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Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb, Abschreibung auf Restnutzungsdauer und Wahlrecht zur AfA-Methode

Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb, Abschreibung auf Restnutzungsdauer und Wahlrecht zur AfA-Methode: Wird für den Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft eine positive Ergänzungsbilanz aufgestellt, sind die darin erfassten Anschaffungskosten so fortzuführen, dass der Gesellschafter soweit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgestellt wird. Deshalb sind AfA auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens vorzunehmen. Zugleich stehen dem Gesellschafter die Abschreibungswahlrechte zu, die auch ein Einzelunternehmer in Anspruch nehmen könnte, wenn er ein entsprechendes Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Anteilserwerbs angeschafft hätte. - Urt.; BFH 20.11.2014, IV R 1/11; SIS 15 00 70

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gesellschaften > Umwandlung, Einbringung, Verschmelzung
Fundstellen
  1. BFH 20.11.2014, IV R 1/11
    BStBl 2017 II S. 34
    DStR 2015 S. 283
    BFH/NV 2015 S. 409
    BFHE 248 S. 28

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 21.12.2016
    P.E. in BB 10/2015 S. 562
    jh in StuB 4/2015 S. 151
    B.P. in FR 12/2015 S. 548
    M.W. in FR 12/2015 S. 554
Normen
[EStG] § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1, § 7 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Satz 2, § 7 Abs. 3 Satz 1, § 7 Abs. 3 Satz 3
[UmwStG 1995] § 4 Abs. 6, § 24 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 20.10.2009, SIS 10 10 04, Ergänzungsbilanz, Gesellschafterwechsel, Personengesellschaft, Nutzungsdauer, Absetzung für Abnutzung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 7.12.2023, SIS 24 01 26, Kein Investitionsabzugsbetrag zugunsten des Erwerbers eines Anteils an einer Personengesellschaft: Für de...
  • BVerfG 28.11.2023, SIS 24 01 44, Ausschluss der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ...
  • BFH 5.9.2023, SIS 24 00 40, Notwendige Beiladung der Erben eines im Revisionsverfahren verstorbenen beizuladenden Gesellschafters: 1....
  • BFH 27.7.2023, SIS 23 15 28, Teilwert gemäß § 5 a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes a.F. als neue Bemessungsgrundlage der Absetzung f...
  • BFH 23.3.2023, SIS 23 08 70, Keine Auflösung der für die Altgesellschafter anlässlich des Eintritts eines Neugesellschafters gebildete...
  • BFH 3.5.2022, SIS 22 15 88, AfA-Berechtigung des Erwerbers nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Per...
  • BFH 16.12.2021, SIS 22 05 08, Ergänzungsbilanzgewinn als selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage, § 6 b EStG, Übertragung stiller...
  • FG Münster 26.3.2021, SIS 21 08 71, IAB bei beabsichtigter Anschaffung eines PersG-Anteils: Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetra...
  • BFH 17.12.2020, SIS 21 06 66, Teilwert gemäß § 5 a Abs. 6 EStG als neue AfA-Bemessungsgrundlage: Nach dem Wechsel von der Gewinnermittl...
  • BFH 8.9.2020, SIS 20 21 17, Doppelpräsidentschaft FG und OVG grundsätzlich zulässig: Die gleichzeitige Ernennung des Präsidenten eine...
  • BFH 29.10.2019, SIS 20 04 68, Bewertung der Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken im Privatvermögen, Anschaffungskost...
  • BFH 29.10.2019, SIS 20 05 32, Bewertung der Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken im Privatvermögen, Anschaffungskost...
  • Niedersächsisches FG 9.9.2019, SIS 19 20 73, Auflösung negativer Ergänzungsbilanzen, wenn ein Gesellschafter gegen Abfindung und unter Auflösung der f...
