Abgekürzter Vertragsweg, WK-Abzug bei VuV: Erhaltungsaufwendungen sind auch dann Werbungskosten des Steuerpflichtigen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn sie auf einem von einem Dritten im eigenen Namen, aber im Interesse des Steuerpflichtigen abgeschlossenen Werkvertrag beruhen und der Dritte dem Steuerpflichtigen den Betrag zuwendet (Bestätigung des BFH-Urteils vom 15.11.2005 IX R 25/03, BFHE 211 S. 318, BStBl 2006 II S. 623 = SIS 06 03 85; gegen BMF-Schreiben vom 9.8.2006, BStBl 2006 I S. 492 = SIS 06 34 91). (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 7.7.2008, IV C 1 - S 2211/07/10007, BStBl 2008 I S. 717 = SIS 08 27 84) - Urt.; BFH 15.1.2008, IX R 45/07; SIS 08 12 32
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) hatte im Jahr 1995 von seinen Eltern im Rahmen der
vorweggenommenen Erbfolge eine Wohnung erworben, die er vermietete
und um die sich seine ca. 50 km entfernt wohnende Mutter
kümmerte. Im Streitjahr (2002) starb die langjährige
Mieterin. Die Wohnung musste vor ihrer erneuten Vermietung
renoviert werden. Zu diesem Zweck beauftragte die Mutter des
Klägers nach Rücksprache mit ihm Handwerker und bezahlte
nach Durchführung der Erhaltungsarbeiten auch die nicht an den
Kläger gerichteten Rechnungen.
Die durch die Erhaltungsarbeiten
entstandenen Aufwendungen in Höhe von 4.358,67 EUR zog der
Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das
Streitjahr (2002) als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung ab.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) lehnte es ab, die von der Mutter des
Klägers an die Handwerker gezahlten Beträge zu
berücksichtigen.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) berücksichtigte die geltend
gemachten Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten. In seinem in
EFG 2007, 1674 = SIS 07 33 78, veröffentlichtem Urteil schloss
es sich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom
15.11.2005 IX R 25/03 (BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623 = SIS 06 03 85) an und sah die Gründe des Bundesministeriums der
Finanzen (BMF) im Schreiben vom 9.8.2006 (BStBl I 2006, 492 = SIS 06 34 91, Nichtanwendungserlass) als nicht überzeugend
an.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
die es auf die Verletzung des § 9 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) stützt. Die Vorentscheidung verstoße wie auch die
Rechtsprechung des BFH zum abgekürzten Vertragsweg gegen den
Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen
Leistungsfähigkeit, weil danach nicht mehr die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, sondern des Dritten
maßgebend sei.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend die
Erhaltungsaufwendungen von 4.358,67 EUR als Werbungskosten bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß
§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigt.
1. Werbungskosten sind gemäß §
9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen, die bei der Einkunftsart abzuziehen sind,
bei der sie erwachsen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), und das
heißt, durch die sie veranlasst sind. Im Streitfall stehen
die Erhaltungsaufwendungen, um die es hier geht, mit der vom
Kläger verwirklichten Einkunftsart Vermietung und Verpachtung
in wirtschaftlichem Zusammenhang. Die Aufwendungen bilden damit
Werbungskosten, auch wenn nicht der Kläger, sondern dessen
Mutter die Kosten getragen hat, indem sie im Interesse des
Klägers mit den Handwerkern Verträge abschloss und die
auf sie oder den Vater des Klägers lautenden Rechnungen
bezahlte.
Wie der erkennende Senat bereits in seinem
Urteil in BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623 = SIS 06 03 85,
entschieden hat, hindert dies die Abziehbarkeit der Aufwendungen
als Werbungskosten nicht: Schließt ein Dritter - wie im
Streitfall die Mutter des Klägers - im eigenen Namen einen
Werkvertrag über Erhaltungsarbeiten am vermieteten
Grundstück des Steuerpflichtigen ab und leistet er die
vereinbarte Vergütung, so kann der Steuerpflichtige diesen
Aufwand auch dann bei seinen Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung abziehen, wenn der Dritte dem Steuerpflichtigen den
Betrag zuwendet.
An dieser Auffassung hält der Senat fest.
Soweit die Revision in Übereinstimmung mit dem BMF (in BStBl I
2006, 492 = SIS 06 34 91) hierin einen Verstoß gegen die
Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit sieht,
kann der BFH dieser Argumentation, die auch im Schrifttum vertreten
wird (vgl. Seitz, FR 2006, 201, 207 ff.; Li, Der Steuerberater
2007, 377 ff.), nicht folgen (wie der BFH z.B. auch FG
Baden-Württemberg, Urteil vom 6.3.2007 4 K 280/06, EFG 2007,
832 ff. = SIS 07 14 24 - rechtskräftig - mit zustimmender
Anmerkung von Adamek, EFG 2007, 834 f.; Dötsch,
jurisPR-SteuerR 4/2006 Anm. 4; G. Söffing, DStZ 2007, 147
f.).
In seinem Urteil in BFHE 211, 318, BStBl II
2006, 623 = SIS 06 03 85 (unter II. 1. a, aa) ist der BFH explizit
vom Prinzip der persönlichen Leistungsfähigkeit
ausgegangen und hat - weil für den Ausgabenabzug die
Mittelherkunft unerheblich ist - die Aufwendungen im Falle des
abgekürzten Vertragswegs dem Steuerpflichtigen ebenso
zugerechnet wie im Fall des abgekürzten Zahlungsweges.
Unabhängig davon, ob im Einzelfall die Voraussetzungen des
§ 328 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorliegen, wendet der
Dritte nach dem Zuwendungsgedanken dem Steuerpflichtigen Geld zu,
indem er den in dessen Interesse geleisteten Betrag nicht
zurückfordert und so das Vermögen des Steuerpflichtigen
vermehrt. Der Steuerpflichtige bestreitet mit dem derart
zugewandten Betrag eigenen Aufwand; seine Leistungsfähigkeit
ist dadurch gemindert (so auch Söffing, a.a.O.). Folgerichtig
überträgt der Dritte keinen Aufwand auf den
Steuerpflichtigen, den dieser dann als Drittaufwand geltend macht.
Der Aufwand des Dritten aufgrund des mit dem Handwerker
geschlossenen Werkvertrags liegt allein in seiner Zuwendung an den
Steuerpflichtigen und ist mithin durch das Valutaverhältnis
begründet. Der Steuerpflichtige macht danach eigenen Aufwand
und keinen Drittaufwand (Aufwand des Dritten) geltend.
2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG
zutreffend die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und
Verpachtung um den Erhaltungsaufwand von 4.358,67 EUR gemindert.
Diese Kosten sind dem Kläger zuzurechnen, obschon seine Mutter
die Werkverträge über die Erhaltungsarbeiten an der
vermieteten Wohnung im eigenen Namen abgeschlossen hatte. Denn sie
hatte die Beträge vom Kläger nicht zurückgefordert
und ihm damit zugewandt.