Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

"Kein anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG

"Kein anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG: 1. Ein anderer Arbeitsplatz steht erst dann zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz tatsächlich zugewiesen hat. - 2. Ein Raum ist nicht zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet, wenn wegen Sanierungsbedarfs Gesundheitsgefahr besteht. - Urt.; BFH 26.2.2014, VI R 11/12; SIS 14 18 40

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Arbeitszimmer
Fundstellen
  1. BFH 26.02.2014, VI R 11/12
    BStBl 2014 II S. 674
    BFHE 245 S. 150
    DStR 2014 S. 1377
    BFH/NV 2014 S. 1264

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 21.8.2014
    -/- in NWB 29/2014 S. 2146
    jh in StuB 14/2014 S. 542
    St.Sch. in BFH/PR 9/2014 S. 294
    KAM in Stbg 11/2014 S. M 20
Normen
[EStG] § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG München, 24.11.2011, SIS 12 12 03, Arbeitszimmer, Arbeitsplatz, Pfarrer, Umstrukturierung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 15.8.2023, SIS 23 13 12, Ertragsteuerliche Beurteilung der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung nach...
  • FG Berlin-Brandenburg 29.9.2022, SIS 23 04 80, Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer einer schwerbehinderten Steuerpflichtigen, die aus ge...
  • Niedersächsisches FG 19.10.2020, SIS 21 04 01, Arbeitszimmer eines Unfallchirurgen: Aufwendungen eines Unfallchirurgen für ein häusliches Arbeitszimmer ...
  • Hessisches FG 30.7.2020, SIS 20 14 19, Häusliches Arbeitszimmer bei einem Pool-Arbeitsplatz: 1. Besteht ein Konzept des Arbeitgebers wonach aufg...
  • OFD Frankfurt 5.12.2019, SIS 20 00 25, Einkommensteuerliche Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer: Die OFD Frankfurt a.M....
  • BMF 6.10.2017, SIS 17 18 31, Einkommensteuerliche Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer: Das Bundesfinanzminist...
  • BFH 22.2.2017, SIS 17 06 50, Häusliches Arbeitszimmer eines Selbständigen: 1. Nicht jeder nur in den Abendstunden oder an Wochenenden ...
  • FG München 5.12.2016, SIS 17 05 44, Werbungskostenabzug für doppelte Haushaltsführung, häusliches Arbeitszimmer, Reisekosten und Reinigung vo...
  • FG Rheinland-Pfalz 7.9.2016, SIS 16 22 62, Häusliches Arbeitszimmer eines ausschließlich mit der Lehre betrauten Hochschuldozenten: Ein vom Arbeitge...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 1.3.2016, SIS 16 12 92, Anderer Arbeitsplatz, außerhalb der Praxiszeiten genutztes häusliches Arbeitszimmer eines Selbstständigen...
  • BFH 16.9.2015, SIS 16 02 47, Häusliches Arbeitszimmer bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Fahrten zwischen Wohnung und Arbe...
  • FG Rheinland-Pfalz 11.8.2015, SIS 15 24 75, Geltendmachung von Aufwendungen für einen Telearbeitsplatz einer Alleinerziehenden: Auch Alleinerziehende...
  • BFH 14.4.2015, SIS 15 15 84, Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung: 1. Aufwendungen für Arz...
  • BFH 6.11.2014, SIS 15 05 37, Dienstzimmer eines Richters als "anderer Arbeitsplatz" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG: 1....
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist katholischer Geistlicher. Er wirkt seit September 2007 als Pfarrer in W und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2007 machte er u.a. Aufwendungen für ein im Obergeschoss des Pfarrhofes in W gelegenes häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 635 EUR als Werbungskosten geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) mit der Begründung ab, dem Kläger habe im Erdgeschoss des Pfarrhauses ein Arbeitszimmer zur Verfügung gestanden.

 

 

2

Im Klageverfahren legte der Kläger einen Grundriss des Erdgeschosses des Pfarrhofes vor. Danach befinden sich im Erdgeschoss neben dem von den Sekretärinnen genutzten Pfarrbüro u.a. ein Registraturraum, Archivraum, Konferenzraum und ein als Abstellraum genutztes sog. Amtszimmer. Nach einer ebenfalls im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung des Bischöflichen Ordinariats der Diözese ... vom 10.5.2011 heißt es u.a.:

 

 

3

„Im Pfarrhof befinden sich neben der Wohnung des Pfarrers u.a. ein Pfarrbüro sowie ein Amtszimmer, welches als dienstliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht. Zum Amtszimmer trägt Pfarrer ... vor, dass dieses Amtszimmer wegen Baumängel nicht als Arbeitszimmer nutzbar sei.“

 

 

4

Der Kläger machte geltend, das Amtszimmer sei im Zuge der im Streitjahr durchgeführten Pfarrhofrenovierung nicht renoviert worden. Das Zimmer sei von seinen Vorgängern nie als Amtszimmer genutzt worden. Es sei wegen Baumängeln als Arbeitszimmer nicht nutzbar und diene lediglich als Abstellraum. Es bestehe Gesundheitsgefahr.

 

 

5

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage aus den in EFG 2012, 1047 = SIS 12 12 03 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Es entschied, dass dem Kläger im Pfarrhof ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. Zur Begründung verwies das FG darauf, dass der Kläger über die Nutzung der einzelnen Räume entscheiden könne und somit die Möglichkeit gehabt habe, ein Zimmer für sich zu reservieren, um dieses als Arbeitszimmer nutzen zu können.

 

 

6

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

 

 

7

Er beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2007 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 431 EUR niedriger festgesetzt werden.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass für die berufliche Tätigkeit des Klägers ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand.