  • BFH 6.8.2019, SIS 19 16 59, Auflösung einer positiven Ergänzungsrechnung anlässlich der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils: ...
  • FG Rheinland-Pfalz 19.11.2018, SIS 18 21 95, AfA, Ergänzungsrechnung beim Eintritt in eine vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts: 1. D...
  • BFH 20.9.2018, SIS 18 19 19, Wirtschaftliches Eigentum an einem Mitunternehmeranteil, Gewinn aus der Veräußerung von Sonderbetriebsver...
  • BFH 9.5.2017, SIS 17 18 64, Vorzeitige Zahlung eines abgezinsten Kaufpreises für einen Mitunternehmeranteil: 1. Die Vereinbarung der ...
  • BFH 15.3.2017, SIS 17 15 90, Ergänzungsbilanz eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA bei die Einlage übersteigenden Ans...
  • FG Düsseldorf 1.3.2017, SIS 18 04 37, Verkehrswertermittlung im Ertragsteuerrecht, Anwendung des Ertragswertverfahrens bei Mietwohngrundstücken...
  • FG Düsseldorf 1.3.2017, SIS 18 04 38, Verkehrswertermittlung im Ertragsteuerrecht, Anwendung des Ertragswertverfahrens bei Mietwohngrundstücken...
  • BMF 19.12.2016, SIS 16 26 35, Absetzungen für Abnutzung eines in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierten Mehrwerts für e...
  • FG Hamburg 16.6.2016, SIS 17 03 05, Rückwechsel von der Tonnagebesteuerung zum Bestandsvergleich, Bemessung der weiteren AfA bis zum Ende der...
  • FG Hamburg 16.6.2016, SIS 16 17 99, Tonnagesteuer, Teilwert gem. § 5 a Abs. 6 EStG, Schrottwert: 1. Der bei einem Rückwechsel nach § 5 a Abs....
  • FG Hamburg 16.6.2016, SIS 16 18 02, Tonnagesteuer, Teilwert gem. § 5 a Abs. 6 EStG, Schrottwert: 1. Der bei einem Rückwechsel nach § 5 a Abs....
  • FG Hamburg 16.6.2016, SIS 16 20 94, Tonnagesteuer, Teilwert gem. § 5 a Abs. 6 EStG: 1. Der bei einem Rückwechsel nach § 5 a Abs. 6 EStG anzus...
  • Hessisches FG 31.5.2016, SIS 16 20 10, Ergänzungsbilanzen bei der Gewinnermittlung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA: 1. Der...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 16.12.2015, SIS 16 09 51, Land- und Forstwirte, ESt-Veranlagung 2014: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat eine ausführliche Verfügung z...
  • BFH 27.10.2015, SIS 16 01 48, Tilgung der Kaufpreisverpflichtung eines Neugesellschafters aus künftigen Gewinnen der Gesellschaft: 1. V...
Fachaufsätze
  • LIT 03 67 90 G. Wichmann, DStZ 16/2018 S. 584: Erstellung und Fortentwicklung der Ergänzungsbilanz - zugleich Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 20.11.2...
  • LIT 03 37 81 L.- O. Farwick, StuB 5/2017 S. 175: Berechnung der AfA anlässlich eines Gesellschafterwechsels bei einer Mitunternehmerschaft - Lit.; L.- O. ...
  • LIT 03 27 15 L.- O. Farwick, StuB 19/2016 S. 732: Fortführung und Auflösung der Ergänzungsbilanzen - Lit.; L.- O. Farwick, StuB 19/2016 S. 732; BFH v. 20.1...
  • LIT 03 03 15 P. Eckl, BB 10/2015 S. 562: Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb - Abschreibung auf Restnutzungsdauer und Wahlrecht zur AfA-Methode - B...
  • LIT 03 06 97 B. Paus, FR 12/2015 S. 548: Abschreibungen nach Erwerb eines Mitunternehmeranteils - Grenzen der Einheitstheorie - BFH-Urteil vom 20....
  • LIT 03 06 98 M. Wendt, FR 12/2015 S. 554: Ergänzungsbilanz bei Anteilserwerb: Abschreibung auf Restnutzungsdauer und Wahlrecht zur AfA-Methode - Ko...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine in Liquidation befindliche KG, deren Unternehmensgegenstand der Bau und Betrieb eines Containerschiffs war. Die Klägerin hatte das Schiff, welches im Wesentlichen ihr Gesamthandsvermögen bildete, 1985 erworben. Zunächst schrieb sie das Schiff degressiv ab, wechselte aber im Jahr 1993 zur linearen Abschreibung des Restbuchwerts auf der Grundlage einer Restnutzungsdauer von viereinhalb Jahren.

