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Bilanzierung von Steuernachforderungen wegen doppelten Ausweises von Umsatzsteuer und Erstattungsansprüchen infolge späterer Rechnungskorrektur

Bilanzierung von Steuernachforderungen wegen doppelten Ausweises von Umsatzsteuer und Erstattungsansprüchen infolge späterer Rechnungskorrektur: 1. Weist ein Unternehmer Umsatzsteuer doppelt aus - sowohl in Abschlags- als auch in Endrechnungen -, ohne dass ihm eine Steuerhinterziehung vorzuwerfen ist, so hat er die zusätzlich geschuldeten Umsatzsteuerbeträge in den Jahren zu passivieren, in denen sie infolge des doppelten Ausweises entstanden sind, und nicht erst im Jahr der Aufdeckung dieser Vorgänge durch die Betriebsprüfung. - 2. Werden die Rechnungen in einem späteren Jahr berichtigt, so sind die sich daraus ergebenden Steuervergütungsansprüche im Jahr der Rechnungskorrektur zu aktivieren. - Urt.; BFH 15.3.2012, III R 96/07; SIS 12 19 65

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Verschiedene Bilanzierungsfragen
Fundstellen
  1. BFH 15.03.2012, III R 96/07
    BStBl 2012 II S. 719
    DStR 2012 S. 1494
    LEXinform 0588769

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 12.9.2012
    jh in StuB 15/2012 S. 599
    -/- in NWB 31/2012 S. 2522
    M.O.B. in BB 32/2012 S. 1982
    J.Sch./St.N. in NWB 33/2012 S. 2673
    R.G. in BFH/PR 10/2012 S. 334
    R.G. in StC 11/2012 S. 7
    H.W.G. in BB 1-2/2013 S. 43
    KAM in Stbg 12/2012 S. M 8
Normen
[EStG] § 4 Abs. 1, § 5, § 10 d Abs. 4
[AO 1977] § 38
[HGB] § 252 Abs. 1 Nr. 4, § 266 Abs. 2
[UStG 1999] § 14 Abs. 2 Satz 2, § 17 Abs. 1
[UStG i.d.F. ab 2004] § 14 c Abs. 1 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Sächsisches FG, 20.09.2007, SIS 07 37 55, Rechnungsberichtigung, Umsatzsteuerausweis, Umsatzsteuer, Aktivierung, Forderung, Passivierung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 4.9.2023, SIS 23 14 88, Keine Beschwer durch die Einkünftequalifikation in einem Einkommensteuerbescheid: 1. Die Einkünftequalifi...
  • FG Düsseldorf 14.4.2022, SIS 22 10 78, Berücksichtigung von steuerfreien Veräußerungsverlusten im Wege des negativen Progressionsvorbehalts, Bin...
  • BFH 23.11.2021, SIS 22 04 34, Nichtanrechenbarkeit ausländischer Quellensteuerbeträge bei vollständiger Verrechnung der zugrunde liegen...
  • BFH 28.9.2021, SIS 21 20 82, Zum Verbrauch der antragsgebundenen Steuervergünstigung des § 34 Abs. 3 EStG: 1. Die antragsgebundene Ste...
  • FG Münster 24.6.2021, SIS 21 14 85, Bildung einer Rückstellung für Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung und für Ha...
  • BFH 12.5.2020, SIS 20 09 08, Rückstellung für Mehrsteuern aufgrund Steuerhinterziehung: 1. Das Bilden einer Rückstellung für die betre...
  • FG Münster 20.8.2019, SIS 19 16 31, Rückstellung für Steuernachforderungen aus einer Außenprüfung: Eine Rückstellung für Steuernachforderunge...
  • FG Nürnberg 4.6.2019, SIS 19 12 98, Klageerhebung durch einen vor Löschung einer Kapitalgesellschaft ordnungsgemäß Bevollmächtigten, Klage we...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 27.2.2019, SIS 19 03 34, Keine Bindung des Steuerpflichtigen an einen vom FA in einer Prüferbilanz gebildeten unrichtigen Bilanzan...
  • FG München 19.9.2016, SIS 16 24 71, Anpassung einer vom Betriebsprüfer nach einer Betriebsprüfung gebildeten Rückstellung für Steuerforderung...
  • FG Münster 17.6.2016, SIS 16 26 65, Bestimmung des Begriffs "Betriebsstätte" in § 9 Nr. 3 GewStG: Der Begriff "Betriebsstätte" in § 9 Nr. 3 G...
  • BFH 22.8.2012, SIS 12 26 95, Zeitpunkt der Bildung einer Rückstellung für hinterzogene Mehrsteuern: Eine Rückstellung für hinterzogene...
Fachaufsätze
  • LIT 02 44 04 J. Scholz/St. Nattkämper, NWB 33/2012 S. 2673: Bilanzierung von Steuernachforderungen bei mehrfachem Umsatzsteuerausweis i.S. von § 14c UStG - Der Komme...
  • LIT 02 44 59 M. Ortmann-Babel, BB 32/2012 S. 1982: Zeitpunkt der Bilanzierung von Steuernachforderungen wegen doppelten Ausweises von Umsatzsteuer - BB-Komm...
  • LIT 02 48 07 D. Grützner, StuB 19/2012 S. 737: Bilanzierung von Steuernachforderungen und Erstattungsansprüchen - Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 15.3.20...
Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

