Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 5.8.2015 3 K 1040/15 wird mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage unzulässig
war.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu
tragen.
1
|
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war Inhaber von Aktien des amerikanischen
Unternehmens A. Das Kreditinstitut B (B) behielt aufgrund einer
„Entflechtung (Spin-off)“ dieser Wertpapiere einen
Steuerabzugsbetrag für Kapitalertragsteuer,
Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Höhe von
insgesamt 919,57 EUR ein. Es meldete diesen Betrag mit der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Oktober 2012 bei dem
Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) an.
|
|
|
2
|
Der Kläger wandte sich - nach
erfolglosen Anträgen auf Auszahlung der einbehaltenen
Kapitalertragsteuer bei dem für die Einkommensteuerveranlagung
zuständigen Finanzamt C und beim Finanzgericht (FG) ... (Az.
...) - an das für die Anmeldung der Kapitalertragsteuer
zuständige beklagte FA. Er machte geltend, dass die
Abführung der Kapitalertragsteuer in Höhe von 919,57 EUR
rechtswidrig und der abgeführte Betrag daher an ihn zu
erstatten sei. Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH)
führe der „Spin-off“ der A-Aktien nicht zu
steuerpflichtigen Kapitaleinkünften.
|
|
|
3
|
Das für die Einkommensteuerveranlagung
des Klägers zuständige Finanzamt C erließ am
10.2.2014 einen Einkommensteuerbescheid für 2012. Aufgrund des
Antrags des Klägers auf Überprüfung des
Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) wurden bei der Einkommensteuerfestsetzung die Erträge
aus dem „Spin-off“ in Höhe von 3.284,74 EUR bei
der Berechnung der Einkünfte, die nach § 32d Abs. 1 EStG
der Abgeltungsteuer unterliegen, berücksichtigt. Die von B
abgeführte Kapitalertragsteuer in Höhe von 919,57 EUR
wurde im Abrechnungsteil des Einkommensteuerbescheids auf die
Einkommensteuerschuld angerechnet. Der hiergegen eingelegte
Einspruch wurde für ruhend erklärt.
|
|
|
4
|
Der Einspruch des Klägers gegen die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B für Oktober 2012 wurde vom
FA mit Einspruchsentscheidung vom 18.3.2015 mangels
Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen. Die
vom Kläger hiergegen am 15.4.2015 erhobene Klage hat das FG
mit Urteil vom 5.8.2015 3 K 1040/15 (EFG 2016, 93 = SIS 15 29 74)
als unbegründet abgewiesen.
|
|
|
5
|
Der Kläger macht mit der Revision
geltend, dass eine Drittanfechtung der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung zulässig sei. Sollte der
Steuerpflichtige hinsichtlich seiner Einwendungen gegen die
Anmeldung der Kapitalertragsteuer auf das Einkommensteuerverfahren
verwiesen werden, führe dies zu einer Verletzung des Gebots
des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes -
GG - ). Zudem führe die Abführung von Kapitalertragsteuer
aufgrund eines „Spin-off“ zu einer verfassungswidrigen
Übermaßbesteuerung. Es liege auch ein Verstoß
gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor.
Es sei unverhältnismäßig und diskriminierend, von
dem Steuerpflichtigen einen Antrag auf Überprüfung des
Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG im
Veranlagungsverfahren zu verlangen, der zur Überprüfung
aller Kapitalerträge führe.
|
|
|
6
|
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil der Vorinstanz sowie die Kapitalertragsteuer-Anmeldung vom
12.11.2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom
18.3.2015 aufzuheben,
|
|
hilfsweise festzustellen, dass die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung vom 12.11.2012 und die hierzu
ergangene Einspruchsentscheidung vom 18.3.2015 rechtswidrig
waren.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist als unbegründet
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Es
hat zwar die Klage zu Unrecht für zulässig erachtet und
den Haupt- und Hilfsantrag als unbegründet abgewiesen.