 

 

2

An der Klägerin war eine Vielzahl von Kommanditisten beteiligt. Vom 1.1.1992 bis zum 1.1.1995 erwarben die Beigeladenen zu 1. bis 3. und L Anteile von ausscheidenden Kommanditisten.

 

 

3

Da die Kaufpreise jeweils die Buchwerte der Kapitalkonten der ausscheidenden Gesellschafter überstiegen, erfasste die Klägerin die übersteigenden Beträge in den Ergänzungsbilanzen der Beigeladenen zu 1. bis 3. und des L als Mehrwerte gegenüber den in ihrer Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Wertansätzen für das von ihr betriebene Schiff. Diese Mehrwerte schrieb sie in den Ergänzungsbilanzen für die Streitjahre (1993 bis 1996) korrespondierend zu der Abschreibung des Schiffs in der Gesamthandsbilanz ab.

 

 

4

Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, zwar seien für die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte grundsätzlich die gleiche Abschreibungsmethode und die gleiche Restnutzungsdauer wie in der Gesamthandsbilanz zugrunde zu legen. Hiervon seien jedoch Ausnahmen geboten, nämlich etwa wenn die zu erwartende tatsächliche Restnutzungsdauer wesentlich länger sei als die Restnutzungsdauer, die sich aus der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Gesamtnutzungsdauer rein rechnerisch ergebe, und der gezahlte Mehrbetrag erheblich sei. Entsprechend sei vorliegend bei der Abschreibung der Mehrwerte jeweils die für ein gebraucht erworbenes Seeschiff geltende Restnutzungsdauer anzusetzen. Dementsprechend verteilte der Prüfer die vorhandenen Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen mit der Folge der Minderung der Abschreibungsbeträge auf eine Restnutzungsdauer von sechs bzw. fünf Jahren.

 

 

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) folgte dieser Auffassung und änderte die zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre entsprechend; zugleich hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg.

 

 

6

Mit in EFG 2010, 558 = SIS 10 10 04 veröffentlichtem Urteil gab das Finanzgericht (FG) der auf Berücksichtigung der ursprünglich jeweils angesetzten Restnutzungsdauer und somit auf Herabsetzung der Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb und entsprechende niedrigere Feststellung der Gewinne der Beigeladenen zu 1. bis 3. und des L für die Streitjahre gerichteten Klage statt. Ein in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierter Mehrwert eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens sei entsprechend der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Abschreibungsmethode und Restnutzungsdauer abzuschreiben.

 

 

7

Dagegen richtet sich die Revision des FA, die auf die Verletzung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) gestützt wird.

 

 

8

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil des Niedersächsischen FG vom 20.10.2009 8 K 323/05 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

10

Während des Revisionsverfahrens verstarb der bereits beigeladene L. Auf Ersuchen des Senats hat das Amtsgericht ... - Nachlassgericht - mit Beschluss vom 27.8.2014 festgestellt, dass ein anderer Erbe als der Fiskus ..., vertreten durch die Finanzbehörde ... (Beigeladener zu 4.), nicht vorhanden ist. Diese Behörde hat mit Schreiben vom 25.9.2014 erklärt, sie werde das Verfahren nicht aufnehmen. Das FA hat nach Hinweis auf § 239 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorsorglich beantragt, die vorgenannte Behörde zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens zu laden.

 

 

