Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.10.2015 3 K 420/14
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu
tragen.
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I. Die Beteiligten streiten über die
steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen aus verfallenen
sog. DAX Puts im Bescheid über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrages zum 31.12.2013.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist Steuerberater. Er erklärte in seiner
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2013) neben
Einkünften aus selbständiger Arbeit Kapitalerträge
in Höhe von 36 EUR. Zudem beantragte er die
Günstigerprüfung (§ 32d Abs. 6 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung -
EStG - ) sowie eine Überprüfung des Steuereinbehalts
für bestimmte Kapitalerträge (§ 32d Abs. 4 EStG,
sog. Antragsveranlagung).
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3
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) veranlagte den Kläger mit unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid
2013 vom 22.8.2014 erklärungsgemäß. Dabei lagen der
Ermittlung des zu versteuernden Einkommens allein die
Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu Grunde. Die
„Berechnung der Einkünfte, die nach § 32d Abs. 1
EStG besteuert werden (Abgeltungsteuer)“ weist aus, dass die
erklärten Kapitalerträge in Höhe von 36 EUR mit
Verlustvorträgen aus Kapitalvermögen verrechnet wurden
und sich ein nach § 32d Abs. 1 EStG zu besteuernder Betrag von
0 EUR ergab. Der Bescheid enthält den Hinweis, die
Günstigerprüfung habe ergeben, die Besteuerung nach dem
allgemeinen Tarif sei nicht günstiger.
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In dem am gleichen Tag ebenfalls unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Bescheid über die
gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur
Einkommensteuer zum 31.12.2013 minderte das FA den Verlustvortrag
für Einkünfte aus Kapitalvermögen zum 31.12.2012 um
36 EUR und stellte den verbleibenden Verlustvortrag zum 31.12.2013
entsprechend niedriger fest.
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Mit Bescheiden vom 8.9.2014 hob das FA den
Vorbehalt der Nachprüfung sowohl in Bezug auf die
Einkommensteuerfestsetzung als auch die Verlustfeststellung
auf.
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Hiergegen legte der Kläger Einspruch
ein. Er machte erstmals geltend, im Streitjahr durch insgesamt drei
Wertpapierkäufe (DAX Puts) einen Verlust von 7.060 EUR
erlitten zu haben, der weder in den Erträgnisaufstellungen der
Bank noch in dem bei der Bank geführten
„Verlusttopf“ berücksichtigt worden sei, da sich
die Bank nicht für berechtigt gehalten habe, die Verluste zu
berücksichtigen. Hierzu legte er Wertpapierabrechnungen und
Ausbuchungsmitteilungen der Bank aus dem Jahr 2013 sowie ein
Schreiben der Bank vom 25.9.2014 vor. Der Kläger beantragte,
die Verluste im Rahmen der gesonderten Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer zum 31.12.2013
gemäß § 20 Abs. 6 Sätze 3 und 4 EStG zu
berücksichtigen. Zugleich nahm er seinen Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid 2013 zurück.
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Das FA wies den Einspruch gegen den
Verlustfeststellungsbescheid zurück, da die vom Kläger
begehrte Änderung wegen § 10d EStG nur im Verfahren gegen
den Einkommensteuerbescheid geltend gemacht werden könne.
Dieser sei durch die Rücknahme des Einspruchs jedoch
bestandskräftig geworden. Eine unmittelbare
Berücksichtigung im Rahmen der Verlustfeststellung scheide
aus.
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Die hiergegen gerichtete Klage hatte
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war in seinem in EFG 2016, 190 = SIS 16 02 10 veröffentlichten Urteil vom 28.10.2015 3 K 420/14 der
Auffassung, dass § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG der
Berücksichtigung der streitigen Verluste und damit dem Erlass
eines geänderten Bescheides über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer
zum 31.12.2013 nicht entgegen stehe, da die Einkünfte des
Klägers aus Kapitalvermögen nicht in die
Einkommensteuerfestsetzung 2013 eingeflossen seien. Das FG sah die
streitigen Aufwendungen des Klägers für die durch
Zeitablauf wertlos gewordenen DAX Puts als
Veräußerungsverlust i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr.
3 Buchst. a i.V.m. Abs. 4 Satz 5 EStG an, der in Höhe von
7.060 EUR bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages
zu berücksichtigen sei.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ).
