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Argentinien, Anleihen, Verluste

Argentinien, Anleihen, Verluste: Verluste aus der Veräußerung von Argentinien-Anleihen sind nicht steuerbar. - Urt.; BFH 13.12.2006, VIII R 62/04; SIS 07 06 10

Kapitel:
Privatbereich > Kapitaleinkünfte
Fundstellen
  1. BFH 13.12.2006, VIII R 62/04
    BStBl 2007 II S. 568
    LEXinform 5004007

    Anmerkungen:
    J.M. in INF 8/2007 S. 287
Normen
[EStG] § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 und 4
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 16.06.2004, SIS 04 34 84, Anleihe, Finanzinnovation, Veräußerungsverlust, Marktrendite, Emissionsrendite, Kapitaleinkünfte
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 25.5.2020, SIS 20 11 84, Veräußerungsverluste aus Schuldverschreibungen ohne Emissionsrendite: Veräußerungsverluste aus Schuldvers...
  • BFH 29.10.2019, SIS 20 02 87, Zur Berücksichtigung von Verlusten aus sog. Vollrisikozertifikaten: Nach dem 30.6.2009 realisierte Verlus...
  • FG Baden-Württemberg 14.3.2019, SIS 19 14 54, Wertpapierdepot, Hinterziehungsabsicht: 1. Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO...
  • BFH 9.5.2017, SIS 17 22 11, Kapitaleinkünfte aus einem Auslandsdepot: 1. Allein der Umstand, in der Vergangenheit über ein ausländisc...
  • BFH 27.10.2015, SIS 16 07 11, Ermittlung der Emissionsrendite bei Schuldverschreibungen mit einer Phase fester und indexabhängiger vari...
  • BFH 29.9.2015, SIS 16 05 34, Fehlende Emissionsrendite bei Null-Kupon-Wandelschuldverschreibungen: 1. Null-Kupon-Wandelschuldverschrei...
  • BFH 24.2.2015, SIS 15 11 58, Steuerbarkeit von Überschüssen aus der Veräußerung von gegen Argentinien-Anleihen eingetauschten "Par-Sch...
  • BFH 5.11.2014, SIS 15 11 09, Steuerfreie Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegepersonen in den eigenen Haushalt: 1. Leistungen, die aus...
  • BFH 17.12.2013, SIS 14 04 77, Kursverluste bei Hybridanleihen mit gestuften Zinsversprechen ohne Laufzeitbegrenzung und ohne Emissionsr...
  • FG Baden-Württemberg 19.9.2013, SIS 15 06 97, Schuldrechtliches Wohnrecht, Zinseinnahmen nach DBA-Großbritannien und DBA-Südafrika, Zurechnung von Verm...
  • FG Köln 26.2.2013, SIS 13 20 71, Verlust aus Schuldverschreibung, Yield Enhanced Securities: Verluste aus der Veräußerung von Yield Enhanc...
  • BFH 12.12.2012, SIS 13 13 92, Obligationsähnliche Genussrechte, Kapitalertragsteuer, Übergang zur Abgeltungsteuer: Gewinne aus der Verä...
  • BFH 12.12.2012, SIS 13 22 42, Auch nach Einführung der Abgeltungsteuer keine Kapitalertragsteuer bei obligationsähnlichen Genussrechten...
  • FG Münster 23.11.2012, SIS 13 02 96, Qualifizierung von Wertpapieren als Finanzinnovation: Ein aus zwei Komponenten (Schuldverschreibungen mit...
  • BFH 26.6.2012, SIS 13 04 06, Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2, Finanzinnovation, Emissionsrendite:...
  • Niedersächsisches FG 23.5.2012, SIS 12 20 90, Kapitalvermögen, Ansatz der Marktrendite: 1. Am jeweiligen Rückzahlungstag zum Nennwert einzulösende Teil...
  • BFH 11.4.2012, SIS 12 14 01, Zinsen und Nebenleistungen aus einer durch Versteigerung realisierten Grundschuld: 1. Der dem Grundschuld...
  • Hessisches FG 16.2.2012, SIS 12 14 63, Anwendung der Abgeltungssteuer für vor dem 1.1.2009 erworbene obligationsähnliche Genussrechte: 1. Der Ge...
  • BFH 22.6.2011, SIS 11 27 65, Anrechnung fiktiver brasilianischer Quellensteuer, Ermittlung ausländischer Einkünfte, Verlust aus Währun...
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  • BFH 7.12.2010, SIS 11 12 41, Verluste des Anlegers aufgrund von Bonitätsverschlechterung des Anleiheschuldners sind grundsätzlich nich...
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  • BFH 12.9.2007, SIS 08 04 60, Kein Abzug von Finanzierungskosten nach Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Betei...
  • OFD Rheinland 25.7.2007, SIS 07 28 20, Finanzinnovationen: Ergänzend zum BMF-Schreiben vom 18.7.2007 = SIS 07 24 77 äußert sich eine Kurzinforma...
  • BMF 18.7.2007, SIS 07 24 77, Besteuerung von Finanzinnovationen: Das Bundesfinanzministerium hat die Anwendung mehrerer BFH-Urteile (S...
  • BFH 27.3.2007, SIS 07 23 57, Anteilsveräußerung an eigene GmbH, Schuldzinsen für Refinanzierungsdarlehen: 1. Zinsen, die der Gesellsch...

