlichen Folgerungen ziehen (§ 174 Abs. 4 AO), wenn er an dem Verfahren des Klägers beteiligt wird (§ 174 Abs. 5 AO).