1
|
I. Streitig ist, ob der Arbeitnehmer
hinsichtlich der Besteuerung seiner privaten Dienstwagennutzung von
der 1 %-Regelung zur Fahrtenbuchmethode auch im laufenden
Kalenderjahr wechseln kann.
|
|
|
2
|
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war im Streitjahr 2008 als kaufmännischer
Angestellter bei der Firma C-Werke beschäftigt, die ihm einen
Dienstwagen zur Verfügung gestellt hatte, den er auch privat
nutzen durfte. Für dieses Fahrzeug - einen Audi - hatte der
Kläger ein Fahrtenbuch erst ab dem 1.5.2008 geführt,
nachdem zuvor für die Monate Januar bis April der Vorteil nach
der sog. 1 %-Methode angesetzt worden war. Ab dem 31.10.2008 hatte
der Kläger von seinem Arbeitgeber ein anderes Fahrzeug zur
Verfügung, für das er dann sogleich ein Fahrtenbuch
führte.
|
|
|
3
|
Der Kläger erklärte im Rahmen der
Veranlagung zur Einkommensteuer als Einnahmen aus
nichtselbstständiger Arbeit den vom Arbeitgeber bescheinigten
Bruttoarbeitslohn. Darin waren die geldwerten Vorteile für die
private Nutzung des Audi für die Monate Januar bis April nach
der sog. 1 %-Methode und ab Mai nach der Fahrtenbuchmethode
berechnet.
|
|
|
4
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) veranlagte den Kläger zunächst
erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung. Im Anschluss an eine beim Arbeitgeber des
Klägers durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung
änderte das FA allerdings den Einkommensteuerbescheid für
2008, indem es einen um 3.594 EUR höheren Arbeitslohn
ansetzte. Das FA begründete dies damit, dass auch für die
Monate Mai bis Oktober 2008 der Vorteil aus der Privatnutzung des
Dienstwagens nach der 1 %-Methode zu berechnen sei, da nach R 8.1
Abs. 9 der Lohnsteuer-Richtlinien das Verfahren bei demselben
Kraftfahrzeug während des laufenden Kalenderjahres nicht
gewechselt werden dürfe.
|
|
|
5
|
Die dagegen erhobene Klage hat das
Finanzgericht (FG) aus den in EFG 2012, 1450 = SIS 12 20 26
veröffentlichten Gründen abgewiesen und die Revision
zugelassen.
|
|
|
6
|
Der Kläger wendet sich dagegen mit der
Revision und rügt eine Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
7
|
Er beantragt, das Urteil des FG
Münster vom 27.4.2012 4 K 3589/09 E und die
Einspruchsentscheidung des FA vom 18.9.2009 aufzuheben sowie den
Änderungsbescheid des FA vom 21.8.2009 dahingehend zu
ändern, dass die Einkommensteuer auf ... EUR herabgesetzt
wird.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zutreffend
entschieden, dass ein Wechsel der Bewertungsmethode für
dasselbe Fahrzeug innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht
möglich ist.
|
|
|
10
|
1. Überlässt der Arbeitgeber einem
Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch
zur privaten Nutzung, führt das nach der ständigen
Rechtsprechung des Senats zu einem als Lohnzufluss nach § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im
Streitjahr 2008 geltenden Fassung (EStG) zu erfassenden steuerbaren
Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers. Denn der Arbeitnehmer ist um den
Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung
aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung
des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart (vgl. zuletzt
Senatsurteile vom 13.12.2012 VI R 51/11, BFHE 240, 69, BStBl II
2013, 385 = SIS 13 06 44; vom 21.3.2013 VI R 31/10, BFHE 241, 167,
BStBl II 2013, 700 = SIS 13 18 29; VI R 42/12, BFHE 241, 180, BStBl
II 2013, 918 = SIS 13 18 30; jeweils m.w.N.).
|
|
|
11
|
a) Der Wert der privaten Nutzung ist nach
§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz
2 EStG mittels der 1 %-Regelung zu ermitteln. Nach § 8 Abs. 2
Satz 4 EStG kann der Wert nach den Sätzen 2 und 3,
nämlich der Wert der privaten Nutzung eines betrieblichen
Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten, statt mit der 1 %-Regelung aber
auch mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der
„gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen“ angesetzt
werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug „insgesamt
entstehenden Aufwendungen“ durch Belege und das
Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch
ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
|
|
|
12
|
aa) Der Begriff des ordnungsgemäßen
Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist zwar
gesetzlich nicht weiter bestimmt. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs hat ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch
aber sicherzustellen, dass der Nachweis des zu versteuernden
Privatanteils an der Gesamtfahrleistung eine hinreichende
Gewähr für dessen Vollständigkeit und Richtigkeit
bietet und mit vertretbarem Aufwand auf seine materielle
Richtigkeit hin überprüfbar ist. Deshalb muss ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener
Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen
oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar
zu machen sowie Datum, Fahrtziele und grundsätzlich auch die
jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder
jedenfalls den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung
aufführen (ständige Senatsrechtsprechung, zuletzt Urteile
vom 1.3.2012 VI R 33/10, BFHE 236, 497, BStBl II 2012, 505 = SIS 12 13 79; vom 13.11.2012 VI R 3/12,
BFH/NV 2013, 526 = SIS 13 06 93;
Schneider, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 1892; jeweils m.w.N.).