11

II. Der Senat ist durch den Tod des L nicht daran gehindert, in der Sache zu entscheiden. Zwar war dadurch das Verfahren zunächst nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 239 Abs. 1 ZPO bis zur Aufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen. Der Beigeladene zu 4. als Rechtsnachfolger hat erklärt, das Verfahren nicht aufnehmen zu wollen. Allerdings ist der Rechtsnachfolger zur Aufnahme des Rechtsstreits verpflichtet, wenn der Gegner - wie im Streitfall das FA - nach § 239 Abs. 2 ZPO den Antrag stellt, ihn zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache zu laden (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 239 Rz 16). Das Verfahren nach § 239 Abs. 2 ZPO dient dabei dazu, aufzuklären, wer Rechtsnachfolger nach dem verstorbenen Prozessbeteiligten geworden ist. Steht - wie im Streitfall durch den Beschluss des Nachlassgerichts - schon fest, wer Rechtsnachfolger geworden ist, und erklärt der Rechtsnachfolger - wie im Streitfall - bereits vor der Ladung zur mündlichen Verhandlung, er werde das Verfahren nicht aufnehmen, so ist ein Antrag gemäß § 239 Abs. 2 ZPO nicht erforderlich. Denn der Rechtsnachfolger ist zur Aufnahme des Verfahrens verpflichtet, wie sich aus § 239 Abs. 5 ZPO ergibt. Des besonderen Verfahrens nach § 239 Abs. 2 ZPO bedarf es in einem solchen Fall nicht. Vielmehr kann ohne besonderen Hinweis auf § 239 Abs. 2 ZPO zur mündlichen Verhandlung geladen werden. Erscheint der ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladene Rechtsnachfolger dann nicht zum Termin, so kann das Gericht - wie geschehen - in der Sache entscheiden.

 

 

12

III. Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen FG-Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

 

 

13

Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte des abnutzbaren Wirtschaftsguts „Containerschiff“ entsprechend der in der Gesamthandsbilanz der Klägerin zugrunde gelegten (Rest-)Nutzungsdauer und Abschreibungsmethode abzuschreiben waren. Vielmehr war in den Ergänzungsbilanzen auf der Grundlage der Restnutzungsdauer im Zeitpunkt des Anteilserwerbs abzuschreiben. Außerdem stand jedem Anteilserwerber das Recht zur Wahl der Abschreibungsmethode zu. Das FG hat aufgrund der von ihm vertretenen Rechtsansicht folgerichtig noch keine Feststellungen zur Nutzungsdauer getroffen.

 

 

14

1. Der entgeltliche Erwerb eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft ist einkommensteuerrechtlich nicht als Erwerb des Gesellschaftsanteils als Wirtschaftsgut, sondern als Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern zu werten (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. u.a. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.2.1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691 = SIS 91 08 21; BFH-Urteile vom 12.12.1996 IV R 77/93, BFHE 183, 379, BStBl II 1998, 180 = SIS 98 01 18, und vom 6.5.2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261 = SIS 10 19 12). Beim Erwerb eines Gesellschaftsanteils gegen Zahlung eines Entgelts, das den Betrag des übergehenden Kapitalkontos übersteigt, wird nach ständiger Rechtsprechung des BFH vermutet, dass das Entgelt auf stille Reserven in Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens entfällt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12.6.1975 IV R 129/71, BFHE 116, 335, BStBl II 1975, 807 = SIS 75 04 66; vom 18.2.1993 IV R 40/92, BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224 = SIS 93 19 20). Nur wenn und soweit feststeht, dass stille Reserven oder nicht bilanzierte Wirtschaftsgüter nicht vorhanden sind, kommt ggf. ein sofortiger Betriebsausgabenabzug in Betracht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 116, 335, BStBl II 1975, 807 = SIS 75 04 66; in BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224 = SIS 93 19 20).

 

 

15

2. Soweit danach das über das übergehende Kapitalkonto hinaus geleistete Entgelt auf zum Gesellschaftsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter entfällt, entstehen dem Erwerber des Gesellschaftsanteils Anschaffungskosten für die betreffenden Güter, die über die in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesenen und anteilig auf die Gesellschafter entfallenden Anschaffungs- und Herstellungskosten der Gesellschaft hinausgehen. Diese sind in einer von der Gesellschaft aufzustellenden Ergänzungsbilanz für den Anteilserwerber auszuweisen.

 

 

16

a) Subjekt der Einkommensbesteuerung ist nicht die Personengesellschaft selbst, sondern die Gesellschafter unterliegen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit ihren Anteilen am Gewinn der Personengesellschaft der Einkommensteuer (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08). Dabei wird vorausgesetzt, dass die Gesellschafter Mitunternehmer des Betriebs der Personengesellschaft sind. Aus der Gleichstellung des Mitunternehmers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit dem Einzelunternehmer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat der BFH gefolgert, dass die Besteuerung des Mitunternehmers soweit wie möglich der des Einzelunternehmers angenähert werden muss.

