Die Revision des Beklagten gegen den
Gerichtsbescheid des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom
20.6.2018 - 9 K 3596/16 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist in der Rechtsform der eingetragenen
Genossenschaft (e.G.) auf dem Gebiet der Unterhaltungs-,
Kommunikations- und Haustechnik tätig. Die Klägerin hat
bundesweit ... Mitglieder. Zweck ihres Unternehmens ist die
Förderung mittelständischer Einzelhandelsunternehmen der
Unterhaltungs-, Kommunikations- und Haustechnik sowie verwandter
Geschäftsbereiche im Sinne des genossenschaftlichen
Förderauftrags. Gegenstand des Unternehmens sind alle
Maßnahmen, die geeignet sind, dem Förderauftrag zu
dienen, insbesondere im Bereich der Dienstleistungen die
Marktbeobachtung und Sortimentsgestaltung und die Beratung in
wirtschaftlichen und werblichen Fragen; im Bereich der
Warengeschäfte die Vertretung der Mitglieder gegenüber
Lieferfirmen, die Vermittlung des Wareneinkaufs, der
Großhandel, die Durchführung der Zentralregulierung und
die Übernahme des Delkredere.
|
|
|
2
|
Die Klägerin und ihre Mitglieder
schließen eine „Vereinbarung über die
Zusammenarbeit“, die Regelungen sowohl für den Einkauf
im Großhandelsgeschäft als auch im
Zentralregulierungsgeschäft enthält. Daneben kann es eine
Vielzahl einzelner und rechtlich in sich abgeschlossener
Vertragsbeziehungen zwischen dem jeweiligen Mitglied und der
Klägerin geben.
|
|
|
3
|
Die Klägerin tritt gegenüber dem
Mitglied sowohl als Großhändlerin als auch als
Zentralreguliererin bei Warengeschäften zwischen dem
Hersteller und dem Mitglied auf. Eine Verpflichtung des Mitglieds,
nur Ware über die Klägerin (sei es im Großhandel
oder Zentralregulierungsgeschäft) zu beziehen, besteht nicht.
Im Durchschnitt beziehen die Mitglieder ca. 84 % ihrer Waren
über die Klägerin (im Großhandels- oder
Zentralregulierungsgeschäft).
|
|
|
4
|
Für den Geschäftsbereich der
Einkaufs- und Zentralregulierung hat die Klägerin mit ...
Warenherstellern Verträge über Verkaufsförderung,
Vermittlung und Zentralregulierung abgeschlossen. Darin ist
geregelt, dass die Klägerin im Auftrag des jeweiligen
Herstellers bei ihren Mitgliedern verkaufsfördernde
Maßnahmen für das jeweilige Programm des Herstellers
durchführt. Dies erfolgt auf Grundlage von gesonderten
Vereinbarungen. Des Weiteren übernimmt die Klägerin die
Zentralregulierung, d.h. sie zieht die Forderungen des Herstellers
gegenüber den Mitgliedern ein und begleicht die Forderungen
gegenüber dem Hersteller.
|
|
|
5
|
Neben der Verkaufsförderung, der
Vermittlung sowie der Zentralregulierung, für die die
Klägerin Provisionen in Höhe von … % bzw. … %
zzgl. Umsatzsteuer von den Herstellern erhält, gibt es das
Konzept Y.
|
|
|
6
|
Im Rahmen des Konzept Y fördert die
Klägerin im Wege eines Zuschusses die Schaffung neuer
Verkaufsflächen bei ihren Mitgliedern. Eine Förderung
können nur Mitglieder für zusätzlich geschaffene
Verkaufsflächen, die der Steigerung des Umsatzes mit von der
Klägerin bezogenen Waren oder mit über die
Zentralregulierung regulierten Einkäufen dienen, auf Antrag
erhalten. Bezugsgröße ist die branchenbezogene
Verkaufsfläche inklusive der erforderlichen Verkehrswege. Es
erfolgt eine einheitliche Förderung je qm von max. … EUR
pro qm bis zu einer Fläche von 2.000 qm, was einen maximalen
Zuschuss von … EUR ermöglicht. Ausgenommen sind alle
Waren, die nicht von der Klägerin bezogen wurden oder
über die Klägerin zentralreguliert wurden; Gleiches gilt
für Lieferanten, welche das Konzept Y nicht unterstützen.