|
|
|
13
|
bb) Die Fahrtenbuchmethode ist indessen nicht
allein schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes
Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der
privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn
§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt weiter voraus, dass zum einen der
Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten
Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt wird und zum anderen, dass die
durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kraftfahrzeug
insgesamt entstehenden Aufwendungen umfassen. Die
Fahrtenbuchmethode gründet damit auf dem Zusammenspiel der
Gesamtfahrleistung durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig
dokumentierten Strecken einerseits und einer vollständigen
Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem
Ansatz der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen mittels
belegmäßiger Erfassung der durch das Kraftfahrzeug
insgesamt entstehenden Aufwendungen.
|
|
|
14
|
b) Angesichts dieser tatbestandlich
vorausgesetzten Berücksichtigung der gesamten
Fahrzeugaufwendungen sowie der aus der Ordnungsmäßigkeit
des Fahrtenbuchs folgenden Berücksichtigung der
Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs kann der Steuerpflichtige nur dann
statt der 1 %-Regelung die Fahrtenbuchmethode wählen, wenn er
das Fahrtenbuch mindestens für den gesamten
Veranlagungszeitraum führt, in dem er das Fahrzeug nutzt. Dies
entspricht auch der von der Literatur soweit ersichtlich
überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. Blümich/Glenk,
§ 8 EStG Rz 136 f.; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 8 Rz 448; Kister in
Herrmann/Heuer/ Raupach, § 8 EStG Rz 107; für den
gesamten Nutzungszeitraum Schmidt/Krüger, EStG, 33. Aufl.,
§ 8 Rz 54; a.A.: Paus, Steuerwarte 1996, 113; Steiner in
Lademann, EStG, § 8 EStG Rz 123), die sich im Wesentlichen
darauf stützt, dass allein schon aus
Praktikabilitätsgesichtspunkten ein unterjähriger
Methodenwechsel angesichts der aufzuteilenden Fixkosten
ausscheidet. Im Ergebnis lässt sich nur mit einer mindestens
den gesamten Veranlagungszeitraum einbeziehenden Betrachtungsweise
der zu versteuernde Privatanteil an der Gesamtfahrleistung nach
Maßgabe der insgesamt entstehenden Aufwendungen für das
Kraftfahrzeug belegen.
|
|
|
15
|
aa) Zutreffend weist das FG darauf hin, dass
dieser Auffassung § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. §
6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nicht entgegenstehen, auch wenn dort
jeweils auf den Kalendermonat bezogene Werte zu Grunde gelegt
werden, indem die 1 %-Regelung für jeden Kalendermonat 1 % des
inländischen Listenpreises ansetzt und die 0,03 %-Regelung
jeweils einen auf den Kalendermonat bezogenen Wertzuschlag
normiert. Denn der Monatsbezug regelt lediglich den
Zuflusszeitpunkt des Nutzungsvorteils. Der Nutzungsvorteil, der
schon in der Überlassung des Kraftfahrzeugs selbst
begründet ist (Senatsurteile in BFHE 241, 167, BStBl II 2013,
700 = SIS 13 18 29; in BFHE 241, 180, BStBl II 2013, 918 = SIS 13 18 30; jeweils m.w.N.), wird damit nicht einmalig mit dem gesamten
Wert im Zeitpunkt der Überlassung des Kraftfahrzeugs, sondern
zeitanteilig erfasst. Der Vorteil ist für Zwecke des
Lohnsteuerabzugs monatlich mit 1 % und nicht jährlich mit 12 %
oder dem noch höheren Wert des gesamten Zeitraums der
voraussichtlichen Nutzungsüberlassung anzusetzen.
|
|
|
16
|
bb) Der Senat verkennt dabei nicht, dass die 1
%-Regelung eine nur grob typisierende Regelung darstellt, die
alternativ zur Fahrtenbuchmethode hinzutritt. Sie ist jedoch gerade
im Hinblick auf dieses Wahlrecht trotz dieser grob typisierenden
Form als verfassungsrechtlich unbedenklich zu beurteilen
(Senatsurteil in BFHE 240, 69, BStBl II 2013, 385 = SIS 13 06 44,
m.w.N.). Denn einem Steuerpflichtigen bleibt es unbenommen, statt
der grob typisierenden 1 %-Regelung die Fahrtenbuchmethode von
vornherein zu wählen oder für den folgenden
Veranlagungszeitraum dazu überzugehen.
|
|
|
17
|
2. Nach Maßgabe dieser
Rechtsgrundsätze hat das FG im Ergebnis zutreffend die Klage
abgewiesen und den Arbeitslohn des Klägers aus der
Überlassung des Dienstwagens zur auch privaten Nutzung
für die Monate Mai bis Oktober 2008 zutreffend nach der 1
%-Regelung bewertet.
|