 

 

17

b) Der Erwerb eines Mitunternehmeranteils ist im Einkommensteuerrecht grundsätzlich nicht anders zu behandeln als der Erwerb eines Einzelunternehmens. Dies bedeutet, dass der Kaufpreis für den Mitunternehmeranteil Ausgangspunkt für den in der Folge vom Gesellschafter erzielten Gewinn ist, wie das auch für den Erwerber eines Einzelunternehmens zutrifft. Da der Erwerber eines Mitunternehmeranteils aber die bestehenden Vermögensrechte aus der Beteiligung und damit auch das Kapitalkonto seines Vorgängers übernimmt, lässt sich der Anschaffungspreis des Erwerbers für seinen Anteil am Reinvermögen der Personengesellschaft nur darstellen, indem in einer für ihn aufzustellenden Ergänzungsbilanz das Kapitalkonto des Veräußerers in der Gesellschaftsbilanz auf den Anschaffungspreis berichtigt wird (BFH-Urteil vom 21.4.1994 IV R 70/92, BFHE 174, 413, BStBl II 1994, 745 = SIS 94 21 26). Ergebnisse aus einer Ergänzungsbilanz führen im Interesse einer zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters zu einer Korrektur des Gewinnanteils, der sich aus der Gesellschaftsbilanz ergibt. Die in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Beträge stellen Korrekturen zu den Wertansätzen in der Steuerbilanz der Personengesellschaft für die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens dar (BFH-Urteil vom 28.9.1995 IV R 57/94, BFHE 179, 84, BStBl II 1996, 68 = SIS 96 05 18, m.w.N.).

 

 

18

3. In der Ergänzungsbilanz erfasste Anschaffungskosten des Anteilserwerbers sind so fortzuführen, dass der Gesellschafter soweit wie möglich einem Einzelunternehmer, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind, gleichgestellt wird. Deshalb sind Absetzungen für Abnutzung (AfA) auf die im Zeitpunkt des Anteilserwerbs geltende Restnutzungsdauer eines abnutzbaren Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens vorzunehmen. Zugleich stehen dem Gesellschafter die Abschreibungswahlrechte zu, die auch ein Einzelunternehmer in Anspruch nehmen könnte, wenn er ein entsprechendes Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Anteilserwerbs angeschafft hätte.

 

 

19

a) Im Hinblick auf den Zweck der Ergänzungsbilanz, den Mitunternehmer möglichst einem Einzelunternehmer gleichzustellen, kann die Auflösung der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Anschaffungskosten nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig sein, sondern muss die steuerlichen Verhältnisse in der Person des Mitunternehmers berücksichtigen. Der Senat folgt nicht der im Schrifttum vertretenen Meinung, der Grundsatz der Einheitlichkeit der Gesellschaftsbilanz erfasse auch die Ergänzungsbilanz mit der Folge, dass AfA für dieselbe Restnutzungsdauer und nach derselben Methode vorzunehmen seien wie in der Gesellschaftsbilanz (so etwa Blümich/Bode, § 15 EStG Rz 556a; Dreissig, BB 1990, 958, 959; Ley, Kölner Steuerdialog 1992, Nr. 11, 9152, 9160; anderer Ansicht aber z.B. Regniet, Ergänzungsbilanzen bei der Personengesellschaft, S. 180; Niehus, Steuer und Wirtschaft 2002, 116, 119 ff.; Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 15 Rz 465 in Bezug auf die Restnutzungsdauer; Reiß in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 15 Rz 251; derselbe in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15 Rz E 251; Tiede in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 505).

 

 

20

b) Die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung steht den dargelegten Grundsätzen nicht entgegen.

 

 

21

aa) Der Senat hat zwar bereits entschieden, dass Auf- und Abstockungen in der Ergänzungsbilanz mit dem Verbrauch der korrespondierenden Wirtschaftsgüter korrespondierend aufzulösen sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 84, BStBl II 1996, 68 = SIS 96 05 18). Dieses Urteil enthält aber keine Aussage dazu, welche Restnutzungsdauer bezogen auf die in einer Ergänzungsbilanz auszuweisenden Mehrwerte anzusetzen ist bzw. ob die AfA-Methode neu gewählt werden kann.

