Schenkung einer nicht atypischen Unterbeteiligung: Mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht die Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, wird noch kein Vermögensgegenstand zugewendet. - Urt.; BFH 16.1.2008, II R 10/06; SIS 08 15 04
I. Dem Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) waren mit notariell beurkundeten Verträgen vom
16.8.1990, 22.12.1995 und 3.9.1997 von seinem Vater
Unterbeteiligungen an dessen Anteilen am Kommanditkapital der A
GmbH & Co. KG, am Kommanditkapital der B GmbH & Co. KG
sowie am Stammkapital der C GmbH geschenkt worden. Der Vater war
jeweils mit 66 2/3 % an den genannten Gesellschaften beteiligt;
seine Beteiligung an der C GmbH war Sonderbetriebsvermögen der
A GmbH & Co. KG. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) behandelte diese Schenkungen als
Übertragungen von Betriebsvermögen im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge.
In Abschn. II. § 1 des
Schenkungsvertrages vom 16.8.1990 wird die Rechtsstellung des
Unterbeteiligten auch mit Wirkung für spätere
Anteilsschenkungen näher geregelt. Unter anderem soll danach
der Hauptbeteiligte auch nach Einräumung der
Unterbeteiligungen seine Gesellschafterrechte bei den
Gesellschaften nach eigenem Ermessen ausüben. Er soll
insbesondere befugt sein, bei Änderungen der
Gesellschaftsverträge auch mit Wirkung für den
Unterbeteiligten mitzuwirken oder aus den Gesellschaften
auszuscheiden; er soll jedoch bei seinen Entscheidungen die
Interessen des Unterbeteiligten wahren.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
19.12.1998 schenkte der Vater des Klägers diesem unter dem
Vorbehalt eines lebenslänglichen unentgeltlichen
Nießbrauchs und eines befristeten freien sowie eines an
bestimmte Voraussetzungen geknüpften Widerrufsrechts weitere
Unterbeteiligungen an seinen oben genannten Beteiligungen.
Letztmalig mit Änderungsbescheid vom
2.5.2003 setzte das FA die Schenkungsteuer für den Erwerb aus
der Schenkung vom 19.12.1998 fest, und zwar in Höhe von
… DM. Das FA versagte hierbei den verminderten Wertansatz
gemäß § 13a Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), da der Kläger aufgrund des
vorbehaltenen freien Widerrufsrechts nicht Mitunternehmer der
Personengesellschaft geworden sei und somit keine Übertragung
von begünstigtem Betriebsvermögen vorliege.
Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2006,
422 = SIS 06 14 20 veröffentlichten Urteil statt. Der zeitlich
begrenzte Widerrufsvorbehalt stehe der Annahme einer
Mitunternehmerstellung nicht entgegen. Selbst wenn die
Mitunternehmerschaft ertragsteuerlich nicht anerkannt werden
könne, bleibe das übertragene Vermögen
ertragsteuerlich Betriebsvermögen. Dies entspreche der
gesetzgeberischen Zielsetzung und dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 2 BvR 552/91 (BVerfGE 93,
165, BStBl II 1995, 671 = SIS 95 17 09), wonach der Erwerb von
Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer entlastet werden
solle, um der verminderten Leistungsfähigkeit der Erwerber von
Betriebsvermögen Rechnung zu tragen.
Mit der Revision verfolgt das FA seinen
Rechtsstandpunkt weiter.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zwar verkannt, dass dem
Kläger mit der Einräumung der Unterbeteiligungen keine
Vermögensgegenstände zugewendet worden sind und deshalb
die streitigen Rechtsvorgänge nicht der Schenkungsteuer
unterliegen. § 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO
steht jedoch einer Aufhebung der Vorentscheidung entgegen.
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung
unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des
Zuwendenden bereichert wird. Sie setzt in objektiver Hinsicht
voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf
Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv)
unentgeltlich ist. Dies erfordert, dass der Empfänger
über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden
tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Dafür,
ob dies der Fall ist, kommt es ausschließlich auf die
Zivilrechtslage an (vgl. m.w.N. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 22.8.2007 II R 33/06, BStBl II 2008, 28 = SIS 07 38 09; vom
28.6.2007 II R 21/05, BFHE 217, 254, BStBl II 2007, 669 = SIS 07 27 17).
a) Was Zuwendungsgegenstand ist, hängt
davon ab, ob die Voraussetzungen einer atypischen stillen
Unterbeteiligung erfüllt sind oder nicht.
aa) Wird schenkweise eine Unterbeteiligung an
einem Gesellschaftsanteil eingeräumt, die nicht alle
Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt,
wird kein Vermögensgegenstand zugewendet, über den der
Empfänger schon tatsächlich und rechtlich verfügen
kann. Ihm werden vielmehr lediglich Rechtsansprüche in Gestalt
eines Bündels schuldrechtlicher Ansprüche gegen den
Zuwendenden eingeräumt. Bereichert ist der
Zuwendungsempfänger erst, wenn ihm aus der Unterbeteiligung
tatsächlich Gewinnausschüttungen und
Liquidationserlöse zufließen. Zivilrechtlich zeigt sich
dies in dem Formerfordernis des § 518 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Weder der Abschluss eines
Vertrages über die unentgeltliche Einräumung einer
typischen Unterbeteiligung noch die Einbuchung einer solchen
Unterbeteiligung bewirkt bereits einen Schenkungsvollzug i.S. des
§ 518 Abs. 2 BGB (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl.,
§ 705 Rz 46; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, § 230 Rz
103; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 63 III
1, jeweils m.w.N.).
