Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Kindergeld, Fahrtaufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, Berufsfachschule als regelmäßige Arbeitsstätte, private Lerngemeinschaft keine regelmäßige Arbeitsstätte

Kindergeld, Fahrtaufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, Berufsfachschule als regelmäßige Arbeitsstätte, private Lerngemeinschaft keine regelmäßige Arbeitsstätte: 1. Besucht ein Auszubildender im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses, aus dem er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, eine Berufsfachschule, deren Träger sein Arbeitgeber ist und die sich auf dem selben Gelände wie der Ausbildungsbetrieb befindet, ist nicht nur der Ausbildungsbetrieb, sondern auch die Berufsfachschule regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG in der bis Ende 2013 geltenden Fassung. - 2. Besucht ein Auszubildender, der sich in einem Ausbildungsdienstverhältnis befindet, eine private Lerngemeinschaft, die in der Wohnung eines anderen Auszubildenden stattfindet, handelt es sich dabei auch dann nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte des Auszubildenden, wenn sich die Wohnung des anderen Auszubildenden in einem auf dem Betriebsgelände liegenden Wohnheim des Arbeitgebers befindet. - Urt.; BFH 10.4.2014, III R 35/13; SIS 14 18 38

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Fortbildung
Fundstellen
  1. BFH 10.04.2014, III R 35/13
    BStBl 2014 II S. 1011
    BFH/NV 2014 S. 1286
    DStR 2014 S. 1487
    BFHE 245 S. 207

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 7.11.2014
    Wd in DStR 30/2014 S. 1490
    R.G. in BFH/PR 9/2014 S. 310
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Nürnberg, 15.05.2013, SIS 13 24 15, Kindergeld, Grenzbetrag, Werbungskosten, Fahrtkosten
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 13.7.2016, SIS 16 25 63, Ausbildungsdienststelle als regelmäßige Arbeitsstätte: Ist ein Auszubildender im Rahmen eines Ausbildungs...
  • FG Münster 20.4.2016, SIS 16 12 87, Ausbildungsschule einer Lehramtsreferendarin: Die Ausbildungsschule einer Lehramtsreferendarin stellt den...
  • BFH 17.3.2015, SIS 15 10 90, Nichtzulassungsbeschwerde, Zeitpunkt der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage: 1. Maßgeblich für die K...
  • BFH 5.2.2015, SIS 15 15 14, Fahrtkosten eines Kindes wegen Fachschule und Praktikum: 1. Die Abzugsbegrenzung für Wegekosten zwischen ...
  • BFH 5.2.2015, SIS 15 13 47, Fahrtkosten eines nebenberuflich studierenden Kindes, Gegenrüge des Revisionsbeklagten: 1. Fahrtkosten zw...
  • FG Düsseldorf 19.11.2014, SIS 15 04 96, Kindergeld, Regelmäßige Arbeitsstätte bei Kommissaranwärtern: Ist im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhäl...
  • Thüringer FG 18.3.2014, SIS 14 31 60, Regelmäßige Arbeitsstätte bei einer Vollzeitlehre im dualen System liegt im Ausbildungsbetrieb, Zimmer im...
  • Thüringer FG 27.2.2014, SIS 14 31 59, Regelmäßige Arbeitsstätte eines Finanzanwärters befindet sich im FA: 1. Im Rahmen der Ausbildung für den ...
Fachaufsätze
  • LIT 02 94 51 Wd, DStR 30/2014 S. 1490: Fahrtaufwendungen im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses - Berufsfachschule als regelmäßige Arbeitsstät...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist der Vater seiner im Mai 1989 geborenen Tochter (T). T befand sich in der Zeit vom 1.10.2009 bis 30.9.2012 in einem dualen Berufsausbildungsverhältnis. Der praktische Teil der Ausbildung fand in den Räumen des Klinikums statt, mit dem der Ausbildungsvertrag geschlossen wurde. Der theoretische Teil der Ausbildung wurde in der Berufsfachschule vermittelt. Diese befindet sich schräg gegenüber den Klinikgebäuden auf der anderen Seite der Straße in ca. 200 m Entfernung.

