Leerstehendes Gebäude, Einkünfteerzielungsabsicht: 1. Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige - will er seine fortbestehende Vermietungsabsicht belegen - zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. - 2. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten oder - sollte er bei seinen bisherigen, vergeblichen Vermietungsbemühungen mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt haben - für deren Aufgabe. - Urt.; BFH 25.6.2009, IX R 54/08; SIS 09 34 36
I. Die Beteiligten streiten um die
Vermietungsabsicht in Bezug auf seit ca. 30 Jahren leerstehende
Wohneinheiten.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist
Vorbehaltsnießbraucherin eines Wohn- und
Geschäftsgrundstücks, auf dem im Jahr 1976 ein
dreigeschossiges Gebäude errichtet wurde. Im Erdgeschoss,
Keller und ersten Obergeschoss sind ein Ladengeschäft, Lager-
und Personalräume seit Fertigstellung des Gebäudes
gewerblich vermietet. Mehrere Wohnungen stehen seit dem Jahr 1976
leer, ebenso einige Räume in den oberen Geschossen, die im
Jahr 1988 für gewerbliche Vermietungen umgebaut
wurden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erkannte die auf die leer stehenden
Räumlichkeiten entfallenden Aufwendungen mangels einer
ernsthaften Vermietungsabsicht bei der Veranlagung des Streitjahres
(2003) nicht als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung
an.
Die Klage blieb erfolglos (vgl. SIS 09 04 82). Auch das Finanzgericht (FG) verneinte die
Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin. Zwar habe sie
einen Makler beauftragt. Interessenten aus den Jahren 1989 und 1993
hätten die Lage der Räume in den Obergeschossen ohne
Aufzug im Anwesen als ungeeignet abgelehnt. Dies hätte die
Klägerin zum Anlass nehmen müssen, das Vermietungsobjekt
an die Erfordernisse des Markts anzupassen. Anderenfalls sei ihre
Entscheidung, nichts Weiteres zu tun, ihrem privaten
Vermögensbereich zuzuordnen. Sofern ein Wirtschaftsgut aus
diesen Gründen nicht mehr zur Erzielung von Einkünften
tauglich sei, seien die hierauf entfallenden Aufwendungen nicht
mehr auf Einkünfteerzielung ausgerichtet.
Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin, die sie auf die Verletzung der §§ 9 und 21
des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG)
stützt. Sinngemäß trägt sie vor, es sei von
einem strukturell bedingten Leerstand auszugehen.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 11.7.2005
i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 29.9.2005 zu ändern und
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Objekts
in ... weitere Werbungskosten von 3.690 EUR zu
berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung des FA liege jedenfalls im
Streitjahr kein strukturell bedingter Leerstand vor. Es stützt
sich zur Begründung auf Aufstellungen des statistischen
Landesamtes Rheinland-Pfalz.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG die im Zusammenhang mit
den seit Jahren leer stehenden Räumen angefallenen
Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind
Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung
der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach §
9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und
Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das
heißt, durch sie veranlasst sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.1.2008 IX R 45/07, BFHE
220, 264, BStBl II 2008, 572 = SIS 08 12 32). Fallen solche
Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende
Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene
Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend
bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen
und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt
wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4.7.1990 GrS
1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 = SIS 90 18 09; BFH-Urteil
vom 11.1.2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477 = SIS 05 21 69).
Aufwendungen für eine leer stehende
Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar
sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen
hat, daraus durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später
nicht wieder aufgegeben hat. Dieser endgültige Entschluss zu
vermieten - die Einkünfteerzielungsabsicht - muss sich anhand
ernsthafter und nachhaltiger Vermietungsbemühungen des
Steuerpflichtigen belegen lassen, wobei es sich dabei um
Beweisanzeichen handelt, deren Feststellung und Würdigung im
Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt (grundlegend zum
Vorstehenden BFH-Urteil vom 28.10.2008 IX R 1/07, BFHE 223, 186 =
SIS 08 42 95). Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher
Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es
baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb
nicht vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige zielgerichtet
darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche
Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen.
Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig
hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss
zu vermieten oder - sollte er bei seinen bisherigen, vergeblichen
Vermietungsbemühungen mit Einkünfteerzielungsabsicht
gehandelt haben - für deren Aufgabe.
2. Nach diesen Maßstäben konnte das
FG zu dem Ergebnis gelangen, die Vermietungsbemühungen der
Klägerin hätten nicht ausgereicht, um von ihrem
unbedingten und endgültigen Entschluss auszugehen, die
Räume im Obergeschoss zu vermieten. Zutreffend hat das FG
allein den Maklerauftrag zur gewerblichen Vermietung nicht als
ausreichend beurteilt. Es fanden sich in den Jahren 1989 und 1993
nur zwei Interessenten. Von daher hätte es nahe gelegen, den
Kreis der möglichen Mieter auch auf Privatinteressenten zu
erweitern. Überdies zeigte sich nach den Feststellungen des
FG, dass für die Räumlichkeiten - so wie sie waren - ein
Markt nicht bestand und sie ohne weitere bauliche Maßnahmen
(z.B. Einbau eines Aufzugs) nicht vermietbar waren. Weil es die
Klägerin unterließ, hierauf etwa durch bauliches
Umgestalten zu reagieren, sie einen Leerstand der Räume
vielmehr weiterhin jahrelang hinnahm, konnte das FG daraus den
Schluss ziehen, sie habe einen (vorhandenen) Vermietungsentschluss
wieder aufgegeben. Die weiteren, mit den leer stehenden Räumen
zusammenhängenden Aufwendungen sind dann der privaten
Vermögenssphäre zuzuordnen.
Der Senat muss nicht entscheiden, ob - und
ggf. wie lange - die Vermietungsabsicht auch dann fortbestehen
kann, wenn das zu vermietende Objekt aufgrund eines strukturellen
Überangebots von Immobilienobjekten wegen ungünstiger
örtlicher Entwicklungen nicht (mehr) vermietbar ist. Denn das
FG hat derartige Umstände nicht festgestellt. Überdies
sprechen die vom FA im Revisionsverfahren vorgetragenen
offenkundigen Tatsachen über die örtliche wirtschaftliche
Entwicklung (vgl. § 291 der Zivilprozessordnung i.V.m. §
155 FGO) ersichtlich gegen einen von der Klägerin im
Streitjahr nicht zu vertretenden Leerstand.