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Der Senat kann dahingestellt lassen, ob der
Kläger im Streitjahr - wie das FG angenommen hat - steuerlich
beachtliche Veräußerungsverluste i.S. des § 20 Abs.
2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a i.V.m. Abs. 4 Satz 5 EStG in Höhe von
7.060 EUR erlitten hat. Denn die nachträglich erklärten
(etwaigen) Veräußerungsverluste können - entgegen
der Auffassung des FG - nicht unmittelbar in dem Bescheid über
die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur
Einkommensteuer zum 31.12.2013 berücksichtigt werden. Eine
entsprechende Änderung des Feststellungsbescheides vom
8.9.2014 ist infolge der bestandskräftigen
Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr, der die
streitigen Verluste nicht zu Grunde liegen, ausgeschlossen (§
10d Abs. 4 Satz 4 EStG, § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG), da weder die
Voraussetzungen für eine Änderung der
Einkommensteuerfestsetzung nach Maßgabe der
Änderungsvorschriften der Abgabenordnung (AO) noch die des
§ 10d Abs. 4 Satz 5 EStG vorliegen.
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1. Verluste aus Kapitalvermögen
können gemäß § 20 Abs. 6 EStG nur
beschränkt verrechnet werden. Neben materiell-rechtlichen
Beschränkungen der Verlustverrechnung enthält § 20
Abs. 6 EStG auch verfahrensrechtliche Bestimmungen zur
Verlustverrechnung und zum Verlustvortrag. So ordnet § 20 Abs.
6 Satz 4 EStG die sinngemäße Anwendung des § 10d
Abs. 4 EStG an.
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a) Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4
EStG sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages
die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den
Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss
der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des
Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen
werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10,
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie
§ 42 FGO gelten entsprechend. Die Besteuerungsgrundlagen
dürfen bei der Feststellung des gesonderten Verlustvortrages
nur insoweit abweichend von der Einkommensteuerfestsetzung
berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder
Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels
Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt
(§ 10d Abs. 4 Satz 5 EStG).
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b) Für die der tariflichen
Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte wird mit der Regelung
des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung des
Verlustfeststellungsbescheides an den Einkommensteuerbescheid
erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein
Grundlagenbescheid ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 13.1.2015 IX R 22/14, BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829 = SIS 15 08 82; vom 12.7.2016 IX R 31/15, BFHE 255, 1 = SIS 16 22 90; vom
7.12.2016 I R 76/14, BFHE 256, 314 = SIS 17 04 49 zum
Körperschaftsteuerbescheid). Daraus folgt, dass im
Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrages die
Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln bzw. zu
überprüfen sind (BFH-Urteile in BFHE 248, 530, BStBl II
2015, 829 = SIS 15 08 82; in BFHE 255, 1 = SIS 16 22 90; in BFHE
256, 314 = SIS 17 04 49 zum Körperschaftsteuerbescheid). Die
aus § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG folgende Bindungswirkung setzt
allerdings voraus, dass eine Einkommensteuerveranlagung (ggf. mit
einer festzusetzenden Steuer von 0 EUR) durchgeführt worden
ist (BFH-Urteile in BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829 = SIS 15 08 82, und in BFHE 255, 1 = SIS 16 22 90).
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Dementsprechend muss der Steuerpflichtige
seine Einwendungen gegen aus seiner Sicht unzutreffende
Besteuerungsgrundlagen im Rahmen eines Einspruchs gegen den
Einkommensteuerbescheid geltend machen. Wegen der inhaltlichen
Bindungswirkung in Bezug auf die Verlustfeststellung ist er durch
einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid auch dann beschwert,
wenn es sich um einen sog. Nullbescheid handelt (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 256, 314 = SIS 17 04 49 zum Körperschaftsteuerbescheid,
m.w.N.).
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c) Wird der Einkommensteuerbescheid
bestandskräftig und berücksichtigt er keinen Verlust,
kommt eine Verlustfeststellung nur noch in Betracht, wenn und
soweit der Steuerbescheid des Verlustentstehungsjahres nach den
Vorschriften der AO (§§ 164 f. AO, §§ 172 ff.
