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Keine Besteuerung Alleinerziehender nach dem Splittingtarif

Keine Besteuerung Alleinerziehender nach dem Splittingtarif: 1. Die Besteuerung Alleinerziehender nach dem Grundtarif anstelle einer Besteuerung nach dem Splittingtarif ist verfassungsgemäß. - 2. Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen um die zumutbare Belastung zu mindern (Anschluss an das BFH-Urteil vom 2.9.2015 VI R 32/13, BFHE 251 S. 196, BStBl 2016 II S. 151 = SIS 15 28 94). - Urt.; BFH 29.9.2016, III R 62/13; SIS 16 26 25

Kapitel:
Privatbereich > Alleinerziehende, Haushaltsfreibetrag
Fundstellen
  1. BFH 29.09.2016, III R 62/13 (ECLI:DE:BFH:2016:B.290916.IIIR62.13.0)
    BStBl 2017 II S. 259
    NJW 2017 S. 430

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 2.3.2017
    R. Görke in BFH/PR 4/2017 S. 118
    H. Haupt in DStRE 6/2017 S. 346
    -/- in NWB 2/2017 S. 88
Normen
[EStG] § 25, § 26, § 26 b, § 32 a Abs. 1, § 32 a Abs. 5, § 33, § 33 a Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • nach: 2 BvR 221/17 (BVerfG), Alleinerziehend, Außergewöhnliche Belastung, Ehe, Existenzminimum, Familie, Gleichheit, Grundtarif, Krankheitskosten, Splittingtarif, Verfassung
  • vor: Niedersächsisches FG, 06.05.2013, SIS 14 12 26, Splitting, Alleinerziehende, Ehe und Familie, Außergewöhnliche Belastung, Zumutbare Belastung, Leistungsfähigkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 16.11.2022, SIS 23 02 81, Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Kinderfreibeträge in den Jahren 2017 bis 2020, der Besteuerung einer al...
  • Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder 7.4.2022, SIS 22 05 21, Zurückweisung von Einsprüchen und Änderungsanträgen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Abzugs einer z...
  • BMF 28.3.2022, SIS 22 04 75, Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 Satz 2 AO), Aussetzu...
  • BFH 4.11.2021, SIS 21 19 29, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung und des Abzugsverbots für Diätverpflegung: 1. Der Ansatz de...
  • BFH 1.9.2021, SIS 21 17 78, Anwendung des § 33 Abs. 3 EStG auf sogenannte beihilfefähige Aufwendungen im Krankheitsfall verfassungsge...
  • FG Hamburg 23.9.2020, SIS 20 17 69, Hamburger Zweitwohnungsteuer für aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung Nichtverheirateter: Dass ...
  • FG Baden-Württemberg 13.3.2018, SIS 18 18 29, Elternunterhalt von einem Kind wegen krankheitsbedingter Unterbringung eines Elternteils in einem Pflegeh...
  • BFH 21.2.2018, SIS 18 06 21, Krankheits- und Beerdigungskosten als außergewöhnliche Belastung, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Bel...
  • BFH 25.4.2017, SIS 17 12 81, Aufwendungen für ein im Rahmen mehrerer Einkunftsarten genutztes häusliches Arbeitszimmer: Der gemäß § 4 ...
  • BFH 17.1.2017, SIS 17 07 99, Divergenzrüge, kumulative Begründung durch das FG, grundsätzliche Bedeutung, Besteuerung Alleinerziehende...
  • Niedersächsisches FG 2.12.2016, SIS 17 07 13, Vorlagebeschluss an das BVerfG, Höhe der Kinderfreibeträge zu niedrig: 1. Das vorlegende Gericht hält die...
Anmerkung RiinBFH Dr. Hettler

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 6.5.2013 7 K 114/10 = SIS 14 12 26 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

1

I. Die seit Mitte 2006 verwitwete Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr (2008) als Steuerberaterin Einkünfte aus selbständiger Arbeit und lebte mit ihren beiden 1993 und 1998 geborenen Töchtern zusammen.

 

 

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) setzte die Einkommensteuer der Klägerin für das Streitjahr im Bescheid vom 4.3.2010 nach dem Grundtarif (§ 32a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ) auf ... EUR fest. Die von der Klägerin erklärten außergewöhnlichen Belastungen wegen Krankheitskosten setzte das FA - ohne Überprüfung - mit 1.479 EUR an. Nach Abzug der deutlich höheren zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) wirkten sie sich steuerlich nicht aus. Für die beiden Töchter zog das FA die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von insgesamt 11.616 EUR ab und erhöhte die Einkommensteuer im Gegenzug gemäß § 31 Satz 4 EStG um das Kindergeld in Höhe von 3.696 EUR. Ferner zog es den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG in Höhe von 1.308 EUR von der Summe der Einkünfte ab.

