Rentenversicherung, Erwerb mit Mitteln des Ehegatten: Nimmt der Ehegatte des Steuerpflichtigen als Schuldner ein Darlehen auf, um dem Steuerpflichtigen Mittel zum Erwerb einer Rentenversicherung gegen Einmalzahlung zuzuwenden und trägt er gegenüber der Bank die Schuldzinsen, liegt eigener Aufwand des Steuerpflichtigen vor, wenn der Steuerpflichtige im Innenverhältnis verpflichtet ist, den Ehegatten von der Verpflichtung zur Zins- und Tilgungszahlung freizustellen. - Urt.; BFH 25.6.2008, X R 36/05; SIS 08 40 70
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 1995
bis 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger
ist im Jahr 1957, die Klägerin ist im Jahr 1963
geboren.
Die Klägerin bezog in den Streitjahren
1995 bis 1997 geringe Einkünfte aus nichtselbständiger
Tätigkeit als Flugbegleiterin. Der Kläger erzielte im
Wesentlichen Einkünfte als niedergelassener Arzt.
Der Kläger hatte ursprünglich
für den Bau eines Mehrfamilienhauses in K vier
Darlehensverträge abgeschlossen (Valuta per 31.12.1994
insgesamt 2,885 Mio. DM). Nachdem drei der sechs Wohnungen verkauft
worden waren, wurden zwei der Darlehenskonten der Finanzierung der
verbliebenen drei Wohnungen zugerechnet und diese Schuldzinsen in
den Streitjahren als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
Die Kläger erwarben mit separaten
Vertragsabschlüssen jeweils ein Rentenbezugsrecht. Die
Einmalzahlungen beliefen sich auf jeweils 500.000 DM, als
Rentenbeginn war der 1.1.2007 vorgesehen. Die Renten werden den
Klägern im Erlebensfall des Rentenbeginns an jedem
Rentenfälligkeitstermin, mindestens jedoch für die Dauer
von zehn Jahren gezahlt. Bei Versterben vor Ablauf der
Mindestbezugsdauer wird die Rente an den überlebenden
Ehegatten für die Restdauer fortgezahlt.
Zur Finanzierung der Einmalbeträge
nutzten die Kläger - nach den Feststellungen des
Finanzgerichts (FG) - u.a. den Veräußerungserlös
aus den Wohnungsverkäufen. Sie ordneten die übrigen zwei
Darlehenskonten (Valuta per 31.12.1994: 480.000 DM und 1.080.000
DM) teilweise der Finanzierung der Einmalzahlungen zu.
In ihren Einkommensteuererklärungen
für die Streitjahre machten die Kläger die gezahlten
Schuldzinsen, soweit sie auf die Einmalbeträge entfielen, als
vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften
des Klägers geltend.
Für die Streitjahre 1995, 1996 und
1997 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -
FA- - ) in Einkommensteueränderungsbescheiden, alle vom
12.7.1999, die geltend gemachten Schuldzinsen jeweils hälftig
bei den Klägern als Werbungskosten an. Ebenso verfuhr das FA
im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1998 vom
2.2.2000.
Nach einer Betriebsprüfung für
die Streitjahre 1996 bis 1998 vertrat das FA die Auffassung, dass
die Klägerin die bislang berücksichtigten Schuldzinsen
nicht getragen habe, da Darlehensnehmer für die
Refinanzierungsdarlehen der Kläger alleine gewesen sei. Der
Kläger habe die Tilgungs- und Zinsleistungen auch allein
erbracht. Es erließ für die Streitjahre 1995 bis 1998
jeweils am 21.3.2000 Änderungsbescheide. Für das
Streitjahr 1999 erkannte das FA im Einkommensteuerbescheid vom
2.3.2001 die Schuldzinsen nur zur Hälfte beim Kläger
an.
Die Kläger erhoben erfolglos
Einspruch.
Während des Einspruchsverfahrens
ergingen wegen geänderter Grundlagenbescheide von den
Beteiligten unbemerkt Änderungsbescheide für das
Streitjahr 1995 (Änderungsbescheid vom 10.10.2000) sowie
für die Streitjahre 1996, 1997 und 1999 (jeweils
Änderungsbescheide vom 19.9.2002). Die Änderungsbescheide
wurden vom FA an die - neben den jetzigen
Prozessbevollmächtigten als weitere Bevollmächtigte
auftretende - Steuerberatungsgesellschaft S GmbH
bekanntgegeben.
Im Klageverfahren ergingen wegen
geänderter Grundlagenbescheide am 9.1.2004 (1996) und am
22.12.2003 (1996 und 1998) weitere Änderungsbescheide. Die
Änderungsbescheide wurden ebenfalls an die
Steuerberatungsgesellschaft S GmbH bekanntgegeben. Im
Klageverfahren waren ausschließlich die jetzigen
Prozessbevollmächtigten zur Vertretung der Kläger
berufen. Die Kläger beantragten vor dem FG, die
ursprünglichen Einkommensteueränderungsbescheide in
Gestalt der Einspruchsentscheidungen zu ändern und die
hälftigen Schuldzinsen bei der Klägerin als
vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften
anzuerkennen.
Das FG wies die Klage ab, da die
Schuldzinsen beim Kläger nicht durch die
Einkünfteerzielung aus dem Rentenstammrecht veranlasst gewesen
seien und im Hinblick auf die Renteneinkünfte der
Klägerin zu unbeachtlichem Drittaufwand geführt
hätten (vgl. SIS 06 23 33).