Gleichwohl ist der Tenor des Urteils zutreffend, so dass das Urteil
trotz dieses Rechtsfehlers nicht aufzuheben ist (BFH-Urteile vom
10.1.2007 I R 75/05, BFH/NV 2007, 1506 = SIS 07 24 15; vom
23.9.2008 I R 90/07, BFH/NV 2009, 588 = SIS 09 09 14, m.w.N.). Die
Revision ist deshalb mit der Maßgabe zurückzuweisen,
dass die Klage unzulässig ist. Aufgrund der offensichtlichen
Unzulässigkeit der Klage ist es nicht verfahrensfehlerhaft,
dass das FG die Beiladung des B zum Verfahren unterlassen hat.
|
|
|
9
|
1. Die Klage gegen die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B für Oktober 2012 ist
unzulässig. Zwar war der Kläger grundsätzlich
befugt, die Kapitalertragsteuer-Anmeldung im Rahmen einer sog.
Drittanfechtung aus eigenem Recht anzufechten (a). Jedoch hatte
sich die Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Oktober 2012
bereits vor Erhebung der Klage am 15.4.2015 durch den Erlass des
Einkommensteuerbescheids für 2012 vom 10.2.2014 aufgrund des
Antrags des Klägers auf Überprüfung des
Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG erledigt (b). Damit
ist das Rechtsschutzinteresse des Klägers in Bezug auf die
Anfechtung der Kapitalertragsteuer-Anmeldung entfallen (c).
|
|
|
10
|
a) Der Kläger war grundsätzlich
befugt, als Gläubiger der Kapitalerträge und Schuldner
der Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 Satz 1 EStG) die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B anzufechten. Die nach §
45a EStG angemeldete Kapitalertragsteuer steht nach § 168 der
Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung gleich. Ihr Regelungsgehalt beschränkt sich
darauf, dass der Schuldner der Kapitalerträge die angemeldeten
Beträge abzuführen hat. Da jedoch der Gläubiger der
Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer sowie den im
Abzugsverfahren erhobenen Solidaritätszuschlag schuldet und
demgemäß der Vergütungsschuldner die
Steuerabzüge für Rechnung des Gläubigers der
Kapitalerträge vorgenommen hat (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG),
werden im Fall der Rechtswidrigkeit der nach § 168 AO
fingierten Steuerbescheide auch rechtlich geschützte
Interessen des Gläubigers der Kapitalerträge berührt
(BFH-Urteil vom 12.12.2012 I R 27/12, BFHE 241, 151, BStBl II 2013,
682 = SIS 13 22 42, m.w.N.). Danach ist eine Drittanfechtung der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung durch den Gläubiger der
Kapitalerträge grundsätzlich möglich (s. hierzu auch
Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, - HHSp -, § 168 AO
Rz 8, m.w.N.).
|
|
|
11
|
b) Gegenstand der Drittanfechtungsklage ist
die mit der Steueranmeldung verbundene Steuerfestsetzung gegen den
Vergütungsschuldner. Die Überprüfung der
Steueranmeldung beschränkt sich in diesem Fall darauf, ob der
Vergütungsschuldner die Steueranmeldung vornehmen durfte. Dies
ist bereits dann zu bejahen, wenn die Voraussetzungen für den
Steuereinbehalt zweifelhaft sind. Auch ist im Rahmen dieses
eingeschränkten Prüfungsumfangs im Grundsatz davon
auszugehen, dass der Vergütungsschuldner zum
Kapitalertragsteuerabzug dann berechtigt ist, wenn er sich hierbei
auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen stützen
kann. Dieser Grundsatz ist aber dann zu durchbrechen, wenn die
Ansicht des Vergütungsgläubigers dem eindeutigen Wortlaut
der einschlägigen Bestimmungen entspricht und auch aus deren
Entstehungsgeschichte und Zweck kein Anhalt für ein
abweichendes Regelungsverständnis besteht (BFH-Urteil in BFHE
241, 151, BStBl II 2013, 682 = SIS 13 22 42), so dass die Anmeldung
des Vergütungsschuldners eindeutig rechtswidrig ist. Ob dieser
Prüfungsumfang durch die ab dem Veranlagungszeitraum 2016
geltende Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG (eingeführt
durch Art. 3 Nr. 7 Buchst. a des Steueränderungsgesetzes 2015
vom 2.11.2015, BGBl I 2015, 1834), nach der der Steuerabzug unter
Beachtung der im Bundessteuerblatt veröffentlichten
Auslegungsvorschriften der Finanzverwaltung vorzunehmen ist, weiter
eingeschränkt wird, ist im vorliegenden Fall nicht zu
entscheiden, da die Regelung auf das Streitjahr keine Anwendung
findet.
