Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 2.4.2014 2 K 1972/12
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu
tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) erhielt im Jahr 2005 Kirchensteuererstattungen, die
aus den Veranlagungszeiträumen 2000 bis 2003 resultieren.
Mangels ausreichender in diesem Jahr gezahlter Kirchensteuer (vgl.
Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8.2.2007) entstand ein
Erstattungsüberhang. Diesen verrechnete der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) mit der im Jahr 2004
gezahlten Kirchensteuer und änderte am 14.9.2009 nach §
175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) den
Einkommensteuerbescheid 2004. Den danach noch verbleibenden
Erstattungsüberhang verrechnete das FA mit den
Kirchensteuerzahlungen des Veranlagungszeitraums 2003.
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Die Klägerin hatte mit der gegen den
Einkommensteuerbescheid 2004 gerichteten Klage Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) entschied am 24.8.2011 in dem Rechtsstreit 2 K
1270/10, Erstattungsüberhänge bei der Kirchensteuer
könnten auch aus Vereinfachungsgründen nicht in das
jüngste Zahlungsjahr zurückgetragen werden, sondern seien
dem jeweiligen Zahlungsjahr zuzuordnen. Damit waren im
Veranlagungszeitraum 2004 nur noch Erstattungsüberhänge
in Höhe von 11.199,24 EUR verrechenbar.
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Das FA änderte daraufhin am 13.12.2011
den Einkommensteuerbescheid 2004 den Vorgaben des Urteils
entsprechend. Die nunmehr nicht berücksichtigten
Erstattungsüberhänge übertrug das FA auf die
weiteren Zahlungsjahre und änderte am 5.4.2012
gemäß § 174 Abs. 4 AO die Einkommensteuerbescheide
2000 bis 2003 zu Ungunsten der Klägerin.
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Die Klägerin war und ist der
Auffassung, beim Erlass des geänderten
Einkommensteuerbescheids 2004 am 14.9.2009 sei für die
Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 bereits
Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Eine Änderung
sei nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist für 2004 und
damit bis zur Rechtskraft des Urteils im Herbst 2011 zulässig
gewesen. Ein Hinausschieben der durch ein rückwirkendes
Ereignis geänderten Festsetzungsfrist sei auch nicht durch
Bezugnahme auf § 174 Abs. 4 AO möglich, da diese
Vorschrift im Streitfall nicht anwendbar sei, weil die fehlerhafte
Erfassung des Sachverhalts nicht auf einer irrigen Beurteilung des
FA beruht habe. Die Änderungspraxis des FA begegne
tiefgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, da die
Einkommensteuerbescheide vielfach geändert worden seien, sie,
die Klägerin, jedoch einen Anspruch auf Rechtssicherheit
habe.
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Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene
Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, das FA habe die
Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume
2000 bis 2003 am 5.4.2012 wegen der eingetretenen
Festsetzungsverjährung nicht ändern dürfen (EFG
2014, 1159 = SIS 14 15 17). Der Eintritt der
Festsetzungsverjährung zum 31.12.2011 sei nicht durch §
174 Abs. 4 AO gehindert worden, da dessen Voraussetzungen mangels
irriger Beurteilung des FA im Streitfall nicht erfüllt gewesen
seien. Das FA habe trotz der ihm bekannten Rechtsprechung zur Frage
der Berücksichtigung von Kirchensteuererstattungen in den
Veranlagungszeiträumen ihrer Zahlung den
Erstattungsüberhang des Jahres 2005 mit den
Kirchensteuerzahlungen des Veranlagungszeitraumes 2004 verrechnet,
obwohl es gewusst habe, dass seine Vorgehensweise nicht diesen
Grundsätzen entspreche. Die fehlende Vereinbarkeit mit der
geltenden Rechtslage ergebe sich auch aus der Verfügung der
Oberfinanzdirektion Koblenz (OFD) vom 11.4.2005 (S 2221 A - St 32
3), die sich in der Rechtsbehelfsakte wegen der
Veranlagungszeiträume 2000 bis 2003 befinde. Von der in der
Verfügung angeordneten Lösung für den Fall eines
Antrags oder Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen habe das FA
wissentlich keinen Gebrauch gemacht. Aufgrund des gesamten
zeitlichen Ablaufes des Verfahrens sei der Rechtssicherheit
für die Klägerin Vorrang vor dem Prinzip einer
folgerichtigen Umsetzung des von ihr erstrittenen Urteils
einzuräumen.
