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Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Leistungen an Mitglieder einer Seniorenwohngemeinschaft

Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Leistungen an Mitglieder einer Seniorenwohngemeinschaft: Vermietungsleistungen und individuell angepasste Pflegeleistungen, die ein Unternehmer aufgrund getrennter Verträge gegenüber Senioren im Rahmen einer Seniorenwohngemeinschaft erbringt, sind umsatzsteuerrechtlich nicht als einheitliche (steuerpflichtige) Leistung zu qualifizieren, sondern unterliegen als eigenständige, selbständige Leistungen der gesonderten Beurteilung. - Urt.; BFH 4.5.2011, XI R 35/10; SIS 11 24 25

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 04.05.2011, XI R 35/10
    BStBl 2011 II S. 836
    DStR 2011 S. 1421
    LEXinform 0928062

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 14.9.2011
    -/- in NWB 31/2011 S. 2606
    jh in StuB 17/2011 S. 686
    M.V. in BFH/PR 10/2011 S. 388
    H.F.L. in HFR 9/2011 S. 1022
    St.G.R. in HFR 9/2011 S. 1027
Normen
[FGO] § 104 Abs. 2
[InsO] § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2
[ZPO] § 240, § 249 Abs. 3
[UStG 1999] § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 4 Nr. 16 Buchst. e
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 19.08.2010, SIS 10 41 60, Einheitliche Leistung, Steuerbefreiung, Seniorenwohnanlage, Vermietung, Pflegeleistungen, Betreuungsleistungen
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 7.11.2023, SIS 24 01 07, Überlassung von Kühlräumen und Kühlzellen zur Aufbewahrung von Leichen, die Überlassung von Räumlichkeite...
  • FG Hamburg 17.5.2022, SIS 22 10 16, Steuerfreie Vermietung von Zimmern an Prostituierte in sogenannten Steigen: 1. Eine steuerfreie Vermietun...
  • BFH 21.4.2022, SIS 22 12 70, Keine Steuerfreiheit der Umsätze aus dem Betrieb einer Cafeteria eines Altersheims: Betreibt ein Altershe...
  • BFH 24.2.2021, SIS 21 14 37, Zur kurzzeitigen Überlassung von möblierten Wohnungen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in einem s...
  • FG Rheinland-Pfalz 18.9.2019, SIS 19 19 85, Entgeltliche Überlassung eines Dorfgemeinschaftshauses für private Feiern und an einen Musikverein als um...
  • FG Münster 4.7.2019, SIS 19 14 47, Wohnraumüberlassung an Prostituierte zur Ausübung der Prostitution: Die Steuerbefreiung greift bei einer ...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 29.1.2019, SIS 19 01 34, Umsatzsteuerfreiheit bei Leistungen, welche im Rahmen des Betriebs einer Seniorenwohnanlage auf Basis ver...
  • FG Münster 29.1.2019, SIS 19 04 51, Frage der Steuerbefreiung der Entgelte für Überlassung einer Trauerhalle, sog. Abschiedsräumen und Leiche...
  • BFH 10.10.2018, SIS 18 16 80, Insolvenzeröffnung vor Zustellung des Revisionsurteils: 1. Ein Urteil, das in Unkenntnis der Eröffnung de...
  • FG Baden-Württemberg 7.12.2017, SIS 18 05 46, Mit weiteren Dienstleistungen verbundene Vermietung von Zimmern an Prostituierte für Zwecke der Prostitut...
  • Niedersächsisches FG 4.7.2017, SIS 18 03 38, Betreutes Wohnen, umsatzsteuerliche Behandlung von gesondert vereinbarten Dienstleistungen: 1. Nach höchs...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • FG Berlin-Brandenburg 14.1.2015, SIS 15 06 91, Die umsatzsteuerfreien Leistungen einer Einrichtung zur ambulanten Pflege umfassen auch die Verpflegungsu...
  • BFH 17.12.2014, SIS 15 04 04, Überlassung möblierter Zimmer an Prostituierte: Die entgeltliche Überlassung möblierter Zimmer an Prostit...
  • Niedersächsisches FG 13.2.2014, SIS 14 29 39, Umsatzsteuerpflicht der Verpachtung von Einrichtungsgegenständen eines Seniorenwohnheims: 1. Die Umsätze ...
  • BMF 12.12.2013, SIS 13 34 37, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2013: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • BFH 13.11.2013, SIS 14 00 08, Zur umsatzsteuerfreien Kreditgewährung im Rahmen eines "Public-Private-Partnership-Projekts": 1. Erbringt...
  • FG Hamburg 25.10.2013, SIS 14 03 12, Vermietung von Praxisräumen: Die Vermietung von Praxisräumen sowie die Verpachtung von Praxisinventar kön...
  • BFH 5.9.2013, SIS 14 03 82, Kindergeldberechtigung eines unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen: 1. Der Einkommensteuerbescheid des ...
  • BFH 28.5.2013, SIS 14 04 58, Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Zurverfügungstellung eines Grundstücks zu ökologischen Ausglei...
  • BFH 20.3.2013, SIS 13 14 74, Kein Kindergeldanspruch aus den Vorschriften des Titels II der VO Nr. 1408/71: Die Vorschriften des Titel...
  • OFD Karlsruhe 15.1.2013, SIS 13 11 33, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 29.8.2012, SIS 13 04 59, Im Unternehmenskaufvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot als Umsatz im Rahmen einer Geschäftsveräußerung...
  • OFD Karlsruhe 28.2.2012, SIS 12 28 12, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...