Mit ihrer Revision verfolgen die
Kläger ihr Begehren weiter. Der Klägerin sei der
Werbungskostenabzug zu gewähren. Das Urteil des FG verletze
sie in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 und 4 des Grundgesetzes
(GG), da die Rechtsauffassung des FG bedinge, dass die
Klägerin für den Werbungskostenabzug Mitschuldnerin des
Darlehens werden müsse, obwohl sie nahezu keine Einkünfte
erziele. Es hänge ausschließlich von der Gestaltung des
Sachverhalts ab, ob der Werbungskostenabzug beansprucht werden
könne, selbst wenn der wirtschaftliche Sachverhalt sich nicht
verändere. Eine verfassungskonforme Auslegung im Lichte des
Art. 6 GG und des Art. 3 Abs. 1 GG müsse zu der Wertung
führen, dass die Schuldzinsen auch als von der Klägerin
getragen anzusehen seien. Die Klägerin sei im Hinblick auf die
selbständige Tätigkeit des Klägers mit einer eigenen
Rentenversicherung zur Altersvorsorge abgesichert worden. Die
Rechtsauffassung des FG führe zu einer Benachteiligung der
„Alleinverdienerehe“ gegenüber Ehegatten mit zwei
Einkommen („Doppelverdienerehe“), bei der jeder
Ehegatte die Zins- und Tilgungsleistungen aus eigenem Einkommen
bedienen könne.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Nach der gesetzlichen Regelung in §
26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien die Einkünfte der
Ehegatten getrennt zu ermitteln. Der Zinsaufwand sei als nicht
abzugsfähiger Drittaufwand nach den Grundsätzen des
Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
23.8.1999 GrS 2/97 (BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55) anzusehen. Die getrennte Einkünfteermittlung für
Ehegatten in § 26b EStG führe nicht zu einer Verletzung
der Kläger in ihrem Grundrecht aus Art. 6 GG, da diese
Regelungen für verheiratete und unverheiratete
Steuerpflichtige gleichermaßen gelten würden.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat nicht
berücksichtigt, dass eigener Aufwand der Klägerin
aufgrund der vom Kläger gezahlten Schuldzinsen vorliegen kann,
wenn dem Kläger gegen die Klägerin im
Innenverhältnis ein Rechtsanspruch auf Ersatz dieser
Aufwendungen zusteht. Es hätte prüfen und aufklären
müssen, inwieweit im Streitfall ein solcher
Rückgriffsanspruch des Klägers gegen die Klägerin
bestand.
1. Der Senat konnte den Revisionsantrag der
Kläger rechtsschutzgewährend in der vorgenannten Weise
auslegen. Das FG hat für die Streitjahre 1995 bis 1997 und
1999 über Bescheide entschieden, obgleich diese während
des Einspruchsverfahrens durch Änderungsbescheide ersetzt
worden sind und damit in ihrer Wirksamkeit suspendiert waren.
a) Für das Streitjahr 1995 hat das FG
über den Bescheid vom 21.3.2000 entschieden, obwohl
während des Einspruchsverfahrens ein Änderungsbescheid
vom 10.10.2000 ergangen war. Für die Streitjahre 1996, 1997
und 1999 ergingen im Einspruchsverfahren jeweils
Änderungsbescheide vom 19.9.2002. Die im Einspruchsverfahren
ergangenen Änderungsbescheide wurden gemäß §
122 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung (AO) wirksam bekanntgegeben,
da die Steuerberatungsgesellschaft S GmbH sowohl während des
Veranlagungsverfahrens als auch nachträglich für das
Einspruchsverfahren neben den Prozessbevollmächtigten
bevollmächtigt war. Die Änderungsbescheide wurden damit
kraft Gesetzes zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens (§ 365
Abs. 3 Satz 1 AO).
Für die Streitjahre 1996 und 1998 wurden
im Klageverfahren am 22.12.2003 und am 9.1.2004 weitere
Änderungsbescheide erlassen. Diese wurden nicht wirksam
bekanntgegeben, da Änderungsbescheide während des
Klageverfahrens gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 und Satz
3 AO dem Prozessbevollmächtigten bekannt zu geben sind (vgl.
Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., § 122 Rz 43). Der
Änderungsbescheid wird erst wirksam, wenn ihn der
Prozessbevollmächtigte als Empfangsberechtigter
tatsächlich erhält (vgl. BFH-Urteil vom 3.12.1998 III R
5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227 = SIS 99 06 03). Auch die
Auswechslung des Verfahrensgegenstandes gemäß § 68
FGO setzt die wirksame Bekanntgabe des Änderungsbescheids
voraus (Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl.,
§ 68 Rz 76). Es bestehen aber keine Anhaltspunkte, dass diese
Änderungsbescheide den Prozessbevollmächtigten bislang
zugegangen sind, da diese im Revisions- und im Klageverfahren die
Änderung der Einkommensteueränderungsbescheide vom
26.11.2001 und damit der Bescheide noch vor Ergehen der
Änderungsbescheide im Einspruchsverfahren beantragt haben.
b) Der Senat kann es - wegen der aus anderen
Gründen erfolgenden Aufhebung des FG-Urteils - dahinstehen
lassen, ob das FG-Urteil wegen der im Einspruchsverfahren
ergangenen Änderungsbescheide und der damit
möglicherweise verbundenen Entscheidung des FG über einen
nicht mehr existenten Verfahrensgegenstand (§ 44 Abs. 2 FGO)
bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen teilweise aufzuheben
wäre (zum vergleichbaren Fall des Ergehens eines
Änderungsbescheids im Klageverfahren BFH-Urteil vom 31.5.2006
II R 32/04, BFH/NV 2006, 2232 = SIS 06 44 58; Schallmoser in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 68 FGO Rz 96). Der Antrag der
Kläger war in der vorgenannten Weise auszulegen. Zwar begehren
die Kläger mit ihrem Antrag nicht die Abänderung der
zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheide, sondern die
Abänderung der zuvor ergangenen Einkommensteuerbescheide, die
in ihrer Wirkung suspendiert sind. Die zuletzt ergangenen
Änderungsbescheide beruhen jedoch ausnahmslos auf
geänderten Grundlagenbescheiden und berühren den
relevanten Streitstoff nicht. Bei verständiger Würdigung
ist das Revisionsbegehren der Kläger in dem Sinne zu
verstehen, dass sie die Änderung der zum Gegenstand des
Verfahrens gewordenen Bescheide begehren.