 

 

2

T bezog im Streitzeitraum Januar bis Dezember 2011 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 12.368,84 EUR. Ferner erhielt T steuerfreie Bezüge in Höhe von 284,99 EUR. Ihre Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung betrugen 2.551,03 EUR. T fuhr im Streitzeitraum an 143 Tagen zum Klinikum, an 77 Tagen zur Berufsfachschule und an 15 Tagen zu einer Lerngemeinschaft. Die Lerngemeinschaft wurde im Wohnheim des Klinikums durchgeführt, das sich in derselben Straße wie das Klinikum befindet. Die Entfernung zwischen der Wohnung der T und allen drei Ausbildungsorten beträgt jeweils 23 km.

 

 

3

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte den Antrag des Klägers auf Kindergeldfestsetzung für T mit Bescheid vom 5.9.2012 mit der Begründung ab, dass die Einkünfte und Bezüge der T im Jahr 2011 über dem maßgeblichen Grenzbetrag von 8.004 EUR gelegen hätten. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 18.9.2012 als unbegründet zurück. Hierbei setzte es die Fahrten zum Klinikum und zur Berufsfachschule mit der Entfernungspauschale von 0,30 EUR an.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in EFG 2013, 1599 = SIS 13 24 15 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.

 

 

5

Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Familienkasse unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 5.9.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.9.2012 und des hierzu ergangenen FG-Urteils zu verpflichten, Kindergeld für seine Tochter für den Zeitraum Januar bis Dezember 2011 festzusetzen.

 

 

7

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Einkünfte und Bezüge der T haben den Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in der für das Streitjahr 2011 geltenden Fassung) in Höhe von 8.004 EUR überschritten.

 

 

9

Für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und sich in Ausbildung befindet, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur, wenn das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 8.004 EUR im Kalenderjahr hat. Der Begriff der Einkünfte entspricht dem in § 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 22.10.2009 III R 101/07, BFH/NV 2010, 200 = SIS 10 01 40, und vom 20.12.2012 III R 33/12, BFHE 240, 107, BStBl II 2013, 1035 = SIS 13 08 42).

 

 

10

a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass T im Streitzeitraum Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) bezog. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellen sowohl Vergütungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, welches der Ausbildung des betreffenden Leistungsempfängers dient, als auch Ausbildungsvergütungen aus einem privatrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnis steuerrechtlich Arbeitslohn dar (s. im Einzelnen BFH-Urteil vom 18.7.1985 VI R 93/80, BFHE 144, 237, BStBl II 1985, 644 = SIS 85 20 26, m.w.N.). T befand sich in einem privatrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnis.

 

 

11

b) Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen, die objektiv durch die berufliche Tätigkeit veranlasst sind und die subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Voraussetzungen können auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein (BFH-Urteil vom 27.10.2011 VI R 52/10, BFHE 235, 444, BStBl II 2012, 825 = SIS 11 39 73). Zu den Werbungskosten können auch Fahrtkosten gehören. Sie sind grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen, soweit der Arbeitnehmer nicht von der in H 9.5 des Amtlichen Lohnsteuerhandbuchs 2011 vorgesehenen Pauschale (0,30 EUR je Fahrtkilometer) Gebrauch macht. Fahrtkosten sind jedoch nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur nach den Regeln über die Entfernungspauschale zu berücksichtigen, soweit es sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte handelt. In diesem Fall sind pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte grundsätzlich 0,30 EUR anzusetzen (z.B. BFH-Urteile vom 9.2.2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234 = SIS 12 07 86, und vom 18.9.2012 VI R 65/11, BFH/NV 2013, 517 = SIS 13 06 87).