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Das FA begründet seine Revision mit
der fehlerhaften Auslegung des § 174 Abs. 4 AO durch das FG.
Die eine Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO ermöglichende
Änderung eines (anderen) Bescheids müsse nach dem
Gesetzeswortlaut lediglich durch einen Rechtsbehelf oder Antrag des
Steuerpflichtigen ausgelöst worden sein (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.5.2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384,
BStBl II 2005, 637 = SIS 05 25 39). Zweck der Vorschrift sei
allein, nach antragsgemäßer Änderung des
Steuerbescheids ggf. unter Durchbrechung der Bestandskraft die in
einem anderen Steuerbescheid gezogenen steuerlichen Folgerungen
rückgängig zu machen (BFH-Urteil vom 4.4.2001 XI R 59/00,
BFHE 195, 286, BStBl II 2001, 564 = SIS 01 10 34), die sich als
unzutreffend erwiesen hätten (so auch Begründung des
Gesetzentwurfs einer Abgabenordnung, BTDrucks VI/1982, S. 153, 154;
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.11.1997 GrS 1/96,
BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83 = SIS 98 05 48).
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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§ 174 Abs. 4 AO sei im Streitfall
nicht anwendbar, weil der unrichtigen Veranlagung keine irrige
Beurteilung eines Sachverhaltes zugrunde gelegen habe. Das FA habe
sich nicht in einem Irrtum befunden, sondern die durch die OFD
vorgegebene Lösung wissentlich nicht angewendet.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage gemäß
§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
abzuweisen.
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Das FG hat zu Unrecht entschieden, das FA habe
die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 nicht gemäß
§ 174 Abs. 4 AO ändern dürfen. Die Voraussetzungen
des § 174 Abs. 4 AO waren im Streitfall erfüllt (unter
1.). Der Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003
stand der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (unter
2.).
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1. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO
können, wenn aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten
Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines
Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die
Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert
wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder
Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen
Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der
Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert
wird.
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a) Der erkennende Senat hat bereits
entschieden, dass § 174 Abs. 4 AO u.a. die Möglichkeit
eröffnet, Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt, die
zunächst nicht im „richtigen“ Bescheid,
sondern in einem anderen Verfahren gezogen worden sind, durch
Erlass eines richtigen Bescheids nachzuholen (Senatsurteil vom
29.6.2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751 = SIS 05 40 16, unter 1.).
Somit erfasst § 174 AO auch Sachverhalte wie den Streitfall,
in denen die Finanzbehörde darüber irrt, in welchem Jahr
die steuerrechtlichen Folgerungen aus einem bestimmten Sachverhalt
zu ziehen sind (s. Senatsurteil in BFH/NV 2005, 1751 = SIS 05 40 16, unter 1.), hier die streitgegenständliche Frage, in welche
Veranlagungszeiträume der Erstattungsüberhang des Jahres
2005 zurückzutragen war. Hierüber besteht zwischen den
Beteiligten auch Einigkeit.
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b) Nicht nur zwischen den Beteiligten, sondern
auch in der Rechtsprechung und im Schrifttum ist indes umstritten,
wie das Tatbestandsmerkmal „irrige Beurteilung“
auszulegen ist.