2. Das FG-Urteil ist aufzuheben, da das FG
nicht geprüft hat, ob eigener Aufwand und damit Werbungskosten
der Klägerin deshalb vorliegen, weil sie dem Kläger im
Innenverhältnis zum Ersatz der Schuldzinsen verpflichtet
ist.
a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind
Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer
Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das Vorliegen
eines solchen wirtschaftlichen Zusammenhangs setzt zunächst
voraus, dass die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit
geleistet worden sind, die durch die Einkunftserzielung veranlasst
ist. Maßgeblich hierfür ist, ob das Darlehen zur
Erzielung von Einkünften - hier sonstige Einkünfte aus
der Rentenversicherung der Klägerin - aufgenommen und
tatsächlich verwendet worden ist.
Die Schuldzinsen dienen im Streitfall -
vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen unter II.3.b -
der Erzielung von Renteneinkünften der Klägerin. Die
Klägerin hat eine sog. Mindestzeitrente abgeschlossen, da ihr
eine lebenslange Rentenzahlung im Erlebensfall zusteht und im Fall
ihres Ablebens vor Ablauf des Garantiezeitraums der Kläger
Rentenberechtigter für die Restdauer ist. Bei Rentenbeginn im
Jahr 2007 hatte die zu diesem Zeitpunkt 44-jährige
Klägerin nach der maßgeblichen Sterbetafel für das
Jahr des Vertragsschlusses 1995 (vgl. Tz. 20 des Schreibens des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 22.12.2005, BStBl I
2006, 92 = SIS 06 06 70) noch eine voraussichtliche Lebenserwartung
von mindestens 28 Jahren (vgl. Statistisches Jahrbuch für die
Bundesrepublik Deutschland 1995). Ihre voraussichtliche
Lebenserwartung bei Rentenbeginn lag somit deutlich oberhalb der
Mindestlaufzeit, so dass die Besteuerung der Rentenbeträge
gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr.
1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit dem Ertragsanteil zu
erfolgen hat (vgl. Senatsurteil vom 15.12.1999 X R 23/95, BFHE 190,
460, BStBl II 2000, 267 = SIS 00 04 81; Schmidt/Weber-Grellet,
EStG, 27. Aufl., § 22 Rz 112; Risthaus, DB 2006, 232, 234,
Goverts/Knoll, DStR 2006, 589, 591; Stöcker in
Bordewin/Brandt, § 22 EStG Rz 354, 356; Lindberg in Frotscher,
EStG, 6. Aufl., § 22 Rz 37, 148; Ross in Dankmeyer/Giloy,
Einkommensteuer, § 22 Rz 44 f., 58; Risthaus in Herrmann/
Heuer/Raupach -HHR -, § 22 EStG Rz 274, 301, 328;
Blümich/ Stuhrmann, § 22 EStG Rz 114; Gerard in Lademann,
EStG, § 22 Rz 59; Lüsch in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 22 Rz 164). Damit sind die
Schuldzinsen durch die Erzielung steuerbarer Einkünfte der
Klägerin veranlasst (Senatsurteil in BFHE 190, 460, BStBl II
2000, 267 = SIS 00 04 81). Eine Kürzung der Werbungskosten
aufgrund des Umstandes, dass eine Aufteilung der Rente in einen
(steuerbaren) Ertragsanteil und einen (nichtsteuerbaren)
Kapitalrückzahlungsanteil erfolgt, kommt nicht in Betracht, da
der gesamte Finanzierungsaufwand durch die erworbenen Bezüge
veranlasst ist (Senatsurteil in BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267 =
SIS 00 04 81).
b) Dieser objektive Zusammenhang allein reicht
indes nicht aus, um einen wirtschaftlichen Zusammenhang der
gezahlten Schuldzinsen mit den sonstigen Einkünften aus den
aufgeschobenen Rentenzahlungen zu begründen. Aus dem Grundsatz
der persönlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich, dass der
Steuerpflichtige die Aufwendungen i.S. des § 9 Abs. 1 EStG
persönlich tragen muss. Steuersubjekt ist der einzelne
Steuerpflichtige, und zwar auch im Falle der Zusammenveranlagung
von Eheleuten nach § 26b EStG. Wie dem Steuerpflichtigen
gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 und § 8 EStG nur solche
Einnahmen zuzurechnen sind, die seine persönliche
Leistungsfähigkeit erhöhen, so sind entsprechend nur
solche Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen, die
seine persönliche Leistungsfähigkeit mindern
(BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55,
unter C.IV.1.b).
aa) Die strittigen Schuldzinsen können -
wie das FG zutreffend erkannt hat - nicht als Eigenaufwand des
Klägers anerkannt werden, da die Schuldzinsen insoweit nicht
der Erzielung von Renteneinkünften des Klägers
dienen.
Zwar hat der Senat im Urteil vom 22.11.2006 X
R 15/05 (BFHE 216, 118, BStBl II 2007, 390 = SIS 07 04 28)
Schuldzinsen in vollem Umfang als Werbungskosten anerkannt, wenn
ein Steuerpflichtiger durch fremdfinanzierten Einmalbetrag eine
Leibrente unter Einschluss einer lebenslänglichen
Hinterbliebenenrente zugunsten eines Angehörigen erwirbt. Dies
hat der Senat mit der gebotenen personenübergreifenden
Betrachtungsweise bei der Besteuerung der Rentenzahlungen
begründet, die sowohl beim Steuerpflichtigen als auch
später beim Angehörigen der Besteuerung unterliegen, und
deshalb einen durchgängigen Veranlassungszusammenhang der
Schuldzinsen zu den steuerpflichtigen Renteneinkünften bejaht
(vgl. auch Senatsurteil vom 16.9.2004 X R 29/02, BFHE 208, 129,
BStBl II 2006, 234 = SIS 05 12 83).