Dem Antrag muss eine Bereichsplanung/Ladenbauumsetzung zugrunde
liegen. Ferner muss das antragstellende Mitglied eine
Investitionsplanung, eine Umsatzprognose sowie einen aktuellen
Jahresabschluss einreichen. Die Förderung erfolgt
vorbehaltlich einer Prüfung des Antrags und einer positiven
Bewertung des Standorts durch die Klägerin und der Genehmigung
durch den Vorstand. Ein Rechtsanspruch des Mitglieds auf die
Förderung besteht nicht. Die Förderung ist nicht vom
Umfang der Lieferungen zwischen den Herstellern und dem Mitglied
abhängig. Ferner erfolgt eine Prüfung bzw.
Überwachung der Umsetzung der beantragten Maßnahme.
Diese Umsetzung ist vom Mitglied zu dokumentieren. Im Antrag
verpflichtet sich der Antragsteller u.a. für den Fall, dass er
innerhalb von fünf Jahren ab Auszahlung des
Förderungsbetrages aus der Zentralregulierung ausgeschlossen
wird, aus der Klägerin austritt, oder auf der geförderten
Verkaufsfläche Waren ausstellt, die nicht über die
Klägerin als Großhändlerin oder im
Zentralregulierungsgeschäft bezogen wurden, zur
Rückzahlung des Zuschusses gestaffelt von 100 % bis 20
%.
|
|
|
7
|
Finanziert wird das Konzept Y
ausschließlich dadurch, dass mehrere Hersteller (im Ergebnis
alle namhaften Hersteller), wie in den jeweiligen
Zentralregulierungs(ZR)-Verträgen vereinbart, … % vom
zentralregulierten Warenumsatz an die Klägerin bezahlen.
Außer dieser Vergütungsregelung in den jeweiligen
ZR-Verträgen gibt es keine schriftlichen Vereinbarungen
zwischen der Klägerin und den Herstellern zum Konzept Y. Den
Herstellern wurden bei Abschluss des ZR-Vertrages der Inhalt und
die Voraussetzungen des Konzept Y zur Kenntnis gebracht. Die
Hersteller haben weder ein Mitspracherecht bei der Entscheidung
über die Gewährung des Zuschusses noch ein Recht auf
Nachweis der Geldverwendung oder ein Rückforderungsrecht
hinsichtlich bereits gezahlter Gelder, wenn der ZR-Vertrag zwischen
dem Hersteller und der Klägerin endet, der Hersteller oder die
Klägerin insolvent werden sollten, oder das Konzept Y
eingestellt werden sollte. Die Zahlungen der Hersteller an die
Klägerin werden von der Finanzverwaltung ... als Entgelt
für einen steuerbaren Leistungsaustausch angesehen und
steuerlich sowohl von den Herstellern als auch von der
Klägerin so behandelt.
|
|
|
8
|
Im November 2015 beantragte das Mitglied X
GmbH & Co. KG (X) für die Eröffnung einer
zusätzlichen Filiale mit ... qm Verkaufsfläche einen
Zuschuss nach dem Konzept Y. Dieser Antrag wurde nach Prüfung
durch den Vorstand der Klägerin genehmigt und im April 2016 an
X ein Betrag von ... EUR gezahlt. X stellte hierüber am
01.04.2016 eine Rechnung an die Klägerin in Höhe von ...
EUR netto und wies Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR gesondert
aus. Diese machte die Klägerin als Vorsteuer geltend.
|
|
|
9
|
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) behandelte die Zahlung der Klägerin nicht
als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung, sondern als
nicht steuerbaren Zuschuss und ließ die Vorsteuern nicht zum
Abzug zu.
|
|
|
10
|
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
dem in EFG 2018, 1913 = SIS 18 15 03 veröffentlichten
Gerichtsbescheid statt.
|
|
|
11
|
Die Zahlung der Klägerin sei im Rahmen
eines Leistungsaustauschs erfolgt, weil ein unmittelbarer
Zusammenhang zwischen den Zahlungen und der Nutzung der
Verkaufsfläche durch X bestanden und die Klägerin als
identifizierbare Leistungsempfängerin einen konkreten Vorteil
erhalten habe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es der
Klägerin auf eine allgemeine Förderung von X aus
strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder
allgemeinpolitischen Gründen angekommen sei.
|
|
|
12
|
II. Die Revision des FA ist zulässig.
Revisionskläger ist nicht das in der Revisionsschrift als
Revisionskläger bezeichnete Land ..., sondern das FA selbst.