 

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitzeitraum, den Jahren 2001 bis 2003, als Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ).

 

 

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) stellte bei einer Außenprüfung im Jahr 2005 fest, dass der Kläger in allen drei Streitjahren die Umsatzsteuer teilweise doppelt ausgewiesen hatte, nämlich sowohl in den von ihm erteilten Abschlagsrechnungen als auch in den Schlussrechnungen. Die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer wurde in der Prüferbilanz jeweils im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit passiviert. Dadurch wurden die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb negativ.

 

 

3

Das FA setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre am 6.2.2006 auf jeweils Null Euro herab und erließ zugleich erstmals die angefochtenen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember der Jahre 2001 bis 2003. Sämtliche Rechnungen mit unzutreffendem Umsatzsteuerausweis hatte der Kläger bereits im Jahr 2005 korrigiert.

 

 

4

Einspruch und Klage gegen die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied, das FA habe die Umsatzsteuerverbindlichkeiten zu Recht in den Streitjahren passiviert. Diesen Verbindlichkeiten stünden auch keine Forderungen aus Umsatzsteuerberichtigungsansprüchen nach § 14c Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) gegenüber, denn die Berichtigung der Rechnungen wirke nicht zurück, sondern lasse einen Steuervergütungsanspruch i.S. von § 37 der Abgabenordnung (AO) erst entstehen, wenn sie tatsächlich durchgeführt werde.

 

 

5

Zur Begründung ihrer Revision tragen die Kläger im Wesentlichen vor, ihr aus der Rechnungsberichtigung resultierender Steuervergütungsanspruch sei zivilrechtlich schon im Zeitpunkt der Ausgabe der fehlerhaften Rechnung begründet und nach bilanzrechtlichen Grundsätzen auch realisiert. Dieser Anspruch entspreche einem Vorsteuererstattungsanspruch, der nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.5.1993 XI R 1/93 (BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786 = SIS 93 19 17) bereits ab dem Leistungsbezug zu aktivieren sei, ohne dass eine berichtigte Rechnung vorliegen müsse. Dem stehe nicht entgegen, dass die Rechnungsberichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG nicht in Vorjahre zurückwirke.

 

 

6

Die Kläger beantragen sinngemäß, das FG-Urteil und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember der Jahre 2001, 2002 und 2003, jeweils vom 6.2.2006 und in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4.10.2006, aufzuheben.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ), denn die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember der Jahre 2001 bis 2003 sind rechtmäßig.

 

 

9

1. Die Anfechtungsklage gegen die Verlustfeststellungsbescheide zum 31.12.2001, 31.12.2002 und 31.12.2003 war zulässig.

 

 

10

Ein Steuerpflichtiger wird durch die zu niedrige Feststellung eines Gewinns oder die Feststellung eines Verlustes anstelle eines Gewinns beschwert (§ 40 Abs. 2 FGO), wenn jene sich in späteren Veranlagungszeiträumen zu seinen Ungunsten auswirken kann (vgl. BFH-Urteile vom 7.11.1989 IX R 190/85, BFHE 159, 439, BStBl II 1990, 460 = SIS 90 10 09; vom 20.12.2006 I R 81/05, BFH/NV 2007, 1287 = SIS 07 19 93; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 40 FGO Rz 65; Gräber/v. Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 40 Rz 97).

 

 

11

Dies trifft vorliegend zu, denn die den streitigen Verlustfeststellungsbescheiden zugrunde liegenden Gewinnminderungen infolge der Passivierung zu Unrecht ausgewiesener Umsatzsteuer ohne gleichzeitige Aktivierung der sich aus den Rechnungskorrekturen ergebenden Ansprüche führt in den Folgejahren zu einer Gewinnerhöhung, deren Nachteile die Vorteile der Nullfestsetzungen der Einkommensteuer in den Streitjahren überwiegen. Dies beruht darauf, dass die Verlustvorträge den Erträgen aus der späteren Ausbuchung der Verbindlichkeiten nicht mehr in voller Höhe gegenüber stehen, weil sie u.a. durch Verrechnung mit den Sonderausgaben und Grundfreibeträgen der Folgejahre geschmälert werden.