(Anmerkung der Redaktion: vgl. auch BMF-Schreiben vom 18.7.2007, IV B 8 - S 2252/0, BStBl 2007 I S. 548 = SIS 07 24 77

 

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) veräußerte am 20.1.2003 durch notariellen Kaufvertrag argentinische Staatsanleihen mit einem Zinssatz von 11,75 v.H. bzw. einem variablen Zinssatz zwischen 8 v.H. und 15 v.H. (Anschaffungskosten 175.008 EUR) zum Preis von 39.243 EUR ohne Stückzinsabrechnung nach Börsentageskurs an seinen Sohn. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) lehnte eine Neufestsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen des Klägers unter Berücksichtigung des vom Kläger erlittenen Veräußerungsverlustes von 135.765 EUR ab, da der Kursverlust auf der nichtsteuerbaren Vermögensebene ausgelöst worden sei.

 

Die hiergegen gerichtete Klage, mit der der Kläger sinngemäß beantragt hatte, das FA zu verpflichten, die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 2003, beginnend mit dem 10.6.2003, auf 0 EUR herabzusetzen, wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2004, 1688 = SIS 04 34 84 veröffentlichten Urteil vom 16.6.2004 10 K 2963/03 E als unbegründet ab.

 

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ).

 

Er beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuer für 2003 unter Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes von 135.765 EUR festzusetzen.

 

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Während des Revisionsverfahrens hat das FA am 22.3.2005 den Einkommensteuerbescheid für 2003 erlassen. Die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffes werden dadurch nicht berührt.

 

II. Auf die Revision des Klägers ist die Vorentscheidung schon aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG entschied über die Einspruchsentscheidung vom 14.5.2003 zu den Einkommensteuervorauszahlungen 2003. Während des Revisionsverfahrens trat der Einkommensteuerbescheid an die Stelle des Bescheids über die Einkommensteuervorauszahlungen. Damit liegt dem FG-Urteil ein in seiner Wirkung suspendierter Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (s. dazu Senatsurteil vom 21.12.1993 VIII R 13/89, BFHE 174, 328, BStBl II 1994, 734 = SIS 94 17 05, sowie Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.1.2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43 = SIS 03 23 11, und vom 28.8.2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92).

 

Der Bescheid vom 22.3.2005 wurde nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens (BFH-Urteil vom 4.11.1999 V R 35/98, BFHE 190, 67, BStBl II 2000, 454 = SIS 00 03 04, m.w.N.). Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte durch die Ersetzung des Vorauszahlungsbescheids durch den Einkommensteuerbescheid keine Änderungen ergeben haben und der Kläger auch keinen weiter gehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (Senatsurteil in BFHE 174, 328, BStBl II 1994, 734 = SIS 94 17 05, sowie BFH-Urteile in BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43 = SIS 03 23 11, und in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92).

