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Billigkeitsmaßnahmen bei unternehmerbezogenen Sanierungen

Billigkeitsmaßnahmen bei unternehmerbezogenen Sanierungen: Billigkeitsmaßnahmen nach den Vorgaben des BMF-Schreibens vom 27.3.2003, IV A 6 - S 2140 - 8/03 (BStBl 2003 I S. 240 = SIS 03 19 23) sind in Fällen von unternehmerbezogenen Sanierungen nicht möglich. - Urt.; BFH 14.7.2010, X R 34/08; SIS 10 22 93

Kapitel:
Verschiedenes > Billigkeitsmaßnahmen
Fundstellen
  1. BFH 14.07.2010, X R 34/08
    BStBl 2010 II S. 916
    BB 2010 S. 2606
    LEXinform 0179404

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 13.10.2010
    -/- in NWB 36/2010 S. 2854
    G.K. in DStR 36/2010 S. VI
    jh in StuB 18/2010 S. 721
    Th.W. in BB 43/2010 S. 2612
    H.J.K. in FR 23/2010 S. 1104
    J.F. in BFH/PR 12/2010 S. 500
    KAM in Stbg 4/2011 S. M 15
Normen
[AO 1977] § 227
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • nach: 2 BvR 2583/10 (BVerfG), Erlass, Unternehmerbezogene Sanierung, Billigkeit, Verwaltung
  • vor: FG Köln, 24.04.2008, SIS 08 33 93, Erlass, Sachliche Unbilligkeit, Sanierungsgewinn, Ermessen
Zitiert in... / geändert durch...
  • Hessisches FG 21.3.2022, SIS 24 04 30, Vorsteuerberichtigung und keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei einem steuerbefreiten Verkauf eines ve...
  • BFH 18.11.2021, SIS 22 05 82, Inanspruchnahme des Versicherungsnehmers als Steuerschuldner: 1. Das VersStG schließt eine Inanspruchnahm...
  • FG Münster 15.9.2021, SIS 21 19 12, Entnahme eines Grundstücks aus einem Verpachtungsbetrieb auf Grund der Bestellung eines Erbbaurechts: 1. ...
  • FG Berlin-Brandenburg 10.12.2020, SIS 21 03 83, Erlass von 50 % der entstandenen Säumniszuschläge bei nicht zeitnaher oder zwar zeitnaher, aber nicht ant...
  • FG Münster 17.9.2020, SIS 20 15 93, Nichtberücksichtigung einer Wertminderung im Zuzugsstaat i.S. von § 6 Abs. 6 Satz 1 AStG: 1. § 6 Abs. 6 S...
  • BFH 22.11.2018, SIS 18 22 28, Keine Übertragung einer Rücklage nach § 6 b EStG ohne Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten...
  • OVG Sachsen 5.11.2018, SIS 19 11 31, Gewerbesteuererlass, persönliche und sachliche Unbilligkeit, Sanierungsgewinn, Sanierungserlass: Es entsp...
  • BFH 8.5.2018, SIS 18 08 49, Keine Berücksichtigung des sog. Sanierungserlasses im finanzgerichtlichen Verfahren: 1. Die BMF-Schreiben...
  • FG Nürnberg 20.9.2017, SIS 17 23 35, Voraussetzungen für den Verzicht auf Festsetzung von Aussetzungszinsen zur Einkommensteuer: 1. Unter dem ...
  • OFD Niedersachsen 12.7.2017, SIS 17 16 38, Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen, abweichende Steuerfestsetzung, Steuerstundung und St...
  • BFH 23.2.2017, SIS 17 08 59, Erlass von Steuern aus Billigkeitsgründen: Begehrt ein Steuerpflichtiger, der an mehreren Personengesells...
  • FG Köln 9.12.2016, SIS 17 04 66, Erlass von Säumniszuschlägen nach Stundungswegfall: Nach dem Wegfall des Stundungsgrundes gemäß § 25 Abs....
  • FG Köln 9.12.2016, SIS 17 04 67, Erlass von Säumniszuschlägen nach Stundungswegfall: Nach dem Wegfall des Stundungsgrundes gemäß § 25 Abs....
  • FG Hamburg 7.12.2016, SIS 17 03 13, Keine Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 a GewStG, Hinzurechnung und Versteuerung in ...
  • BFH 28.11.2016, SIS 16 28 03, Steuererlass aus Billigkeitsgründen nach dem sog. Sanierungserlass des BMF: Mit dem unter den Voraussetzu...
  • FG Düsseldorf 28.10.2016, SIS 17 01 46, Abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen, Beteiligungskorrekturgewinn aus Verschmelzung, Wegfall de...
  • Sächsisches FG 13.7.2016, SIS 16 17 86, Anspruch auf Erlass der Einkommensteuer für einen aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft herrü...
  • OFD Niedersachsen 25.4.2016, SIS 16 17 63, Sanierungsgewinne, Steuerstundung, Steuererlass: Die OFD Niedersachsen hat ihre Verfügung zu Steuerstundu...
  • FG Münster 17.2.2016, SIS 16 08 45, Übertragung eines verpachteten Landwirtschaftsbetriebs auf mehrere Erwerber: Bei ruhender landwirtschaftl...
  • Niedersächsisches FG 16.9.2015, SIS 15 29 43, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen: 1. Zu den Gründen der sachlichen Unbilligkeit der F...
  • FG Hamburg 5.6.2015, SIS 15 20 06, Zahlungen aufgrund schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs an nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Empfän...
  • FG Hamburg 27.5.2015, SIS 15 20 03, Auslegung von Verwaltungsanweisungen durch das Gericht, Erlass von Säumniszuschlägen zur Grunderwerbsteue...