 

 

12

Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist (nur) der (ortsgebundene) Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat (BFH-Urteil vom 9.6.2011 VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38 = SIS 11 27 14, m.w.N.). Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (BFH-Urteil in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38 = SIS 11 27 14, m.w.N). Eine vom Arbeitnehmer besuchte arbeitgeberfremde Bildungseinrichtung stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne dar (BFH-Urteile in BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234 = SIS 12 07 86; vom 9.2.2012 VI R 42/11, BFHE 236, 439, BStBl II 2013, 236 = SIS 12 07 85; Senatsurteil vom 22.11.2012 III R 64/11, BFHE 239, 355, BStBl II 2013, 914 = SIS 13 02 21). Entsprechend kann auch eine Ausbildungsstätte im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei beruflichen Lehrgängen, Ausbildungsverhältnissen, Abordnungen oder Fortbildungsmaßnahmen den Charakter einer regelmäßigen Arbeitsstätte haben, wenn es sich um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und der Arbeitnehmer diese dauerhaft, d.h. über einen längeren Zeitraum aufsucht (Bergkemper in Herrmann/ Heuer/Raupach - HHR -, § 9 EStG Rz 453). Eine andere Beurteilung kommt nur in Betracht, wenn eine berufliche Bildungsmaßnahme außerhalb eines Dienstverhältnisses durchgeführt wird (Bergkemper in HHR, § 9 EStG Rz 453).

 

 

13

c) Im Streitfall ist das FG hinsichtlich der Fahrten zwischen der Wohnung der T und dem Ausbildungsbetrieb (Klinikum) zu Recht davon ausgegangen, dass hierfür die Entfernungspauschale anzusetzen ist. Denn der Ausbildungsbetrieb stellt eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers der T dar, der T durch ihren Ausbildungsvertrag zugeordnet war und in der sie über einen längeren Zeitraum - jedenfalls die gesamte Dauer ihres Ausbildungsverhältnisses - fortdauernd und immer wieder ihre durch den Ausbildungscharakter geprägte berufliche Leistung gegenüber ihrem Arbeitgeber zu erbringen hatte (BFH-Urteil in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38 = SIS 11 27 14, m.w.N.). Die Ausbildung im Klinikum bildete auch den Kern des gesamten Ausbildungsverhältnisses, so dass sich der Ausbildungsbetrieb als ortsgebundener Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der T darstellte (s. hierzu BFH-Urteil in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38 = SIS 11 27 14, m.w.N.).

 

 

14

d) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 27.2.2014 III R 60/13 = SIS 14 13 87 (zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - nichts anderes aus den Urteilen des VI. Senats des BFH vom 16.1.2013 VI R 14/12 (BFHE 240, 125, BStBl II 2013, 449 = SIS 13 08 45) und in BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234 = SIS 12 07 86. Den bezeichneten Urteilen lagen Sachverhalte zugrunde, die mit der vorliegend zu entscheidenden Fallkonstellation nicht vergleichbar sind.

 

 

15

aa) Die erstgenannte Entscheidung behandelte Fahrtaufwendungen eines Studenten, der ein Fachstudium durchführte, welches zwei praktische Studiensemester in einem Betrieb umfasste. Hier kam der BFH zu dem Ergebnis, dass die Fahrten zum Betrieb keine solchen zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte darstellen, weil die Hochschule während der praktischen Studiensemester wegen des fortbestehenden Studentenstatus Mittelpunkt der Tätigkeit bleibt. Ausdrücklich wies der BFH darauf hin, dass sich das streitgegenständliche Hochschulstudium von einem herkömmlichen Ausbildungsverhältnis, in dessen Rahmen der Steuerpflichtige bereits Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, unterscheidet.

