Lebensversicherung, ringweise Vermittlung, Weitergabe von Provisionen: 1. Auch bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen unter nahen Angehörigen und wechselseitiger Weitergabe der dafür erhaltenen Provisionen wird eine nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbare sonstige Leistung erbracht (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27.6.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 = SIS 07 09 10). - 2. Die bei ringweiser Vermittlung als Gegenleistung von der Versicherungsgesellschaft vereinnahmte Provision kann nicht um eben den Betrag der Provision als Werbungskosten gemindert werden, wenn der Vermittler diesen Betrag aufgrund einer Vereinbarung der an der ringweisen Vermittlung beteiligten Personen untereinander zwar an den Versicherungsnehmer weiterleiten muss, er umgekehrt aber einen Auskehrungsanspruch gegenüber demjenigen hat, der den Abschluss seiner Versicherung vermittelt (Weiterentwicklung des BFH-Urteils vom 27.6.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 = SIS 07 09 10). - Urt.; BFH 20.1.2009, IX R 34/07; SIS 09 07 03
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) und ihre beiden Schwestern (SH und SF) schlossen im
Streitjahr (1998) jeweils Lebensversicherungen beim V-Konzern (V)
ab. Sie kamen vor dem Abschluss der jeweiligen
Versicherungsverträge überein, sich die
Lebensversicherungen (ringweise) untereinander zu vermitteln und
die dafür erhaltenen Vermittlungsprovisionen jeweils an die
entsprechende Versicherungsnehmerin (die jeweilige Schwester)
weiterzuleiten. Gemäß dieser Vereinbarung schloss die
Klägerin im Streitjahr mit V einen Vertrag, in welchem ihr
für die erfolgreiche Vermittlung einer Lebensversicherung eine
Provision zugesagt wurde. Nachdem ihre Schwester SH den
Versicherungsvertrag abgeschlossen hatte, zahlte V der
Klägerin die zugesagte Provision von 31.250 DM. Die
Klägerin leitete diesen Betrag vereinbarungsgemäß
an SH weiter. Ebenfalls im Streitjahr schloss die Klägerin bei
V einen Versicherungsvertrag ab. Diesen Vertrag vermittelte ihre
Schwester SF, die den von ihr kassierten Provisionsbetrag in
Höhe von 31.250 DM an die Klägerin auszahlte. In
vergleichbarer Weise verfuhren die Schwestern SH und SF, so dass
jede Schwester im Ergebnis die für ihren Vertragsabschluss von
V ausgezahlte Vermittlungsprovision erhielt, die überdies im
Wesentlichen mit der von ihr aufgrund der Vermittlungsverträge
eingenommenen Provisionen übereinstimmte.
In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr erklärte die Klägerin die
erhaltene Zahlung von 31.250 DM nicht, gab aber
Versicherungsbeiträge in Höhe von 92.005 DM als
Sonderausgaben an. Daraufhin setzte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Einkommensteuer
zunächst ohne die Provisionszahlung fest. Nachdem das FA
aufgrund einer Kontrollmitteilung Kenntnis von der
Provisionszahlung erlangt hatte, erließ es einen nach §
173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten
Einkommensteuerbescheid und erfasste die im Streitjahr vereinnahmte
Provision von 31.250 DM als sonstige Einkünfte.
Der hiergegen erhobenen Klage gab das
Finanzgericht (FG) statt. Es kam in seinem in EFG 2007, 1511 = SIS 07 23 04 veröffentlichtem Urteil zu dem Ergebnis, das
Verhalten der Klägerin erfülle zwar den Tatbestand des
§ 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), so dass die
Einnahme von 31.250 DM grundsätzlich steuerbar sei. Indes
bilde die Provisionsweiterleitung an SH einen steuerrechtlich
beachtlichen Erwerbsaufwand, der als Werbungskosten abziehbar sei.
Selbst wenn man die Vereinbarungen aber als verdeckte
Eigenprovision verstehen würde, stelle die Zahlung nur eine
Preisminderung der Versicherung dar, die nicht zu den
Einkünften gehöre.
Mit der Revision rügt das FA eine
Verletzung von § 22 Nr. 3 EStG.
Es beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, es
liege ein Scheingeschäft vor, das den in Wirklichkeit
gewollten Betragsnachlass verdecke. Die Klägerin habe auch
keine Vermittlungsleistung erbracht.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat zwar zutreffend die
Provisionseinnahmen als Einnahmen gemäß § 22 Nr. 3
EStG erfasst. Es hat aber die Einkünfteerzielungsabsicht zu
Unrecht verneint.
1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige
Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus
Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den
Einkünften i.S. der Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift
gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen.
Das Verhalten der Klägerin erfüllt den Tatbestand des
§ 22 Nr. 3 EStG schon deshalb, weil es Gegenstand eines
entgeltlichen Vertrages war und sich nicht als
Veräußerungs- oder veräußerungsähnlicher
Vorgang im privaten Bereich darstellt (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26.10.2004 IX R 53/02, BFHE 207, 305,
BStBl II 2005, 167 = SIS 05 07 15, m.w.N.). Die Klägerin hatte
nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs.
2 FGO binden, die Provision als Gegenleistung für ihre V
gegenüber erbrachte Leistung erhalten, am Zustandekommen eines
Versicherungsvertrags mit ihrer Schwester vermittelnd
mitzuwirken.
a) Die Provisionsvereinbarung mit V ist nicht
nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO für die Besteuerung
unerheblich und es tritt nicht nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO eine
die Anschaffungskosten der erworbenen Versicherung (§ 255 Abs.