  • BFH 25.3.2015, SIS 15 12 88, Forderungserlass nach dem sog. Sanierungserlass: Dem Großen Senat wird folgende Rechtsfrage zur Entscheid...
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  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 14.11.2013, SIS 14 06 73, Zulässigkeit der Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen nach dem BMF-Schreiben vom 27.3.2003: 1. Das B...
  • FG Köln 6.11.2013, SIS 14 02 66, Berechnung des steuerfreien Veräußerungsgewinns nach BVerfG, Veräußerungskosten sind aufzuteilen: Erfolgt...
  • OFD Niedersachsen 19.6.2013, SIS 13 23 32, Sanierungsgewinne, Steuerstundung, Steuererlass: Die OFD Niedersachsen hat ihre Verfügung zu Steuerstundu...
  • FG Hamburg 17.5.2013, SIS 13 21 25, Abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit bei Entfallen der Bindungswirkung einer verbi...
  • Sächsisches FG 24.4.2013, SIS 13 29 30, Keine Rechtsgrundlage für die Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen im Billigkeitsweg mehr: Da der Ge...
  • Sächsisches FG 14.3.2013, SIS 14 06 29, Grundsätzlich keine Befugnis der Verwaltung zur Steuerfreistellung von Sanierungsgewinnen nach dem BMF-Sc...
  • BFH 21.8.2012, SIS 12 32 75, Verlustabzugsverbot sachlich unbillig: Es ist sachlich unbillig, den Verlust aus der Veräußerung einer be...
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  • OFD Niedersachsen 29.6.2012, SIS 12 30 96, Sanierungsgewinne, Steuerstundung, Steuererlass: Die OFD Niedersachsen hat ihre Verfügung zu Steuerstundu...
  • FinMin Schleswig-Holstein 17.4.2012, SIS 12 16 23, Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen: Im Hinblick auf die Einstellung des Revisionsverfahr...
  • BFH 28.2.2012, SIS 12 15 75, Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen: Es ist zweifelhaft, ob die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen d...
  • FG Hamburg 22.2.2012, SIS 12 15 05, Grunderwerbsteuer, Rückgängigmachung i.S. des § 16 Abs. 1 GrEStG bei Vorliegen eines gesetzlichen Rücktri...
  • Niedersächsisches FG 31.1.2012, SIS 12 18 47, Sanierungsgewinn, Erlassbegehren aus Billigkeitsgründen: 1. Nach der Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. ...
  • Niedersächsisches FG 2.1.2012, SIS 12 05 45, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, Mindestbesteuerung nach § 10 d Abs. 2 EStG als sach...
  • BFH 24.8.2011, SIS 12 00 07, Unbilligkeit wegen behördlichen Fehlverhaltens: Eine abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbil...
  • OFD Niedersachsen 27.6.2011, SIS 11 36 15, Sanierungsgewinne, Steuerstundung, Steuererlass: Die OFD Niedersachsen hat ihre Verfügung zu Steuerstundu...
  • BFH 8.6.2011, SIS 11 32 89, Kein Billigkeitserlass bei Verzicht von Gläubigern auf erst künftig entstehende Ansprüche: Verzichten Glä...
  • Hessisches FG 3.5.2011, SIS 11 40 87, Verwendung von steuerbefreitem vergälltem Alkohol im Herstellungsprozess: 1. Ist die Erlaubnis zum steuer...
  • OVG Niedersachsen 1.4.2011, SIS 11 26 87, Antrag auf Steuererlass im Vollstreckungsverfahren: Hat der Vollstreckungsschuldner einen Antrag auf Steu...
  • FG Düsseldorf 16.3.2011, SIS 11 25 14, Zuständigkeit für abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages nach § 163 AO, Rechtmäßigkeit des...
  • FG Hamburg 25.1.2011, SIS 11 14 61, Marktordnungsrecht, Möglichkeit zur Bestimmung des abrechnenden Käufers durch den Milcherzeuger: 1. Milch...
  • BFH 3.11.2010, SIS 11 01 12, Grundsätzliche Bedeutung bei ausgelaufenem Recht: Betrifft eine Rechtsfrage ausgelaufenes Recht, kommt ih...
  • FG Münster 29.10.2010, SIS 11 07 95, Erlass einer Darlehensschuld: Die Steuer auf einen durch Erlass einer Darlehensschuld bei einer Handelsve...
  • BFH 19.10.2010, SIS 11 06 56, Fehler im Veranlagungsverfahren rechtfertigen keinen Erlass: 1. Ein Erlass dient nicht dazu, die Folgen s...
  • FinMin Schleswig-Holstein 14.10.2010, SIS 11 06 18, Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen: Zur Anwendung des BMF-Schreibens vom 27.3.2003 (BStB...
  • OFD Niedersachsen 29.9.2010, SIS 10 42 53, Sanierungsgewinne, Steuerstundung und Steuererlass, Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis: Die OFD ...
  • FG Berlin-Brandenburg 20.9.2010, SIS 10 37 66, Personengesellschaft kann keine Aussetzung der Vollziehung im Hinblick auf das Vorliegen eines Sanierungs...
  • BFH 26.8.2010, SIS 10 33 11, Sog. Mindestbesteuerung bei endgültigem Ausschluss der Verlustverrechnung ernstlich zweifelhaft: Es ist e...
Fachaufsätze
  • LIT 02 06 78 Th. Wagner, BB 43/2010 S. 2612: Steuerstundung und Steuererlass geboten - BB-Kommentar zum BFH-Urteil vom 14.7.2010, X R 34/08 (BB 2010 S...