 

 

16

bb) In dem zweiten Fall war die Frage zu entscheiden, ob eine Steuerpflichtige, die bereits ein Studium abgeschlossen hatte, Fahrtkosten zur Hochschule, die im Rahmen eines später begonnenen weiteren Studiums angefallen waren, als vorab entstandene Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen konnte. Insoweit stellte der BFH zum einen darauf ab, dass solche außerhalb eines Arbeitsverhältnisses stattfindende Bildungsmaßnahmen regelmäßig vorübergehend und nicht auf Dauer angelegt sind und der Arbeitnehmer typischerweise nicht die Möglichkeit hat, durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und ggf. durch eine entsprechende Wohnsitznahme seine Wegekosten gering zu halten. Zum anderen wies er darauf hin, dass eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur im Rahmen bezahlter Arbeit in Betracht kommt.

 

 

17

cc) Demgegenüber fand im Streitfall die Ausbildung in einem herkömmlichen Ausbildungsverhältnis statt, in dessen Rahmen T bereits Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte. Zudem ist ein der betrieblichen Ausbildung dienendes Arbeitsverhältnis - wie das, in dem sich T befand - auch nicht typischerweise vorübergehend, weil es sich häufig nach Ausbildungsende in einem regulären Arbeitsverhältnis im selben Betrieb fortsetzt.

 

 

18

dd) Im Übrigen hat der VI. Senat dem zeitlichen Umfang einer Tätigkeit und dem Umstand, dass es sich um eine befristete Tätigkeit handelt, dann maßgebliche Bedeutung beigemessen, wenn eine Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit am bisherigen Tätigkeitsmittelpunkt und einer - insbesondere nach einer Versetzung oder Abordnung stattfindenden - Tätigkeit an einem neuen Tätigkeitsort vorzunehmen war (BFH-Urteile vom 8.8.2013 VI R 27/12, BFH/NV 2014, 308 = SIS 14 03 79; VI R 72/12, BFHE 242, 358, BStBl II 2014, 68 = SIS 13 31 08, und VI R 59/12, BFHE 242, 354, BStBl II 2014, 66 = SIS 13 31 07). Diese Abgrenzung lässt sich hingegen nicht auf die sich hiervon unterscheidende Frage übertragen, ob ein Ausbildungsdienstverhältnis allein deshalb als nicht dauerhaft anzusehen ist, weil es üblicherweise auf zwei bis vier Jahre befristet ist. Der erkennende Senat kann § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung keinen Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass ein Auszubildender im Ausbildungsbetrieb nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte hat, obwohl er diesem Ausbildungsbetrieb für die gesamte Ausbildungszeit zugewiesen ist, dort für mehrere Jahre immer wieder tätig wird und seine für das Ausbildungsverhältnis zentralen Leistungen erbringt. Auch nach neuem Recht (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013, BGBl I 2013, 285) ist von einer dauerhaften Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte u.a. dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer „für die Dauer des Dienstverhältnisses“ an dieser Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

 

 

19

e) Zu Recht hat das FG auch die Fahrten von der Wohnung der T zur Berufsfachschule mit der Entfernungspauschale angesetzt.

 

 

20

Zum einen stellt die Berufsfachschule eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers der T dar, der T zugeordnet war. Denn nach den Feststellungen des FG war der Arbeitgeber der T zugleich der Träger der Berufsfachschule. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Fällen, in denen der Auszubildende z.B. neben der Ausbildung bei einem privaten Arbeitgeber eine staatliche Berufsschule zu besuchen hat.