Auch unter Berücksichtigung des
Gesichtspunkts, dass der Kläger als Hinterbliebener aus der
Rentenversicherung der Klägerin für die Restlaufzeit der
Mindestzeitrente begünstigt sein könnte und deshalb
wirtschaftlich betrachtet auch mögliche eigene Rentenzahlungen
gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr.
1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG oder Zinserträge aus
einer Zeitrente (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, vgl. BMF-Schreiben in
BStBl I 2006, 92 = SIS 06 06 70; zum Streitstand Risthaus, DB 2006,
232, 234; Goverts/Knoll, DStR 2006, 589, 591;
Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 22 Rz 112) finanziert,
lässt sich der erforderliche Veranlassungszusammenhang nicht
bejahen. Entscheidend in den vorgenannten Fällen war, dass der
Steuerpflichtige die Finanzierung dort vorrangig für seine
eigenen Renteneinkünfte und nicht für die des danach
berechtigten Angehörigen aufgenommen hat. Im Streitfall
hingegen wird nach der für den Veranlassungszusammenhang
maßgeblichen Prognose im Zeitpunkt des Entstehens der
Aufwendungen (Senatsurteil in BFHE 216, 118, BStBl II 2007, 390 =
SIS 07 04 28) die Klägerin allein die Renteneinkünfte aus
ihrer Rentenversicherung beziehen. Da die Lebenserwartung der
Klägerin - wie dargelegt - die vereinbarte Mindestlaufzeit
übersteigt, hat im Rahmen der Prognose der Anspruch des
Klägers als Hinterbliebener keine wirtschaftliche Bedeutung.
Damit besteht ein ausschließlicher Veranlassungszusammenhang
zwischen den Schuldzinsen und den späteren
Renteneinkünften der Klägerin.
bb) Dementsprechend ist erforderlich, dass die
Klägerin die Zinsaufwendungen im Rechtssinne selbst getragen
hat. Dies könnte im Streitfall - was das FG nicht geprüft
hat - aufgrund eines Rückgriffsanspruchs des Klägers
gegen die Klägerin der Fall sein.
aaa) Nach der Rechtsprechung des BFH
können die von einem Dritten im Außenverhältnis
geleisteten Aufwendungen als eigene Aufwendungen abgezogen werden,
wenn der Steuerpflichtige im Innenverhältnis die Aufwendungen
zu tragen hat. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der
Steuerpflichtige dem Dritten Mittel zur Verfügung stellt und
somit die Zinsen aus eigenen Mitteln tatsächlich bezahlt
(BFH-Urteile vom 2.12.1999 IX R 45/95, BFHE 191, 24, BStBl II 2000,
310 = SIS 00 06 60, und IX R 21/96, BFHE 191, 28, BStBl II 2000,
312 = SIS 00 06 61).
bbb) Eigener Aufwand in diesem Sinne liegt
ebenfalls vor, wenn der den Aufwand im Außenverhältnis
tragende Dritte gegen den Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch
auf Ersatz der Aufwendungen hat, da in diesem Fall die vom Dritten
im Außenverhältnis begründete Verbindlichkeit
für Rechnung des Steuerpflichtigen eingegangen worden ist
(BFH-Urteile vom 12.12.2000 VIII R 52/93, BFHE 194, 120, BStBl II
2001, 286 = SIS 01 05 20; VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761 = SIS 01 65 39; VIII R 34/94, BFH/NV 2001, 757 = SIS 01 65 38; VIII R 22/92,
BFHE 194, 108, BStBl II 2001, 385 = SIS 01 05 18; Senatsurteil vom
31.5.2005 X R 36/02, BFHE 210, 124, BStBl II 2005, 707 = SIS 05 33 25; HHR/Kreft, § 9 EStG Rz 43; Blümich/Thürmer,
§ 9 EStG Rz 175; Stark in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 9
Rz 29). Das FG hat die Tatsachen festzustellen, aus denen sich ein
solcher Rechtsanspruch herleiten lässt (Senatsbeschluss vom
27.6.2007 X B 73/06, BFH/NV 2007, 1653 = SIS 07 27 57).
ccc) Für die erforderliche rechtliche
Verpflichtung der Klägerin im Innenverhältnis reichen
allerdings hypothetische Rechtsansprüche zwischen den
Ehegatten nicht aus. Soweit die Rentenversicherung der
Klägerin nach deren Vortrag im Hinblick auf einen
Rechtsanspruch auf Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ) abgeschlossen wurde, ist
eine rechtliche Verpflichtung der Klägerin zu verneinen, da
dieser Anspruch - wie die Kläger selbst ausführen - nicht
dem Kläger als Rückgriffsanspruch gegen die
Klägerin, sondern der Klägerin gegen den Kläger im
Fall der Scheidung zustünde. Unmaßgeblich sind auch
mögliche Rückgriffsansprüche des Klägers auf
Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur
Rückabwicklung ehebezogener (unbenannter) Zuwendungen (vgl.
z.B. BGH-Urteil vom 30.6.1999 XII ZR 230/96, BGHZ 142, 137), im
Wege gesellschaftsrechtlicher Auseinandersetzungsansprüche aus
einer Ehegatteninnengesellschaft, über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage in Verbindung mit einem familienrechtlichen
Vertrag sui generis oder über den Zugewinnausgleich, da diese
Ansprüche nicht im maßgeblichen Zeitpunkt der
Schuldzinsenzahlung, sondern erst anlässlich des Scheiterns
der Ehe entstehen. Erforderlich ist eine rechtliche Verpflichtung
der Klägerin, die in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der
Kläger die Schuldzinszahlungen für ihre Rechnung
leistet.
c) Das FG ist im Streitfall dem Gesichtspunkt
einer solchen rechtlichen Verpflichtung der Klägerin im
Innenverhältnis nicht nachgegangen. Es hat damit nicht alle
rechtlichen Möglichkeiten des Werbungskostenabzugs der
Klägerin abschließend geprüft, so dass das Urteil
aufzuheben ist.