bb) Bei der Zuwendung einer atypischen
Unterbeteiligung dagegen ist die Schenkung bereits mit Abschluss
des Gesellschaftsvertrages oder doch spätestens mit der
Einbuchung der atypischen Unterbeteiligung vollzogen
(MünchKommBGB/Kollhosser, 4. Aufl., § 518 Rz 32;
MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 705 Rz 45;
MünchKommHGB/Karsten Schmidt, § 230 Rz 224; Baumbach/
Hopt, HGB, 32. Aufl., § 230 Rz 10; Blaurock, Unterbeteiligung
und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981, S. 156, jeweils
m.w.N.; a.A. aber die Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
24.9.1952 II ZR 136/51, BGHZ 7, 174; vom 29.10.1952 II ZR 16/52,
BGHZ 7, 378).
Denn bei einer atypischen Unterbeteiligung ist
der Unterbeteiligte vermögensrechtlich über eine Teilhabe
an den Betriebsergebnissen hinaus am Anteil des Hauptbeteiligten
beteiligt und wirkt dergestalt an der Geschäftsführung
der Innengesellschaft mit, dass er, ohne Inhaber oder Mitinhaber
des Anteils zu werden, maßgeblichen Einfluss auf die
Innengesellschaft nehmen kann (vgl. MünchKommHGB/Karsten
Schmidt, § 230 HGB Rz 208 f.). Diese Verknüpfung
mitgliedschaftlicher Rechte wie Stimm-, Verwaltungs- und
Kontrollrechte mit den vermögensrechtlichen Ansprüchen
auf Teilhabe am Gewinn und Liquidations- oder Abfindungserlös
begründet eine Rechtsposition, über die der
Zuwendungsempfänger als Gesellschafter der Innengesellschaft
vergleichbar einem Stammrecht bereits rechtlich und
tatsächlich verfügen kann.
b) Durch den Vertrag vom 19.12.1998 zwischen
dem Kläger und seinem Vater ist eine Innengesellschaft
errichtet worden, durch die der Kläger eine Unterbeteiligung
an den Kommandit- und GmbH-Geschäftsanteilen seines Vaters an
den Hauptgesellschaften erworben hat. Diese Unterbeteiligung
erfüllt jedoch nicht die Merkmale einer atypischen
Unterbeteiligung. Mitgliedschaftliche Rechte wie Verwaltungs- und
Stimmrechte, die eine Umqualifikation von einem bloßen
Geflecht schuldrechtlicher Ansprüche zu einer einem Stammrecht
vergleichbaren Rechtsposition ermöglichen, fehlen
weitestgehend.
Gemäß Abschn. II. § 1 Abs. 3
des Vertrages vom 16.8.1990, der nach Abs. 5 dieser
Vertragsbestimmung auch für spätere Schenkungen und somit
auch für den Vertrag vom 19.12.1998 gilt, verbleiben die aus
den Gesellschaftsanteilen des Vaters folgenden Stimm-, Kontroll-
und sonstigen Verwaltungsrechte bei diesem. Der Vater sollte seine
Gesellschafterrechte nach eigenem Ermessen ausüben und in
allen Angelegenheiten einschließlich der Änderung des
Gesellschaftsvertrages und der Auflösung der Gesellschaft
allein entscheiden können, ohne dass dem Kläger ein
Widerspruchsrecht vergleichbar § 164 des Handelsgesetzbuches
(HGB) verblieben wäre (vgl. auch BFH-Urteil vom 11.10.1988
VIII R 328/83, BFHE 155, 514, BStBl II 1989, 762 = SIS 89 09 14).
Die Auflage in Abschn. II. § 1 Abs. 3 Satz 3 des Vertrages vom
16.8.1990, wonach der Vater die Interessen des Klägers zu
wahren habe, vermag als bloßer Programmsatz die
außerordentlich weitreichenden Beschränkungen der
Mitwirkungsrechte des Klägers nicht auszugleichen.
Aufgrund des Vertrages vom 19.12.1998 hat der
Kläger lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen seinen
Vater erworben, die ihm eine Teilhabe an künftigen Gewinnen
und dem Liquidationserlös ermöglichen sollten. Diese
künftigen Ansprüche können nicht zu einem
einheitlichen Stammrecht zusammengefasst werden, da es an der
Klammer mitgliedschaftlicher Rechte und Pflichten fehlt.
c) Die Innengesellschaft zwischen dem
Kläger und seinem Vater verfügt über kein
Vermögen, das dem Kläger und seinem Vater
gesamthänderisch zugeordnet werden könnte. Der Vater hat
seine Beteiligungen an den Hauptgesellschaften nicht in die
Innengesellschaft eingebracht.
