Leerstehende Wohnung, WK-Abzug, Nachweis: 1. Wer Aufwendungen für seine zunächst selbst bewohnte, anschließend leer stehende und noch nicht vermietete Wohnung als vorab entstandene Werbungskosten geltend macht, muss seinen endgültigen Entschluss, diese Wohnung zu vermieten, durch ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen belegen. - 2. Die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen dienen als Belege (Beweisanzeichen) für die Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. - Urt.; BFH 28.10.2008, IX R 1/07; SIS 08 42 95
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erwarb im Jahr 1992 eine 162 qm große
Eigentumswohnung, die er zusammen mit seiner Familie bis
einschließlich 1995 selbst bewohnte. Seit seinem Umzug im
Januar 1996 bis Februar 2001 stand die Wohnung leer. Der
Kläger vermietet die Wohnung aufgrund Mietvertrages vom
Dezember 2000 ab Februar 2001 für eine Miete (Kaltmiete) von
1.700 DM monatlich.
In seiner Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr (1999) machte der Kläger in Bezug auf
diese Wohnung, die er auch im Streitjahr zu vermieten beabsichtigt
habe, negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in
Höhe von 31.548 DM (Einnahmen 0 DM, abzüglich
Werbungskosten wie Schuldzinsen, Absetzung für Abnutzung,
Erhaltungsaufwand und sonstige Kosten) geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) folgte dem auch im Einspruchsverfahren nicht.
Dabei bezog er sich auf ein durch Urteil der Vorinstanz am
12.11.2002 rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren (9 K
3293/99), in dem das Finanzgericht (FG) Werbungskosten aus
Vermietung und Verpachtung nicht anerkannt hatte, weil der
Kläger die von ihm behauptete Vermietungsabsicht nicht
ausreichend nachgewiesen hätte.
Seine Klage, mit der der Kläger seine
in Vermietungsabsicht durchgeführten Aktivitäten
darlegte, blieb erfolglos (vgl. SIS 07 14 54). Das FG führte
in seinem Urteil aus, die Absicht des Klägers zur
Fremdvermietung sei auch nach der Beweisaufnahme nicht anhand
objektiver Umstände feststellbar. Er habe keinen Sachverhalt
dargelegt, aus dem sich seine ernsthaften Bemühungen um die
Vermietung ersehen ließen. So habe er im Streitjahr lediglich
eine Wohnungsbesichtigung durchgeführt und nur eine
Vermietungsanzeige aufgegeben. Weitere Maßnahmen habe der
Kläger nicht ergriffen.
Hiergegen richtet sich die Revision des
Klägers. Das Urteil verstoße gegen § 96 der
Finanzgerichtsordnung (FGO), weil es vom FA aufgestellte
Behauptungen als Beweis unterstellt habe. Ferner verletze es
materielles Recht, weil es zu hohe Anforderungen an den Nachweis
seiner Vermietungsabsicht gestellt habe. Die Rechtsprechung habe
noch nicht entschieden, wie die Begriffe
„Nachhaltigkeit“ und „Ernsthaftigkeit“ bei
der Frage der Vermietungsabsicht zu interpretieren seien. Sie seien
nach Auffassung des Klägers wie bei den Einkünften aus
Gewerbebetrieb oder im Umsatzsteuerrecht auszulegen. Danach
reichten seine in Wiederholungsabsicht unternommenen
Aktivitäten zur Wohnungsvermietung im Streitjahr aus.
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA vom 14.6.2004
aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 4.8.2003
dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter
Berücksichtigung eines Verlustes aus Vermietung und
Verpachtung in Höhe von 31.548 DM auf 145.480 DM (74.382,74
EUR) herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Es ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG keine
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Eigentumswohnung
berücksichtigt hat.
1. Das FG hat nicht verfahrensfehlerhaft
entschieden. Es hat nicht gegen seine Verpflichtung
verstoßen, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des
Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 96
Abs. 1 Satz 1 FGO). Mit seinem Vorbringen, die Schlussfolgerungen
des FG seien mit den Zeugenaussagen und dem Gesamtergebnis des
Verfahrens nicht vereinbar, macht der Kläger eine fehlerhafte
Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG geltend. Die
Würdigung von Tatsachen und Beweisen ist nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dem materiellen Recht
zuzuordnen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16.12.2005 IX B 38/05,
BFH/NV 2006, 772 = SIS 06 15 53, m.w.N.). Das FG hat ferner dem
Kläger nicht unterstellt, er habe die Absicht gehabt, die
Wohnung leer stehen zu lassen. Die Passage des Urteils, auf die
sich der Kläger insoweit bezieht, betrifft die Erwägung
des FG, der Kläger habe das Vorliegen der Vermietungsabsicht
(Einkünfteerzielungsabsicht) darzulegen und nachzuweisen.