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aa) Zweifelsfrei ist die Beurteilung eines
Sachverhalts irrig, wenn sie sich nachträglich als unrichtig
erweist (vgl. BFH-Entscheidungen vom 16.2.1996 I R 150/94, BFHE
180, 8, BStBl II 1996, 417 = SIS 96 13 45; vom 18.2.1997 VIII R
54/95, BFHE 183, 6, BStBl II 1997, 647 = SIS 97 21 73). Dabei ist
unerheblich, ob der für die rechtsirrige Beurteilung
ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen
liegt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2.5.2001 VIII R 44/00, BFHE 195,
14, BStBl II 2001, 562 = SIS 01 11 41; vom 21.8.2007 I R 74/06,
BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277 = SIS 08 01 96; vom 10.5.2012 IV
R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471 = SIS 13 10 40; vom
24.4.2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755 = SIS 13 18 01, Rz 20; vom 19.8.2015 X R 50/13, BFHE 251, 389 = SIS 16 02 83,
Rz 34; vom 4.2.2016 III R 12/14, BFHE 253, 290, BStBl II 2016, 818
= SIS 16 14 52, Rz 12, jeweils m.w.N.).
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bb) Fraglich und umstritten ist jedoch, ob
eine irrige Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 AO auch dann
angenommen werden kann, wenn dem FA bei Erlass des Bescheids
bereits dessen Fehlerhaftigkeit bekannt, d.h. es zu diesem
Zeitpunkt subjektiv nicht der Auffassung war, eine richtige
Beurteilung vorzunehmen.
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(1) Ein Teil des Fachschrifttums und der
Finanzgerichtsbarkeit geht davon aus - worauf die Klägerin und
das FG hinweisen -, dass es an einer irrtümlichen Beurteilung
i.S. des § 174 Abs. 4 AO fehle, wenn das FA den Fehler vor
Erlass des Steuerbescheids erkenne, den Steuerbescheid aber
gleichwohl unverändert, also bewusst fehlerhaft erlasse (so
z.B. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2014 5 K 4719/10 =
SIS 15 17 28, Revision X R 4/15; Frotscher in Schwarz, AO, §
174 Rz 171; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 174 Rz
60; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 174 AO Rz
236; nicht eindeutig von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO
§ 174 Rz 97, und Bartone in: Kühn/von Wedelstädt,
21. Aufl., AO, § 174 Rz 56; nicht streiterhebliche Bedenken
äußerte auch der V. Senat in dem Beschluss vom
22.12.1988 V B 148/87, BFH/NV 1990, 341, unter 1.b bb).
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(2) Demgegenüber haben sowohl der V.
Senat in seinem späteren Beschluss vom 21.5.2004 V B 30/03
(BFH/NV 2004, 1497 = SIS 04 38 45, unter II.1.) als auch der IV.
Senat im Urteil in BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471 = SIS 13 10 40, Rz 26 bereits ausdrücklich entschieden, eine Änderung
wegen der irrigen Beurteilung des Sachverhalts in einem anderen
Bescheid sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das FA
insoweit vorsätzlich fehlerhaft gehandelt habe. Der Wortlaut
des § 174 Abs. 4 AO enthalte keine weitere Einschränkung,
nach der zwar eine Änderung des angefochtenen Bescheids
aufgrund des Rechtsbehelfs zulässig sein solle, die
Änderung der irrigen Beurteilung in anderen Bescheiden aber
deswegen unterbleiben müsse, weil das FA vorsätzlich
fehlerhaft gehandelt habe. Gegen eine solche Auslegung spreche vor
allem der Sinn des § 174 Abs. 4 AO. Die Vorschrift biete den
Finanzbehörden im Falle der Aufhebung oder Änderung einer
unrichtigen Steuerfestsetzung auf Betreiben des Steuerpflichtigen
eine Ermächtigungsgrundlage dahingehend, den nunmehr
unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu
erfassen. Der Steuerpflichtige solle im Falle seines Obsiegens mit
einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten
werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen sei. Der
Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht
gestritten habe, müsse auch die damit verbundenen Nachteile
hinnehmen (ebenso Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 45; Forchhammer in Leopold/
Madle/Rader AO, § 174, Rz 40).