 

 

3

Den dagegen gerichteten Einspruch wies das FA am 18.5.2010 als unbegründet zurück.

 

 

4

Die Klage, mit der die Klägerin neben der Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 32a Abs. 5 EStG) u.a. den Abzug ihrer Krankheitskosten in Höhe von 1.479 EUR ohne Abzug einer zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) begehrte, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Einkommensteuerfestsetzung entspreche den Regelungen des EStG. Dessen Bestimmungen zur Besteuerung Alleinerziehender und zur Berücksichtigung einer zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten seien nicht verfassungswidrig (EFG 2014, 354).

 

 

5

Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor, der Ausschluss verwitweter Alleinerziehender vom Splitting-Verfahren sei mit dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 des Grundgesetzes - GG - ) und dem Schutz der Familie und damit der Kinder (Art. 6 GG) unvereinbar. Die Kürzung der Krankheitskosten um die zumutbare Belastung verstoße gegen das aus Art. 3 GG herzuleitende Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Klägerin rügt zudem die Zuständigkeit des III. Senats; zuständig sei der II. Senat.

 

 

6

Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 18.5.2010 aufzuheben und den Steuerbescheid für 2008 vom 4.3.2010 dahin zu ändern, dass der Splittingtarif gemäß §§ 26, 26b EStG angewandt wird und Krankheitskosten in Höhe von 1.479 EUR als außergewöhnliche Belastungen ohne Kürzung einer zumutbaren Belastung berücksichtigt werden.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden, nachdem zuvor ein gegenstandslos gewordener Gerichtsbescheid ergangen war; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.4.2009 VIII R 6/08, BFH/NV 2009, 1397 = SIS 09 26 44, Rz 14). Auch ein möglicherweise gegebenes öffentliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hindert den Senat nicht, entgegen der Auffassung der Klägerin durch Beschluss nach § 126a FGO zu entscheiden.

 

 

9

Das FG hat zutreffend entschieden, dass das zu versteuernde Einkommen der Klägerin dem sog. Grundtarif zu unterwerfen ist und die außergewöhnlichen Belastungen um die zumutbare Belastung zu vermindern sind; die jeweiligen Regelungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich.

 

 

10

1. Der III. Senat ist für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, dies ergibt sich aus dem insoweit maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan 2016 des BFH.

 

 

11

Der III. Senat ist danach sachlich zuständig für „4. Einkommensteuer ..., betreffend a) Tariffragen (§§ 26 bis 26c EStG, § 32a EStG ...) ..., wenn nur diese Fragen streitig sind“. Zwar ist der VI. Senat zuständig für die hier ebenfalls streitige „1. Einkommensteuer ..., betreffend ... d) außergewöhnliche Belastungen, wenn nur diese streitig sind“. Aber dessen Zuständigkeit wird verdrängt durch die „Ergänzenden Regelungen“ (II.1.d). Danach ist von mehreren für Einkommensteuer zuständigen Senaten der Senat zur Entscheidung berufen, „in dessen Aufgabengebiet die überwiegenden streitbefangenen Besteuerungsgrundlagen fallen“. Die einkommensteuerliche Auswirkung des Splittingtarifs übersteigt im Streitfall deutlich die des Wegfalls der zumutbaren Belastung.

 

 

12

Die Auffassung der Klägerin, dass der Rechtsstreit stattdessen vom II. Senat zu entscheiden ist („17. Streitigkeiten, die im Geschäftsverteilungsplan nicht geregelt sind.“), trifft nicht zu. Denn die Streitigkeiten sind geregelt, nämlich - wie vorstehend dargelegt - durch die Bestimmungen über die sachlichen Zuständigkeiten und die „Ergänzenden Regelungen“. Der für den Splittingtarif und die außergewöhnlichen Belastungen bestimmte Vorbehalt „wenn nur diese (Fragen) streitig sind“ ist dahin zu verstehen, dass bei einem auch andere Fragen betreffenden Verfahren der für die anderen Fragen zuständige Senat zu entscheiden hat, also z.B. bei einem Streit über die Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie die Zusammenveranlagung der IV. Senat oder bei einem Streit über die Höhe von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie außergewöhnliche Belastungen der IX. Senat. Der II. Senat ist dagegen für keine der hier vorliegend streitigen Fragen zuständig.