 

III. Der Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO in der Sache selbst. Die Klage ist abzuweisen.

 

Der streitige Veräußerungsverlust führt nicht zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Zwar fallen die streitigen Argentinien-Anleihen unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Jedoch fehlt es an einem steuerbaren Veräußerungsverlust i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

 

1. Die argentinischen Staatsanleihen erfüllen nicht die Voraussetzungen einer Finanzinnovation i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG.

 

a) Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c Alternative 1 EStG zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Schuldverschreibungen, Schuldbuchforderungen und sonstigen Kapitalforderungen mit Zinsscheinen oder Zinsforderungen, wenn Stückzinsen nicht besonders in Rechnung gestellt werden, soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Fehlt es an einer Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige sie nicht nach, gilt gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung als Kapitalertrag.

 

Die Zuordnung von Wertpapieren und Kapitalforderungen zu dem in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG beschriebenen Typus von Finanzinnovationen hat ausgehend von den Verhältnissen im Zeitpunkt der Emission der Anlage zu erfolgen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der tatbestandlichen Beschreibung der steuerbaren Finanzinnovationen in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG mit der Regelung der fraglichen Einkünfte ihrer Höhe nach gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 2. Halbsatz sowie Satz 2 EStG nach Maßgabe der Emissionsrendite oder des Unterschieds zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung der Anlage. Beide Merkmale, die Typenbeschreibung wie auch die Vorgaben für die Berechnung der steuerbaren Einkünfte bilden zusammen den maßgeblichen Steuertatbestand. Die gesetzliche Ausrichtung der Besteuerung an der Emissionsrendite bezieht diesen Steuertatbestand auf den Zeitpunkt der Emission. Folglich ist auch die Typenbestimmung auf die Ausgestaltung der fraglichen Wertpapiere bzw. Kapitalforderungen im Zeitpunkt der Emission zu beziehen (vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 14.7.2004 IV C 1 - S 2252 - 171/04, BStBl I 2004, 611 = SIS 04 27 31; Harenberg, Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 3, 13151, 13154; a.A. Haisch, DStZ 2005, 102, 105; Schmitt/Krause, DStR 2004, 2042, 2044: Zeitpunkt der Veräußerung; zum Streitstand Schalburg, Steuerwarte - StW -, 2005, 123, 127).

 

b) Die argentinischen Staatsanleihen befanden sich beim Erwerb durch den Kläger noch nicht im sog. Flat-Handel. Sie hatten bei ihrer Emission einen 11,75 %igen bis 15 %igen Zinskupon, so dass Stückzinsen besonders in Rechnung gestellt wurden. Erst mit Zahlungseinstellung Ende 2001 und der sog. Umschlüsselung durch die Deutsche Börse stellten die Banken keine Stückzinsen mehr besonders in Rechnung und erst ab diesem Zeitpunkt wurde der Anspruch auf Zinszahlungen nicht mehr erfüllt. Dies ändert indes nicht - rückwirkend - den Charakter der argentinischen Anleihen als festverzinsliche Wertpapiere (so auch BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 611 = SIS 04 27 31; Engelsberger, FR 2002, 1280; Harenberg, FR 2002, 819; a.A. Schmitt/Krause, DStR 2004, 2042; Haisch, DB 2002, 1736; Wellmann, DStZ 2002, 179), denn für die Frage der steuerrechtlichen Einordnung der Anleihen kommt es - wie vorstehend begründet - auf den Zeitpunkt der Begebung an.

 

2. Der Verlust aus der Veräußerung der Argentinien-Anleihen ist auch nicht nach Maßgabe von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. d, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu erfassen.