|
|
|
12
|
c) Der Senat kann offen lassen, ob die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B für Oktober 2012 i.S.
dieser Rechtsprechung eindeutig rechtswidrig war, da die Klage
mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. Die
angefochtene Kapitalertragsteuer-Anmeldung hatte sich bereits vor
der Erhebung der Drittanfechtungsklage am 15.4.2015 durch die
Festsetzung der Einkommensteuer im Jahresbescheid für 2012 vom
10.2.2014 gemäß § 124 Abs. 2 AO erledigt, da der
Kläger mit der Einkommensteuererklärung einen Antrag auf
Überprüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4
EStG gestellt hatte.
|
|
|
13
|
aa) Ein Verwaltungsakt bleibt nach § 124
Abs. 2 AO wirksam, soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen,
anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise
erledigt ist. Auf andere Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt
insbesondere dann, wenn seine Regelungswirkung weggefallen ist. Das
ist immer dann der Fall, wenn die sachliche oder rechtliche
Grundlage des Regelungsobjekts entfallen ist. Die rechtliche
Grundlage ist insbesondere dann entfallen, wenn der Regelungsgehalt
eines Verwaltungsakts aufgrund des Erlasses eines neuen
Verwaltungsakts überholt ist.
|
|
|
14
|
bb) Nach diesen Grundsätzen hat sich die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B für Oktober 2012 durch den
Erlass des Einkommensteuerbescheids für 2012 erledigt.
Aufgrund des Antrags des Klägers als Gläubiger der
Kapitalerträge nach § 43 Abs. 5 Satz 3 EStG i.V.m. §
32d Abs. 4 EStG auf Überprüfung des Steuereinbehalts
wurden die von B angemeldeten Kapitalerträge in die
Steuerfestsetzung miteinbezogen und die abgeführte
Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die
hierfür festgesetzte Steuer angerechnet. Dadurch wurde in dem
Einkommensteuerbescheid der Regelungsgehalt der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung aufgenommen. Der
Einkommensteuerbescheid löste danach die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung als Rechtsgrundlage für die von
dem Vergütungsschuldner einbehaltene Kapitalertragsteuer ab,
so dass sich die Kapitalertragsteuer-Anmeldung nach § 124 Abs.
2 AO auf andere Weise erledigt hat (FG Hamburg, Urteil vom
15.12.2014 6 K 183/12, BB 2015, 725 = SIS 15 04 39;
Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.1.2008 10 K 391/02, EFG
2008, 1041 = SIS 08 19 79; Günther, Der
Erbschaftsteuer-Berater 2015, 97; s.a. Müller-Franken in HHSp,
§ 124 AO Rz 247 f.; Heuermann in HHSp, § 168 AO Rz 9,
m.w.N.; Güroff in Gosch, AO § 124 Rz 14.2; Seer in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 124 AO
Rz 20; zur Lohnsteueranmeldung: BFH-Urteil vom 12.10.1995 I R
39/95, BFHE 179, 91, BStBl II 1996, 87 = SIS 96 03 44; zum
Einkommensteuervorauszahlungsbescheid: BFH-Urteil vom 22.3.2011 VII
R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607 = SIS 11 16 64; zur
Umsatzsteuervoranmeldung: BFH-Urteil vom 29.11.1984 V R 146/83,
BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370 = SIS 85 09 40). Die Frage, ob
die Festsetzung der Einkommensteuer auch dann zu einer Erledigung
der Kapitalertragsteuer-Anmeldung führt, wenn kein Antrag auf
Überprüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4
EStG gestellt wird, ist nicht Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens und kann der Senat daher offen lassen.