 

 

22

bb) Für den Fall negativer Ergänzungsbilanzen nach § 24 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 1995 hat der BFH wiederholt entschieden, die Auflösung der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Korrekturposten habe korrespondierend zur Veränderung der Buchwerte in der Gesamthandsbilanz zu erfolgen (BFH-Urteile in BFHE 179, 84, BStBl II 1996, 68 = SIS 96 05 18; vom 6.7.1999 VIII R 17/95, BFH/NV 2000, 34 = SIS 00 50 26). Diese Beurteilung lässt sich allerdings schon deshalb nicht auf die im Streitfall relevante Fortführung positiver Ergänzungsbilanzen übertragen, weil die Auflösung des Korrekturpostens bei der negativen Ergänzungsbilanz dazu dient, ein für den betreffenden Gesellschafter zu hohes Abschreibungspotential, das sich aus den - gemessen an den tatsächlichen Anschaffungskosten des Gesellschafters zu hohen - Buchwerten in der Gesellschaftsbilanz ergibt, zu neutralisieren. Der Fall der Fortführung eines positiven Korrekturpostens liegt deshalb anders, weil es dort gerade darum geht, den vom betreffenden Gesellschafter gegenüber dem Kapitalkonto aufgewendeten Mehrbetrag in der Höhe auszuweisen, in dem er zum jeweiligen Bilanzstichtag noch in dessen Vermögen vorhanden ist (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 28.10.2003 1 K 595/00, DStRE 2005, 376 = SIS 04 33 64).

 

 

23

cc) Soweit der erkennende Senat schließlich für den Fall, dass eine GmbH in eine KG umgewandelt wird und dabei die Wertansätze der nach § 7 Abs. 1 EStG abzuschreibenden Wirtschaftsgüter aufgrund eines Übernahmeverlusts nach § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 aufgestockt werden, entschieden hat, dass die Restnutzungsdauer dieser Wirtschaftsgüter neu zu schätzen ist (BFH-Urteil vom 29.11.2007 IV R 73/02, BFHE 220, 70, BStBl II 2008, 407 = SIS 08 13 68), liegt ebenfalls kein dem Streitfall vergleichbarer Sachverhalt vor. Denn das UmwStG 1995 enthält für den Fall, dass übergegangene Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der Körperschaft gemäß § 3 UmwStG 1995 aufgestockt wurden (Zwischen- oder Teilwertansatz), in § 4 Abs. 3 UmwStG 1995 die (positive) Aussage, dass die AfA bei der Personengesellschaft in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 EStG nach der bisherigen Bemessungsgrundlage, in allen anderen Fällen aber nach dem Buchwert, jeweils vermehrt um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der einzelnen Wirtschaftsgüter und dem Wert, mit dem die Körperschaft die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz angesetzt hat, zu bemessen sind. Zwar hat der Senat zur letztgenannten Regelung eine gesetzliche Regelungslücke angenommen. Das ändert aber nichts daran, dass das UmwStG 1995 eine unmittelbare Anknüpfung an § 7 EStG enthält.

 

 

24

c) Entsprechend ist im Streitfall die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer i.S. des § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG des Wirtschaftsguts „Containerschiff“ in den Ergänzungsbilanzen nach den Grundsätzen zu bestimmen, die für den Erwerb eines gebrauchten Seeschiffs gelten. Nach welcher Methode die AfA zu berechnen ist, hängt davon ab, ob der Anteilserwerber eine andere als die lineare Abschreibungsmethode nach § 7 Abs. 1 EStG wählen kann und ob ein ggf. bestehendes Wahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit der Veranlagung ausgeübt wird (vgl. hierzu etwa BFH-Urteil vom 30.8.2001 IV R 30/99, BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49 = SIS 02 02 45).

 

 

25

4. Da das FG im angefochtenen Urteil von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und war deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Das FG wird dadurch in die Lage versetzt, die noch erforderlichen Feststellungen zur Nutzungsdauer des Schiffs zu treffen und Gelegenheit zur - in der mündlichen Verhandlung vor dem BFH angekündigten - Ausübung eines ggf. bestehenden Wahlrechts in Bezug auf die Abschreibungsmethode zu geben.