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(3) Der erkennende Senat schließt sich
dieser Rechtsprechung an und verweist zur Vermeidung von
Wiederholungen auf die gerade dargestellte Begründung,
insbesondere auf den Telos der Vorschrift, den Steuerpflichtigen im
Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an
dieser Auffassung festzuhalten.
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(a) Es handelt sich dabei um eine besondere
gesetzliche Ausformung des Grundsatzes von Treu und Glauben (s.
Senatsurteil in BFHE 251, 389 = SIS 16 02 83, Rz 42, m.w.N.). Durch
§ 174 AO soll die Finanzbehörde die Möglichkeit
erhalten, in bestimmten Fällen der materiellen Richtigkeit
Vorrang einzuräumen, indem vermieden wird, dass
Steuerfestsetzungen bestehen bleiben, die inhaltlich zueinander im
Widerspruch stehen (Senatsurteil vom 28.1.2009 X R 27/07, BFHE 224,
15, BStBl II 2009, 620 = SIS 09 06 78, Rz 15). Wie der Große
Senat des BFH entschieden hat, regelt die Vorschrift die
verfahrensrechtlichen (inhaltlichen) Folgerungen aus einer
vorherigen Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids auf
Antrag des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten. Diese Aufhebung
oder Änderung löst sodann -
„nachträglich“ - die Rechtsfolge des §
174 Abs. 4 AO aus, dass ein anderer Bescheid erlassen oder
geändert werden kann. Die Vorschrift zieht somit die
verfahrensrechtliche Konsequenz daraus, dass der andere Bescheid
nunmehr eine „widerstreitende Steuerfestsetzung“
enthält, wie sie das Gesetz nach seiner amtlichen
Überschrift zu § 174 AO voraussetzt (vgl. Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 184, 1, BStBl II 1998, 83 = SIS 98 05 48, unter C.II.1.; Senatsurteil in BFHE 224, 15, BStBl II
2009, 620 = SIS 09 06 78, Rz 15).
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(b) Zudem ist auf die erheblichen praktischen
Schwierigkeiten hinzuweisen, unter denen die Vorschrift des §
174 AO dann nur angewendet werden könnte.
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Würde gefordert, dass die
Finanzverwaltung auch subjektiv der Auffassung gewesen sein
müsse, nicht rechtswidrig zu handeln, müsste die
Behörde - da es sich dann um eine Voraussetzung für ihre
Änderungsbefugnis handelt - jeweils darlegen und
rechtfertigen, warum sie die sich später als richtig
herausstellende Auffassung nicht bereits bei Erlass des
fehlerhaften Steuerbescheids vertreten hatte. Es dürfte im
Regelfall jedoch erhebliche Schwierigkeiten bereiten, die
Erwägungen daraufhin zu überprüfen, ob sie unter
keinen Umständen vertretbar gewesen sind, um ein bewusst
fehlerhaftes Handeln auszuschließen, wie der Streitfall
zeigt.
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(aa) Zunächst kann aus der Tatsache, dass
in der Rechtsbehelfsakte der Streitjahre 2000 bis 2003 die
OFD-Verfügung vom 11.4.2005 enthalten war, eine bewusst
fehlerhafte Steuerfestsetzung durch das FA im Jahr 2009 nicht
abgeleitet werden.
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Zwar wird in dieser Verwaltungsanweisung die
Auffassung vertreten, dass im Falle von Erstattungen für
mehrere Jahre in einem Veranlagungszeitraum der verbleibende
Erstattungsüberhang aus Vereinfachungsgründen
zunächst in das jüngste Zahlungsjahr zurückzutragen
sei. Erst wenn der Steuerpflichtige im Rahmen eines Einspruchs oder
Änderungsantrags eine abweichende, für ihn
günstigere Form der Aufteilung beantrage, könne dem
Einspruch bzw. dem Änderungsantrag durch die anteilige
Aufteilung des Erstattungsüberhangs und Korrektur im
jeweiligen Zahlungsjahr gefolgt werden. Die OFD-Verfügung
befindet sich jedoch nicht in der insoweit relevanten
Rechtsbehelfsakte für den Veranlagungszeitraum 2004, sondern
in der Rechtsbehelfsakte für die Streitjahre 2000 bis 2003.