 

1

A. Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) haben 1984 zusammen mit R als Miteigentümer das Grundstück E in K sowie 1988 das Grundstück „Haus L“ in B erworben. Sie gründeten für jedes Objekt eine GbR, bauten die Objekte als Tagungshotels um und führten dort gegen Entgelt verschiedenste Aus- und Fortbildungsmaßnahmen durch.

 

 

2

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) stellte die Einkünfte der beiden GbR jeweils einheitlich und gesondert fest und veranlagte die Kläger gemeinsam zur Einkommensteuer. Seit 1990 erwirtschaftete die L-GbR durchgehend Verluste. Dies führte bei der Einkommensteuer der Kläger zu Verlustvorträgen.

 

 

3

Das Haus L wurde 1995 unter Fortführung des Gewerbebetriebs verpachtet. Das Objekt E wurde 1996/1997 veräußert. Diese GbR wurde aufgelöst. Nach Beendigung ihrer aktiven Tätigkeit in den beiden GbR führten die Kläger Teile des Angebots im eigenen Namen weiter. Mit den daraus erzielten Einnahmen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie Gewinnen aus der Auflösung der E-GbR wurde der Verlustvortrag verrechnet. Ende 1997 verblieb den Klägern ein Verlustvortrag in Höhe von 72.905 DM.

 

 

4

1998 wurde die L-GbR aufgelöst und 1999 das Haus L zwangsversteigert. Die L-GbR war mit 2 Mio. DM bilanziell überschuldet. Hauptgläubiger waren die Volksbank R und die Eheleute C, die Erwerb und Umbau des Objekts Haus L finanziert hatten. Von den 4 Mio. DM Verbindlichkeiten konnten 1,4 Mio. DM durch den Versteigerungserlös getilgt werden. Der Versteigerungserlös unterschritt den Buchwert des Grundstücks (1,9 Mio. DM) deutlich. In der Folgezeit schlossen die Kläger und R mit den beiden Hauptgläubigern der L-GbR Vergleichsvereinbarungen. Danach sollten mit der Zahlung bestimmter Beträge alle Ansprüche abgegolten sein. Im Ergebnis wurden von den 4.044.473 DM Verbindlichkeiten 2.268.194 DM gezahlt bzw. von anderen Gläubigern weiterhin kreditiert. Die restlichen 1.776.279 DM haben die Gläubiger der L-GbR Anfang 2002 erlassen (§ 397 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ). Den Beteiligungsquoten an der L-GbR entsprechend entfallen hiervon 15,5 % (= 275.323,25 DM) auf den Kläger und 35,5 % (= 630.579,29 DM) auf die Klägerin.