|
|
|
15
|
d) Der Kläger war danach zum Zeitpunkt
der Erhebung der Klage durch die angefochtene
Kapitalertragsteuer-Anmeldung nicht mehr beschwert. Die Klage war
unzulässig, da das Rechtsschutzinteresse des Klägers an
der Anfechtung der Kapitalertragsteuer-Anmeldung durch die
Einkommensteuerfestsetzung entfallen war (vgl. BFH-Urteil vom
19.5.1976 I R 154/74, BFHE 119, 219, BStBl II 1976, 785 = SIS 76 04 34).
|
|
|
16
|
2. Das Verfahren kann nicht als Klage gegen
den Einkommensteuerbescheid für 2012 fortgesetzt werden. Zwar
wird gemäß § 68 Satz 4 Nr. 2 FGO ein neuer
Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, der an die Stelle eines
angefochtenen unwirksamen Verwaltungsakts tritt. Dies ist
vorliegend jedoch nicht der Fall. Der Einkommensteuerbescheid des
Klägers und die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B stimmen
weder hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten noch inhaltlich
überein. Verfahrensbeteiligter des vorliegenden Verfahrens ist
das für die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des B
zuständige beklagte FA, während im Rechtsbehelfsverfahren
gegen die Einkommensteuerfestsetzung das Wohnsitzfinanzamt des
Klägers (C) beteiligt ist. Gegenstand der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung ist die auf die Kapitalerträge
entfallende Einkommensteuer (§ 43 EStG), während im
Einkommensteuerfestsetzungsverfahren die Steuer unter
Berücksichtigung aller Besteuerungsgrundlagen festzusetzen ist
(vgl. BFH-Urteil vom 20.7.2005 VI R 165/01, BFHE 209, 571, BStBl II
2005, 890 = SIS 05 37 93, zur Lohnsteuer-Anmeldung).
|
|
|
17
|
3. Die Klage ist nicht als
Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1
Satz 4 FGO zulässig, so dass auch der Hilfsantrag des
Klägers keinen Erfolg hat.
|
|
|
18
|
a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO kann,
wenn ein mit der Klage angefochtener Verwaltungsakt sich im Verlauf
des Klageverfahrens erledigt hat, das Gericht unter bestimmten
Voraussetzungen auf Antrag die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts
feststellen. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des BFH
entsprechend anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt sich schon vor der
Klageerhebung erledigt hat (BFH-Urteil vom 26.9.2007 I R 43/06,
BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134 = SIS 08 04 23, m.w.N.). Eine
solche Gestaltung liegt im Streitfall vor, da sich die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Oktober 2012 durch den
Erlass des Einkommensteuerbescheids für 2012 bereits vor
Erhebung der Drittanfechtungsklage nach § 124 Abs. 2 AO
erledigt hat.
|
|
|
19
|
b) § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO macht die
Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts davon
abhängig, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an
einer solchen Feststellung hat. „Berechtigtes
Interesse“ i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist
jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse
rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art. Dieses
kann sich zum einen daraus ergeben, dass die Feststellung der
Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom
Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist. Zum anderen kann
es daraus abzuleiten sein, dass ein konkreter Anlass für die
Annahme besteht, das FA werde die vom Kläger für
rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft
wiederholen. Schließlich kann es unter dem Gesichtspunkt der
Rehabilitierung sowie deshalb bestehen, weil die begehrte
Feststellung voraussichtlich in einem beabsichtigten und nicht
völlig aussichtslosen Schadensersatzprozess erheblich sein
wird (BFH-Urteil in BFHE 219, 13, BStBl II 2008, 134 = SIS 08 04 23, m.w.N.).