 

 

21

Zum anderen war die Berufsfachschule auch in örtlicher Hinsicht Teil der regelmäßigen Arbeitsstätte der T. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass ein größeres, räumlich geschlossenes Gebiet als regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in Betracht kommt, wenn es sich um ein zusammenhängendes Gelände des Arbeitgebers handelt, auf dem der Arbeitnehmer auf Dauer und mit einer gewissen Nachhaltigkeit tätig wird (BFH-Urteil vom 18.6.2009 VI R 61/06, BFHE 226, 59, BStBl II 2010, 564 = SIS 09 29 89, m.w.N.). So liegen die Verhältnisse im Streitfall. Denn die Berufsfachschule befindet sich nach den weiteren Feststellungen des FG schräg gegenüber den Klinikgebäuden auf der anderen Seite der Straße und damit innerhalb des größeren, räumlich geschlossenen Klinikgeländes. Die Berufsfachschule war daher auch keine weitere Tätigkeitsstätte der T, sondern zusammen mit der Klinik der ortsgebundene Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Ohne weiteres konnte sich die T daher auch auf die immer gleichen Wege zur praktischen und theoretischen Ausbildung im Klinikgelände einstellen.

 

 

22

f) Zu Unrecht hat das FG hingegen die Fahrten von der Wohnung der T zum Wohnheim des Klinikums nur mit der Entfernungspauschale angesetzt, denn hierbei handelte es sich um Fahrten zu einer arbeitgeberfremden Bildungseinrichtung.

 

 

23

T nahm in der in dem Wohnheim des Klinikums befindlichen Wohnung einer anderen Auszubildenden an einer Lerngemeinschaft teil. Hierbei handelte es sich nicht um eine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung in einer arbeitgebereigenen Bildungseinrichtung, sondern um eine - nach den Feststellungen des FG - zwar beruflich veranlasste, aber außerhalb des Dienstverhältnisses durchgeführte Veranstaltung in der privaten Wohnung ihrer Ausbildungskollegin. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass sich das Wohnheim ebenfalls auf dem Klinikgelände befindet. Denn für die Qualifizierung als regelmäßige Arbeitsstätte kommt es nicht allein darauf an, dass immer wieder derselbe geographische Ort aufgesucht wird. Vielmehr fordert der Begriff der „Arbeitsstätte“ auch, dass es sich bei der an dem betreffenden Ort durchgeführten Tätigkeit um eine im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erbrachte Leistung handelt. Die Lerngemeinschaften fanden indessen ohne Aufforderung oder Weisung des Arbeitgebers und damit außerhalb von dessen Direktions- bzw. Zuordnungsrecht statt. Vielmehr konnte T im Rahmen der häuslichen Vor- und Nachbereitung des Ausbildungsstoffes selbst entscheiden, welche Aufwendungen sie für zweckmäßig erachtete.

 

 

24

g) Da sich auch unter Berücksichtigung einer Verdoppelung der für die private Lerngemeinschaft angesetzten Fahrtkosten (103,50 EUR) Einkünfte der T (8.300,46 EUR ./. 103,50 EUR = 8.196,96 EUR) ergeben, die den gesetzlichen Grenzbetrag (8.004,00 EUR) überschreiten, erfolgte die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung im Ergebnis zu Recht.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Durch das ab 2014 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl 2013 I S. 285) wurde der Begriff „regelmäßige Arbeitsstätte“ durch das Merkmal „erste Tätigkeitsstätte“ ersetzt (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG n.F.), das ist die dauerhafte Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F.). Von einer dauerhaften Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte ist u.a. dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer „für die Dauer des Dienstverhältnisses“ an dieser Tätigkeitsstätte tätig werden soll (§ 9 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F.). Bei einem Ausbildungsdienstverhältnis ist demnach der Ausbildungsbetrieb stets erste Tätigkeitsstätte, auch wenn das Ausbildungsdienstverhältnis regelmäßig befristet ist.

Nach der Neuregelung gilt als erste Tätigkeitsstätte auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zweck eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Auch hier ist nur der Abzug der Entfernungspauschale möglich. Anders ist es jedoch, wenn die Bildungseinrichtung (voll- oder teilzeitig) innerhalb eines Dienstverhältnisses aufgesucht wird. Das dürfte allerdings nicht gelten, wenn die Bildungseinrichtung im örtlichen Bereich der ersten Tätigkeitsstätte liegt.