 

 

5

Mit Schriftsätzen vom 9. November, 14. und 30.12.2004 beantragten die Kläger, die Einkommensteuer für die Streitjahre 1998 bis 2002 zu erlassen, soweit darin ein Sanierungsgewinn enthalten sei. Das FA lehnte den Antrag ab.

 

 

6

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat mit in EFG 2008, 1555 = SIS 08 33 93 veröffentlichtem Urteil erkannt, die Ablehnung des FA, die Einkommensteuer 1998 zu erlassen, sei rechtswidrig i.S. des § 102 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Für die Jahre 1999 bis 2002 habe das FA ermessensfehlerfrei entschieden, dass die Voraussetzungen eines Erlasses (§ 227 der Abgabenordnung - AO - ) wegen sachlicher Unbilligkeit nicht gegeben seien.

 

 

7

Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

 

 

8

Im erstinstanzlichen Verfahren sei auch streitig gewesen, ob die Frage des Erlasses des Sanierungsgewinns aus sachlichen Billigkeitsgründen im Rahmen der einheitlich und gesonderten Gewinnfeststellung der L-GbR oder auf der Ebene der Gesellschafter bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger zu entscheiden sei. Das FG habe - aus Sicht der Kläger zutreffend - erkannt, dass diese Frage im Streitfall zu klären sei. Es habe die Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 1998 abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Gegen das Urteil des FG vom 24.4.2008 6 K 2489/06 (EFG 2009, 811 = SIS 09 14 18) hätten die Kläger fristwahrend Nichtzulassungsbeschwerde erhoben (IV B 86/08).

 

 

9

Zutreffend sei das FG davon ausgegangen, dass auch nach Abschaffung des § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. Billigkeitsmaßnahmen bei unternehmerbezogenen Sanierungen ebenfalls erforderlich seien. Im Übrigen liege im Streitfall nach den Begriffsbestimmungen der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine unternehmer-, sondern eine unternehmensbezogene Sanierung vor. Daher sei das FA schon aufgrund des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.3.2003 IV A 6 - S 2140 - 8/03 (BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23) zum Erlass der auf dem Sanierungsgewinn beruhenden Einkommensteuer der Kläger verpflichtet. Der BFH gehe von einer unternehmerbezogenen Sanierung aus, wenn sich der Schuldner ins Privatleben zurückziehe, einen neuen Betrieb aufmache oder sich in ein unselbständiges Angestelltenverhältnis begebe. All diese Voraussetzungen würden auf die Kläger nicht zutreffen. Sie seien schon vor dem Schuldenerlass, während der Sanierung und schon Jahre vor der Sanierung neben ihrer Beteiligung an der L-GbR einzelunternehmerisch tätig gewesen. Der Schuldenerlass habe zum Erhalt der bereits bei Beginn der Sanierung vorhandenen Unternehmen der Kläger beigetragen. Diese Begriffsbestimmung sei vom BFH in jüngster Zeit (Senatsurteil vom 12.10.2005 X R 42/03, BFH/NV 2006, 715 = SIS 06 14 95) bestätigt worden.

 

 

10

Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass der Kläger Berufsbetreuer nach §§ 1896 ff. BGB sei und beide Kläger im Rahmen der Insolvenzberatung und der außergerichtlichen Schuldenbereinigung arbeiten würden. Entgegen der Behauptung des FA sei es ihnen daher nicht möglich, eine Restschuldbefreiung über ein Insolvenzverfahren zu erreichen, ohne ihre berufliche Existenz zu verlieren. Im Übrigen könnten nach dem BMF-Schreiben vom 22.12.2009 IV C 6 - S 2140/07/10001-01 (BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07) auch Sanierungsgewinne aus einer Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz erlassen werden. Rz 2 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 sei nicht anwendbar. Damit bestätige das BMF erstmals die Anwendbarkeit des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 auf unternehmerbezogene Sanierungen. Die Bevorzugung der Schuldner in einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren gegenüber denjenigen, die eine außergerichtliche Schuldenbereinigung erreichen würden, wäre ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 des Grundgesetzes - GG - ). Auch sei - wie das FG zutreffend ausgeführt habe - kein sachlicher Grund ersichtlich, die unternehmerbezogene Sanierung im Vergleich zur unternehmensbezogenen Sanierung nicht zu begünstigen. Solle nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 ein Sanierungsgewinn begünstigt werden, soweit keine Doppelbegünstigung durch die unbeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeit und die gleichzeitige Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns entstehe, müsse auch die unternehmerbezogene Sanierung zu einem Billigkeitserlass führen. Diese Auslegung entspreche zudem der Systematik des Einkommensteuerrechts, wonach nicht der Betrieb, sondern die natürliche Person Steuersubjekt sei.