 

a) Soweit die Anleihen einen variablen Zinssatz zwischen 8 v.H. und 15 v.H. aufwiesen, erfüllen sie zwar dem Gesetzeswortlaut nach den Tatbestand von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. d EStG, da Kapitalerträge in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden sollten. Jedoch führt dies nicht zu einer Erfassung des streitigen Veräußerungsverlusts als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz EStG. Es handelt sich vielmehr um einen - abgesehen von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 EStG - nicht steuerbaren typischen Verlust auf der Vermögensebene.

 

b) Der streitige Veräußerungsverlust ist nicht als negative Marktrendite i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz EStG zu erfassen. Dies folgt aus der speziellen Typik der in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. d EStG geregelten Finanzinnovationen.

 

aa) Im Zeitpunkt der Emission hatten die Anleihen eine Emissionsrendite.

 

Als Emissionsrendite ist die vom Emittenten bei der Begebung einer Anlage, d.h. von vornherein zugesagte Rendite zu verstehen, die bis zur Einlösung des Papiers bzw. Endfälligkeit einer Kapitalforderung mit Sicherheit, d.h. mindestens, erzielt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 24.10.2000 VIII R 28/99, BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97 = SIS 01 01 04, unter 2.a der Gründe, m.w.N.). Maßgeblich ist dabei, dass von vornherein eine bezifferbare Rendite versprochen wird, die mit Sicherheit erzielt werden kann. Eine Emissionsrendite ist z.B. auch dann von vornherein bestimmbar, wenn eine Anleihe mit einer nach genau definierten Zeitabschnitten auf- oder absteigend gestaffelten Verzinsung ausgestattet ist (vgl. Dötsch, in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 20 Rdnr. 0 98). Nach den den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG konnte der Kläger eine Rendite von mindestens 8 v.H. erzielen.

 

bb) Unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige die Emissionsrendite nachgewiesen hat, ist im Streitfall aber nicht der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz EStG als - negativer - Kapitalertrag anzusetzen.

 

(1) Es fehlt bei den streitigen Anleihen nach der Art ihrer Gestaltung an einer typischen Verbindung von Kapitalnutzung und Ausschöpfung der Werthaltigkeit des Kapitals; vielmehr sind Kapitalnutzungsentgelt und Wertentwicklung des Kapitals rechnerisch eindeutig abgrenzbar und bestimmbar. Das steht der Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz EStG (Marktrendite) entgegen.

 

Nach der grundsätzlichen Systematik des geltenden EStG soll § 20 EStG das Entgelt für die Überlassung von Kapital zur Fremdnutzung erfassen. Dabei ist diese Nutzung des Kapitals als sog. Quelle abzugrenzen von der Nutzung der Werthaltigkeit der Quelle selbst, welche nur über §§ 17, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung unterliegt.

 

Die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen wird von dem Grundsatz beherrscht, dass zwischen dem Kapitalvermögen als solchem und dem Ertrag als Frucht des Kapitals zu differenzieren ist; grundsätzlich wirken sich Wertveränderungen der Kapitalanlage als solche auf die Besteuerung der erzielten Erträge im Rahmen des § 20 EStG nicht aus (Senatsurteil in BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97 = SIS 01 01 04, unter 3.a der Gründe, m.w.N.). Nur ausnahmsweise können sich aus Wertsteigerungen Kapitalerträge i.S. von § 20 EStG ergeben, wenn und soweit in ihnen Nutzungen enthalten sind (vgl. BFH-Urteil vom 2.3.1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602 = SIS 93 15 01, m.w.N.).

 

Diese systematische Differenzierung zwischen Kapitalnutzung und Kapitalverwertung bzw. Ertrags- und Vermögenssphäre stößt auf systematische bzw. strukturelle Grenzen, soweit wirtschaftliche Lebenssachverhalte der Besteuerung unterworfen werden sollen, bei denen die jeweilige vertragliche Gestaltung und die ihr zugrunde liegende wirtschaftliche Intention gerade auf eine Kombination von Kapitalnutzung durch entgeltliche Überlassung und Ausschöpfung der Werthaltigkeit des Kapitals gerichtet sind (vgl. Haisch, DStZ 2005, 102, 106 mit dem Hinweis, dass es im flat-price von Festzinsanleihen zu einer nicht mehr entwirrbaren Vermengung von Zinssurrogaten und Wertänderungen auf der Vermögensebene komme). Die systematisch gewollte umfassende Abschöpfung des Kapitalnutzungsentgelts kann nicht gewährleistet werden, da dieses nicht im traditionellen Sinne von der Wertentwicklung abgrenzbar ist. Dies kennzeichnet die von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG erfassten Finanzinnovationen.

