Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 10.09.2020 - 3 K 2317/19
Erb = SIS 20 15 92 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) erhielt von ihrer Mutter am
31.12.2010 schenkweise Beteiligungen an vier KGs übertragen
(KG1, KG2, KG3 und KG4).
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) setzte die Schenkungsteuer in Höhe von
175.332 EUR fest. Dabei wurde für alle erworbenen
KG-Beteiligungen die Regelverschonung des § 13a Abs. 1 Satz 1
i.V.m. § 13b Abs. 4 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes in der auf den Streitfall anwendbaren
Fassung (ErbStG a.F.) in Höhe von 85 % gewährt. Der
Bescheid wurde im Anschluss aus hier nicht streitigen Gründen
geändert.
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In der Folge stellte das für die
Bewertung zuständige Finanzamt die Werte der Anteile am
Betriebsvermögen für Zwecke der Schenkungsteuer sowie die
Verwaltungsvermögensquoten gesondert fest. Für den
KG2-Anteil wurde eine Verwaltungsvermögensquote von 13,74 %
mitgeteilt. Für alle KG-Anteile zusammen lag die Quote -
zwischen den Beteiligten unstreitig - unter 10 %.
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Unter Berücksichtigung der gesondert
festgestellten Werte erhöhte das FA auf Grundlage der
Regelverschonung mit geändertem Bescheid vom 21.03.2018 die
Schenkungsteuer auf 212.838 EUR.
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Im Einspruchsverfahren gegen diesen
Bescheid erklärte die Klägerin am 10.04.2018
unwiderruflich, dass für den gesamten Erwerb des
begünstigten Vermögens die Steuerbefreiung nach §
13a Abs. 8 ErbStG a.F. (Vollverschonung) in Anspruch genommen
werde. Sie vertrat die Auffassung, bei konsequenter Anwendung der
Verwaltungsauffassung, wonach der Antrag zur Vollverschonung nur
einheitlich gestellt werden könne, sei auch die
Verwaltungsvermögensquote einheitlich zu berechnen. Sollte
demgegenüber die Verwaltungsvermögensquote je Betrieb zu
ermitteln sein, müsse für den KG2-Anteil die
Regelverschonung gelten.
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Mit Bescheid vom 10.04.2019 änderte
das FA die Steuerfestsetzung erneut und setzte die Steuer auf
99.161 EUR herab. Für die übertragenen Anteile an den
KG1, KG3 und KG4 wurde die Vollverschonung, für den Anteil an
der KG2 weder die Regel- noch die Vollverschonung
gewährt.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte aus, für den KG2-Anteil sei
keine Verschonung zu gewähren. Die
Verwaltungsvermögensquote sei bei einheitlicher Schenkung
mehrerer wirtschaftlicher Einheiten gesondert für jede
wirtschaftliche Einheit zu ermitteln. Der Antrag auf
Vollverschonung könne jedoch nur einheitlich für
sämtliche erworbenen Einheiten gestellt werden. Sei er
gestellt, sei ein „Rückfall“ auf
die Regelverschonung für eine wirtschaftliche Einheit, die
zwar nicht die Voraussetzungen der Vollverschonung, wohl aber die
Voraussetzungen der Regelverschonung erfülle, nicht
möglich. Das Urteil des FG ist in EFG 2020, 1713 =
SIS 20 15 92
veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
einen Verstoß gegen § 13a Abs. 8 ErbStG a.F.
geltend.
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Könne - wovon FG und Finanzverwaltung
ausgingen - die Optionserklärung nur für alle
übertragenen Einheiten einheitlich abgegeben werden,
müsse folgerichtig auch die Verwaltungsvermögensquote
einheitlich für alle Einheiten ermittelt werden. Damit sei
für alle geschenkten KG-Anteile einschließlich des
Anteils an der KG2 die Vollverschonung zu gewähren.