Dass sie dem FA bereits in dem zeitlich vorgelagerten
Rechtsbehelfsverfahren bezüglich der Veranlagung 2004 bekannt
gewesen sein soll, kann - im Gegensatz zur Auffassung der
Klägerin und des FG - hieraus nicht gefolgert werden.
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(bb) Aber auch aus anderen Gründen kann
nicht von einer bewusst fehlerhaften Steuerfestsetzung 2004
ausgegangen werden.
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Das FA hatte in dem Steuerbescheid 2004 vom
14.9.2009, in der Einspruchsentscheidung vom 29.1.2010 sowie in dem
finanzgerichtlichen Verfahren 2 K 1270/10 die Meinung vertreten,
aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung eines
Kaskadeneffektes sei der Erstattungsüberhang in das
jüngste Zahlungsjahr 2004 zurückzutragen. Dass diese
Auffassung in den Jahren 2009 und 2010 unter keinem rechtlichen
Aspekt zu vertreten gewesen sein sollte, ist eher zu bezweifeln.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die
höchstrichterliche Rechtsprechung aus Gründen der
Praktikabilität und auch der Rechtskontinuität bei in der
Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben wie der
Kirchensteuer am Grundsatz der Verrechnung im Erstattungsjahr
festgehalten hat (s. Senatsurteil vom 26.6.1996 X R 73/94, BFHE
181, 144, BStBl II 1996, 646 = SIS 97 02 05, unter II.2.). Deshalb
konnte im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns nicht ausgeschlossen
werden, dass ggf. die Rechtsprechung aus Vereinfachungsgründen
auch eine vorrangige Verrechnung des Erstattungsüberhangs im
ersten Zahlungsjahr erlauben würde. Zudem ist zu
berücksichtigen, dass die relevanten Senatsentscheidungen vom
2.9.2008 X R 46/07 (BFHE 222, 215, BStBl II 2009, 229 = SIS 08 38 61), vom 9.12.2009 X R 4/09 (BFH/NV 2010, 596 = SIS 10 08 34) und
vom 19.1.2010 X B 32/09 (BFH/NV 2010, 1250 = SIS 10 18 14)
stammen.
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c) Die weiteren Voraussetzungen für eine
Änderung der streitgegenständlichen
Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 nach § 174 Abs. 4 Satz
1 AO sind - dies ist wiederum zwischen den Beteiligten unstreitig -
erfüllt.
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d) Die Änderung der
Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003 war nicht wegen Eintritts
der Festsetzungsverjährung ausgeschlossen.
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aa) Das FG hat den fehlerhaft geänderten
Einkommensteuerbescheid 2004 vom 14.9.2009 mit Urteil vom 24.8.2011
aufgehoben, das Urteil wurde im Oktober 2011 rechtskräftig.
Das FA änderte zugunsten der Klägerin den
Einkommensteuerbescheid am 13.12.2011 (vgl. § 121 Satz 1
i.V.m. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die angefochtenen
Einkommensteuer-Änderungsbescheide 2000 bis 2003 ergingen am
5.4.2012, sie sind demnach binnen der Jahresfrist des § 174
Abs. 4 Satz 3 AO erlassen worden.
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bb) Dem steht § 174 Abs. 4 Satz 4 AO
nicht entgegen.