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Der
Senat kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen
nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin dem
Kläger im Innenverhältnis zum Ersatz der Schuldzinsen
verpflichtet ist und den Werbungskostenabzug beanspruchen kann.
a) Im zweiten Rechtsgang wird das FG
festzustellen haben, ob nach dem Inhalt der Absprache zwischen den
Klägern ein Rechtsanspruch des Klägers im
Innenverhältnis auf Freistellung von der Zinsverpflichtung
bzw. auf Erstattung der Zinsaufwendungen besteht. Die alleinige
Eingehung der Darlehensverbindlichkeit durch den Kläger im
Außenverhältnis kann gemäß §§ 667,
670 BGB zu einem Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen in Gestalt
der Schuldzinsen und auf Freistellung aus der Rückzahlung der
anteiligen Darlehensvaluta führen (vgl. hierzu Gerhards,
Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2006, 1793, 1795).
Anhaltspunkte für eine Ausgleichspflicht der Klägerin
sind im Streitfall der (pauschale) Vortrag im Einspruchs- und
Klageverfahren, die Klägerin sei dem Kläger im
Innenverhältnis zur Erstattung verpflichtet gewesen, das
planvolle Zusammenwirken der Kläger bei Abschluss der
gemeinsamen Rentenversicherungen, da jeder der Kläger
zeitgleich eine Rentenversicherung abgeschlossen, bei Vorversterben
den jeweils anderen Ehegatten für die restliche Mindestzeit
als Rentenberechtigten eingesetzt hat und - was im ersten
Rechtsgang nicht festgestellt wurde - die Klägerin
möglicherweise ihre Ansprüche aus dem
Rentenversicherungsvertrag an die Bank als Sicherheit abgetreten
hat (vgl. Blatt 4 und 14 der Rechtsbehelfsakte). In dieser
Abtretung kann eine Sicherheitsleistung der Klägerin (§
257 Satz 2 BGB) für den dem Kläger zustehenden
Freistellungsanspruch (§ 670 i.V.m. § 257 BGB, vgl.
MünchKommBGB/ Seiler, 4. Aufl., § 670 Rz 13) liegen.
b) Sollte sich nach den nachzuholenden
Feststellungen des FG ergeben, dass die Klägerin dem
Kläger im Innenverhältnis zum Ausgleich der getragenen
Schuldzinsen verpflichtet ist, wird das FG für den
Werbungskostenabzug zu beachten haben, dass nach den bisherigen
Feststellungen des FG der Veräußerungserlös aus dem
Verkauf der drei Wohnungen in K zur Finanzierung der
Einmalbeträge verwendet worden sein soll. Insoweit müsste
das FG prüfen, ob nach den Grundsätzen der sog.
Surrogationsrechtsprechung (vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9
Rz 82 f.) der Werbungskostenabzug zu kürzen ist.
c) Sollte sich nach den Feststellungen des FG
im zweiten Rechtsgang ergeben, dass im Innenverhältnis keine
Freistellungs- bzw. Ersatzverpflichtung der Klägerin
hinsichtlich der Darlehenszinsen besteht, wäre der
Werbungskostenabzug im Streitfall wegen des Vorliegens
unbeachtlichen Drittaufwands zu versagen.
aa) Die vom FG nicht festgestellte, aber möglicherweise
erfolgte Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus der
Rentenversicherung an die Bank zur Besicherung des Darlehens des
Klägers (Blatt 4 und 14 der Rechtsbehelfsakte) ist nach der
Rechtsprechung des IX. Senats des BFH im Urteil in BFHE 191, 28,
BStBl II 2000, 312 = SIS 00 06 61, der der erkennende Senat folgt,
nicht einer rechtlichen Verpflichtung der Klägerin im
Außen- oder Innenverhältnis gleich zu erachten. Erst
für den Fall, dass die Klägerin aus der Sicherheit in
Anspruch genommen würde, könnten Werbungskosten vorliegen
(vgl. unter II.2.b bb aaa).
bb) Auch die jüngere Rechtsprechung des
IX. Senats zur Aufwandszurechnung in den Fällen des
abgekürzten Vertragswegs (BFH-Urteile vom 15.11.2005 IX R
25/03, BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623 = SIS 06 03 85, und vom
15.1.2008 IX R 45/07, BStBl II 2008, 572, BFH/NV 2008, 664 = SIS 08 12 32) kann im Streitfall nicht zur Anerkennung des
Werbungskostenabzugs führen, da diese Grundsätze für
ein Kreditverhältnis wie im Streitfall nicht zur Anwendung
kommen.
aaa) Leistet ein Ehegatte als alleiniger
Schuldner der Zinsverpflichtung die Zahlung für eine diesen
Ehegatten allein treffende Verbindlichkeit, wird die Zahlung -
sofern im Innenverhältnis weder Ersatz geleistet wird noch ein
Rückgriffsanspruch besteht - ausschließlich für
Rechnung dieses Ehegatten erbracht (BFH-Entscheidungen vom
13.3.1996 VI R 103/95, BFHE 180, 139, BStBl II 1996, 375 = SIS 96 13 40; in BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310 = SIS 00 06 60; in BFHE
191, 28, BStBl II 2000, 312 = SIS 00 06 61, und in BFHE 189, 160,
BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55).
bbb) Dem Steuerpflichtigen kann von einem
Dritten getragener Aufwand auch ohne Ersatzpflicht oder
Kostentragung im Innenverhältnis unter bestimmten
Voraussetzungen im Wege des abgekürzten Vertragswegs als
eigener Aufwand zugerechnet werden (näher dazu
BFH-Entscheidungen in BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623 = SIS 06 03 85, und in BStBl II 2008, 572, BFH/NV 2008, 664 = SIS 08 12 32;
offengelassen in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55;
beschränkt auf „Bargeschäfte des täglichen
Lebens“ BFH-Urteil vom 24.2.2000 IV R 75/98, BFHE 191,
301, BStBl II 2000, 314 = SIS 00 06 75; ferner BMF-Schreiben vom
7.7.2008, DStR 2008, 1382 = SIS 08 27 84).
