Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28.4.2014 16 K 128/12
= SIS 15 01 85 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist, ob dem
Rechtsvorgänger des Klägers und Revisionsbeklagten
(Kläger) die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten
Entgelten durch den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt -
FA - ) gestattet war.
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Der Kläger ist ein Verein, der im Jahr
2010 durch Verschmelzung u.a. des X e.V. (X) hervorgegangen ist. Im
Jahre 2003 ermittelte X seinen Gewinn wie auch in den Folgejahren
durch Überschuss der Betriebseinnahmen über die
Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -
EStG - ) und erklärte in seinen Umsatzsteuererklärungen
die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Die Umsatzsteuer
wurde entsprechend den eingereichten Umsatzsteuererklärungen
festgesetzt. Im Anschluss an eine im Jahr 2011 für die Jahre
2006 bis 2010 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung
ging das FA davon aus, dass dem X die Versteuerung nach
vereinnahmten Entgelten nicht gestattet gewesen sei und
erließ für die Streitjahre (2006 bis 2008)
geänderte Umsatzsteuerbescheide, in denen die Umsatzsteuer
nach vereinbarten Entgelten berechnet wurde.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab
das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Zur Begründung seines
Urteils führte das FG aus, es habe ein konkludenter Antrag auf
Gestattung der Ist-Besteuerung und eine entsprechende Genehmigung
des FA vorgelegen, weil spätestens für 2003 ein Antrag
des Rechtsvorgängers des Klägers deutlich erkennbar
gewesen sei. Die in der Steuererklärung 2003 angegebenen
Umsätze entsprächen den Einnahmen in der Einnahme- und
Überschussrechnung, was dem FA bekannt gewesen sei, da ein
Sachbearbeiter bei den Umsätzen einen Haken gesetzt habe. Da
eine Berechnung der Steuern nach vereinnahmten Entgelten für
2003 zu erkennen gewesen sei, habe das FA diese durch die
beantragte Besteuerung für 2003 konkludent genehmigt. Mangels
Widerrufs habe die Versteuerung auch in den Folgejahren nach
vereinnahmten Entgelten erfolgen dürfen.
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Hiergegen wendet sich die Revision des FA.
Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, es liege
weder mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2003 noch mit
der Einreichung der Umsatzsteuererklärungen für die
Streitjahre ein konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung vor. Eine
Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten sei weder
ausdrücklich noch konkludent gestattet worden.
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Das FA beantragt sinngemäß, das
Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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Der Prüfer, der im Jahr 2001 die
(Vor-)Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 2001
durchgeführt habe, habe die Umsätze aus den ihm
vorliegenden Kontoauszügen entnommen. Die damalige
Betriebsprüfung habe die Besteuerung folglich nach
vereinnahmten Entgelten vorgenommen. Entsprechend sei in den
Folgejahren verfahren worden, was die Finanzverwaltung auch
akzeptiert habe.
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Das ergebe sich auch aus dem Schreiben vom
15.3.2000, mit dem die irrtümliche Versteuerung der
Umsätze für den Voranmeldungszeitraum Dezember 1999
berichtigt und auf die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten
hingewiesen worden sei.
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Entscheidung des FG, dass die
Voraussetzungen für eine Besteuerung der Umsätze des
Rechtsvorgängers des Klägers (des X) nach vereinnahmten
Entgelten vorlagen, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
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1. Die Steuer für die vom
Rechtsvorgänger des Klägers erbrachten Leistungen ist
nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes
(UStG) mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die
Entgelte vereinnahmt worden sind, entstanden.
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a) Grundsätzlich entsteht die Steuer
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG für
Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer
nach vereinbarten Entgelten (sog. Soll-Besteuerung) mit Ablauf des
Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt
worden sind. Die Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 63 der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - (bis 31.12.2006 Art.
10 Abs. 2 Satz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Richtlinie 77/388/EWG
- ). Danach treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem
Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt
oder die Dienstleistung erbracht wird.