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(1) Nach § 174 Abs. 4 Satz 4 AO ist der
Fristablauf für den Fall, dass die Festsetzungsfrist bereits
abgelaufen war, als der später aufgehobene oder geänderte
Steuerbescheid erlassen wurde, nur unter den zusätzlichen
Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO unbeachtlich. Der
in Abs. 4 Satz 4 genannte „später aufgehobene oder
geänderte Steuerbescheid“ ist der auf Rechtsbehelf
oder Antrag des Steuerpflichtigen aufgehobene oder geänderte
Steuerbescheid (vgl. BFH-Urteile vom 10.11.1993 I R 20/93, BFHE
173, 184, BStBl II 1994, 327 = SIS 94 12 58, unter II.B.5.; vom
23.5.1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89; vom 15.1.2009 III R 81/07,
BFH/NV 2009, 1073 = SIS 09 18 77, unter II.b; BFH-Beschluss vom
8.2.2007 XI B 70/06, BFH/NV 2007, 1071 = SIS 07 15 24, unter 2.),
hier also der geänderte Einkommensteuerbescheid 2004 vom
14.9.2009.
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(2) Wie das FA und das FG zu Recht erkannt
haben, war für die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2003
aufgrund des durch den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 8.2.2007
ermittelten Überhangs an erstatteter Kirchensteuer am
14.9.2009 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
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33
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Die Einkommensteuerbescheide hätten zu
diesem Zeitpunkt noch gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 AO geändert werden können, da der
Erstattungsüberhang als rückwirkendes Ereignis den
Sonderausgabenabzug in den Zahlungsjahren 2000 bis 2003 gemindert
hätte (s. auch Senatsentscheidungen vom 28.5.1998 X R 7/96,
BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95 = SIS 98 22 06, Rz 19 f., und in
BFH/NV 2010, 1250 = SIS 10 18 14, Rz 5). Nach § 175 Abs. 1
Satz 2 AO beginnt in diesem Fall die Festsetzungsfrist mit Ablauf
des Kalenderjahrs, in dem das rückwirkende Ereignis eintritt,
also im Streitfall mit Ablauf des Jahres 2007. Damit trat unter
Berücksichtigung der vierjährigen Festsetzungsfrist des
§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO für die Jahre 2000 bis 2003
die Festsetzungsverjährung erst mit Ablauf des 31.12.2011 ein,
so dass der angefochtene Änderungsbescheid für 2004 vom
14.9.2009 in noch nicht festsetzungsverjährter Zeit ergangen
ist. Damit kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des
§ 174 Abs. 3 Satz 1 AO im Streitfall nicht an.
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2. Die Änderung der Steuerfestsetzungen
2000 bis 2003 verstößt nicht gegen den Grundsatz von
Treu und Glauben.
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a) Da bereits die
Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs. 4 AO ihre
Grundlage in dem Grundsatz von Treu und Glauben hat, darf sich das
FA als derjenige, der daraus Vorteile zieht, nicht selbst
treuwidrig verhalten.
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Die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO kann
damit beispielsweise ausgeschlossen sein, wenn die Möglichkeit
bestünde, dass die Finanzbehörde ihr Änderungsrecht
auf Grund eines entsprechenden vertrauensbegründenden
Vorverhaltens verwirkt hat (noch offengelassen im BFH-Beschluss vom
10.7.2003 I B 150/02, BFH/NV 2003, 1535 = SIS 03 49 31, unter
II.1.). Eine weitere Konstellation für eine treuwidrige
Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO kann darin zu
sehen sein, dass sich die Finanzverwaltung absichtlich eine
ansonsten nicht gegebene Voraussetzung einer
Änderungsmöglichkeit gemäß § 174 Abs. 4
AO verschafft (so auch die Beispiele bei Frotscher in Schwarz, AO,
§ 174 Rz 171, und von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO
§ 174 Rz 97). Allein die abstrakte Besorgnis, die
Zulässigkeit der Änderung gemäß § 174
Abs. 4 AO könne die Finanzverwaltung zum Missbrauch einladen,
reicht indes nicht aus, um die Änderungsmöglichkeit
allgemein einzuschränken, da dies den Kern des § 174 Abs.