|
|
|
20
|
c) Nach diesen Grundsätzen ist ein
Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers nicht
gegeben.
|
|
|
21
|
aa) Die Besonderheit des Streitfalls besteht
darin, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen
Kapitalertragsteuer-Anmeldung nicht Voraussetzung dafür ist,
dass der Kläger einen effektiven Rechtsschutz erhält. Die
Frage, ob der „Spin-off“ der A-Aktien zu
steuerpflichtigen Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1
Nr. 1 EStG führt, kann im Rahmen der Anfechtung des
Einkommensteuerbescheids eigenständig beurteilt werden, da die
Kapitalerträge aufgrund des Antrags des Klägers nach
§ 32d Abs. 4 EStG der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde
gelegt wurden.
|
|
|
22
|
bb) Einem berechtigten Interesse an einer
Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten
Kapitalertragsteuer-Anmeldung steht auch entgegen, dass diese im
Wege der Drittanfechtung nur dahingehend überprüft werden
kann, ob B als Schuldnerin der Kapitalerträge zum Steuerabzug
berechtigt war (BFH-Urteil in BFHE 241, 151, BStBl II 2013, 682 =
SIS 13 22 42, Rz 10). Eine Entscheidung hierüber wäre
für die Einkommensbesteuerung nicht bindend. Ein
Grundlagen-/Folgebescheid-Verhältnis zwischen der
Kapitalertragsteuer-Anmeldung und der Einkommensteuerfestsetzung
besteht mangels gesetzlicher Grundlage nicht, so dass auch aus
diesem Grund ein Feststellungsinteresse nicht gegeben ist.
|
|
|
23
|
cc) Der Kläger hat auch nicht geltend
gemacht, dass hinsichtlich des Abzugs von Kapitalertragsteuer
für den „Spin-off“ der A-Aktien eine
Wiederholungsgefahr gegeben ist. Dies ist auch nach Aktenlage nicht
ersichtlich.
|
|
|
24
|
d) Danach liegt das für die Klage
gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO erforderliche
Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht vor, so dass die Klage
unzulässig ist.
|
|
|
25
|
4. Die Beschränkung der
Anfechtungsmöglichkeit der Kapitalertragsteuer-Anmeldung
verstößt nicht gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Der
Rechtsschutz des Klägers wird hierdurch nicht unangemessen
beeinträchtigt.
|
|
|
26
|
a) Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG
garantiert sowohl den Zugang zu den Gerichten als auch die
Wirksamkeit des Rechtsschutzes (ständige Rechtsprechung, vgl.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 31.5.2011 1
BvR 857/07, BVerfGE 129, 1 = SIS 11 23 01, m.w.N.). Art. 19 Abs. 4
Satz 1 GG ist jedoch nicht in dem Sinne zu verstehen, dass ein
größtmöglicher Rechtsschutz gewährt werden
muss. Vielmehr sind auch andere Verfassungsgüter - etwa die
Schaffung von Rechtssicherheit binnen angemessener Frist (vgl.
BVerfG-Beschluss vom 20.4.1982 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253) - zu
berücksichtigen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet
auch nicht einen bestimmten Rechtsweg, also eine dem Charakter der
beanstandeten Maßnahme der öffentlichen Gewalt jeweils
angepasste Verfahrensart. Es wird dem einzelnen Bürger durch
dieses Grundrecht lediglich garantiert, dass ihn
beeinträchtigende hoheitliche Maßnahmen in irgendeinem
gerichtlichen Verfahren überprüft werden können
(BVerfG-Beschluss vom 27.7.1971 2 BvR 443/70, BVerfGE 31, 364). Das
aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete
Gebot effektiven Rechtsschutzes verlangt jedoch, dass strittige
Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden.