 

1

I. Der Kläger betrieb seit 1997 selbständig einen ambulanten Pflegedienst mit Namen „V“ in M.

 

 

2

Im März 2004 eröffnete er in F in einem von ihm 2003 erworbenen und behindertengerecht umgebauten Einfamilienhaus eine Seniorenwohngemeinschaft, die hauptsächlich für demenzkranke Menschen gedacht war. Das Gebäude verfügte über eine Gesamtwohnfläche von mehr als 340 qm mit sieben einzeln vermietbaren Zimmern und verschiedenen Gemeinschaftsräumen, u.a. Wohnzimmer und Küche. Der Kläger warb damit, dass das gesamte Jahr über täglich eine 24-stündige Betreuung und eine umfangreiche hauswirtschaftliche Hilfe geleistet sowie, wenn nötig, gute Pflege und eine Begleitung bei den Aktivitäten angeboten werde. Die Kosten für Pflege, Hauswirtschaft und Betreuung würden bei Pflegebedürftigkeit ganz oder teilweise von der Kranken- und Pflegeversicherung getragen. Kosten für Miete, Nebenkosten und Verpflegung gingen dagegen zu Lasten der Bewohner.

 

 

3

Nach Fertigstellung des Umbaus schloss der Kläger mit sieben Senioren jeweils einen Mietvertrag über ein ausschließlich eigengenutztes Zimmer und im Einzelnen benannte Gemeinschaftsräume wie Wohnzimmer, Küche, Garten usw. Außerdem schloss er mit den Senioren jeweils entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen eine schriftliche „Pflegevereinbarung“ ab; darin wurden auch bestimmte Betreuungs- und Verpflegungsleistungen vereinbart. Eine rechtliche Verknüpfung zwischen dem Mietvertrag und der Pflegevereinbarung bestand nicht. Eine Anerkennung bzw. Anzeige der Einrichtung als Heim im Sinne des Heimgesetzes (HeimG) lag nicht vor.

 

 

4

Die Kosten der vom Kläger gegenüber den Senioren in der Wohngemeinschaft F in den Jahren 2004 bis 2006 (Streitjahre) neben den Vermietungs-, Betreuungs- und Verpflegungsleistungen erbrachten Pflegeleistungen - Behandlungspflege als häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch sowie Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nach § 37 des Sozialgesetzbuchs Elftes Buch - wurden in der überwiegenden Zahl der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe getragen.