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Hilfsweise müsse für den
KG2-Anteil zumindest die Regelverschonung gewährt werden. Es
sei schon nicht einsichtig, warum der Steuerpflichtige die
Optionsverschonung nicht für die jeweilige wirtschaftliche
Einheit beantragen dürfe. Der Gesetzgeber habe mit der
Vollverschonung nur den Erwerb einer (einzelnen) wirtschaftlichen
Einheit vor Augen gehabt. Es gebe keinen sachlichen Grund, eine aus
Vereinfachungsgründen zusammengefasste Schenkung mehrerer
wirtschaftlicher Einheiten anders zu behandeln, als die Schenkung
derselben wirtschaftlichen Einheiten hintereinander. Wenn man eine
Einzeloption gestatte, sei die Erklärung der Klägerin
dahingehend zu verstehen, dass sie sich auf die Anteile an den KG1,
KG3 und KG4 beschränke. Selbst wenn man jedoch eine
einheitliche Option annehme, müsse für diejenigen
wirtschaftlichen Einheiten, die die Voraussetzungen der
Optionsverschonung nicht erfüllen, zumindest der Rückfall
auf die Regelverschonung möglich sein, denn deren
Voraussetzungen lägen vor.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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die Vorentscheidung und die
Einspruchsentscheidung vom 15.07.2019 aufzuheben und den
Schenkungsteuerbescheid vom 10.04.2019 dahingehend zu ändern,
dass die Schenkungsteuer auf 0 EUR festgesetzt wird,
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hilfsweise, die Vorentscheidung und die
Einspruchsentscheidung vom 15.07.2019 aufzuheben und den
Schenkungsteuerbescheid vom 10.04.2019 dahingehend zu ändern,
dass die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der
Regelverschonung für den Erwerb des KG2-Anteils festgesetzt
wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Aus § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ergebe
sich, dass ein Erwerber die Optionsverschonung insgesamt nur
einheitlich für alle Arten des erworbenen Vermögens
erklären könne. Anschließend seien jedoch die
infolge der Option modifizierten Verschonungsvoraussetzungen
für die jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten zu ermitteln.
Verfüge eine wirtschaftliche Einheit über mehr als 10 %
Verwaltungsvermögen, komme für diese Einheit gar keine
Verschonung in Betracht. Einem Rückfall auf die
Regelverschonung stehe die Unwiderruflichkeit der Option entgegen.
Eine Ungleichbehandlung mit Schenkungen, die nicht in einem
einheitlichen Vertrag vollzogen würden, bestehe nicht, da auch
in diesen Fällen eine einheitliche Schenkung in mehreren Akten
vorliegen könne.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 4 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zu Recht
entschieden, dass für den Anteil der KG2 weder die
Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren ist.
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1. Die Schenkung von Beteiligungen an einer KG
unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1
des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes der
Schenkungsteuer. Für den Erwerb von Betriebsvermögen
sieht § 13a i.V.m. § 13b ErbStG a.F. unter bestimmten
Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor.
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a) Die im Streitfall anwendbaren Vorschriften
der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. sind nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12
(BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50 = SIS 15 00 45) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar. Das
BVerfG hatte jedoch ihre Anwendbarkeit bis zu einer Neuregelung
angeordnet, die spätestens bis zum 30.06.2016 zu treffen war.
Eine solche wurde durch Art. 1 Nrn. 3 und 4 des Gesetzes zur
Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2016 (BGBl I
2016, 2464) mit Wirkung ab dem 01.07.2016 geschaffen.
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b) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt vorbehaltlich des
§ 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter verschiedenen Voraussetzungen
u.a. der Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) zu 85 % außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Eine
solche Gesellschaft ist auch die KG. Ausgenommen von der
Steuerbefreiung bleibt Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als
50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1
ErbStG a.F.). Die Bestimmung des Verwaltungsvermögens sowie
dessen Anteil am gemeinen Wert des Betriebs richtet sich nach
§ 13b Abs. 2 Sätze 2 bis 4 ErbStG a.F.
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c) Nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. kann der
Erwerber unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung
nach den Absätzen 1 bis 7 in Verbindung mit § 13b ErbStG
a.F. nach Maßgabe der Bestimmungen in den nachfolgenden
Ziffern gewährt wird. U.a. tritt nach § 13a Abs. 8 Nr. 3
ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für das
Verwaltungsvermögen von 50 % in § 13b Abs. 2 Satz 1
ErbStG a.F. ein Prozentsatz von 10 %, nach § 13a Abs. 8 Nr. 4
ErbStG a.F. an die Stelle des Prozentsatzes für die
Begünstigung von 85 % in § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. ein
Prozentsatz von 100 % (Vollverschonung).
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2. Der relevante Anteil des
Verwaltungsvermögens ist in Bezug auf jede übertragene
wirtschaftliche Einheit und damit für jeden übertragenen
Anteil an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
und Abs. 3 EStG gesondert zu ermitteln. Das gilt sowohl für
die Regelverschonung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
13b Abs. 1, 2 und 4 ErbStG a.F. als auch für die über
§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F. eröffnete Vollverschonung (vgl.
Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz 216; BeckOK
ErbStG/Claussen/Thonemann-Micker, 16. Ed. [01.07.2022], ErbStG
§ 13a Rz 572 ff.; Söffing, in
Götz/Meßbacher-Hönsch, eKomm, ab 01.07.2016, §
13a ErbStG Rz 357 Aktualisierung vom 26.01.2021; Riedel in
Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, 3. Aufl., § 13a
ErbStG Rz 373; Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl., § 13a Rz 119;
Althoff, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
- ZEV - 2014, 325; Reich, DStR 2014, 1424; Bernhard, ZEV 2021, 209;
vgl. auch R E 13 a.1 Abs. 2 Satz 2 und R E 13 b.20 Abs. 3 Satz 1
der Erbschaftsteuer-Richtlinien - ErbStR - 2011 vom 19.12.2011,
BStBl I 2011, Sondernummer 1/2011, S. 2).
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a) Nach dem System der Steuerbegünstigung
i.S. der §§ 13a, 13b ErbStG a.F. ist jeder
übertragene Betrieb einzeln zu betrachten.
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aa) Die Vorschriften zur Ermittlung des
Verwaltungsvermögens sind teilweise lediglich in Bezug auf die
jeweils übertragene betriebliche Einheit anwendbar. Dies
betrifft etwa § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a
ErbStG a.F. („im überlassenden
Betrieb“), § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1
Satz 2 Buchst. b ErbStG a.F. („Verpachtung eines ganzen
Betriebs“), aber auch § 13b Abs. 2
Satz 3 ErbStG a.F. („dem Betrieb ...
zuzurechnen“). Eine zusammenfassende
Betrachtung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten ist im Gesetz nicht
angelegt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14.11.2018 -
II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674 = SIS 19 02 12, Rz 30
zu § 13a Abs. 1 Sätze 2 und 4 ErbStG a.F. zur Bestimmung
der Zahl der Beschäftigten und zur Einhaltung der
Lohnsumme).
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bb) Insbesondere aber die Behaltensfristen
nach § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. knüpfen an die jeweilige
wirtschaftliche Einheit an und können deshalb nur isoliert und
nicht im Wege einer konsolidierten Betrachtung zu prüfen sein
(Geck in Kapp/Ebeling, § 13a ErbStG, Rz 216).
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b) Der Wortlaut der Vorschriften steht dem
nicht entgegen. Auch wenn § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.
zunächst allgemein von Betrieben und Gesellschaften in der
Mehrzahl spricht, erfolgt die Abgrenzung des
Verwaltungsvermögens vom sonstigen Betriebsvermögen nach
§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. im Folgenden
ausschließlich auf den jeweiligen Betrieb bezogen. Dasselbe
gilt für die Abgrenzung des sog. jungen
Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG
a.F. und für § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F., der
ebenfalls den „Wert des Betriebs“
in der Einzahl verwendet.
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Auch die Wortwahl
„insgesamt“ in § 13a Abs. 1
Satz 1 ErbStG a.F. meint nicht die Addition verschiedener
wirtschaftlicher Einheiten, sondern soll vielmehr sicherstellen,
dass das gesamte Betriebsvermögen, also einschließlich
des Verwaltungsvermögens, begünstigt wird (vgl.
Königer, Betriebsberater 2014, 1251; Althoff, ZEV 2014, 325
Reich, DStR 2014, 1424 mit Verweis auf die Entstehungsgeschichte
der Regelung und BT-Drucks. 16/7918, S. 33; Geck in Kapp/Ebeling,
§ 13a ErbStG, Rz 216).
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c) Es besteht kein Anlass und aus den
dargestellten Gründen auch keine Möglichkeit, bei
Anwendung des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. die Ermittlung der
Verwaltungsvermögensquote abweichend von diesen
Grundsätzen für alle im Rahmen eines Erwerbs
übertragenen wirtschaftlichen Einheiten kumuliert zu
berechnen.