Ein Werbungskostenabzug der Klägerin
käme jedoch auch nach dieser jüngeren
Rechtsprechungsentwicklung nicht in Betracht, da es sich bei der
vom Kläger eingegangenen Verbindlichkeit um ein
Kreditverhältnis handelt. Der IX. Senat des BFH hat in der
Entscheidung in BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623 = SIS 06 03 85 im
Wege eines obiter dictums ausgeführt, dass eine
Aufwandszurechnung nach den Grundsätzen des abgekürzten
Vertragswegs bei Kreditverhältnissen nicht erfolgen kann.
Dieser Einschränkung folgt der erkennende Senat jedenfalls
für die im Streitfall vorliegende Situation, dass der
Darlehensvertrag nicht als Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet
ist.
(1) Zwar wird diese Beschränkung der
Aufwandszurechnung im abgekürzten Vertragsweg nach der neueren
Rechtsprechung im Schrifttum mit beachtlichen Argumenten wegen der
sich stellenden Abgrenzungsschwierigkeiten kritisiert (vgl.
Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 504; Schmidt/Drenseck,
a.a.O., § 9 Rz 71; Schnorr, Steuer und Wirtschaft - StuW -
2003, 222, 229; Söffing, BB 2000, 381; Haenicke, DStZ 2006,
793, 796; Seitz, FR 2006, 201 ff., m.w.N.; Roth, DStZ 2006, 830;
von Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9
Rz B 56a und b).
(2) Der erkennende Senat hält eine
Zurechnung von Aufwand an den Steuerpflichtigen allenfalls in
solchen Fällen des abgekürzten Vertragswegs für
gerechtfertigt, in denen der Gläubiger des Dritten (des
Zahlenden) an den Steuerpflichtigen eine Leistung erbringt und der
Steuerpflichtige dem Dritten keinen Ersatz schuldet.
Die Abgrenzung von steuerlich unbeachtlichem
„echten Drittaufwand“ von dem dem
Steuerpflichtigen als eigener Aufwand zuzurechnenden
„unechten Drittaufwand“ ist von den
Grundsätzen der Irrelevanz der Mittelherkunft und dem
Zuwendungsgedanken einerseits sowie dem sog. Kostentragungsprinzip
andererseits bestimmt. Schuldet der Steuerpflichtige dem Dritten
(dem Zahlenden) im Innenverhältnis Ersatz, liegt stets Aufwand
des Steuerpflichtigen vor (vgl. oben unter II.2.b bb bbb). Schuldet
er keinen Ersatz, hat der Große Senat des BFH in seinem
Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55
erkannt, dass die Zuwendung geschenkter Mittel an den
Steuerpflichtigen und das Bestreiten von Anschaffungskosten oder
Aufwand mit diesen Mitteln zu eigenem Aufwand des Steuerpflichtigen
führt (sog. Zuwendungsgedanke, vgl. Blümich/Thürmer,
§ 9 EStG Rz 175). Entsprechend fußt die erweiternde
Rechtsprechung des IX. Senats in BFHE 211, 318, BStBl II 2006, 623
= SIS 06 03 85 und in BStBl II 2008, 572, BFH/NV 2008, 664 = SIS 08 12 32 zum abgekürzten Vertragsweg auf dem Zuwendungsgedanken
und der Nähe zur Fallgruppe des abgekürzten Zahlungswegs.
Sie ermöglicht den Abzug solchen Aufwands beim
Steuerpflichtigen, bei dem der Dritte (der Zahlende) im
Innenverhältnis dem Steuerpflichtigen - wie beim
abgekürzten Zahlungsweg - steuerlich betrachtet einen
Geldbetrag zum Bestreiten des Aufwands zuwendet.
Die Fallgruppe des abgekürzten
Zahlungswegs ist dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerpflichtige
vom Leistungserbringer als seinem Vertragspartner die Leistung
aufgrund eines eigenen Rechtsanspruchs verlangen kann, es wird nur
für Rechnung des Steuerpflichtigen von einem anderen das
vertraglich geschuldete Entgelt gezahlt (§ 267 BGB). Der
Steuerpflichtige wird aufgrund der Zuwendung behandelt, als habe er
selbst das Entgelt aus zuvor geschenkten Mitteln entrichtet, wenn
er dem Dritten (Zahlenden) keinen Ersatz leisten muss.
Liegt ein Fall des sog. abgekürzten
Vertragswegs mit einem Vertrag zugunsten Dritter (zugunsten des
Steuerpflichtigen) vor, erhält der Steuerpflichtige vom
Leistenden im Vollzugsverhältnis die vertragliche Leistung aus
dem Deckungsverhältnis ebenfalls aufgrund eines eigenen
Rechtsanspruchs (§ 328 BGB) oder beim unechten Vertrag
zugunsten Dritter aufgrund seiner Empfangszuständigkeit
(§ 185 i.V.m. § 362 Abs. 2 BGB). Muss er im
Valutaverhältnis keinen Ersatz an den Dritten (den Zahlenden)
leisten, ist die Vergleichbarkeit mit der Fallgruppe des
abgekürzten Vertragswegs offenkundig: Der Steuerpflichtige ist
so zu behandeln, als habe er die empfangene Leistung aus
geschenkten Mitteln selbst getragen oder der Dritte (Zahlende) im
Deckungsverhältnis für seine Rechnung gezahlt (Heuermann,
Die Steuerliche Betriebsprüfung 2006, 63; a.A. Roth, DStZ
2006, 830, 836; Haenicke, DStZ 2006, 793, 800).