Die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens ist nach den
besonderen Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen, so
dass sich nicht generell festlegen lässt, ab wann ein
Verfahren unverhältnismäßig lange dauert. Bei der
verfassungsrechtlichen Beurteilung dieser Frage sind stets alle
Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Bedeutung der Sache
für die Beteiligten, die Schwierigkeit der Sachmaterie sowie
die gerichtlich nicht zu beeinflussenden Tätigkeiten von
Dritten einzubeziehen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 6.6.2007 2 BvR
1060/06, BVerfGK 11, 281).
|
|
|
27
|
b) Nach diesen Grundsätzen ist eine
Verletzung des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht gegeben. Durch das
gesetzlich aufeinander abgestimmte Verfahren zur
Überprüfung des Kapitalertragsteuerabzugs wird der
Rechtsschutz des Steuerpflichtigen nicht unangemessen
eingeschränkt. Es wird durch die Möglichkeit der
Antragstellung nach § 32d Abs. 4 EStG sichergestellt, dass
nicht aufgrund einer zu engen Begrenzung der
Rechtsschutzmöglichkeiten im Drittanfechtungsverfahren gegen
die Kapitalertragsteuer-Anmeldung irreparable Folgen zum Nachteil
des Steuerpflichtigen entstehen. Der Senat weist darauf hin, dass
er - entgegen der Auffassung des Klägers - auch keine Bedenken
gegen die Beschränkung der Drittanfechtungsklage des
Vergütungsgläubigers gegen die
Kapitalertragsteuer-Anmeldung hat, auch wenn diese Frage im
vorliegenden Verfahren aufgrund der Unzulässigkeit der Klage
nicht von entscheidender Bedeutung war.
|
|
|
28
|
aa) Bis zum Erlass des
Einkommensteuerbescheids kann der Gläubiger der
Kapitalerträge und Schuldner der Kapitalertragsteuer seine
Einwendungen gegen die Anmeldung der Kapitalertragsteuer im Wege
der Drittanfechtung geltend machen. Zwar wird die Steueranmeldung
bei einer Drittanfechtungsklage grundsätzlich nur dahingehend
überprüft, ob der Vergütungsschuldner die
Steueranmeldung überhaupt vornehmen durfte. Dies ist bereits
dann zu bejahen, wenn die Voraussetzungen für den
Steuereinbehalt zweifelhaft und nicht eindeutig rechtswidrig sind
(BFH-Urteil in BFHE 241, 151, BStBl II 2013, 682 = SIS 13 22 42, Rz
10, m.w.N.).
|
|
|
29
|
bb) Diese Beschränkung der
Anfechtungsmöglichkeit der Kapitalertragsteuer-Anmeldung ist
sachlich gerechtfertigt. Sie ergibt sich daraus, dass das
Abzugsverfahren Teil des Erhebungsverfahrens ist und der
Regelungsgehalt der Kapitalertragsteuer-Anmeldung auf den Einbehalt
und die Abführung der Kapitalertragsteuer durch den Schuldner
der Kapitalerträge beschränkt ist (BFH-Urteil in BFHE
241, 151, BStBl II 2013, 682 = SIS 13 22 42, m.w.N.).
Diesbezüglich ist auch zu berücksichtigen, dass der
Schuldner der Kapitalerträge für die einzubehaltende und
abzuführende Steuer gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1
EStG haftet, so dass er auch im Zweifelsfall berechtigt sein muss,
die Kapitalertragsteuer abzuführen. Zweifelsfragen
hinsichtlich der Besteuerung der Kapitaleinkünfte sind deshalb
nicht im Anmeldungsverfahren, sondern nach dem in § 43 Abs. 5
Satz 3 EStG i.V.m. § 32d Abs. 4 EStG vorgesehenen Verfahren
zur Überprüfung des Steuereinbehalts im
Festsetzungsverfahren zu klären.
|
|
|
30
|
cc) Dies entspricht der Idee des
steuerrechtlichen Abzugsverfahrens, nach der aus Gründen des
vereinfachten Verwaltungsvollzugs und zur Vermeidung von
Steuerausfällen die Steuer zunächst einmal erhoben wird
und etwaige Überzahlungen erst nach Abschluss der
späteren Veranlagung ausgeglichen werden. Das BVerfG hat eine
solche Vorgehensweise des Gesetzgebers für den Bereich des
Lohnsteuerrechts ausdrücklich gebilligt (BVerfG-Beschluss vom
26.1.1977 1 BvL 7/76, BStBl II 1977, 297 = SIS 77 01 73).