 

 

10

1. Gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8.12.2010 (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall ist die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 EUR begrenzt; allerdings gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG die Beschränkung der Höhe nach nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt die mit dem JStG 2010 geschaffene Neuregelung für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.

 

 

11

a) Ein „anderer Arbeitsplatz“ im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind grundsätzlich nicht zu stellen. Er steht aber nur dann „für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ... zur Verfügung“, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - ; grundlegend Senatsurteil vom 7.8.2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78 = SIS 03 45 01; s. auch Senatsurteil vom 5.10.2011 VI R 91/10, BFHE 235, 372, BStBl II 2012, 127 = SIS 11 39 44, m.w.N.).

 

 

12

b) Die Frage, ob ein Steuerpflichtiger seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, betrifft die Tatsachenfeststellung. Sie muss von den Finanzgerichten anhand der objektiven Umstände des konkreten Einzelfalls beantwortet werden. An die entsprechende Tatsachenwürdigung ist das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO; Senatsentscheidung in BFHE 235, 372, BStBl II 2012, 127 = SIS 11 39 44).

 

 

13

2. Die Feststellungen des FG lassen nicht den Schluss zu, dass dem Kläger nach diesen Grundsätzen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hat. Nach der vom FG in Bezug genommenen „Bestätigung“ des Bischöflichen Ordinariats der Diözese ... vom 10.5.2011 steht dem Kläger zwar das Amtszimmer als dienstliches Arbeitszimmer zur Verfügung. Das FG hat jedoch nicht festgestellt, ob dieser Raum zur Erledigung büromäßiger Arbeiten tatsächlich geeignet ist und der Kläger ihn insoweit auch nutzen kann, was dieser im Übrigen bestreitet.

 

 

14

Soweit das FG diese Frage im Ergebnis offen gelassen hat, weil der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, ein (anderes) Zimmer im Erdgeschoss des Pfarrhofes für sich als Arbeitszimmer zu reservieren, kann dem nicht gefolgt werden. Denn zum einen hat nach den bisherigen Feststellungen der Arbeitgeber dem Kläger das Amtszimmer und nicht andere Räume tatsächlich zur Verfügung gestellt. Zum anderen hat der Arbeitnehmer bei der Inanspruchnahme und Ausgestaltung eines „anderen Arbeitsplatzes“ das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten. Ein „anderer Arbeitsplatz“ steht daher i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG erst dann zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber entsprechend verfügt hat (zur Rechtslage bei selbständig tätigen Steuerpflichtigen s. BFH-Urteil vom 20.11.2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775 = SIS 04 06 09). Im Übrigen hat das FG zur Geeignetheit der anderen Räume im Erdgeschoss des Pfarrhofes für büromäßige Arbeiten keine Feststellungen getroffen.

 

 

15

Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.

 

 

16

Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Beschaffenheit des Amtszimmers treffen und insoweit klären müssen, ob dieser Raum tatsächlich zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Das ist u.a. dann nicht der Fall, wenn, wie der Kläger geltend macht, wegen Gesundheitsgefährdung Sanierungsbedarf besteht. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang Feststellungen dahingehend treffen, dass dem Kläger nicht nur das sog. Amtszimmer, sondern ein Zimmer seiner Wahl als „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung stand, wird es auch auf die Beschaffenheit dieser Räume ankommen.

 

 

17

3. Der Senat muss nicht entscheiden, ob dem FG der vom Kläger gerügte Verfahrensfehler unterlaufen ist. Der Kläger hat seine Revision auch auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt. In einem solchen Fall muss der BFH das angefochtene Urteil in vollem Umfang auf die Verletzung revisiblen Rechts prüfen, ohne dabei an die vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (Senatsurteil vom 21.1.2010 VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700 = SIS 10 05 61; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 73). Da die Revision aus anderen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung führt, muss der Senat nicht noch darüber entscheiden, ob der Kläger auch infolge eines Verfahrensfehlers in seinen Rechten verletzt ist.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Ein Raum steht nur dann als Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn er tatsächlich zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Selbstverständlich scheidet daher ein Raum, von dem Gesundheitsgefahren ausgehen, aus. Im Übrigen dürfen aber Ansichten und Vorlieben keine Rolle spielen. Deshalb kann durchaus auch ein bisher als Abstellraum genutztes Zimmer als Büroarbeitsplatz zur Verfügung stehen, wenn ein Schreibtisch vorhanden ist und für Belüftung, Beleuchtung usw. gesorgt ist.

Grundsätzlich bestimmt der Arbeitgeber, ob dem Arbeitnehmer im Betrieb ein Arbeitsplatz zusteht und welcher Raum dafür in Betracht kommt. Der Hinweis auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers greift jedoch nicht in Fällen, in denen der Arbeitnehmer auf die Nutzung, Gestaltung und Auswahl der Räume Einfluss nehmen kann. Kann sich der Arbeitnehmer z.B. aufgrund seiner leitenden Stellung einen Arbeitsplatz im Betrieb verschaffen, ist davon auszugehen, dass ihm dort eine den Werbungskostenabzug ausschließende Arbeitsmöglichkeit tatsächlich zur Verfügung steht, auch wenn er davon keinen Gebrauch macht. Allerdings sind auch Fälle denkbar, die es für den Arbeitnehmer unzumutbar erscheinen lassen, auf den Arbeitsplatz im Betrieb zuzugreifen. Hat er sich z.B. dazu bereit erklärt, seinen Schreibtisch im Betrieb einem Kollegen zu überlassen und von zu Hause aus zu arbeiten, kann ihm im Interesse des Betriebsfriedens kaum zugemutet werden, den Kollegen an einen anderen Platz zu „vertreiben“.