 

 

13

2. Das FA hat die Einkommensteuer der Klägerin für das Streitjahr zu Recht nach dem in § 32a Abs. 1 EStG normierten Einkommensteuertarif und nicht nach dem Splitting-Verfahren festgesetzt.

 

 

14

a) Das zu versteuernde Einkommen unbeschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen ist grundsätzlich der tariflichen Einkommensteuer (§ 32a Abs. 1 EStG) - sog. Grundtarif - zu unterwerfen.

 

 

15

Die tarifliche Einkommensteuer ist dagegen nach dem Splitting-Verfahren (§ 32a Abs. 5 EStG) zu ermitteln, wenn Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner (§ 2 Abs. 8 EStG) nach den §§ 26, 26b EStG zusammenveranlagt werden und daher das addierte Einkommen zweier Steuerpflichtiger der Besteuerung unterworfen ist. Die Einkommensteuer beträgt danach das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte ihres gemeinsam zu versteuernden Einkommens ergibt. Das Splitting-Verfahren unterstellt, dass die Ehegatten oder Lebenspartner ihr gemeinsames zu versteuerndes Einkommen jeweils hälftig erzielen; es führt daher zu einem Progressionsvorteil, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner Einkommen in unterschiedlicher Höhe erzielen.

 

 

16

Das Splitting-Verfahren ist darüber hinaus anzuwenden, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des Steuerpflichtigen im vorangegangenen Jahr verstorben ist und zwischen beiden im Zeitpunkt des Todes die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung gegeben waren (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG).

 

 

17

b) Die Klägerin erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anwendung des Splitting-Verfahrens nicht, da sie weder mit einem Ehegatten noch mit einer Lebenspartnerin zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird und ihr Ehegatte auch nicht im Vorjahr verstorben war.

 

 

18

Der Senat hat bereits im Aussetzungsverfahren entschieden, dass keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass die allein erziehende Klägerin vom Splitting-Verfahren ausgeschlossen ist (Senatsbeschluss vom 17.10.2012 III B 68/12, BFH/NV 2013, 362 = SIS 13 04 13, Rz 17; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 27.5.2013 III B 2/13, BFH/NV 2013, 1406 = SIS 13 21 97, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - ; vom 17.8.2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46 = SIS 05 04 11; vom 20.9.2002 III B 40/02, BFH/NV 2003, 157 = SIS 03 08 14). Ein Anspruch Alleinerziehender auf Anwendung des Splitting-Verfahrens ergibt sich weder aus dem aus Art. 3 GG abzuleitenden Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch unter Berücksichtigung des Schutzbereichs des Art. 6 Abs. 1 GG.

 

 

19

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG-Beschlüsse vom 16.3.2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 = SIS 05 30 25, BGBl I 2005, 1622 Rz 66; vom 15.7.1998 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94, BVerfGE 98, 365). Art. 3 Abs. 1 GG verbietet daher grundsätzlich einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Differenzierungen bedürfen insoweit stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG-Beschluss vom 7.5.2013 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, BVerfGE 133, 377 = SIS 13 17 53, Rz 73, betreffend den Ausschluss eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting).

 

 

20

bb) Das Splittingverfahren - so ausdrücklich das BVerfG in seinem Beschluss zur Einbeziehung eingetragener Lebenspartner in das Ehegattensplitting - nimmt den die zivilrechtliche Ausgestaltung der Ehe bestimmenden Grundgedanken der Ehe als eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs auf. Die wechselseitige Verpflichtungsbefugnis bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -, § 8 Abs. 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes - LPartG - ), die Eigentumsvermutung zugunsten der Gläubiger des anderen Partners (§ 1362 BGB, § 8 Abs. 1 LPartG), die eingeschränkte Verfügungsberechtigung über eigenes Vermögen (§§ 1365 bis 1369 BGB, § 6 Satz 2 LPartG) sowie die Regelungen über den Zugewinnausgleich (§§ 1371 bis 1390 BGB, § 6 Satz 2 LPartG) und den Versorgungsausgleich (§ 1587 BGB i.V.m. den Vorschriften des Versorgungsausgleichsgesetzes, § 20 LPartG) lassen den Grundsatz erkennen, dass das während der Ehe oder Lebenspartnerschaft Erworbene gemeinschaftlich erwirtschaftet ist. In Übereinstimmung mit diesem Grundgedanken des Familienrechts geht das Splitting-Verfahren davon aus, dass zusammenlebende Eheleute und Lebenspartner eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs bilden, in der ein Partner an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat. In den Gesetzesmaterialien wird das Splitting dementsprechend als „steuerpolitische Konsequenz“ und „logische steuerrechtliche Folgerung“ des zuvor eingeführten Regelgüterstandes der Zugewinngemeinschaft bezeichnet (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 133, 377 = SIS 13 17 53, Rz 94).