AO) änderbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 10.2.2015 IX R 6/14,
BFH/NV 2015, 812 = SIS 15 10 72; in BFHE 255, 1 = SIS 16 22 90)
bzw. die Voraussetzungen des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG gegeben
sind. § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG enthält eine Ausnahme von
der „inhaltlichen Bindungswirkung“ des
Einkommensteuerbescheides (Schmidt/Heinicke, EStG, 36. Aufl.,
§ 10d Rz 47) für jene Fälle, in denen zwar die
verfahrensrechtlichen Änderungsvoraussetzungen für die
Einkommensteuerfestsetzung vorliegen, die Änderung des
Einkommensteuerbescheides aber allein mangels Auswirkung auf die
Steuerfestsetzung unterbleibt. Liegen die verfahrensrechtlichen
Voraussetzungen für die Änderung der
Einkommensteuerfestsetzung (z.B. bei grob schuldhaft
verspätetem Vorbringen neuer Tatsachen i.S. des § 173 AO)
nicht vor, ist § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG nicht anwendbar
(Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 10d Rz 47).
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2. Die in § 10d Abs. 4 EStG
festgeschriebenen Grundsätze gelten für den Bereich der
Einkünfte aus Kapitalvermögen sinngemäß
(§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG), d.h. die in Bezug genommene
Regelung ist unter Beachtung der Besonderheit des bezugnehmenden
Tatbestandes anzuwenden (vgl. zur sinngemäßen Anwendung
z.B. Senatsurteil vom 20.6.1989 VIII R 82/86, BFHE 156, 543, BStBl
II 1989, 836 = SIS 89 16 01, m.w.N.).
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Hieraus folgt nicht nur, dass gemäß
§ 20 Abs. 6 EStG nicht verrechenbare und vorzutragende
Verluste gesondert festzustellen sind, sondern auch, dass dies
unter Beachtung der Besonderheiten zu erfolgen hat, die für
die der Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG) unterliegenden
Einkünfte aus Kapitalvermögen gelten. Dementsprechend
sind insbesondere die Regelungen zum Kapitalertragsteuerabzug
(§§ 43 ff. EStG) bzw. zur Antragsveranlagung (§ 32d
Abs. 4 EStG, § 43 Abs. 5 Satz 3 EStG, § 43a Abs. 3 EStG),
aber auch zur besonderen Ermittlung der gemäß § 32d
Abs. 1 EStG zu besteuernden Einkünfte (vgl. § 2 Abs. 5b
EStG) zu beachten.
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a) Das Gesetz schreibt für den Bereich
der Einkünfte aus Kapitalvermögen die Erhebung der
Einkommensteuer durch den Abzug vom Kapitalertrag
(Kapitalertragsteuer, § 43 Abs. 1 EStG) mit abgeltender
Wirkung (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG) fest. Auf Antrag des
Steuerpflichtigen können Kapitalerträge in die besondere
Besteuerung gemäß § 32d EStG einbezogen werden
(§ 43 Abs. 5 Satz 3 EStG). Auch die Verlustverrechnung erfolgt
vorrangig im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzugs durch die zum
Einbehalt der Kapitalertragsteuer verpflichteten Kreditinstitute
(§ 43a Abs. 3 EStG, vgl. Buge in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 20 EStG Rz 610; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 43a Rz
3). Sie umfasst Veräußerungsverluste gemäß
§ 20 Abs. 2 EStG (§ 43a Abs. 2 EStG), so dass auch in
diesen Fällen die Kapitalertragsteuer einbehalten und
abgeführt wird. Die Verlustverrechnung auf der Ebene des
Kreditinstitutes erfolgt grundsätzlich unterjährig; ein
Verlustvortrag ist möglich (§ 43a Abs. 3 Satz 3
EStG).
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Eine individuelle Verrechnung von Verlusten
bei den der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünften aus
Kapitalvermögen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des
Steuerpflichtigen kommt demgegenüber - ebenso wie ein
Verlustvortrag außerhalb des
Kapitalertragsteuerabzugsverfahrens - nur ausnahmsweise in
Betracht. Hierzu muss der Steuerpflichtige vom Kreditinstitut eine
Bescheinigung über die Höhe des nicht ausgeglichenen
Verlustes (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG, § 43a Abs. 3 Satz 4
EStG) verlangen und in seiner Einkommensteuererklärung einen
Antrag gemäß § 32d Abs. 4 EStG (sog.