 

 

11

Dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 sei nicht zu entnehmen, dass Verluste und Verlustvorträge zunächst mit dem ermäßigt besteuerten Sanierungsgewinn und nicht vorrangig mit positiven laufenden Einkünften zu verrechnen seien. Betrachte man die Begründung der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. und die Einführung von Billigkeitsmaßnahmen durch das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23, werde im Gegenteil deutlich, dass nur Verlustvorträge oder laufende Verluste, die nicht mit laufenden Einkünften verrechnet werden könnten, gegen einen Sanierungsgewinn zu verrechnen seien. § 3 Nr. 66 EStG a.F. sei nach der Gesetzesbegründung abgeschafft worden, weil zwischenzeitlich eine unbegrenzte Verlustverrechnungsmöglichkeit bestanden habe. Deshalb setze der Gesetzeszweck logisch und zwingend voraus, dass die Verlustverrechnungsmöglichkeit, die sich vor Entstehen des Sanierungsgewinns nur auf sonstige laufende Einkünfte des Steuerpflichtigen beziehen könne, fortbestehen müsse. Das FG habe daher den Verlustvortrag der Kläger in Höhe von 72.905 DM sowie die laufenden Verluste des Jahres 1998 zutreffend mit den sonstigen laufenden Einkünften der Kläger verrechnet.

 

 

12

Zu Unrecht habe das FG den Anspruch der Kläger auf Erlass der Einkommensteuer 1999 bis 2002 verneint. Werde nicht der gesamte im Jahr 1998 erzielte Sanierungsgewinn in vollem Umfang steuerfrei gestellt, wie es § 3 Nr. 66 EStG a.F. bis 1997 vorgesehen habe, komme es zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot und den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. seien Sanierungsgewinne weder mit laufenden Verlusten noch mit Verlustvorträgen zu verrechnen gewesen; vielmehr sei ein Sanierungsgewinn bei der Ermittlung der Einkünfte gänzlich unberücksichtigt geblieben. Der Sanierungsgewinn der Klägerin in Höhe von 630.579 DM und des Klägers in Höhe von 275.323 DM sei daher von dem im Einkommensteuerbescheid 1998 enthaltenen Veräußerungsgewinn abzuziehen. Einschließlich des laufenden Verlustes führe dies zu negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von 526.466 DM und des Klägers in Höhe von 229.866 DM. Der negative Gesamtbetrag der Einkünfte des Jahres 1998 betrage 607.228 DM und gemeinsam mit dem Verlustvortrag zum 31.12.1997 verbleibe zum 31.12.1998 ein Verlustvortrag in Höhe von 680.133 DM. Dieser Verlustvortrag führe in den Jahren 1999 bis 2002 zu einer Einkommensteuer von 0 DM.

 

 

13

Im Übrigen hätten die Kläger lange vor Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen der L-GbR verloren und Sanierungsverhandlungen mit den Gläubigern aufgenommen. Auch wenn mit der nachträglichen Verlängerung des zeitlichen Geltungsbereichs des § 3 Nr. 66 EStG a.F. auf das Jahr 1997 nicht mehr von einer echten Rückwirkung auszugehen sei, liege doch im Streitfall eine unzulässige unechte Rückwirkung vor. Das Vertrauen der Kläger sei schutzwürdig, weil die Sanierungsbemühungen vor der erstmaligen Veröffentlichung der Pläne des Gesetzgebers zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. begonnen hätten (so auch Kanzler in Hermann/Heuer/Raupach - HHR -, § 3 Nr. 66 EStG, Rz G 2, S. 3 unten, 191. Lieferung Januar 1998). Die L-GbR sei bereits 1995 überschuldet gewesen und die Gläubiger, die 2002 einen Teil der Verbindlichkeiten erlassen haben, hätten bereits 1995 die Zwangsverwaltung und -versteigerung beantragt.