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§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F. schafft keinen
eigenen Begünstigungstatbestand, sondern bewirkt nur, dass mit
der Erklärung des Erwerbers einzelne für die
Regelverschonung geltenden Tatbestandsvoraussetzungen durch andere
ersetzt werden. Die Option ändert aber nichts daran, dass es
strukturell unmöglich ist, die Verwaltungsvermögensquote
betriebsübergreifend zu bestimmen. So kann insbesondere die
von fünf auf sieben Jahre verlängerte Behaltensfrist
(§ 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStG a.F.) denklogisch nur jeweils
für eine bestimmte wirtschaftliche Einheit ermittelt werden.
Die Verwendung des bestimmten Artikels in § 13a Abs. 8 ErbStG
a.F. kann deshalb nur „die“
Steuerbefreiung für die jeweilige wirtschaftliche Einheit
meinen. An alldem änderte sich auch dann nichts, wenn, wovon
die Finanzverwaltung ausgeht, die Erklärung nach § 13a
Abs. 8 ErbStG a.F. nur einheitlich für alle Gegenstände
des jeweiligen Erwerbstatbestands abgegeben werden könnte.
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3. Die Vollverschonung nach Maßgabe von
§ 13a Abs. 8 ErbStG a.F. ist an die Abgabe einer
entsprechenden Erklärung geknüpft.
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a) Diese Erklärung kann bei einer
einheitlichen Schenkung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten
für jede erworbene wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben
werden (a.A. für den Erbfall die Finanzverwaltung in R E 13
a.13 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2011; vgl. auch R E 13 a.21 Abs. 1 Satz 1
ErbStR 2019 vom 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019).
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aa) Durch die Rechtsprechung ist bereits
entschieden, dass die für einen Übertragungsfall
erklärte optionale Vollverschonung jedenfalls keine Wirkung
für weitere Übertragungsfälle hat. Vielmehr kann der
Beschenkte oder Erbe in jedem Übertragungsfall neu
entscheiden, ob er die optionale Vollverschonung wählt und
sich deren Voraussetzungen unterwirft (BFH-Beschluss vom 05.03.2020
- II B 99/18, BFH/NV 2020, 852 = SIS 20 07 27, Rz 16).
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bb) Das Gesetz bietet keine Anhaltspunkte
dafür, dass die Erklärung nur einheitlich für alle
wirtschaftlichen Einheiten abgegeben werden könne (vgl.
Meincke/Hannes/Holtz, a.a.O., § 13a Rz 122 f.; Riedel in
Daragan/ Halaczinsky/Riedel, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 376;
Hannes/Onderka, ZEV 2009, 421). Weder die Wortwahl des § 13a
Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. („bleibt insgesamt außer
Ansatz“) noch die des § 13a Abs. 8
ErbStG a.F. („die“ und nicht etwa
„eine“ Steuerbefreiung) verlangen
eine einheitliche Erklärung.
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cc) Eine nur einheitlich auszuübende
Erklärung zur optionalen Vollverschonung wäre vielmehr
systemwidrig (vgl. Jülicher in
Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13a Rz 511;
Scholten/Koretzkij, DStR 2009, 73, 78; Stalleiken in von
Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2.
Aufl., § 13a Rz 255; BeckOK ErbStG/Claussen/Thonemann-Micker,
a.a.O., § 13a Rz 574; Löcherbach in
Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 13a
ErbStG Rz 220). Die Möglichkeit der
„Einzeloption“ für jede
wirtschaftliche Einheit entspricht der betriebsbezogenen Ermittlung
der Verwaltungsvermögensquote (vgl. oben unter II.2.). Da auch
die weiteren Voraussetzungen, an die die Vollverschonung
geknüpft ist, für jede wirtschaftliche Einheit gesondert
festzustellen sind, wäre eine einheitliche Erklärung
nicht zu rechtfertigen.
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dd) Auch die Gesetzesbegründung
rechtfertigt keine andere Auslegung. Vielmehr wird darin
ausgeführt, dass „dem
Betriebsnachfolger“ eine Option
eingeräumt wird (BT-Drucks. 16/11107, S. 10). Das
Fortführungserfordernis ist ebenfalls betriebsbezogen
formuliert.
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ee) Abweichendes ist schließlich nicht
deshalb geboten, weil ansonsten eine missbräuchliche
„Umschichtung“ schädlichen
Verwaltungsvermögens in eine von mehreren wirtschaftlichen
Einheiten die Vollverschonung für die anderen ermöglichen
könnte. Eine entsprechende Gestaltung wäre ebenso durch
eine Aufspaltung auf mehrere Übertragungsfälle und eine
jeweils unterschiedliche Optionsausübung möglich (vgl.
BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 852 = SIS 20 07 27, Rz 16 zur
unterschiedlichen Optionsausübung).
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b) Die Optionserklärung ist nach dem
insoweit eindeutigen Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG a.F.
unwiderruflich (vgl. auch R E 13 a.13 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011 und
R E 13 a.21 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2019). Sie entspricht einem
Antragsrecht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 852 = SIS 20 07 27, Rz 8).
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c) Ob und in welchem Umfang eine
Erklärung zur optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs.
8 ErbStG a.F. abgegeben wurde, ist durch Auslegung der abgegebenen
Willenserklärung zu ermitteln.
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aa) Die Ausübung eines steuerlichen
Wahlrechts erfolgt durch Willenserklärung, die nach
Maßgabe von §§ 133, 157 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) auszulegen ist (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.2020 -
I R 23/18, BFH/NV 2021, 944 = SIS 21 09 30, Rz 8, 12). Im Zweifel
ist eine Erklärung so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist,
was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig
ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden
entspricht (vgl. BFH-Beschluss vom 22.11.2018 - II B 8/18, BFHE
262, 470, BStBl II 2020, 153 = SIS 18 19 08, Rz 15).
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bb) Die Auslegung von Willenserklärungen
gehört zum Bereich der tatsächlichen Feststellungen und
bindet den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den
Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB entspricht und nicht
gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt,
d.h. jedenfalls möglich ist. Das Revisionsgericht prüft,
ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze
und Erfahrungssätze beachtet und die für die Auslegung
bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend
gewürdigt hat (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2019 - II R 4/17,
BFHE 265, 447, BStBl II 2020, 319 = SIS 19 18 30, Rz 13). Der BFH
darf die Auslegung einer Willenserklärung nur nachholen, wenn
das FG diese nicht selbst vorgenommen hat, die Auslegung aber
notwendig ist und das FG alle notwendigen Umstände für
die Auslegung festgestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 29.08.2017 -
VIII R 33/15, BFHE 259, 213, BStBl II 2018, 69 = SIS 17 21 28, Rz
22).
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4. Wurde die optionale Vollverschonung
für eine wirtschaftliche Einheit erklärt, die die
Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist
für diese wirtschaftliche Einheit auch die Regelverschonung
nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs.
4 ErbStG a.F. nicht zu gewähren, selbst wenn deren
Voraussetzungen erfüllt sind.
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a) Die Erklärung zur Vollverschonung ist
nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. unwiderruflich (vgl. oben unter
II.3.b). Diese Tatbestandsvoraussetzung hätte keine Bedeutung,
wäre immer dann, wenn die Anforderungen an die 100%ige
Verschonung nicht erfüllt sind, die Regelverschonung in
Höhe von 85 % zu gewähren.
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b) Die Angaben in den Nrn. 1 bis 4 sind auch
nicht als Voraussetzung für die Ausübung der Option
formuliert. Sie stellen vielmehr Anforderungen dar, die die
Voraussetzungen aus der Regelverschonung nach Abgabe der
(unwiderruflichen) Erklärung zur optionalen Vollverschonung
ersetzen (... „nach folgender Maßgabe gewährt
wird ...“).
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Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 8 ErbStG
a.F. ist erst nach Ausübung der Option zu prüfen, ob die
erworbene wirtschaftliche Einheit (u.a.) die Voraussetzung nach
§ 13a Abs. 8 Nr. 3 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.
erfüllt, d.h. die Verwaltungsvermögensquote weniger als
10 % beträgt. Wird die Voraussetzung nicht erfüllt, ist
für die erworbene wirtschaftliche Einheit mangels
Erfüllung der Verschonungsvoraussetzungen weder die
Vollverschonung noch die Regelverschonung zu gewähren. Die
Gewährung der Regelverschonung für die einzelne
Wirtschaftseinheit setzt daher voraus, dass der Erwerber für
diese wirtschaftliche Einheit keine Erklärung zur optionalen
Vollverschonung abgegeben hat.
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c) Auch Sinn und Zweck sprechen für
dieses Ergebnis.