Antragsveranlagung) stellen. Stellt das Kreditinstitut eine
entsprechende Bescheinigung aus (zur Entbehrlichkeit der
Bescheinigung gemäß § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG, §
43a Abs. 3 Satz 4 EStG s. Senatsurteil vom 20.10.2016 VIII R 55/13,
BFHE 256, 56, BStBl II 2017, 264 = SIS 16 27 94), kann der Verlust
nicht mehr im Kapitalertragsteuerabzugsverfahren auf der Ebene des
Kreditinstitutes, sondern nur noch im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung des Steuerpflichtigen nach Maßgabe
des § 20 Abs. 6 EStG berücksichtigt werden; ein
Verlustvortrag erfolgt dementsprechend in sinngemäßer
Anwendung des § 10d Abs. 4 EStG.
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b) Soweit § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG seinem
Wortlaut nach darauf abstellt, dass bei der Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrages die Besteuerungsgrundlagen so zu
berücksichtigen sind, wie sie den Steuerfestsetzungen des
Veranlagungszeitraumes, auf dessen Schluss der verbleibende
Verlustvortrag festgestellt wird, zu Grunde gelegt worden sind, ist
im Rahmen der sinngemäßen Anwendung auf die der
Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte zu beachten, dass die
Ermittlung der Kapitalerträge grundsätzlich getrennt
erfolgt (vgl. § 2 Abs. 5b EStG). Die Einkünfte aus
Kapitalvermögen bleiben außerhalb der Summe der
Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) sowie des Gesamtbetrages der
Einkünfte (vgl. § 2 Abs. 4 EStG) und sind nicht Teil des
(zu versteuernden) Einkommens.
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c) Aus den dargelegten Gründen folgt
für die der Abgeltungsteuer unterliegenden, in die
Einkommensteuerveranlagung einzubeziehenden Einkünfte aus
Kapitalvermögen auch, dass die Höhe entsprechender
Verluste grundsätzlich im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung des Verlustentstehungsjahres zu
ermitteln und nur im Rahmen eines gegen diese
Einkommensteuerfestsetzung geführten Einspruchsverfahrens zu
überprüfen ist. Ein Verlustvortrag kommt mithin in
Betracht, wenn ein Verlust bei der Ermittlung der der
Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte im
Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres
berücksichtigt worden ist oder - wenn dies nicht der Fall ist
- eine Änderung des bestandskräftigen
Einkommensteuerbescheides des Verlustentstehungsjahres nach
Maßgabe der Regelungen der AO noch möglich ist bzw. die
Voraussetzungen des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG vorliegen.
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3. Nach diesen Grundsätzen scheidet eine
Berücksichtigung der streitigen Verluste aus
Veräußerungsgeschäften gemäß § 20
Abs. 2 EStG im Verlustfeststellungsbescheid aus, da diese der
bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung 2013 - d.h. der
Ermittlung der gemäß 32d Abs. 1 EStG zu besteuernden
Einkünfte - nicht zu Grunde gelegen haben.
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4. Die Einkommensteuerfestsetzung 2013 war
auch nicht nach Maßgabe der Korrekturvorschriften der AO
änderbar, insbesondere die Voraussetzungen einer Änderung
gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO lagen nicht vor.
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a) Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind
Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen
oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer
niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein
grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder
Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
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Als grobes Verschulden hat der
Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der
Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen
Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in
ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise
verletzt hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom
9.11.2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545 = SIS 12 06 57; vom
19.12.2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866 = SIS 07 61 42; vom
9.8.1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65 = SIS 92 05 44, jeweils m.w.N.).
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Für die Prüfung der Frage, ob dem
Steuerpflichtigen der Vorwurf grob schuldhaften Verhaltens zu
machen ist, ist nicht nur der Zeitraum bis zum Erlass des zu
ändernden Bescheides, sondern auch der Zeitraum bis zum
Eintritt der formellen Bestandskraft einzubeziehen (z.B.
Senatsurteil vom 10.12.2013 VIII R 10/11, BFH/NV 2014, 820 = SIS 14 13 06, m.w.N.; BFH-Urteil vom 26.11.2014 XI R 41/13, BFH/NV 2015,
491 = SIS 15 05 40). Ein grobes Verschulden hinsichtlich einer
nachträglich bekannt gewordenen Tatsache ist anzunehmen, wenn
der steuerlich beratene Steuerpflichtige oder dessen Berater es
versäumen, den entscheidungserheblichen Sachverhalt der
Finanzbehörde noch im Rahmen eines fristgerechten Einspruchs
zu unterbreiten (Senatsurteil in BFH/NV 2014, 820 = SIS 14 13 06).