 

 

5

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) ging im Anschluss an eine Außenprüfung und eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung davon aus, dass für die gegenüber den Senioren in der Wohngemeinschaft F erbrachten und vom Kläger als umsatzsteuerfrei angesehenen Leistungen weder die Steuerbefreiung für Wohnraumvermietung (§ 4 Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes 1999 - UStG - ) noch die Befreiung für ambulante Pflegedienstumsätze (§ 4 Nr. 16 Buchst. e UStG) anwendbar sei. Es handele sich bei der vom Kläger erbrachten Tätigkeit um eine einheitliche Leistung eigener Art, die aus den Elementen der Wohnraumüberlassung, der Haushaltsführung und der Pflegeleistung bestehe. § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG sei nicht einschlägig, da die Einrichtung kein nach dem HeimG anerkanntes Heim sei.

 

 

6

Das FA unterwarf dementsprechend in den Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2004 bis 2006 vom 6.12.2007 die vom Kläger in der Wohngemeinschaft F erzielten Mieterlöse, die Zahlungen der Patienten für Verpflegung und Betreuung sowie die von den Krankenkassen übernommenen Beträge für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung dem Regelsteuersatz und beließ nur - was unstreitig ist - die Umsätze aus der (medizinischen) Behandlungspflege gemäß § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei.

 

 

7

Dagegen behandelte das FA die Leistungen, die der Kläger gegenüber den Senioren in einer weiteren im Jahr 2006 in W eröffneten Wohngemeinschaft erbracht hatte, bei der aber den Senioren die Räume nicht vom Kläger, sondern von der R-GmbH zur Verfügung gestellt worden waren, (insgesamt) als umsatzsteuerfrei.

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 26.6.2009) erhobenen Klage überwiegend statt (vgl. EFG 2011, 591 = SIS 10 41 60). Es führte zur Begründung aus, der Kläger habe mit der Vermietung der Räume an Senioren und den ambulanten Pflegeleistungen jeweils umsatzsteuerfreie Hauptleistungen sowie umsatzsteuerpflichtige Betreuungs- und Verpflegungsleistungen erbracht. Bei diesen Leistungen handele es sich jeweils um eigenständige, selbständige Leistungen und nicht um eine einheitliche Leistung eigener Art. Die Vermietungsumsätze seien nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und die Pflegeumsätze seien gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG als Umsätze einer Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen umsatzsteuerfrei. Hinsichtlich der Betreuung und Verpflegung der Senioren greife dagegen keine Steuerbefreiung ein.

 

 

9

Nach der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 19.8.2010 und vor Zustellung des Urteils gemäß § 104 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Beteiligten am 13.9.2010 war am 1.9.2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter (Revisionsbeklagter) nahm auf Anfrage des FG den Rechtsstreit zwecks Bekanntgabe des Urteils auf. Daraufhin wurde ihm das Urteil vom 19.8.2010 am 12.10.2010 zugestellt.

 

 

10

Das FA rügt mit seiner vom FG zugelassenen Revision, die Vorentscheidung sei unter Verstoß gegen § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht wirksam zugestellt worden, weil die vom Insolvenzverwalter gegenüber dem FG erklärte Aufnahme des Verfahrens erst nach - seinerzeit noch ausstehender - Anmeldung der streitigen Forderung zur Insolvenztabelle hätte erfolgen dürfen (Hinweis auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30.9.2004 IV B 42/03, BFH/NV 2005, 365 = SIS 05 12 52).

 

 

11

In materiell-rechtlicher Hinsicht macht das FA geltend, die Vorentscheidung verletze § 3 Abs. 9 UStG. Das FG habe zwar die Grundsätze hinsichtlich der Frage, ob mehrere Leistungen umsatzsteuerrechtlich als getrennt zu betrachtende selbständige Leistungen oder als einheitliche Leistung zu beurteilen sind, zutreffend dargelegt. Es habe aber im Streitfall zu Unrecht entscheidend darauf abgestellt, dass die Leistungen in getrennten Verträgen mit jeweils gesonderten Entgeltregelungen vereinbart worden seien, ohne die Interessenlage der Beteiligten zu erforschen und zu würdigen. Im Streitfall sei für die dementen Bewohner die Koppelung von Unterbringung, Haushaltsführung, Aufsicht, Pflege und medizinischer Versorgung von entscheidender Bedeutung gewesen. Diese gleichberechtigt nebeneinander stehenden Bestandteile seien derart miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Einheit gebildet hätten. Es handele sich um eine Leistung besonderer Art, für die eine Steuerbefreiung nicht in Betracht komme.