 

 

21

Mit Blick auf diese Ausführungen im Beschluss des BVerfG bestehen - entgegen der Auffassung der Klägerin - keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Splitting-Verfahren selbst.

 

 

22

cc) Darüber hinaus ist es - auch insoweit entgegen der Auffassung der Klägerin - von Verfassungs wegen nicht geboten, verwitwete Elternteile ehelicher Kinder in den Anwendungsbereich des Splitting-Verfahrens einzubeziehen. Denn mit dieser dem Splitting-Verfahren zugrunde liegenden Situation ist die Lage Alleinerziehender weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht vergleichbar. Die für Ehegatten und Lebenspartner geltenden güterrechtlichen Regelungen sowie der Versorgungsausgleich kommen im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern nicht zur Anwendung.

 

 

23

Das Verhältnis von allein erziehenden Elternteilen und ihren minderjährigen oder nach § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden volljährigen Kindern stellt sich auch nicht als institutionell geregelte und andere Personen ausschließende Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs dar. Es ist - unbeschadet der gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung von Verwandten in gerader Linie (§§ 1601 ff. BGB) - fast immer einseitig durch Fürsorge, Erziehung und Unterhalt der Kinder durch den Elternteil geprägt. Es handelt sich auch nicht um eine ausschließliche und dauerhafte Gemeinschaft zweier Personen. Denn zum einen können allein erziehende Elternteile - wie die Klägerin - mehr als ein Kind haben, zum anderen können zu berücksichtigende Kinder mit Dritten eine Ehe oder Lebenspartnerschaft eingehen und dadurch - folgte man der Auffassung der Klägerin - sowohl dem Elternteil als auch dem Ehegatten des Kindes den Splittingtarif eröffnen (zur Exklusivität der eingetragenen Lebensgemeinschaft vgl. BVerfG-Urteil vom 17.7.2002 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01, BVerfGE 105, 313 = SIS 03 53 97, Rz 110).

 

 

24

Die Gewährung des Splittingtarifs für verwitwete Alleinerziehende mit Kindern würde darüber hinaus zu weiteren Verwerfungen führen. So dürfte sich die Situation Alleinerziehender, die vom anderen Elternteil ihrer Kinder getrennt leben und von diesem weder finanziell noch auf andere Weise unterstützt werden, nicht wesentlich von der Verwitweter unterscheiden, deren Ehegatte bereits vor mehreren Jahren verstorben ist. Weiter stellte sich die Frage, ob verwitwete Alleinerziehende mit Kindern besser gestellt werden dürften als z.B. Geschwistergemeinschaften, die mutmaßlich häufiger als „Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs“ ausgestaltet sind, welche der Gesetzgeber der Zusammenveranlagung und dem Splittingtarif zugrunde gelegt hat.

 

 

25

dd) Art. 6 Abs. 1 GG enthält einen besonderen Gleichheitssatz, der es untersagt, Eltern oder alleinerziehende Elternteile gegenüber Kinderlosen schlechter zu stellen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 112, 268 = SIS 05 30 25; vom 10.11.1998 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182 = SIS 99 04 06). Die Gewährung des Splittingtarifs für Alleinerziehende ist jedoch durch Art. 6 Abs. 1 GG nicht geboten. Art. 6 Abs. 1 GG erfordert, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben muss (BVerfG-Beschluss vom 8.6.2004 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412 = SIS 04 36 31). Dem Gebot der steuerlichen Verschonung des Kinderexistenzminimums wird durch das Kindergeld oder die - wie hier - günstigeren Kinderfreibeträge genügt (vgl. Senatsurteil vom 20.12.2012 III R 29/12, BFH/NV 2013, 723 = SIS 13 10 64).

 

 

26

c) Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass § 32a Abs. 3 EStG i.d.F. vom 1.12.1971 (BGBl I 1971, 1881) verwitweten Alleinerziehenden mit Kindern den Splittingtarif gewährte. Diese Regelung ist indessen aus den vorstehenden Gründen verfassungsrechtlich nicht geboten.