Diese Frage stellt sich jedoch nur dann, wenn nicht schon vor
Erlass des Bescheides ein grob schuldhaftes Fehlverhalten
vorgelegen hat (Senatsurteil in BFH/NV 2014, 820 = SIS 14 13 06).
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Von einem solchen, vor Erlass des Bescheides
vorliegenden grob schuldhaften Fehlverhalten ist u.a. auszugehen,
wenn der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nur
unzureichend nachkommt, indem er eine unvollständige
Steuererklärung abgibt. Allerdings liegt kein grobes
Verschulden vor, wenn die unvollständige Steuererklärung
auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum beruht (vgl.
BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 545 = SIS 12 06 57, m.w.N.; vom
20.3.2013 VI R 5/11, BFHE 240, 504 = SIS 13 14 85).
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b) Danach hat der Kläger bereits grob
fahrlässig gehandelt, als er die streitigen Verluste, die ihm
aufgrund der Ausbuchungsmitteilungen der Bank bekannt waren, nicht
in seiner Einkommensteuererklärung angegeben hat. Als
Steuerberater hätte er dies tun müssen, auch wenn ihm das
Schreiben der Bank vom 25.9.2014 im Zeitpunkt der
Erklärungsabgabe noch nicht vorlag. Anhaltspunkte dafür,
dass er bei Abgabe seiner Einkommensteuererklärung 2013
irrtümlich davon ausging, die streitigen Verluste seien
bereits anderweitig, d.h. im Rahmen der auf Ebene der
depotführenden Bank durchzuführenden Verlustverrechnung,
berücksichtigt worden, fehlen.
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Aber selbst wenn der Kläger
(zunächst) einem solchen Irrtum unterlegen hätte,
hätte er grob fahrlässig gehandelt, als er zwar zur
Begründung seiner Einsprüche gegen den
Einkommensteuerbescheid 2013 und den Verlustfeststellungsbescheid
zum 31.12.2013 den steuerlich relevanten Sachverhalt dargelegt,
aber zugleich den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid
zurückgenommen hat. Hierdurch hat er es unmöglich
gemacht, dass aus der Unterbreitung des steuerlich relevanten
Sachverhaltes rechtliche Konsequenzen gezogen werden konnten,
sprich eine Erfassung der Verluste im Rahmen der
Einkommensteuerfestsetzung erfolgen konnte. Ein solches Vorgehen
ist grob fahrlässig, denn zum Zeitpunkt der
Einspruchsrücknahme war dem Kläger nicht nur bekannt,
dass die depotführende Bank keine Verlustverrechnung
vorgenommen hatte und sich an einer solchen gehindert sah; als
Steuerberater musste sich ihm mit Blick auf § 20 Abs. 6 EStG,
§ 10d Abs. 4 EStG auch die Frage aufdrängen, ob die von
ihm begehrte Verlustberücksichtigung nur im Rahmen der
Einkommensteuerveranlagung erfolgen konnte und eine unmittelbare
Berücksichtigung im Feststellungsverfahren grundsätzlich
ausgeschlossen war. Nimmt der Kläger den Einspruch gegen den
Einkommensteuerbescheid trotz der offenkundigen Problematik einer
Bindungswirkung dieses Bescheides für die gesonderte
Feststellung des Verlustvortrages zurück, handelt er grob
fahrlässig.
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5. Eine von der Einkommensteuerfestsetzung
abweichende Berücksichtigung der streitigen
Veräußerungsverluste im Bescheid über die
Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges nach § 10d Abs.
4 Satz 5 EStG ist ebenfalls ausgeschlossen, da die
verfahrensrechtlichen Änderungsvoraussetzungen für die
Einkommensteuerfestsetzung nicht vorliegen. Die Änderung der
Einkommensteuerfestsetzung 2013 ist nicht mangels Auswirkung auf
die Höhe der festzusetzenden Steuer unterblieben, sondern weil
die Einkommensteuerfestsetzung 2013 infolge der (vorzeitigen)
Einspruchsrücknahme des Klägers bestandskräftig
geworden und deren Änderung mangels Vorliegen der
Voraussetzungen einer Änderungsnorm ausgeschlossen ist.