 

 

12

Das FA hat den Rechtsstreit gemäß § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 der Insolvenzordnung aufgenommen.

 

 

13

Es beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufheben und die Klage abzuweisen.

 

 

14

Der Revisionsbeklagte hält die Ausführungen des FG für zutreffend. Er hat keinen Antrag gestellt.

 

 

15

II. Die Revision des FA ist zulässig, aber unbegründet.

 

 

16

A. Die Revision ist zulässig. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers am 1.9.2010 wurde zwar das zu diesem Zeitpunkt mangels Zustellung des Urteils (§ 104 Abs. 2 FGO) noch nicht abgeschlossene Klageverfahren nach § 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen. Gleichwohl war die Einlegung der Revision durch das FA wirksam (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.3.1990 III ZB 39/89, BGHZ 111, 104).

 

 

17

B. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

 

 

18

I. Entgegen der Auffassung des FA wurde das Urteil des FG wirksam erlassen und bekanntgemacht.

 

 

19

Denn nach § 249 Abs. 3 ZPO wird die Verkündung der aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu erlassenden Entscheidung nicht durch die nach dem Schluss dieser Verhandlung eintretende Unterbrechung gehindert. Diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, wenn das Gericht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet und die Entscheidung zuzustellen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 28.2.1991 V R 117/85, BFHE 163, 410, BStBl II 1991, 466 = SIS 91 14 90). Dasselbe gilt, wenn im Zeitpunkt der Unterbrechung des Verfahrens - wie hier am 1.9.2010 - keine Fristen mehr liefen und keine Prozesshandlungen zur wirksamen Wahrnehmung der Interessen des Beteiligten mehr erforderlich waren (vgl. BFH-Beschluss vom 21.11.2002 VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485 = SIS 03 17 78).

 

 

20

Insofern unterscheidet sich der Streitfall von dem Sachverhalt, der dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 365 = SIS 05 12 52 zugrunde lag. Dort war die Unterbrechung des Verfahrens vor der mündlichen Verhandlung eingetreten.

 

 

21

II. Die Entscheidung des FG, der (damalige) Kläger habe mit der Vermietung der Räume an Senioren und den von den Kassen erstatteten ambulanten Pflegeleistungen (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) jeweils umsatzsteuerfreie Hauptleistungen erbracht, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.

 

 

22

1. Die langfristige Vermietung möblierter Räume ist nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 21/08, BFH/NV 2010, 473 = SIS 10 06 14).

 

 

23

Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG ferner u.a. die mit dem Betrieb der Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, wenn - wie im Streitfall - im vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 30.7.2008 XI R 61/07, BFHE 222, 134, BStBl II 2009, 68 = SIS 08 39 08).

 

 

24

2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass diese Vorschriften, deren Voraussetzungen unstreitig vorliegen, anwendbar sind. Seine Beurteilung, im Streitfall eine einheitliche Leistung zu verneinen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

25

a) Das FG hat seiner Entscheidung - wie das FA einräumt - die maßgeblichen Abgrenzungsgrundsätze für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind, zugrunde gelegt (vgl. dazu z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 11.6.2009 Rs. C-572/07 - RLRE Tellmer Property -, Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, DStR 2009, 1260 = SIS 09 21 09, Rz 17 ff.; BFH-Urteile vom 17.4.2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712 = SIS 08 36 15, unter II.2.b, m.w.N.; vom 25.6.2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239 = SIS 09 26 35, unter II.2.b; vom 10.2.2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109 = SIS 10 06 47, unter II.3.a).

 

 

26

b) Das FG hat davon ausgehend in nicht zu beanstandender Weise entschieden, bei der Überlassung des Wohnraums und den Pflegeleistungen handele es sich jeweils um Hauptleistungen, die gesonderten Zwecken gedient hätten.