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Der Zweck der §§ 13a, 13b ErbStG
a.F. besteht darin, mittels Begünstigung des Erwerbs bei der
Erbschaft- und Schenkungsteuer einen bestehenden Betrieb des
Erblassers oder Schenkers und dessen Arbeitsplätze zu erhalten
und davor zu schützen, dass der Erwerber zur Begleichung
seiner persönlichen Erbschaftsteuer- oder
Schenkungsteuerschuld auf die Vermögenswerte des Betriebs
zurückgreifen muss (BFH-Urteil vom 08.05.2019 - II R 18/16,
BFHE 264, 287, BStBl II 2019, 681 = SIS 19 10 08, Rz 21). Dieser
gesetzlichen Zielrichtung wird dadurch entsprochen, dass
begünstigungsfähiges Vermögen nach § 13a Abs. 1
Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG a.F. auch ohne Antrag
bereits in Höhe von 85 % begünstigt ist. Das Ziel der
Vollverschonung besteht hingegen darin, dem Steuerpflichtigen einen
vermehrten Anreiz für die Einhaltung der in § 13a Abs. 8
ErbStG a.F. enthaltenen strengeren Verschonungsvoraussetzungen zu
geben, um den gesetzgeberischen Zweck - den bestehenden Betrieb des
Erblassers oder Schenkers und dessen Arbeitsplätze zu
schützen - in noch weiterem Umfang zu verwirklichen. Zu diesen
Anreizen gehört auch der drohende Verlust der
Regelverschonung, wenn der Erwerber die erhöhten Anforderungen
an die Vollverschonung nicht erfüllt.
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5. Nach diesen Grundsätzen sind FA und FG
im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass für die
Übertragung der Anteile der KG2 weder die Vollverschonung noch
die Regelverschonung gewährt werden kann.
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45
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a) Die Erklärung der Klägerin vom
10.04.2018 ist dahingehend auszulegen, dass sie auch für den
Erwerb der Anteile der KG2 die Vollverschonung unwiderruflich
erklärt hat.
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Der BFH kann die Erklärung der
Klägerin selbst auslegen. Das FG hat den Inhalt der
Erklärung nicht ausgelegt, da es die Auffassung vertrat, dass
die Erklärung zur optionalen Vollverschonung nur für alle
Einheiten einheitlich abgegeben werden könne. Es hat aber die
Abgabe der Erklärung als solche festgestellt. Weitere für
die Auslegung relevante Feststellungen waren nicht zu treffen.
Anders als die Klägerin nunmehr im Revisionsverfahren -
erstmals - vorträgt, kann ihre Erklärung hinsichtlich der
Gewährung der Vollverschonung nicht dahingehend verstanden
werden, dass sie sich auf die Anteile der KG1, KG3 und KG4
beschränkt habe. Ihr Hauptbegehren im verwaltungs- und
anschließenden Klageverfahren war stets auf eine einheitliche
Berechnung der Verwaltungsvermögensquote gerichtet, der nach
Auffassung der Klägerin konsequenterweise ein einheitlicher
Optionsantrag entspreche. Dieses Begehren führte sie auch im
Revisionsverfahren als Hauptantrag fort und beantragte eine
Steuerfestsetzung von 0 EUR. Lediglich als Hilfsbegründung
wurde der Rückfall auf die Regelverschonung
angeführt.
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b) Eine Vollverschonung für die
Übertragung der Anteile der KG2 kann nicht gewährt
werden, da die Verwaltungsvermögensquote des KG2-Anteils
über 10 % liegt und somit die Anforderung des § 13a Abs.
8 Nr. 3 i.V.m. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F. nicht
erfüllt ist. Der
„Rückfall“ zur
Regelverschonung ist nach der unwiderruflichen Erklärung zur
optionalen Vollverschonung nicht möglich.
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c) Art. 3 Abs. 1 GG wird durch eine solche
Anwendung - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht
verletzt. Die einheitliche Schenkung von mehreren wirtschaftlichen
Einheiten in einem Vorgang und die gesonderte Schenkung von
mehreren wirtschaftlichen Einheiten durch gesonderte Vorgänge
in geringem zeitlichem Abstand werden gleichbehandelt. In beiden
Fällen kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung
separat für die jeweilige wirtschaftliche Einheit
unwiderruflich abgegeben werden. Erfüllt die wirtschaftliche
Einheit nicht die Anforderungen an die Vollverschonung, ist in
beiden Fallkonstellationen nach Antragstellung die Gewährung
der Regelverschonung nicht mehr möglich. Eine ungleiche
Behandlung gleicher Sachverhaltskonstellationen ist nicht
ersichtlich.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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