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6. Demnach bleiben nacherklärte
Veräußerungsverluste bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen, denen keine positiven Einkünfte zur
Verrechnung gegenüberstehen, nicht - wie der Kläger meint
- generell unberücksichtigt und gehen verloren. Vielmehr tritt
diese Rechtsfolge nur dann ein, wenn die - ohne
Verlustberücksichtigung erfolgte - bestandskräftige
Einkommensteuerfestsetzung nicht mehr nach den Regelungen der AO
änderbar ist bzw. kein Fall des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG
vorliegt.
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a) Hätte der Kläger seinen
ungeachtet der Höhe der nach § 32d Abs. 1 EStG
berechneten Einkünfte von 0 EUR zulässigen Einspruch
gegen den Einkommensteuerbescheid aufrechterhalten, hätte das
FA - auch ohne eine Bescheinigung gemäß § 20 Abs. 6
Satz 6 EStG, § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG (vgl. Senatsurteil in
BFHE 256, 56, BStBl II 2017, 264 = SIS 16 27 94) - die
nacherklärten Verluste, vorausgesetzt diese wären
steuerlich beachtlich, nach Saldierung mit gemäß §
20 Abs. 6 EStG verrechenbaren positiven Einkünften im Rahmen
der Ermittlung der Höhe eines nicht ausgleichsfähigen und
damit des vortragsfähigen Verlustes berücksichtigen und
die Verluste in dem dargelegten Sinne der Ermittlung der
gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu besteuernden
Einkünfte zu Grunde legen müssen. Dabei hätte sich
zwar weiterhin eine Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG) von 0
EUR ergeben. Die Änderung des Einkommensteuerbescheides
wäre in diesem Fall jedoch nicht aus verfahrensrechtlichen
Gründen unterblieben, sondern allein deshalb, weil sich -
mangels höherer positiver Einkünfte aus
Kapitalvermögen - im Streitjahr keine Auswirkung auf die
festzusetzende Abgeltungsteuer ergeben hätte (§ 10d Abs.
4 Satz 5 EStG), so dass die begehrte Änderung des
Verlustfeststellungsbescheides vorzunehmen gewesen wäre.
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36
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b) Dass der Kläger von der Pflicht zur
Vorlage einer Bescheinigung gemäß § 20 Abs. 6 EStG,
§ 43a Abs. 3 EStG befreit war (vgl. Senatsurteil in BFHE 256,
56, BStBl II 2017, 264 = SIS 16 27 94), führt zu keinem
anderen Ergebnis. Die Entbehrlichkeit einer entsprechenden
Bescheinigung ändert nichts an den dargelegten
Grundsätzen zur entsprechenden Anwendung des § 10d Abs. 4
EStG im Bereich der Abgeltungsteuer. Sie vermag insbesondere keine
Durchbrechung/Erweiterung des gesetzlichen
Verlustverrechnungssystems und eine von den dargelegten
Grundsätzen abweichende Einschränkung der Bindungswirkung
der Einkommensteuerfestsetzung im Bereich der Einkünfte aus
Kapitalvermögen zu begründen.
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c) Die Entstehungsgeschichte des § 10d
Abs. 4 EStG lässt - entgegen der Auffassung des Klägers -
ebenfalls keinen anderen Schluss zu. Zwar erfolgte die mit dem
Jahressteuergesetz 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) - JStG
2010 - vorgenommene Änderung des § 10d Abs. 4 EStG
zeitlich nach der Einführung des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG;
hieraus ergibt sich allerdings nicht, dass sich die Bindungswirkung
des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG nicht auf die der Abgeltungsteuer
unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen erstreckt
bzw. diese nur dann umfasst, wenn sie zu einer abweichenden
Steuerfestsetzung führen. Hätte der Gesetzgeber die
Bindungswirkung der Einkommensteuerfestsetzung für den Bereich
der Einkünfte aus Kapitalvermögen einschränken
wollen, so hätte er dies im JStG 2010 deutlich gemacht. Dies
hat er indes nicht getan.
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7. Die Sache ist spruchreif. Aus den
dargelegten Erwägungen war die Vorentscheidung aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO
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