Niederschlag findet dieser Gedanke auch in der gesetzlichen
Einschränkung des vorläufigen Rechtsschutzes
gemäß § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO auf die festgesetzte
Steuer abzüglich der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge.
Danach kann bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der
Steuerfestsetzung eine Aufhebung der Vollziehung der angerechneten
Steuerabzugsbeträge nur dann erfolgen, wenn dies zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist nur dann der
Fall, wenn die Rechtslage klar und eindeutig für die begehrte
Regelung spricht und eine abweichende Beurteilung in einem etwa
durchzuführenden Hauptverfahren zweifelsfrei
auszuschließen ist. Auch diese Beschränkung des
Rechtsschutzes ist mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar
(BFH-Beschlüsse vom 22.12.2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39,
BStBl II 2004, 367 = SIS 04 05 91; vom 23.4.2012 III B 183/11,
BFH/NV 2012, 1173 = SIS 12 16 04).
|
|
|
31
|
dd) Es liegt auch kein Verstoß gegen das
aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Gebot eines zeitnahen und
effektiven Rechtsschutzes vor. Hieraus kann kein Anspruch
abgeleitet werden, dass komplexe und nicht anhand der Gesetzeslage
eindeutig zu klärende Fragen der Besteuerung von
Kapitaleinkünften bereits endgültig im
Kapitalertragsteuer-Anmeldungsverfahren geklärt werden, wenn
dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit offen steht, diese
Fragen aufgrund eines Antrags nach § 32d Abs. 4 EStG im
Einkommensteuerverfahren klären zu lassen. Dies führt
auch nicht zu einer unangemessenen Dauer des
Rechtsschutzverfahrens. Der Steuerpflichtige hat es in der Hand,
durch eine zeitnahe Abgabe der Einkommensteuererklärung und
eine Antragstellung nach § 32d Abs. 4 EStG die
Überprüfung des Kapitalertragsteuerabzugs im Rahmen der
Steuerfestsetzung zeitnah herbeizuführen. Gerade der
vorliegende Fall, bei dem der Erlass des Einkommensteuerbescheids
vor der Erhebung der Drittanfechtungsklage erfolgte, zeigt, dass
das abgestufte Verfahren nicht zu einer
unverhältnismäßig langen Dauer des
Rechtsschutzverfahrens führt.
|
|
|
32
|
5. Die Abführung der Kapitalertragsteuer
durch B führt auch nicht zu einer verfassungswidrigen
Übermaßbesteuerung (Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1
GG) oder einer Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1
GG).
|
|
|
33
|
a) Ein Verstoß gegen eine nach Art. 14
Abs. 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich
gewährleistete Obergrenze der Besteuerung (s. hierzu
BVerfG-Beschluss vom 18.1.2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 = SIS 06 16 42) liegt bereits deshalb nicht vor, weil die Abführung
der Kapitalertragsteuer durch B keine abgeltende Wirkung nach
§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG hatte, da der Kläger einen Antrag
auf Überprüfung des Steuereinbehalts nach § 32d Abs.
4 EStG gestellt hat. Einwendungen gegen die Höhe der auf die
Kapitaleinkünfte entfallenden Steuer sind danach im
Einkommensteuerverfahren zu klären.