(3) Hingegen ist nach Maßgabe der
vorstehenden Grundsätze daran festzuhalten, dass bei
Kreditverhältnissen jedenfalls dann kein Werbungskostenabzug
beim Steuerpflichtigen für die gezahlten Schuldzinsen nach den
Grundsätzen des abgekürzten Vertragswegs erfolgen kann,
wenn der Steuerpflichtige wie im Streitfall nicht im Wege des
echten oder des unechten Vertrags zugunsten Dritter in die
Darlehensbeziehung eingebunden ist. Es fehlt dann bereits an einer
Leistung an den Steuerpflichtigen (Leistungsnähe) und an der
Zahlung der geschuldeten Schuldzinsen für Rechnung des
Steuerpflichtigen durch den Dritten (den Kreditnehmer). Da weder
die Situation eines echten noch eines unechten Vertrags zugunsten
Dritter bezüglich der Darlehensvaluta und der Schuldzinsen
vorliegt, wird von der Bank im Vollzugsverhältnis keine
Leistung an den Steuerpflichtigen erbracht. Der Darlehensnehmer
(hier: Kläger) leistet die Schuldzinsen als vertraglich
geschuldetes Entgelt ausschließlich für eigene Rechnung
für das ihm gewährte Darlehen an die Bank, nicht aber
für Rechnung des Steuerpflichtigen (hier: Klägerin).
Die Tatsache, dass die Schuldzinsen in
wirtschaftlichem Zusammenhang mit den späteren
Renteneinkünften der Klägerin standen, reicht für
sich betrachtet nicht aus, um den Werbungskostenabzug zu
begründen. Inwieweit der vom IX. Senat des BFH für alle
Konstellationen von Kreditverhältnissen und
Dauerschuldverhältnissen befürwortete Ausschluss des
Werbungskostenabzugs nach den Grundsätzen des abgekürzten
Vertragswegs vom erkennenden Senat geteilt wird (vgl. zur
Abgrenzung der Zuwendung eines Geldbetrags von der Zuwendung eines
Nutzungsrechts Entscheidungen des Großen Senats des BFH in
BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55; vom 26.10.1987
GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 = SIS 88 06 13;
Haenicke, DStZ 2006, 793, 796; Schnorr, StuW 2003, 222, 224),
bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
d) Ein Ausschluss des Werbungskostenabzugs
nach den vorstehenden Grundsätzen verletzt die Kläger
nicht in ihren Grundrechten.
aa) Der von den Klägern gerügte
Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und 4 GG liegt nicht vor.
Die Kläger sehen einen Verstoß
gegen die Förderpflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG, da die Versagung
des Abzugs der streitigen Zinsen zur Konsequenz habe, dass sich die
Klägerin entweder im Außenverhältnis gegenüber
der Bank als Gesamtschuldnerin mit verpflichten oder sich im
Innenverhältnis zum Ersatz der auf sie entfallenden Zins- und
Tilgungsleistungen gegenüber dem Kläger verpflichten und
Ersatz leisten müsse. Diese Möglichkeit stünde der
Klägerin bei realitätsgerechter Betrachtung nur dann zur
Verfügung, wenn sie eigene Einkünfte erziele, so dass die
Klägerin im Rahmen der vorliegenden
„Alleinverdienerehe“ gegenüber einer
hypothetischen Stellung in einer
„Doppelverdienerehe“ benachteiligt sei.
Diese Argumente greifen jedoch nicht durch.
Zwar erstreckt sich der besondere verfassungsrechtliche Schutz von
Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG auf die
„Alleinverdienerehe“ ebenso wie auf die
„Doppelverdienerehe“ (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 4.12.2002 2 BvR 400/98,
1735/00, BVerfGE 107, 27, 53 = SIS 03 19 40, m.w.N.). Art. 6 Abs. 1
GG verlangt aber nicht eine Besserstellung der Ehegatten
gegenüber Unverheirateten, solange nicht spezifische
Belastungen auszugleichen sind (Beschluss des Großen Senats
des BFH in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782 = SIS 99 20 55;
BFH-Beschluss vom 5.7.2000 IX B 60/98, BFH/NV 2000, 1344 = SIS 00 60 20) und bietet keinen Maßstab für die - im Streitfall
entscheidungserheblichen - unterschiedlichen Auswirkungen
steuerlicher Vorschriften für Ehen von Frauen mit und ohne
Berufstätigkeit (vgl. BVerfG-Entscheidung vom 11.10.1977 1 BvR
343/73, 83/74, 183 und 428/75, BVerfGE 47, 1, 19 = SIS 78 01 03,
m.w.N.). Art. 6 Abs. 4 GG wird ebenfalls nicht berührt. Die
Regelung verpflichtet den Gesetzgeber, auch wirtschaftliche
Belastungen der Mutter, die im Zusammenhang mit ihrer
Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 28.3.2006 1 BvL 10/01, BVerfGE 115, 259, 271).
Im Streitfall ist aber nicht ersichtlich, dass die Versagung des
Werbungskostenabzugs eine wirtschaftliche Belastung auslösen
könnte, die im spezifischen Zusammenhang mit einer Schwanger-
oder der Mutterschaft der Klägerin steht.