Gemäß § 122 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
ist Beteiligter am Revisionsverfahren, wer am Verfahren über
die Klage beteiligt war (§ 57 FGO). Zur Einlegung einer
Revision sind folglich nur die in der Vorinstanz Beteiligten
berechtigt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22.02.2018 - VI
R 17/16, BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75, m.w.N.).
Wer Beteiligter am Verfahren ist, ergibt sich grundsätzlich
aus dem Rubrum des angefochtenen Urteils (BFH-Urteil in BFHE 260,
532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75). Hiernach war das FA an dem
erstinstanzlichen Klageverfahren als beklagte Behörde (§
63 Abs. 1 Nr. 1 FGO) beteiligt. Nur das FA, nicht aber das Land
..., war daher zur Einlegung der Revision befugt.
|
|
|
13
|
Die Revisionsschrift kann indessen dahin
ausgelegt werden, dass Revisionskläger nicht das Land ...,
sondern das FA ist. Die Bezeichnung des Beteiligten in der
Revisionsschrift muss für die Beteiligtenstellung nicht in
jedem Fall ausschlaggebend sein. Maßgeblich ist, welcher Sinn
der in der Revisionsschrift gewählten Beteiligtenbezeichnung
bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen
ist. Auch bei scheinbar eindeutiger Bezeichnung hängt die
Auslegung der Beteiligtenbestimmung von allen den Empfängern
der Revisionsschrift bekannten oder vernünftigerweise
erkennbaren Umständen tatsächlicher und rechtlicher Art
ab (BFH-Urteil in BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75).
|
|
|
14
|
Diese Umstände lassen im vorliegenden
Fall nur den Schluss zu, dass sich das FA als beklagte Behörde
des finanzgerichtlichen Verfahrens auch an dem Revisionsverfahren
als Revisionskläger beteiligen wollte. Es ist im Sinne einer
rechtsschutzgewährenden Auslegung der Revisionsschrift nicht
anzunehmen, dass das FA für das Land ... eine unzulässige
Revision einlegen wollte. Bei unrichtiger äußerer
Bezeichnung ist grundsätzlich derjenige als Beteiligter
anzusprechen, der erkennbar durch die Beteiligtenbezeichnung
betroffen werden soll. Dies ist im Streitfall das FA.
|
|
|
15
|
III. Das Urteil des FG ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich
während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand,
über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden
hatte, geändert hat (§ 127 FGO).
|
|
|
16
|
1. An die Stelle des Umsatzsteuerbescheids
2016 vom 08.11.2017, über den das FG entschieden hat, ist
während des Revisionsverfahrens der Bescheid vom 14.01.2019
getreten und nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO zum
Gegenstand des Verfahrens geworden. Das angefochtene Urteil ist
daher gegenstandslos und aufzuheben (z.B. BFH-Urteile vom
19.01.2017 - VI R 37/15, BFHE 257, 58, BStBl II 2017, 526 = SIS 17 06 29; vom 15.03.2017 - II R 10/15, BFH/NV 2017, 1153 = SIS 17 13 99).
|
|
|
17
|
2. Einer Zurückverweisung der Sache an
das FG nach § 127 FGO bedarf es dennoch nicht, da sich
aufgrund des Änderungsbescheids an den zwischen den
Beteiligten streitigen Punkten (vgl. zu diesem Erfordernis
BFH-Urteile in BFHE 257, 58, BStBl II 2017, 526 = SIS 17 06 29, und
in BFH/NV 2017, 1153 = SIS 17 13 99) nichts geändert hat, wie
sich aus den Erklärungen des FA vom 21.01.2019 und der
Klägerin im Schriftsatz vom 13.01.2020 ergibt.
|
|
|
18
|
IV. Die Revision des FA ist unbegründet
und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das
FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch
auf Vorsteuerabzug aus der Rechnung der X hat. Verpflichtet sich X
als Einzelhändler gegenüber der Klägerin gegen eine
Zahlung, auf neu geschaffenen Verkaufsflächen von der
Klägerin bezogene Produkte zum Verkauf anzubieten, liegt
sowohl der für die Annahme eines Entgelts als auch der
für den Vorsteuerabzug erforderliche unmittelbare Zusammenhang
zwischen der Leistung (Bereitstellung der Verkaufsflächen) und
der hierfür von der Klägerin geleisteten Zahlung vor.
|
|
|
19
|
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann ein Unternehmer die gesetzlich
geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen,
die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen
ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen
ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG
für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie
Umsätze verwendet. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 168
Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach
ist der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und
Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze
verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete
Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die
ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht
werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.