 

 

12

2. Die Bescheide über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer (§ 10d Abs. 4 Satz 2 EStG) auf den 31. Dezember der Jahre 2001 bis 2003 sind rechtmäßig.

 

 

13

a) Die zusätzlich geschuldeten Umsatzsteuerbeträge sind in den Streitjahren zu passivieren, in denen sie infolge des doppelten Ausweises entstanden sind, und nicht erst im Jahr der Aufdeckung dieser Vorgänge durch die Betriebsprüfung.

 

 

14

aa) Die den Gewinnermittlungen des Klägers zugrunde liegenden Bilanzen waren objektiv unrichtig, da sie die doppelt ausgewiesene und daher vom Kläger nach § 14 Abs. 2 UStG a.F. (seit 2004: § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG) geschuldete Umsatzsteuer nicht berücksichtigten.

 

 

15

bb) Die Bilanzen der Streitjahre waren auch subjektiv fehlerhaft. Für die Aktivierungs- und Passivierungspflicht und damit für die Frage, ob die Bilanz richtig oder unrichtig ist, kommt es auf den Erkenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns bei Aufstellung der Bilanz an. Der Steuerpflichtige hat daher Mehrsteuern zu passivieren, wenn er bei Aufstellung der Bilanz unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns konkret mit der Entstehung der Mehrsteuern rechnen muss (vgl. BFH-Urteile vom 18.7.1973 I R 11/73, BFHE 110, 226, BStBl II 1973, 860 = SIS 73 04 75; vom 3.2.2010 I R 21/06, BFHE 228, 259, BStBl II 2010, 692 = SIS 10 12 82). Das trifft vorliegend zu, da einem ordentlichen Kaufmann bekannt ist, dass die Umsatzsteuer nicht doppelt - sowohl in einer Abschlags- als auch in der Endrechnung - ausgewiesen werden darf und überhöht ausgewiesene Umsatzsteuer auch geschuldet wird.

 

 

16

cc) Die Mehrsteuern waren bereits in den Streitjahren und nicht erst nach Aufdeckung der doppelten Inrechnungstellung oder der Bekanntgabe der Nachforderungsbescheide zu passivieren. Zwar rechtfertigt die allgemeine Erfahrung, dass bei einer Betriebsprüfung mit Steuernachforderungen zu rechnen ist, noch keine Rückstellung (z.B. BFH-Urteile vom 13.1.1966 IV 51/62, BFHE 84, 517, BStBl III 1966, 189 = SIS 66 01 07; vom 27.11.2001 VIII R 36/00, BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22). Dies gilt indessen nicht, wenn die Bilanz nach dem Erkenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns bei ihrer Aufstellung falsch war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 259, BStBl II 2010, 692 = SIS 10 12 82).

 

 

17

dd) Das von der Verwaltung eingeräumte Wahlrecht, bei der Änderung von Veranlagungen die abziehbaren Mehrsteuern entweder zu Lasten der Wirtschaftsjahre zu buchen, zu denen sie wirtschaftlich gehören, oder aber zu Lasten des Wirtschaftsjahres, in dem der Steuerpflichtige mit der Nachforderung rechnen kann (R 20 Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien 1998), ist auf Veranlagungszeiträume bis einschließlich 1998 beschränkt und bestand in den Streitjahren nicht mehr.

 

 

18

ee) Das FG hat nicht festgestellt, dass dem Kläger eine Steuerhinterziehung vorzuwerfen ist. Daher kommt es nicht darauf an, dass eine Rückstellung für hinterzogene Steuern nicht gebildet werden darf, solange die Tat noch nicht entdeckt ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22; BFH-Beschluss vom 13.2.2008 I B 175/07, nicht veröffentlicht = SIS 08 45 24), weil eine Bilanz, die keine Rückstellungen für hinterzogene Steuern ausweist, nicht als fehlerhaft angesehen wird, wenn die Steuerhinterziehung zum Zeitpunkt des Bilanzstichtages noch nicht aufgedeckt war und auch noch nicht mit Ermittlungen begonnen wurde.

 

 

19

b) Die Erstattungsansprüche wegen der im Jahr 2005 vorgenommenen Rechnungskorrekturen konnten in den Streitjahren noch nicht aktiviert werden.