2. Das Urteil ist auch materiell-rechtlich
nicht zu beanstanden. Das FG hat zu Recht die auf die Wohnung
entfallenden Aufwendungen nicht als vorab entstandene
Werbungskosten abgesetzt.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) sind
Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung
der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach §
9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und
Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen und das
heißt, durch die sie veranlasst sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.1.2008 IX R 45/07, BFHE
220, 264, BStBl II 2008, 572 = SIS 08 12 32). Fallen solche
Aufwendungen schon an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende
Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene
Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein ausreichend
bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen
und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt
wird (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4.7.1990 GrS
1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 = SIS 90 18 09; BFH-Urteil
vom 11.1.2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477 = SIS 05 21 69).
a) Aufwendungen für eine leer stehende
Wohnung können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar
sein, wenn der Steuerpflichtige sich endgültig entschlossen
hat, daraus durch Vermieten Einkünfte nach § 21 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen und diese Entscheidung später
nicht wieder aufgegeben hat (ständige Rechtsprechung,
BFH-Urteil vom 4.6.1991 IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991,
761 = SIS 91 16 06, und BFH-Beschluss vom 21.9.2000 IX B 75/00,
BFH/NV 2001, 585 = SIS 01 64 14, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Der Steuerpflichtige hat sich noch nicht endgültig zur
Einkünfteerzielung entschieden, wenn er alternativ auch
erwägt, die Wohnung zu veräußern. Darin liegt
entgegen der Revision der Unterschied zu dem Fall, über den
der BFH in seinem Urteil vom 9.7.2003 IX R 102/00 (BFHE 203, 86,
BStBl II 2003, 940 = SIS 03 46 88) entscheiden musste. Denn dort
ging es nicht um die Begründung der
Einkünfteerzielungsabsicht, sondern um deren Aufgabe. Der
Steuerpflichtige hatte seine leer stehende Wohnung nach der auf
Dauer angelegten Vermietung weiterhin zu vermieten versucht,
daneben aber zugleich zum Verkauf angeboten. Er hatte seine
Tätigkeit bereits auf dauerhaftes Vermieten ausgerichtet und
sich deshalb endgültig zur Einkünfteerzielung
entschieden. Er hatte diese Absicht aber noch nicht endgültig
aufgegeben, während seine Wohnung leer stand.
Demgegenüber muss sich der Steuerpflichtige, der - wie im
Streitfall - zunächst selbst seine Wohnung bewohnte, bei
seiner erstmalig zur Vermietung vorgesehenen Wohnung endgültig
dazu entscheiden, Einkünfte aus der Vermietung dieser Wohnung
zu erzielen. Das tut er aber nicht bei indifferenter
Entschlusslage, wenn also noch offen ist, ob er die Wohnung
vermieten oder ggf. auch verkaufen will (vgl. dazu auch BFH-Urteil
vom 5.3.2008 X R 48/06, BFH/NV 2008, 1463 = SIS 08 31 69, unter II.
3.).
b) Dieser endgültige Entschluss zu
vermieten - die Einkünfteerzielungsabsicht - ist eine innere
Tatsache, die wie alle sich in der Vorstellung von Menschen
abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlicher
Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen muss
auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden
(Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82,
BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08, unter C. IV. 3. c
bb der Gründe, m.w.N.). Deshalb muss sich der endgültige
Entschluss des Steuerpflichtigen zur Vermietung stets anhand
objektiver Umstände belegen lassen (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 164, 364, BStBl II 1991,
761 = SIS 91 16 06, und in BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477 = SIS 05 21 69, m.w.N.). Derartige Umstände, aus denen sich der
endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind ernsthafte und
nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940 = SIS 03 46 88). Es
handelt sich bei diesen - den Grad der Vermietungsbemühungen
umschreibenden - Ausdrücken „nachhaltig“
und „ernsthaft“ entgegen der Revision nicht um
gesetzliche Tatbestandsmerkmale, die in gleicher Weise auszulegen
wären wie z.B. der Begriff „nachhaltig“ in
§ 15 Abs. 2 EStG. Vielmehr geht es dabei um Beweisanzeichen,
deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als
Tatsacheninstanz obliegt. Es entscheidet nach seiner freien, aus
dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, ob
im Einzelfall Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt und ist bei
seiner tatrichterlichen Würdigung nicht an starre Regeln
für das Gewichten einzelner Umstände gebunden
(BFH-Urteile vom 14.7.2004 IX R 56/01, BFH/NV 2005, 37 = SIS 05 04 03, unter II. 2. c; in BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940 = SIS 03 46 88, und BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 585 = SIS 01 64 14).
3. Nach diesen Maßstäben konnte das
FG zu dem Ergebnis gelangen, dass die Vermietungsbemühungen
des Klägers nicht ausgereicht haben, um von seinem unbedingten
und endgültigen Entschluss auszugehen, seine Wohnung zu
vermieten. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der
Kläger seine Vermietungsbemühungen, obschon es sich um
eine teure, schwer vermietbare und schon seit Jahren leer stehende
Wohnung handelt, abgesehen von einer Wohnungsbesichtigung und einer
Vermietungsanzeige im Streitjahr nicht weiter forciert und auch
keinen Makler eingeschaltet hatte. Diese Würdigung ist,
wenngleich nicht zwingend, so doch jedenfalls möglich und
bindet den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO. Entgegen der Revision
hat das FG alle feststehenden Indizien und auch spätere
Umstände in seine Gesamtwürdigung einbezogen (vgl. dazu
BFH-Urteil vom 14.12.2004 IX R 1/04, BFHE 208, 235, BStBl II 2005,
211 = SIS 05 08 92, unter II. 1. a, m.w.N.). Es hat nämlich
durchaus berücksichtigt, dass der Kläger in dem auf das
Streitjahr folgenden Jahr 2000 einen Mietvertrag über die
Wohnung abgeschlossen hat, hat dies indes in vertretbarer
Würdigung der weiteren Umstände allein auf die
Bemühungen im Jahr 2000 zurückgeführt. Das FG hat
überdies zutreffend auch den Teil der vom Kläger
benannten Mietinteressenten unberücksichtigt gelassen, die
nicht an einer Anmietung, sondern an einem Kauf der Wohnung
interessiert gewesen waren.