 

Allein vor diesem Hintergrund stellt die Maßgeblichkeit der Marktrendite gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794) eine sachlich gerechtfertigte Anpassung des Binnensystems des § 20 EStG an geänderte wirtschaftliche Lebenssachverhalte dar, die der grundsätzlichen im Gesamtsystem des EStG hinsichtlich der Überschusseinkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 bis 7 EStG) angelegten Differenzierung zwischen sog. Quellenausnutzung und Quellenverwertung sowie deren unterschiedlicher - wenngleich z.T. angenäherter (vgl. §§ 17, 23 EStG) - Erfassung Rechnung trägt.

 

Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (StMBG) vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310, 2313, BStBl I 1994, 50, 53) mit Wirkung ab 1.1.1994 solche Kapitalanlagen, bei denen an sich steuerpflichtige Zinserträge als steuerfreier Wertzuwachs konstruiert werden (vgl. BTDrucks 12/5630, S. 59) und die sich den Umstand zunutze machen, dass nach bis dahin gültigem Recht im Privatvermögen zwischen steuerpflichtigen Kapitalerträgen (insbesondere Zinsen) und steuerfreien Vermögensmehrungen (insbesondere Kursgewinne) unterschieden worden war (BTDrucks 12/6078, S. 116), so umfassend wie möglich einbeziehen. Er wollte sicherstellen, „dass Vorteile, die unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrer zivilrechtlichen Gestaltung bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung erzielt werden, zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören“ (BTDrucks 12/5630, S. 59). Damit sollte die Grundlage dafür geschaffen werden, „dass im Fall der Veräußerung von Wertpapieren die im Kurs der Papiere und damit im Veräußerungspreis enthaltenen Erträge auch im Privatbereich der Einkommensteuer und dem Zinsabschlag unterliegen“ (BTDrucks 12/6078, S. 117). Dieser Zweck sollte insbesondere durch die Erstreckung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG auf sog. Kursdifferenzpapiere ohne eine von vornherein bezifferbare Emissionsrendite erreicht werden.

 

§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 ist darauf gerichtet, den wirtschaftlichen Lebenssachverhalt der Anlage in sog. Finanzinnovationen zu erfassen, bei denen es typischerweise darum geht, die wirtschaftliche Nutzung des Kapitalvermögens durch entgeltliche Überlassung an einen Dritten mit der Abschöpfung von Kursdifferenzen zu verbinden und dabei auch etwaige Kursgewinne der Besteuerung zuzuführen. Diese Regelung ist sachlich als Anpassung der Einkunftsart des § 20 EStG an neue wirtschaftliche Gestaltungen im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit gerechtfertigt, die zum einen der wirtschaftlichen Intention der zu erfassenden Finanzinnovationen Rechnung trägt, zum anderen unter möglichster Wahrung der systematischen Abgrenzung von § 20 EStG und §§ 17, 23 EStG andererseits den Anforderungen der Praktikabilität genügt.

 