|
|
|
34
|
b) Der Abzug der Kapitalertragsteuer
verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die
wirksamste Form eines gegenwartsnahen Gesetzesvollzugs bietet die
Quellensteuer, die das Einkommensteuergesetz z.B. auch für die
Lohnsteuer (§ 38 EStG) und bei beschränkt
Steuerpflichtigen (§ 50a EStG) kennt. Die Quellensteuer wird
bei der Auszahlung erhoben und dem Steuerpflichtigen als
Vorauszahlung auf die von ihm endgültig geschuldete
Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Zwar
werden Steuerzahlungen nicht in gleicher Gegenwartsnähe
erbracht, soweit der Quellenabzug nicht möglich oder
gesetzlich nicht vorgesehen ist, so dass die Einkommensteuer erst
im Jahressteuerbescheid festgesetzt wird. Insoweit wird das
gesetzliche Ziel einer gegenwartsnahen und unausweichlichen
Steuererhebung nicht vollständig verwirklicht. Die hierdurch
begründete Belastungsungleichheit in der Zeit wird hierdurch
jedoch nur geringfügig berührt, so dass ein
verfassungswidriger Gleichheitsverstoß nicht vorliegt (vgl.
zum Lohnsteuerabzugsverfahren BVerfG-Beschluss vom 10.4.1997 2 BvL
77/92, BVerfGE 96, 1 = SIS 97 14 55).
|
|
|
35
|
6. Die Beschränkung der Drittanfechtung
durch das nationale Prozessrecht verstößt
schließlich auch nicht gegen die unionsrechtlich
geschützte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des
Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte - EG -, Art. 63 AEUV).
|
|
|
36
|
a) Die Kapitalverkehrsfreiheit
gewährleistet den freien Kapital- und Zahlungsverkehr zwischen
den Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten und
Drittstaaten (s. Senatsurteil vom 13.7.2016 VIII R 47/13, BFHE 254,
390 = SIS 16 21 10, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) gewährleistet
Art. 63 AEUV auch, dass das nationale Recht eines Mitgliedstaats
Rechtsbehelfe für Anteilseigner vorsieht, die diesen
ermöglichen, die durch Art. 63 AEUV verliehenen Rechte geltend
zu machen (EuGH-Urteil The Trustees of the BT Pension Scheme vom
14.9.2017 C-628/15, EU:C:2017:687, BB 2017, 2261 = SIS 18 08 07).
|
|
|
37
|
b) Danach liegt eine Verletzung der
Kapitalverkehrsfreiheit nicht vor. Aufgrund der Möglichkeit,
eine Drittanfechtung gegen die Steueranmeldung und im
Veranlagungsverfahren einen Antrag auf Überprüfung des
Steuereinbehalts nach § 32d Abs. 4 EStG zu stellen, werden die
Verfahrens- und Rechtsschutzposition des Klägers auch im
Hinblick auf seine Anlagen in EU-Mitgliedstaaten und in
Drittstaaten nicht über das hinzunehmende Maß hinaus
beschränkt (vgl. BFH-Beschluss vom 7.11.2007 I R 19/04, BFHE
219, 300, BStBl II 2008, 228 = SIS 08 08 13).
|
|
|
38
|
c) Die von dem Prozessbevollmächtigten
des Klägers in der mündlichen Verhandlung erhobenen
europarechtlichen Einwendungen gegen die Besteuerung des
„Spin-off“ im materiell-rechtlichen Sinne sind
im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen, da die Klage
unzulässig ist.
|
|
|
39
|
7. Eine notwendige Beiladung des B durch das
FG gemäß § 60 Abs. 3 FGO zu dem Anfechtungs- bzw.
Feststellungsverfahren gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung (s.
zur Beiladung im Lohnsteuerverfahren: BFH-Beschluss vom 7.8.2015 VI
B 66/15, BFH/NV 2015, 1600 = SIS 15 22 82) war nicht erforderlich,
da die Klage offensichtlich unzulässig ist (BFH-Urteil vom
8.10.1991 VIII R 85/88, BFH/NV 1992, 324; BFH-Beschlüsse vom
10.6.2005 IV B 247/03, BFH/NV 2005, 1747 = SIS 05 40 11; vom
7.5.2014 II B 117/13, BFH/NV 2014, 1232 = SIS 14 19 20, m.w.N.).
Dementsprechend entfällt eine Zurückverweisung der Sache
an das FG zur Nachholung der Beiladung.
|
|
|
40
|
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|