 

 

20

Die Aktivierung einer Forderung (§ 266 Abs. 2 B.II. des Handelsgesetzbuchs - HGB - ) richtet sich bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz HGB). Eine Forderung ist daher erst zu aktivieren, wenn sie rechtlich entstanden ist oder wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt wurden und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs hinreichend sicher rechnen kann (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 9.8.2006 I R 11/06, BFHE 214, 513, BStBl II 2006, 762 = SIS 06 37 75; vom 23.3.2011 X R 42/08, BFHE 233, 398, BStBl II 2012, 188 = SIS 11 25 89; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 270 „Forderungen“).

 

 

21

aa) Zahlungsansprüche gegen das FA infolge der Berichtigung von Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis entstehen gemäß § 14c Abs. 1 Satz 2 (bis einschließlich 2003: § 14 Abs. 2 Satz 2) i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG rechtlich erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rechnung berichtigt wird (vgl. BFH-Urteil vom 4.2.2005 VII R 20/04, BFHE 209, 13, BStBl II 2010, 55 = SIS 05 21 68). Da die Rechnungen vom Kläger erst im Jahr 2005 berichtigt wurden, entstanden die sich daraus ergebenden Ansprüche nicht bereits in den Streitjahren (§ 38 AO).

 

 

22

bb) Die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für die Steuervergütungsansprüche gegenüber dem FA bestanden in der Korrektur der Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis. Diese erfolgten jedoch erst im Jahr 2005, nachdem die Betriebsprüfung den doppelten Steuerausweis beanstandet hatte.

 

 

23

cc) Die zur Aktivierung eines infolge des Vorsteuerabzugs entstandenen Steuervergütungsanspruchs entwickelten Grundsätze, wonach die Vorsteuer aus bezogenen Lieferungen und Leistungen auch dann zu aktivieren ist, wenn noch keine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt (s. BFH-Urteil in BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786 = SIS 93 19 17), sind auf den Streitfall nicht zu übertragen. Denn der Vorsteuerabzug beruht jeweils auf der an den Unternehmer erbrachten Leistung des anderen Unternehmers, der zivilrechtlich auch eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung schuldet. Die sich aus den Rechnungskorrekturen ergebenden Steuervergütungsansprüche beruhen dagegen wirtschaftlich nicht auf den vom Kläger in den Streitjahren ausgeführten Leistungen, sondern den durch die späteren Feststellungen des Betriebsprüfers veranlassten Rechnungskorrekturen.

 

 

24

dd) Die Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 209, 13, BStBl II 2010, 55 = SIS 05 21 68 Rz 13, wonach ein Vergütungsanspruch aufgrund unrichtigen Umsatzsteuerausweises von Anfang an gegeben ist, sind für die Frage, ob der streitgegenständliche Anspruch an den Bilanzstichtagen der Streitjahre bereits realisiert war, nicht heranzuziehen. Sie beziehen sich ausschließlich auf den Anwendungsbereich der Insolvenzordnung (InsO) und die Frage, wann der betreffende Anspruch im Sinne der InsO „begründet“ war, und haben für die Frage, wann die Ansprüche bilanziell zu aktivieren sind, keine Bedeutung.

 

 

25

c) Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nicht verletzt. Dieser Grundsatz gebietet es im Interesse steuerlicher Lastengleichheit insbesondere, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit, vgl. BFH-Urteil vom 9.12.2009 X R 28/07, BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348 = SIS 10 00 38, m.w.N.).

 

 

26

Dem entspricht es, im Streitfall die Zahlungsansprüche erst im Jahr 2005, als sie sich realisiert hatten, bei der Einkommensteuer gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dass dadurch eine insgesamt höhere Steuerlast entstanden ist, als wenn sie bereits in den Streitjahren aktiviert und die Gewinnminderung durch die Passivierung der Mehrsteuern ausgeglichen hätten, ist eine Folge des verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Abschnittsprinzips bei der Einkommensbesteuerung.

 

 

27

d) Unerheblich ist, dass wegen der doppelt in Rechnung gestellten Umsatzsteuer in den Streitjahren keine Verluste entstanden wären, wenn der Kläger seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt hätte.

 

Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steht der getroffenen Entscheidung nicht entgegen. Seinem Gebot, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit, vgl. BFH-Urteil vom 9.12.2009 X R 28/07 = SIS 10 00 38, BStBl 2010 II S. 348, m.w.N.), entspricht es vielmehr, im Streitfall die Zahlungsansprüche erst im Jahr 2005, als sie sich realisiert hatten, bei der Einkommensteuer gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Dass dadurch eine insgesamt höhere Steuerlast entstanden ist, als wenn sie bereits in den Streitjahren aktiviert und die Gewinnminderung durch die Passivierung der Mehrsteuern ausgeglichen hätten, folgt alleine aus dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Abschnittsprinzip bei der Einkommensbesteuerung.