 

 

14

Die Kläger beantragen, das FG-Urteil insoweit aufzuheben, als es die Klage hinsichtlich des Erlasses der Einkommensteuer 1999 bis 2002 abgewiesen hat und das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer der Kläger auch für diese Jahre in voller Höhe zu erlassen, hilfsweise das FA zu verpflichten, den Antrag auf Erlass der Einkommensteuer für 1999 bis 2002 aus sachlichen Billigkeitsgründen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden sowie die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

15

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben, soweit es das Streitjahr 1998 betrifft, und die Klage auch insoweit abzuweisen sowie die Revision der Kläger zurückzuweisen.

 

 

16

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von §§ 5, 227 AO und §§ 101, 102 FGO. Im Streitfall sei von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen. Nach der Entscheidung des BFH in BFH/NV 2006, 715 = SIS 06 14 95 liege eine solche vor, wenn u.a. dem Schuldner der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht werden soll. Die Fortführung eines bereits bestehenden weiteren Betriebs des/der Schuldner sei nicht anders zu beurteilen. Dies habe auch das FG zutreffend angenommen. Zu Unrecht habe es auf die unternehmerbezogene Sanierung jedoch die Kriterien des § 3 Nr. 66 EStG a.F. angewendet. Es habe übersehen, dass § 227 AO der Finanzbehörde ein Ermessen sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen einer Unbilligkeit als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen einräume. Die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde sei nach § 102 FGO nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar. Für Billigkeitsmaßnahmen anlässlich von Sanierungsmaßnahmen habe die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 allgemeine Grundsätze für die Ermessensausübung entwickelt. Danach sei ein Erlass von Einkommensteuer nur bei einer unternehmensbezogenen Sanierung möglich. Aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen solle die Sanierung eines lebenden Betriebs erleichtert werden, weil eine Sanierung häufig nur möglich sei, wenn dadurch keine neuen Verbindlichkeiten - auch nicht durch Ertragsteuern - ausgelöst werden. Es solle verhindert werden, dass wegen der Ertragsteuerbelastung von vornherein kein Sanierungsplan zustande komme. Bei einer unternehmerbezogenen Sanierung griffen wirtschafts- und sozialpolitische Gesichtspunkte nicht. Der Unternehmer, der seinen Betrieb einstellen und schuldenfrei in das Privatleben wechseln wolle, habe die Möglichkeit, durch eine Insolvenz eine Restschuldbefreiung zu erreichen. Daher bestehe bei der sog. unternehmerbezogenen Sanierung kein Bedarf für steuerrechtliche Billigkeitsmaßnahmen. Diese grundlegende Entscheidung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 sei gerichtlich nicht nachprüfbar.

 

 

17

Die Auffassung des FG, Billigkeitsmaßnahmen auszusprechen, soweit bei einer Sanierung keine Doppelbegünstigung vorliege, sei abzulehnen. Die Besteuerung des Schuldenerlasses entspreche der gesetzlichen Regelung und stelle die Korrektur von in früheren Veranlagungszeiträumen entstandenen Gewinnminderungen dar. Dies sei sachgerecht. Auch wenn die Vermeidung einer Doppelbegünstigung der Grund für die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gewesen sei, könne hieraus nicht abgeleitet werden, dass in Fällen ohne Doppelbegünstigung Billigkeitsmaßnahmen erforderlich seien.

 

 

18

Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten sei ein Erlass der Einkommensteuer nicht erforderlich. Die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. für ab dem 1.1.1998 endende Wirtschaftsjahre greife nicht in bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume ein. Der frühere Verlustabzug werde nicht durch die Besteuerung des Sanierungsgewinns tangiert. Nur der in einem späteren Veranlagungszeitraum bewirkte Schuldenerlass werde anders behandelt als nach der Rechtslage bis 1997. Die gesetzliche Neuregelung knüpfe lediglich insoweit an einen Sachverhalt in der Vergangenheit an, als der Schuldenerlass voraussetze, dass sich die erlassenen Schulden in früheren Veranlagungszeiträumen bereits ausgewirkt hätten. Darin könne aber keine echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen gesehen werden, selbst wenn die Sanierungsverhandlungen bereits in früheren Jahren begonnen haben sollten. Billigkeitsmaßnahmen zur Vermeidung einer echten Rückwirkung seien daher nicht erforderlich.