bb) Die Kläger sind auch nicht in ihren
Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
aaa) Nach der ständigen Rechtsprechung
des BVerfG gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber,
wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu
behandeln (BVerfG-Beschlüsse vom 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE
116, 164, 180 = SIS 06 33 60; vom 16.3.2005 2 BvL 7/00, BVerfGE
112, 268, 279 = SIS 05 30 25). Er gilt für ungleiche
Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen
(BVerfG-Beschluss vom 8.6.2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, 431 =
SIS 04 36 31). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je
nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen
unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom
bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an
Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen
(BVerfG-Entscheidungen vom 20.4.2004 1 BvR 1748/99, 905/00, BVerfGE
110, 274, 291 = SIS 04 28 99; vom 11.1.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE
112, 164, 174 = SIS 05 30 28). Im Bereich des Steuerrechts,
insbesondere des Einkommensteuerrechts, wird die
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nach der ständigen
Rechtsprechung des BVerfG vor allem durch zwei eng miteinander
verbundene Leitlinien begrenzt: Durch das Gebot der Besteuerung
nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot
der Folgerichtigkeit (BVerfG-Urteil vom 6.3.2002 2 BvL 17/99,
BVerfGE 105, 73, 125 = SIS 02 04 93; Beschlüsse in BVerfGE
110, 412, 433 = SIS 04 36 31; in BVerfGE 107, 27, 46 = SIS 03 19 40; in BVerfGE 116, 164, 180 = SIS 06 33 60, und vom 7.11.2006 1
BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, 30 = SIS 07 06 26). Im Interesse der
verfassungsrechtlich gebotenen Lastengleichheit (vgl.
BVerfG-Urteile vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl
II 1991, 654 = SIS 91 14 01; vom 7.12.1999 2 BvR 301/98, BVerfGE
101, 297, BStBl II 2000, 162 = SIS 99 24 15; BFH-Beschluss vom
10.1.2008 VI R 17/07, BStBl II 2008, 234 = SIS 08 08 35) hat sich
der Gesetzgeber dafür entschieden, im Einkommensteuerrecht die
objektive finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem Saldo aus
den Erwerbseinnahmen einerseits und den beruflichen
Erwerbsaufwendungen andererseits zu bemessen (objektives
Nettoprinzip; vgl. BVerfG-Beschluss vom 11.11.1998 2 BvL 10/95,
BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502 = SIS 99 08 48; BFH-Urteile vom
11.5.2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782 = SIS 05 36 04; vom 4.12.2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 =
SIS 03 07 74).
Das objektive Nettoprinzip wird durch das
Gebot der Folgerichtigkeit im Einkommensteuerrecht geprägt. Zu
den gesetzgeberischen Grundentscheidungen, die im gesamten
Einkommensteuerrecht folgerichtig umgesetzt werden müssen,
gehört die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach
Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand
der Einkommensteuer. Diese gesetzliche Belastungsentscheidung muss
folgerichtig im Sinne von Belastungsgleichheit umgesetzt werden
(vgl. BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 107, 27, 47 = SIS 03 19 40,
und in BVerfGE 116, 164, 180 = SIS 06 33 60). Ausnahmen von einer
folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91,
BVerfGE 99, 88, 95 = SIS 98 23 05; in BVerfGE 99, 280, 290 = SIS 99 08 48; in BVerfGE 107, 27, 47 = SIS 03 19 40; in BVerfGE 116, 164,
180 = SIS 06 33 60; in BVerfGE 105, 73, 126 = SIS 02 04 93).
bbb) Nach den vorgenannten
verfassungsrechtlichen Maßstäben führen die im
Streitfall angewandten Grundsätze zur Bestimmung des
Veranlassungszusammenhangs gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 1 EStG in den Konstellationen des abgekürzten Vertragswegs
bei Kreditverhältnissen nicht zu einer verfassungswidrigen
Ungleichbehandlung der Kläger. Ein Verstoß gegen das
Gebot der Folgerichtigkeit ist nicht zu erkennen.
Das Veranlassungsprinzip in § 9 Abs. 1
EStG konkretisiert das objektive Nettoprinzip (BFH-Beschluss in
BStBl II 2008, 234 = SIS 08 08 35). Zwar ist den Klägern
zuzugeben, dass die rechtliche Gestaltung des Sachverhalts
über den Werbungskostenabzug entscheidet. Die Klägerin
hätte im Fall der gemeinschaftlichen Darlehensverpflichtung
den Schuldzinsenabzug beanspruchen können, selbst wenn der
Kläger die Schuldzinsen im Innenverhältnis alleine
getragen hätte. Der Werbungskostenabzug entfällt, weil
ihr ein eigenes Rentenstammrecht zustehen und sie nicht als
Darlehensschuldnerin im Außenverhältnis oder im
Innenverhältnis belastet werden sollte. Die Ablehnung des
erforderlichen Veranlassungszusammenhangs wegen mangelnder
Kostentragung im Streitfall führt aber nicht zu einem
Verstoß gegen das Folgerichtigkeitsgebot. Entscheidend
für die Folgerichtigkeitsprüfung ist nicht, ob die
Klägerin durch eine andere rechtliche Konstruktion und damit
einen anderen Lebenssachverhalt den Veranlassungszusammenhang
hätte herstellen können. Maßgeblich ist, ob es zu
dem im Streitfall verwirklichten Lebenssachverhalt vergleichbare
rechtliche Gestaltungen gibt, in denen die Klägerin den
Werbungskostenabzug hätte beanspruchen können. Dies ist
nicht der Fall. Es ist keine Konstellation ersichtlich, in der die
Klägerin die vom Kläger gezahlten Schuldzinsen als
Werbungskosten hätte abziehen können, sie zugleich
Inhaberin des Rentenstammrechts geworden und weder im Innen- noch
im Außenverhältnis belastet gewesen wäre. Dies gilt
unabhängig davon, ob eine „Allein- oder
Doppelverdienerehe“ vorliegt. Dass die Klägerin in
einer „Doppelverdienerehe“ bei eigenem Einkommen
ggf. das Risiko einer gesamtschuldnerischen Mithaftung im
Außenverhältnis oder im Innenverhältnis eingegangen
wäre, ohne an den Kläger Zins- und Tilgungsleistungen
tatsächlich zu erbringen, ist nicht maßgeblich. Dies
wäre eine andere Sachverhaltsgestaltung, die unter dem
Gesichtspunkt der Aufwandszurechnung und des
Folgerichtigkeitsgebots abweichend behandelt werden kann.