 

 

27

Hierzu hat es zutreffend u.a. ausgeführt, die Leistungen hätten zwar insofern in einem Zusammenhang gestanden, dass der Kläger beide Leistungen erbracht und diese in einem für die Leistungsempfänger vorteilhaften räumlichen und organisatorischen Zusammenhang angeboten habe. Es könne jedoch dahingestellt bleiben, ob die Senioren faktisch alle vom Kläger angebotenen Leistungen in Anspruch genommen hätten. Rechtlich seien über beide Leistungen - Miete und ambulante Pflege - gesonderte Verträge abgeschlossen worden, die keine Verknüpfungen der Leistungen enthalten hätten. Beide Leistungen hätten wesentlich unterschiedliche Leistungen zum Gegenstand und seien klar voneinander getrennt. Die Mieter seien nicht verpflichtet gewesen, auch die Pflege- oder andere Leistungen des Klägers in Anspruch zu nehmen. Besonders deutlich werde dies an den unterschiedlichen Kündigungsfristen. Ferner sei das Entgelt jeweils ausschließlich auf den jeweiligen Leistungsgegenstand bezogen gewesen und habe in keiner Abhängigkeit oder Verbindung zu dem jeweils anderen Entgelt gestanden. Maßgeblich sei insofern die vertragliche Trennung mit gesonderten Entgeltvereinbarungen. Dies folge auch aus dem Urteil des EuGH - RLRE Tellmer Property - in Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, DStR 2009, 1260 = SIS 09 21 09, wonach bei Anwendung von Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern die Vermietung eines Grundstücks und die Dienstleistung der Reinigung seiner Gemeinschaftsräume als selbständige, voneinander trennbare Umsätze anzusehen seien, so dass die Reinigung nicht steuerfrei sei, was insbesondere darauf beruhe, dass für die Reinigungsleistung eine eigenständige Preisvereinbarung vorgelegen habe.

 

 

28

Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des FG, nach den festgestellten tatsächlichen Verhältnissen sei das Wohnen der Mieter Hauptzweck der Mietleistung und nicht gegenüber den Pflegeleistungen von untergeordneter Bedeutung.

 

 

29

c) Aus diesen zutreffenden Ausführungen des FG folgt, dass die Vermietungsleistung und die Pflegeleistungen jeweils als eigenständige, selbständige Leistungen zu betrachten sind und weder im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung standen (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1712 = SIS 08 36 15, unter II.3.) noch so eng miteinander verbunden waren, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bildeten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteile vom 27.10.2005 Rs. C-41/04 - Levob -, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38 = SIS 06 02 01, Rz 22 bis 25; vom 29.3.2007 Rs. C-111/05 - Aktiebolaget NN -, Slg. 2007, I-2697, BFH/NV Beilage 2007, 293 = SIS 07 14 87, Rz 23 bis 26; vom 19.11.2009 Rs. C-461/08 - Don Bosco -, Slg. 2009, I-11079, BFH/NV 2010, 144 = SIS 10 02 39, Rz 38 bis 41).

 

 

30

d) Soweit das FA einwendet, das FG habe im Streitfall zu Unrecht entscheidend auf die vertragliche Trennung der Leistung mit gesonderten Entgeltvereinbarungen abgestellt, steht die vom FG vorgenommene Mitberücksichtigung der Vertragsgestaltung im Einklang mit dem von ihm insoweit herangezogenen EuGH-Urteil - RLRE Tellmer Property -, Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, DStR 2009, 1260 = SIS 09 21 09.

 

 

31

e) Soweit das FA ferner geltend macht, für die dementen Bewohner sei die Koppelung von Unterbringung, Haushaltsführung, Aufsicht, Pflege und medizinischer Versorgung von entscheidender Bedeutung gewesen, diese gleichberechtigt nebeneinander stehenden Bestandteile seien derart miteinander verbunden, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Einheit gebildet hätten, greift es lediglich die nach den Umständen des Streitfalls und rechtlich nicht zu beanstandende Würdigung des FG an.

 

 

32

Revisionsrechtlich beachtliche Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze hat das FA damit nicht vorgebracht (vgl. auch BFH-Urteile vom 24.1.2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60 = SIS 08 14 79, unter II.2.c bb; in BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239 = SIS 09 26 35, unter II.3.c).