 

 

19

Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung seien verfassungsrechtlich zulässig. Der Steuerpflichtige habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Gesetzgeber bisher aus ordnungs- oder konjunkturpolitischen Gründen gewährte Steuervergünstigungen uneingeschränkt für die Zukunft aufrecht erhalte (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 20.6.1978 2 BvR 71/76, BVerfGE 48, 403, 416 = SIS 78 03 11, m.w.N.). Darauf laufe aber das angefochtene Urteil hinaus. Nach Sichtweise des FG wäre die bis 1997 geltende Regelung im Billigkeitswege auch für spätere Veranlagungszeiträume anzuwenden. Der festgestellte Verlustvortrag werde den Klägern nicht entzogen. Nach der gesetzlichen Neuregelung sei er auch mit solchen Einkünften zu saldieren, die nach der alten Rechtslage steuerfrei geblieben wären. Damit sei das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Verlustvortrag nach altem Recht geschützt. Zudem seien Stichtagsregelungen zulässig und würden keine allgemeine unbillige Härte begründen.

 

 

20

Im Übrigen stelle das FG die Kläger im angefochtenen Urteil besser als Tz 8 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 es vorsehe. Danach seien Verluste vorrangig mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen. Der Grundsatz, dass steuerliche Verrechnungen so durchzuführen seien, dass sich diese für den Steuerpflichtigen möglichst günstig auswirkten, gelte nicht, weil die Besteuerung des Sanierungsgewinns das Korrektiv zum Abzug von Verlusten in früheren Veranlagungszeiträumen sei. Das FG ziehe zu Unrecht den Verlustvortrag und den laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb nicht von dem ermäßigt zu besteuernden Veräußerungsgewinn, sondern von anderen nicht ermäßigt zu besteuernden Einkünften ab. Würden hingegen die Verluste im Streitfall vorrangig vom Sanierungsgewinn abgezogen, würde sich eine zu erlassende Einkommensteuer von lediglich 14.131 DM ergeben.

 

 

21

B. I. Über den Antrag der Kläger auf Erlass der Einkommensteuer 1998 bis 2002 ist im Rahmen des Streitfalls zu entscheiden, auch wenn der zu steuerpflichtigen Einkünften führende Sanierungsgewinn aus Forderungsverzichten gegenüber der L-GbR entstanden ist.

 

 

22

1. Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften sind nach §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte festzustellen, wenn an ihnen mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Im Rahmen dieser Feststellung wurde auch darüber entschieden, ob bestimmte Einkünfte infolge der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. nicht der Einkommensteuer unterliegen (vgl. BFH-Urteil vom 3.7.1997 IV R 31/96, BFHE 183, 509, BStBl II 1997, 690 = SIS 97 22 29).

 

 

23

2. § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UntStRFoG) vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) aufgehoben und ist letztmals anwendbar auf Erhöhungen des Betriebsvermögens, die in vor dem 1.1.1998 endenden Wirtschaftsjahren entstanden sind (§ 52 Abs. 2i EStG i.d.F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997, BGBl I 1997, 3121, BStBl I 1998, 7). Das UntStRFoG ist nach Auffassung des BVerfG verfassungsgemäß zustande gekommen (Beschluss vom 15.1.2008 2 BvL 12/01, BVerfG 120, 56 = SIS 08 16 84).

 

 

24

3. Nach der Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. kann persönlichen oder sachlichen Härtefällen in Einzelfällen allenfalls im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (vgl. auch BTDrucks 13/7480, S. 192). Diese Vorschriften (§§ 222, 227 AO) sind auf der Ebene der Einkommensbesteuerung zu prüfen. Im Feststellungsverfahren könnte - worauf auch das FG zutreffend abstellt - nicht geklärt werden, ob bei den Gesellschaftern ein steuerpflichtiger Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht, ob dieser durch Verlustvorträge ausgeglichen wird und ob die Voraussetzungen eines Billigkeitserlasses vorliegen (vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23, Tz 8 Beispiel 2).

 

 

25

II. Die Revision des FA betr. das Streitjahr 1998 ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Zu Unrecht war das FG der Auffassung, das FA habe den Billigkeitserlass der Einkommensteuer 1998 ermessensfehlerhaft abgelehnt.

 

 

26

1. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine Unbilligkeit kann entweder in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil vom 2.3.1961 IV 126/60 U, BFHE 73, 53, BStBl III 1961, 288 = SIS 61 01 96).

 

 

27

2. Die Entscheidung über ein Erlassbegehren aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die von den Gerichten nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19.10.1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 = SIS 72 03 54). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nur ausnahmsweise kann das Gericht eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen (§ 101 Satz 1 i.V.m. § 121 FGO), wenn der Ermessensspielraum derart eingeschränkt ist, dass nur eine einzige Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (Ermessensreduzierung auf Null; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 26.10.1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57; weitere Nachweise bei von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 227 AO Rz 392).