1 des Handelsgesetzbuches) mindernde - verdeckte - Eigenprovision
an deren Stelle.
Das FG hat zu Recht das Vorliegen eines
Scheingeschäfts verneint. Am Scheincharakter des
Vermittlungsvertrages fehlt es schon deshalb, weil er unabdingbare
Voraussetzung der Provisionszahlungen war und diese dauerhaft an
die Klägerin wie auch an ihre Schwestern geflossen sind.
Insoweit verhält es sich im Streitfall ebenso wie im Fall
kreuzweiser Vermittlung von Lebensversicherungen, so dass der Senat
zur weiteren Begründung und - um Wiederholungen zu vermeiden -
auf sein Urteil vom 27.6.2006 IX R 25/05 (BFH/NV 2007, 657 = SIS 07 09 10, unter II. 2. c) verweist.
b) Die aus dem Vermittlungsvertrag
eingenommene Provision führt entgegen der Auffassung des FG
auch zu Einkünften. Der Klägerin fehlte nicht deshalb die
Einkünfteerzielungsabsicht, weil ihr in gleicher Höhe wie
ihre Provisionseinnahmen Aufwendungen entstanden sind, so dass sich
insgesamt kein Totalüberschuss ergab. Zwar hatte sie die
Provision ihrer Schwester weitergeleitet. Dies führt aber
nicht zu von den Einnahmen nach § 22 Nr. 3 EStG abziehbaren
Werbungskosten.
Werbungskosten sind gemäß § 9
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen, die bei der Einkunftsart abzuziehen sind,
bei der sie erwachsen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG), und das
heißt, durch die sie veranlasst sind (BFH-Urteil vom
15.1.2008 IX R 45/07, BFHE 220, 264, BStBl II 2008, 572 = SIS 08 12 32). Diese Voraussetzungen erfüllt die Zahlung an die
Schwester SH nicht. Indem sie ihrer Schwester die Provision
weiterleitete, verwendete die Klägerin ihr Einkommen (vgl. zur
Einkommensverwendung BFH-Urteile vom 18.9.2007 IX R 42/05, BFHE
219, 81, BStBl II 2008, 26 = SIS 07 37 63, und vom 2.9.2008 X R
8/06, zur Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2009, 62 = SIS 08 41 87). Der Vorgang der Einnahmeerzielung war mit der Zahlung durch
V an die Klägerin (§ 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 EStG)
bereits abgeschlossen (vgl. auch das BFH-Urteil vom 21.9.2004 IX R
13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44 = SIS 04 40 01), so dass
die Zahlung an SH nicht mehr mit der Einkünfteerzielung
zusammenhing. Vielmehr handelte es sich um eine freiwillige
Zuwendung i.S. von § 12 Nr. 2 EStG.
Es mag zwar sein, dass die Klägerin ohne
die Vereinbarung mit ihrer Schwester keine entgeltliche
Vermittlungsleistung hätte erbringen können. Indes folgt
daraus noch nicht der Charakter der Ausgabe als Werbungskosten.
Denn die Zahlung ist nicht durch die Vermittlungsleistung
veranlasst, sondern durch eine - diese umfassende -
Verwendungsvereinbarung, aufgrund derer zugleich der
Aufwandscharakter der Zahlungen entfällt, wenn man - wie
wirtschaftlich geboten - nicht nur die Rechtsverhältnisse im
Dreieck V - Klägerin - SH betrachtet, sondern das
Übereinkommen der drei Schwestern untereinander beurteilt.
Durch die gleichartige Struktur der
Vereinbarungen untereinander sowie mit V erreichten die drei
Schwestern nicht nur, dass jede von ihnen die für ihren
Versicherungsvertrag mit V ausgezahlte Vermittlungsprovision,
sondern dass darüber hinaus jede von ihnen letztlich einen
Betrag in Höhe der von ihr durch die Vermittlungsleistung
verdienten Provision, die Klägerin also 31.250 DM, erhielt.
Die Klägerin vermittelte die Versicherung der Schwester SH und
erhielt von V eine Provision (31.250 DM), die sie an die Schwester
SH weiterleitete. Die Schwester SF vermittelte Versicherungen u.a.
der Klägerin mit V und erhielt dafür eine Provision
(31.250 DM), die sie an die Klägerin weiterleitete und -
schließlich - vermittelte die Schwester SH Versicherungen der
Schwester SF mit V, wofür sie eine Provision erhielt, die sie
an SF weiterleitete. Damit stand die Klägerin so wie sie
stünde, wenn sie ihre Provision behalten hätte. Mit der
Verpflichtung der Klägerin zur Auskehrung der erhaltenen
Provision an ihre Schwester korrespondierte nach der Vereinbarung
der Schwestern untereinander ihr Recht, von SF die von dieser
verdiente Provision für die Vermittlung ihrer eigenen - der
Klägerin - Versicherung zu verlangen. Damit war alleiniger
Grund für die Zahlung der von der Klägerin eingenommenen
Provision an SF das Übereinkommen der Schwestern zur
Verwendung der jeweils zugeflossenen Provision und nicht die
Provisionsvereinbarung mit V. 2. Weil das angefochtene Urteil
diesen Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Das FA hat im
angefochtenen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr
zutreffend die von der Klägerin erhaltene Provision von 31.250
DM als Einkünfte aus Leistungen erfasst.