|
|
|
20
|
a) Die Auslegung der in den Vereinbarungen
zwischen der Klägerin und ihren Mitgliedern (hier X) im Rahmen
des Konzept Y abgegebenen Willenserklärungen (zur
Maßgeblichkeit der schuldrechtlichen Vertragsbeziehung und
deren Auslegung unter Berücksichtigung des
Empfängerhorizonts vgl. Senatsurteile vom 22.08.2019 - V R
47/17, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2020,
73 = SIS 19 17 25, Rz 22, und vom 24.08.2006 - V R 16/05, BFHE 215,
311, BStBl II 2007, 340 = SIS 06 47 38; BFH-Urteil vom 12.01.2011 -
II R 30/09, BFH/NV 2011, 755 = SIS 11 12 29) durch das FG hat
ergeben, dass zwischen der Bereitstellung von Verkaufsflächen
durch X und der Zahlung von ... EUR zzgl. Umsatzsteuer durch die
Klägerin der erforderliche unmittelbare Zusammenhang (vgl.
hierzu Senatsurteile vom 06.06.2019 - V R 18/18, BFHE 265, 538 =
SIS 19 15 05, Rz 26; vom 13.11.2019 - V R 5/18, zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, BStBl II 2020, 136 = SIS 19 19 23,
und vom 09.02.2012 - V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844 =
SIS 12 06 37, Rz 22) bestanden hat.
|
|
|
21
|
b) An diese Vertragsauslegung ist der Senat
gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da sie den
Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) entspricht und nicht gegen Denkgesetze und
Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls
möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B.
Senatsurteile in BFH/NV 2020, 73 = SIS 19 17 25; vom 27.01.2011 - V
R 6/09, BFH/NV 2011, 1733 = SIS 11 29 77; vom 03.11.2011 - V R
16/09, BFHE 235, 547, BStBl II 2012, 378 = SIS 12 07 34;
BFH-Urteile vom 03.05.2017 - X R 9/14, BFH/NV 2017, 1164 = SIS 17 14 05, und vom 28.10.2009 - IX R 17/09, BFHE 227, 349, BStBl II
2010, 539 = SIS 10 02 69). Denn die Auslegung von
Willenserklärungen gehört grundsätzlich zu der dem
FG obliegenden Feststellung der Tatsachen. Der BFH kann als
Revisionsinstanz die Auslegung des FG nur daraufhin
überprüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln
(§§ 133, 157 BGB), die Denkgesetze und die
Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden sind (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 18.08.2009 - X R 22/07, BFH/NV 2010, 208 = SIS 10 01 47).
|
|
|
22
|
Das FG hat den unmittelbaren Zusammenhang
zwischen der Flächenbereitstellung durch X und der Zahlung
durch die Klägerin darauf gestützt, dass beides auf
zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen, nämlich der
Mitgliedschaft der X bei der Klägerin, der
„Vereinbarung über die Zusammenarbeit“ und
aufgrund des weiteren Rechtsverhältnisses
„Zuschussgewährung und
Rückzahlungsvereinbarung“ beruht. Die Klägerin
verfolge mit der Vergabe der Fördergelder ein eigenes
wirtschaftliches Interesse, weil X auf der neu errichteten
Verkaufsfläche Waren verkaufen müsse, an deren Einkauf
die Klägerin entweder als Großhändlerin oder als
Zentralreguliererin wirtschaftlich beteiligt sei. Dieses
wirtschaftliche Eigeninteresse zeige sich auch darin, dass die
Zuschüsse erst vergeben würden, wenn eine
Standortanalyse, die Erstellung einer Umsatzprognose und die
Prüfung eines aktuellen Jahresabschlusses die
betriebswirtschaftlich begründete Erwartung einer
Umsatzsteigerung bei X ergeben hätten. Für einen
Leistungsaustausch spreche auch, dass sich die Höhe des
Zuschusses nach der Größe der zusätzlich
geschaffenen Fläche richte, aufgrund derer die Klägerin
Rückschlüsse auf eine zu erwartende Umsatzsteigerung
ziehen könne. Dass die Klägerin nicht unmittelbar beim
Verkauf von einer Umsatzsteigerung profitiere, sondern mittelbar
über eine Umsatzsteigerung bei den Einkäufen und bei den
Provisionen, stehe der Annahme eines Leistungsaustauschs nicht
entgegen.
|
|
|
23
|
Diese Würdigung durch das FG umfasst alle
maßgeblichen Gesichtspunkte, lässt keine wesentlichen
Kriterien außer Acht und ist im Ergebnis zumindest
möglich.
|
|
|
24
|
c) Die materiell-rechtlichen Einwendungen des
FA stehen dem nicht entgegen. Insbesondere spricht nichts für
die Annahme eines nicht steuerbaren Zuschusses, der bei einer
allgemeinen Förderung der Tätigkeit des
Zahlungsempfängers aus strukturpolitischen,
volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen durch
Zahlungen aus öffentlichen Kassen vorliegen kann (z.B.