4 AO berührte (ebenso zur im Grundsatz vergleichbaren
Zulässigkeit der Fehlersaldierung gemäß § 177
AO, Senatsurteil vom 22.4.2015 X R 24/13, BFH/NV 2015, 1334 = SIS 15 20 59, Rz 33). Es bedarf vielmehr konkreter Indizien, die auf
ein treuwidriges Verhalten hindeuten.
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b) Diese sind im Streitfall nicht zu
erkennen.
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Das FA hätte am 8.2.2007, d.h. zu dem
Zeitpunkt, in dem feststand, dass die im Jahr 2005 erstattete
Kirchensteuer die in diesem Jahr gezahlte Kirchensteuer
überstieg, die Steuerfestsetzungen der Jahre 2000 bis 2003
bereits ändern können und müssen (s. dazu auch oben
unter II.1.d bb). Es hat durch das von ihm gewählte Verfahren
keine ihm ansonsten nicht oder nicht mehr zustehende
Änderungsmöglichkeit erhalten. Das FA hat vielmehr die
ihm aufgrund des erfolgreichen Rechtsstreits der Klägerin
eingeräumte Änderungsmöglichkeit des § 174 Abs.
4 AO genutzt, um die materiell rechtmäßige Rechtslage
herzustellen.
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c) Ein Verstoß gegen den Grundsatz von
Treu und Glauben ist - im Gegensatz zur Auffassung der
Klägerin und des FG - auch nicht dem konkreten
Verfahrensablauf zu entnehmen.
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aa) Das FA wusste zwar seit der
Einkommensteuerveranlagung 2005 vom 8.2.2007, dass ein
Kirchensteuererstattungsüberhang gegeben war und somit die
Einkommensteuerfestsetzungen früherer
Veranlagungszeiträume zu ändern waren. Die gesetzliche
Festsetzungsverjährung für die davon betroffenen
Veranlagungen trat aber erst zum 31.12.2011 ein.
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Dass das FA erst zwei Jahre nach Kenntnis,
aber immer noch innerhalb der Festsetzungsfrist, die ersten - wenn
auch nur teilweise richtigen - Schlussfolgerungen aus dem
Erstattungsüberhang gezogen und die Einkommensteuerbescheide
für die Jahre 2004 und 2003 geändert hat, führt noch
zu keinem Verstoß gegen Treu und Glauben. Dasselbe gilt
für die Änderung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis
2003 am 5.4.2012: Auch hier wurde das FA fristgerecht noch
innerhalb der Einjahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO
tätig, da das finanzgerichtliche Urteil, das den
Einkommensteuerbescheid 2004 änderte, im Oktober 2011
rechtskräftig wurde.
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In einer solchen Konstellation, in der -
soweit erkennbar - keine Anhaltspunkte für einen besonderen
Vertrauenstatbestand dergestalt gegeben sind, dass das FA nicht
tätig werden würde, ist es nicht möglich, die
gesetzlichen Verjährungsregelungen außer Acht zu lassen,
um der Rechtssicherheit zugunsten des Steuerpflichtigen Vorrang
einzuräumen.
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bb) Dieser Vorrang kann sich auch nicht in den
Fällen ergeben, in denen ein Einkommensteuerbescheid mehrfach
geändert werden muss, um die materiell richtige Besteuerung zu
gewährleisten. Daher kann dem Vorbringen der Klägerin
auch darin nicht gefolgt werden, dass zumindest der
Einkommensteuerbescheid 2003 nicht mehr zu ändern sei, weil
dieser wegen des Kirchensteuerüberhangs 2005 bereits einmal
geändert worden sei. Die in § 174 Abs. 4 AO getroffene
Regelung beinhaltet eine eigenständige
Änderungsmöglichkeit für den Fall, dass der
Steuerpflichtige erfolgreich gegen einen anderen Bescheid
vorgegangen ist.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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