 

 

27

3. Das FG hat auch zutreffend angenommen, dass die außergewöhnlichen Belastungen der Klägerin nur zu berücksichtigen sind, soweit sie die zumutbare Belastung übersteigen.

 

 

28

Typische und unmittelbare Krankheitskosten werden als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 1 EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, ohne dass die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen dem Grunde oder der Höhe nach geprüft wird; ihre Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen und ihre Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall werden wie ihre Außergewöhnlichkeit unwiderleglich unterstellt (BFH-Urteil vom 14.4.2015 VI R 89/13, BFHE 249, 483, BStBl II 2015, 703 = SIS 15 15 84).

 

 

29

a) Nach § 33 Abs. 3 EStG hängt die zumutbare Belastung von der Höhe der Einkünfte, der Anwendung des Grund- oder des Splitting-Verfahrens sowie der Zahl der zu berücksichtigenden Kinder ab; sie beträgt zwischen 1 % und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte.

 

 

30

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass die Krankheitskosten der Klägerin ihre nach § 33 Abs. 3 EStG ermittelte zumutbare Belastung nicht übersteigen.

 

 

31

b) Der BFH hat mit Urteil vom 2.9.2015 VI R 32/13, BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151 = SIS 15 28 94 (m. abl. Anmerkung von Karrenbrock/Petrak, DStR - DStR - 2016, 47; Verfassungsbeschwerde eingelegt unter Az. 2 BvR 180/16) entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten sei, bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Krankheitskosten auf den Ansatz der zumutbaren Belastung zu verzichten.

 

 

32

Dem schließt sich der Senat an (a.A. z.B. Haupt, DStR 2016, 902). Zum einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimum gehören auch die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung, die dem Grunde nach nicht nur die Beiträge zu einer Krankenversicherung, sondern auch den eigentlichen Sachaufwand für eine Krankenversorgung umfassen. Da sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums jedoch grundsätzlich nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet und auch Empfänger von Sozialleistungen Zuzahlungen aus den ihnen zur Verfügung gestellten Sozialleistungen bis zur Belastungsgrenze selbst zu erbringen haben, gehören Zuzahlungen i.S. des § 61 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch nicht zum einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum. Das BFH-Urteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151 = SIS 15 28 94 nennt insoweit zutreffend Aufwendungen für Zahnreinigung, Laboratoriumsmedizin und Zweibettzimmerzuschläge in einer Klinik; diese gehören ebenfalls nicht zum Existenzminimum.

 

 

33

Der Senat muss nicht entscheiden, ob dieser Grundsatz einzuschränken ist, wenn Aufwendungen für medizinisch notwendige Leistungen, die sich in dem durch das Sozialhilferecht bestimmten Rahmen halten, aufgrund außergewöhnlicher Umstände - z.B. bei Auslandserkrankungen - vom Krankenversicherer nicht erstattet werden. Der Senat muss auch nicht entscheiden, ob im Falle einer Unterschreitung des Grundfreibetrags durch Zuzahlungen von Verfassungs wegen anderes gilt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 251, 196, Rz 27; Blümich/K. Heger, EStG, § 33 Rz 134; Schmidt/Loschelder, EStG, 35. Aufl., § 33 Rz 28; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 33 Rz 48).

 

 

34

4. Eine weitere Minderung der Einkommensteuer kommt auch nicht aus anderen Gründen in Betracht.

 

 

35

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen höheren Entlastungsbetrag für Alleinerziehende. Dessen Höhe begegnet keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln; er ist auch dann nicht zu erhöhen, wenn der andere Elternteil nicht zum Unterhalt der Kinder beiträgt (Senatsurteil vom 17.9.2015 III R 36/14, BFH/NV 2016, 545 = SIS 16 04 94).

 

 

36

Die Klägerin hat wegen der Belastung mit Unterhaltsleistungen für ihre Kinder auch keinen Anspruch auf Abzug weiterer außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 oder § 33a EStG (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2016, 545 = SIS 16 04 94).

 

 

37

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiinBFH Dr. Hettler

Da das Splitting-Verfahren – zu Recht – weiterhin den gesetzlich vorgesehenen Fallgruppen vorbehalten bleibt, muss der Ausgleich der Belastungen, die Steuerpflichtigen mit Kindern entstehen, durch die Inanspruchnahme der dafür vorgesehenen Zuschläge oder Freibeträge erfolgen.