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b) Gemäß § 20 UStG kann das FA
unter bestimmten - hier nicht streitigen - Umständen auf
Antrag gestatten, dass ein Unternehmer die Steuer nicht nach
vereinbarten Entgelten, sondern nach vereinnahmten Entgelten
berechnet. Mit der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§
13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG - sog. Ist-Besteuerung - ) hat der
Gesetzgeber die ihm nach Unionsrecht eingeräumte
Ermächtigung ausgeübt, für die Entstehung des
Steueranspruchs nach Art. 66 Buchst. b MwStSystRL (Art. 10 Abs. 2
Unterabs. 3 2. Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/EWG) auf die
Vereinnahmung des Preises abzustellen (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24.10.2013 V R 31/12, BFHE 243, 451,
BStBl II 2015, 674 = SIS 14 01 48, unter II.2.c). Die Steuer
entsteht in diesem Fall mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in
dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. b UStG).
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aa) Gemäß § 20 UStG ist
für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten anstelle der
Regelbesteuerung nach vereinbarten Entgelten ein Antrag notwendig,
auf Grund dessen das FA nach pflichtgemäßem Ermessen die
Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durch formlosen
Verwaltungsakt (§ 118 Satz 1 der Abgabenordnung - AO - )
gestattet haben muss (BFH-Beschluss vom 11.5.2011 V B 93/10, BFH/NV
2011, 1406 = SIS 11 23 87). Der Antrag kann auch konkludent
gestellt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit kann aber eine Steuererklärung, bei der die
Besteuerungsgrundlagen nach tatsächlichen Einnahmen
erklärt worden sind, nur dann als konkludenter Antrag auf
Gestattung der Ist-Besteuerung angesehen werden, wenn ihr deutlich
erkennbar zu entnehmen ist, dass die Umsätze auf Grundlage
vereinnahmter Entgelte erklärt worden sind (BFH-Beschluss in
BFH/NV 2011, 1406 = SIS 11 23 87; vgl. auch Michel in
Offerhaus/Söhn/ Lange, Umsatzsteuergesetz, § 20 Rz
136).
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Die Würdigung des FG, dass diese
Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist, ist
gemäß § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend,
weil sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist, nicht gegen
allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze
verstößt und, wenn auch nicht zwingend, so doch
möglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 28.8.2014 V R 22/14, BFH/NV
2015, 17 = SIS 14 32 55, Rz 18; vom 28.5.2013 XI R 44/11, BFH/NV
2013, 1409 = SIS 13 21 99). Aus den Akten ergibt sich ferner, dass
das FA die Verknüpfung zwischen den
Umsatzsteuererklärungen und der Gewinnermittlung nach § 4
Abs. 3 EStG durchaus erkannt hat, denn es findet sich z.B. in der
Umsatzsteuerverprobung für das Streitjahr 2006 ein Hinweis des
Bearbeiters auf die Gewinn- und Verlustrechnung.
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bb) Das FG konnte auch davon ausgehen, dass
das FA dem Antrag des Klägers auf Gestattung der
Ist-Besteuerung zugestimmt hat. Bei der Gestattung nach § 20
UStG durch das FA handelt es sich um den Erlass eines
begünstigenden Ermessens-Verwaltungsaktes i.S. der
§§ 130, 131 AO (vgl. BFH-Beschluss vom 22.2.2013 V B
72/12, BFH/NV 2013, 984 = SIS 13 14 40). Dieser Verwaltungsakt muss
nicht ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend
bekanntgegeben werden (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2011, 1406 =
SIS 11 23 87; vom 28.8.2002 V B 65/02, BFH/NV 2003, 210 = SIS 03 08 73; vom 20.1.2000 V B 163/99, BFH/NV 2000, 897 = SIS 00 57 05). Da
die Gestattung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten
(§ 20 UStG) und die hierauf beruhende Umsatzsteuerfestsetzung
(§ 155 AO) zwei verschiedene Verfahren betreffen, kann die
Umsatzsteuerfestsetzung nur dann als konkludente Gestattung der
Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ausgelegt werden, wenn mit
ihr nach außen erkennbar auch eine Entscheidung über den
entsprechenden Antrag getroffen wurde (BFH-Beschlüsse in
BFH/NV 2013, 984 = SIS 13 14 40; in BFH/NV 2011, 1406 = SIS 11 23 87; in BFH/NV 2003, 210 = SIS 03 08 73). Hieran dürfen aber
keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Vielmehr
ist der Empfängerhorizont der Beteiligten entscheidend. Hat
ein Steuerpflichtiger - wie vorliegend der X - einen konkludenten
Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung beim FA gestellt, dann
hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den
Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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