Das im Eigentum des Vaters stehende
Betriebsvermögen kann dem Kläger auch nicht
gemäß § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. § 97 Abs. 1
Satz 1 Nr. 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) zugerechnet werden.
aa) § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG
fingiert eine Zurechnung von Betriebsvermögen. Die Vorschrift
setzt jedoch voraus, dass der Beschenkte Mitunternehmer i.S. des
§ 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geworden
ist. Kennzeichnend für einen Mitunternehmer i.S. des § 15
Abs. 1 Nr. 2 EStG ist, dass er zusammen mit anderen Personen
Unternehmerinitiative (Mitunternehmerinitiative) entfaltet und
Unternehmerrisiko (Mitunternehmerrisiko) trägt (vgl.
BFH-Beschluss vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984,
751 = SIS 84 21 08; BFH-Urteile vom 16.12.1997 VIII R 32/90, BFHE
185, 190, BStBl II 1998, 480 = SIS 98 12 16; vom 20.3.2002 II R
53/99, BFHE 199, 19, BStBl II 2002, 441 = SIS 02 08 24).
Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem
Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend ist die
Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die
wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten
angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB
zustehen (vgl. BFH-Urteil vom 29.4.1981 IV R 131/78, BFHE 133, 392,
BStBl II 1981, 663 = SIS 81 16 57) oder die den
gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB
entsprechen (vgl. BFH-Urteil vom 19.2.1981 IV R 152/76, BFHE 133,
180, BStBl II 1981, 602 = SIS 81 19 13).
bb) Der Kläger konnte aufgrund des
Vertrages vom 19.12.1998 keine Mitunternehmerinitiative entfalten.
Gemäß Abschn. II. § 1 Abs. 3 des Vertrages vom
16.8.1990, der nach Abs. 5 dieser Vertragsbestimmung auch für
die durch spätere Schenkungen erworbenen Unterbeteiligungen
gilt, verblieben nämlich die Stimm-, Kontroll- und sonstigen
Verwaltungsrechte bei dem Schenker. In diesem Zusammenhang kann
offen bleiben, ob die Frage der Mitunternehmerstellung in Bezug auf
alle von einer Person gehaltenen Anteile an einer
Personengesellschaft zwingend einheitlich zu beurteilen ist.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten war nämlich der
Kläger aus der vorgenannten Erwägung auch nicht aufgrund
der Schenkungen der Jahre 1990, 1995 und 1997 Mitunternehmer
geworden.
2. Das FG hat verkannt, dass mit dem Vertrag
vom 19.12.1998 und der Einräumung der Unterbeteiligung ein
bewertbarer Vermögensgegenstand noch nicht zugewendet worden
ist. Gleichwohl hat die Vorentscheidung im Ergebnis Bestand. Der
BFH ist an den auf … DM begrenzten erstinstanzlichen
Klageantrag gebunden, da nur das FA Revision eingelegt hat (§
121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).
a) Das FA hat mit dem Vertrag vom 19.12.1998
einen nicht steuerbaren Vorgang der Schenkungsteuer unterworfen.
Erst die tatsächlich an den Kläger ausgezahlten
Gewinnausschüttungen oder Liquidationserlöse stellen
freigebige Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar,
da der Kläger erst über diese rechtlich und
tatsächlich frei verfügen kann. Diese Zuwendungen sind
aufschiebend bedingt und können gemäß § 4
BewG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erst berücksichtigt werden,
wenn die Schenkung mit der Ausschüttung des Gewinns oder der
Auskehrung der Erlöse ausgeführt ist.
b) Der BFH ist jedoch gemäß §
121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO an den auf …
DM lautenden erstinstanzlichen Klageantrag gebunden. Es ist ihm
daher grundsätzlich verwehrt, über das Klagebegehren
hinauszugehen und den Steuerbescheid in vollem Umfang
aufzuheben.
Von diesen Grundsätzen kann zwar in
Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn nur eine Herabsetzung
der Steuer begehrt wird, aber der angefochtene Bescheid insgesamt
nicht hätte ergehen dürfen. Die Bindung muss
zurücktreten, wenn andernfalls keine dem Gesetz entsprechende
Entscheidung über den Streitpunkt möglich wäre (vgl.
BFH-Urteile vom 20.10.1970 II 167/64, BFHE 100, 56, BStBl II 1970,
826 = SIS 70 04 55; vom 11.12.1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl
II 1986, 474 = SIS 86 12 56; vom 28.3.2007 II R 57/05, BFH/NV 2007,
1537 = SIS 07 24 48; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, § 96
FGO Rz 13; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 96 FGO Rz
187; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 96 FGO Rz 100). Ein solcher Ausnahmefall liegt aber nicht
vor. Zudem verfolgte der Kläger im Verfahren vor dem BFH kein
über die Abweisung der Revision hinausgehendes
Rechtsschutzziel. Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung ist
jedoch die vom Kläger bereits entrichtete Schenkungsteuer
anzurechnen, soweit das FA noch Schenkungsteuer wegen der vom
Kläger aufgrund des Vertrages vom 19.12.1998 bezogenen
Gewinnausschüttungen festsetzen kann.