Gerade Finanzinnovationen ohne Emissionsrendite stellen eine Anlageform dar, über die für eine Überlassung von Kapital auf Zeit ein möglichst hohes Entgelt im wirtschaftlichen Sinne erzielt werden soll. Diese Überlassung geschieht - entsprechend der grundsätzlichen Systematik von § 20 Abs. 2 EStG - im Wege einer Anschaffung und Veräußerung. Der Anleger stellt bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung jedoch dem Emittenten in Gestalt des Entgelts für den Erwerb Kapital zur Verfügung und erhält dieses Kapital jedenfalls bei Endfälligkeit zurück. Konstruktiver Bestandteil einer solchen Finanzinnovation ist die Einbindung von Kursgewinnen. Dabei besteht die Besonderheit derartiger Gestaltungen darin, dass ein etwaiger Kursgewinn im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung der Parteien nicht von dem Nutzungsentgelt für die Kapitalüberlassung im weitesten Sinne abgegrenzt ist. Insoweit unterscheiden sich derartige Kursgewinne von den allgemein gemäß § 20 EStG nichtsteuerbaren Wertveränderungen der Kapitalanlage als solcher, die typischerweise in einem Veräußerungsgeschäft manifest werden.

 

Bei den hier zu beurteilenden Argentinien–Anleihen fehlt es entsprechend ihrer konstruktiven Typik jedoch weder an einer Emissionsrendite noch geht es darum, eine in der wirtschaftlichen Intention der Kapitalanlage fußende und entsprechend ausgestaltete Verbindung von Nutzungsentgelt und Kursgewinn in die Besteuerung der Kapitalnutzung gemäß § 20 EStG einzubeziehen. Die Argentinien-Anleihen entsprechen der dargelegten besonderen Typik gerade nicht.

 

(2) Bei dem streitigen Veräußerungsverlust geht es vielmehr um einen negativen Erlös, bei dem offensichtlich und zweifelsfrei feststeht, dass es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht um ein negatives Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung handeln kann. Derselbe Gesetzeszweck aber, der es rechtfertigt, auch Anlagen mit fehlender Emissionsrendite durch Ansatz der Marktrendite den Einkünften aus Kapitalvermögen zu unterwerfen, zwingt dazu, Überschüsse nicht als Kapitalertrag zu behandeln, bei denen die Veranlassung durch die Kapitalüberlassung zur Nutzung von vornherein ausscheidet.

 

Für den Ansatz der Marktrendite als Ersatz für die Emissionsrendite im Rahmen einer Beweisregel fehlt es im Streitfall an der erforderlichen Rechtfertigung. Dabei kann offenbleiben, ob die Emissionsrendite nachgewiesen ist. Ist eine Emissionsrendite zwar vorhanden, aber nicht festgestellt, trifft dafür den Steuerpflichtigen die Feststellungslast; § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG greift als Beweislastregelung ein (vgl. Senatsurteil in BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97 = SIS 01 01 04, unter 2.b der Gründe). Unabhängig davon fehlt es jedoch für die Heranziehung der widerlegbaren Typisierung der Emissionsrendite in der Marktrendite an einem sachlichen Grund, wenn auch ohne Nachweis feststeht, dass ein negativer Differenzbetrag ohne Einbeziehung eines Ertrags aus der Kapitalüberlassung zur Nutzung zustande gekommen ist und so einen reinen Vermögensverlust darstellt. So liegt der Fall hier.

 

Insoweit ist der vorliegend geltend gemachte Veräußerungsverlust einem - negativen - Überschuss zwischen Kaufpreis und Einlösungsbetrag einer Anleihe vergleichbar, der allein auf einer Veränderung des Wechselkurses beruht (vgl. Senatsurteil in BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97 = SIS 01 01 04, unter 3.a der Gründe). Hierauf hat der Gesetzgeber in der Weise reagiert, dass in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 2. Halbsatz EStG bei Wertpapieren und Kapitalforderungen in einer ausländischen Währung der Unterschied in dieser Währung zu ermitteln ist. Die vorliegende Thematik staatlicher Insolvenz konnte der Gesetzgeber zwar nicht vergleichbar berücksichtigen. Gleichwohl kommt eine Erfassung im Rahmen der Marktrendite entsprechend der Intention der gesetzlichen Regelung nicht in Betracht. Sie widerspräche der der geltenden Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zugrunde liegenden Nichtsteuerbarkeit der privaten Vermögenssphäre. An einer in der Typik der Finanzinnovation liegenden Rechtfertigung einer Einbeziehung von im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen stehenden Veräußerungsverlusten fehlt es insoweit.