Senatsurteil vom 23.07.2009 - V R 93/07, BFHE 226, 435, BStBl II
2015, 735 = SIS 09 33 09, unter II.1.a). Im Wirtschaftsleben ist im
Allgemeinen niemand bereit, eine Leistung ohne Gegenleistung zu
erbringen (Senatsurteil vom 04.02.1971 - V R 41/69, BFHE 102, 136,
BStBl II 1971, 467 = SIS 71 02 50, unter II.1.). So ist es auch
vorliegend, denn das FG hat in seiner Würdigung
nachvollziehbar ausgeführt, dass die Klägerin jedenfalls
auch im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat.
|
|
|
25
|
2. Das FG-Urteil leidet nicht an den vom FA
geltend gemachten Verfahrensfehlern. Die vom FG getroffenen
tatsächlichen Feststellungen bilden deshalb nach wie vor die
Grundlage für die Entscheidung des BFH; sie fallen durch die
Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nicht weg (BFH-Urteile in
BFHE 257, 58, BStBl II 2017, 526 = SIS 17 06 29; vom 03.06.2014 -
II R 45/12, BFHE 245, 374, BStBl II 2014, 806 = SIS 14 21 66; vom
22.07.2015 - II R 15/14, BFH/NV 2015, 1584 = SIS 15 22 72).
|
|
|
26
|
Insbesondere liegt der vom FA gerügte
Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten nicht vor. Nach
§ 96 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz FGO entscheidet das Gericht
nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens
gewonnenen Überzeugung. Zum Gesamtergebnis des Verfahrens
gehört auch die Auswertung des Inhalts der dem Gericht
vorliegenden Akten. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der
Akten liegt u.a. dann vor, wenn das FG eine nach Aktenlage
feststehende Tatsache, die richtigerweise in die
Beweiswürdigung hätte einfließen müssen,
unberücksichtigt lässt oder seiner Entscheidung einen
Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem protokollierten Vorbringen
der Beteiligten nicht entspricht (z.B. BFH-Beschluss vom 17.07.2019
- II B 30, 32-34, 38/18, BFHE 265, 5, BStBl II 2019, 620 = SIS 19 13 26; Senatsbeschluss vom 31.01.2019 - V B 99/16, BFH/NV 2019, 409
= SIS 19 02 31).
|
|
|
27
|
Entgegen der Auffassung des FA ist es weder
eine nach Aktenlage feststehende noch eine sich aus dem
protokollierten Vorbringen der Beteiligten ergebende Tatsache, dass
es X frei gestanden habe, auch Waren von Dritten auf den
„bezuschussten“ Flächen anzubieten. Im
Gegenteil: In der Klageschrift vom 05.12.2016 trägt die
Klägerin unter 1.4.7 (Bl. 4 FG-Akte) vor, dass nach den Regeln
des Konzept Y nur Flächenerweiterungen gefördert werden,
die der Umsatzsteigerung der über die Klägerin (sei es im
Wege der Zentralregulierung oder im Großhandelsgeschäft)
bezogenen Waren dienen. Das entspricht dem Musterantrag des Konzept
Y (Bl. 19 FG-Akte), in dem sich der Antragsteller zur
Rückzahlung des Förderbetrages u.a. für den Fall
verpflichtet, dass der Förderbetrag ganz oder teilweise zu
branchenfremden Zwecken genutzt oder Waren über nicht
zentralregulierte Lieferanten bezogen werden. Allein nach der
Informationsbroschüre (Bl. 14 FG-Akte) tritt die
Rückzahlungsplicht bei einer überwiegenden Nutzung der
geförderten Verkaufsfläche für Zwecke, die nicht im
Zusammenhang mit dem Warenbezug von der Klägerin oder
über die Zentralregulierung stehen, ein.
|
|
|
28
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|