 

 

28

3. Ein Erlass aus sachlichen Gründen kommt in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (BFH-Urteile vom 23.3.1998 II R 41/96, BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396 = SIS 98 15 06, und II R 26/96, BFH/NV 1998, 1098 = SIS 98 15 07); Billigkeit ist die Gerechtigkeit des Einzelfalls (von Groll in HHSp, § 227 AO Rz 31). Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. § 227 AO stellt keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (BFH-Urteile in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396 = SIS 98 15 06, und in BFH/NV 1998, 1098 = SIS 98 15 07).

 

 

29

4. Für den Erlass von Sanierungsgewinnen aus sachlichen Billigkeitsgründen hat das BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder eine Verwaltungsvorschrift in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 erlassen, die die Anwendung der Billigkeitsregeln in diesen Fällen vereinheitlichen soll. Dass nach Auffassung der Verwaltung Sanierungsgewinne nach § 227 AO erlassen werden können, tangiert nicht den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (so auch Geist, BB 2008, 2658, 2660; Seer, FR 2010, 306; Knebel, DB 2009, 1094; Wagner, BB 2008, 2671; Braun/Geist, BB 2009, 2508; Töben, FR 2010, 249; offen Kuhfus, EFG 2008, 1558; a.A. FG München, Urteil vom 12.12.2007 1 K 4487/06, EFG 2008, 615 = SIS 08 12 84; Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz 820). Zwar hat der Gesetzgeber § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben, in dem die Steuerfreiheit von (unternehmens- wie unternehmerbezogenen) Sanierungsgewinnen bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1997 spezialgesetzlich geregelt war. Damit hat er jedoch nicht zum Ausdruck gebracht, für Sanierungsgewinne gebe es keine Erlassmöglichkeit. Vielmehr zeigt die Gesetzesbegründung, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken sollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt sei. Einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen könne - so die Gesetzesbegründung - im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BTDrucks 13/7480, S. 192). Auch in der Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) ging der Gesetzgeber davon aus, dass von der Besteuerung von Sanierungsgewinnen, die nicht mit Verlustvorträgen verrechnet werden können, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 abgesehen werden könne (BTDrucks 16/4841, S. 76). In seiner Stellungnahme zum Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 3.4.2009 (BRDrucks 168/09, S. 30) hat der Bundesrat seinen Änderungsantrag zu § 34 Abs. 7b Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes damit begründet, die Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen durch Verwaltungsanweisung (Sanierungserlass) sei nicht ausreichend, negative Effekte zu verhindern. Hinzu kommt, dass nach dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) Verluste, die weder im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung noch im Wege des Verlustrücktrags ausgeglichen werden können, ab dem Veranlagungszeitraum 2004 (vgl. § 52 Abs. 25 EStG 2004) im Rahmen des Verlustvortrags nur noch begrenzt verrechnungsfähig sind. Angesichts der Verknüpfung der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. mit einem unbeschränkten Verlustabzug kommt möglichen Billigkeitsmaßnahmen nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 eine besondere Bedeutung zu (vgl. auch Seer, FR 2010, 306). Im Übrigen hat die Rechtsprechung bereits vor Einführung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. durch das Körperschaftsteuerreformgesetz vom 31.8.1976 (BGBl I 1976, 2597, BStBl I 1976, 445) erkannt, dass der durch eine Sanierung herbeigeführte Gewinn unter bestimmten Voraussetzungen einkommensteuerrechtlich außer Betracht zu bleiben habe (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 21.10.1931 VI A 968/31, RFHE 29, 315, RStBl 1932, 160) bzw. die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig sein könne (Senatsurteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57). Der Auffassung des FG München im Urteil in EFG 2008, 615 = SIS 08 12 84, die Finanzverwaltung habe mit dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 eine Verwaltungspraxis contra legem eingeführt, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

 

 

30

5. Ob die Verwaltung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 gemessen an der Intention des Gesetzgebers zu weit reichende Billigkeitsmaßnahmen für möglich hält, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Die Voraussetzungen eines Billigkeitserlasses nach den Vorgaben im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 liegen nicht vor, da im Streitfall von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen ist.

 

 

31

a) Nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2006, 715 = SIS 06 14 95) ist von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, wenn dem Schuldner durch den Erlass eine schuldenfreie Liquidierung seines Unternehmens und der Aufbau einer Existenz in selbständiger oder nichtselbständiger Position ermöglicht wird, ohne dass er durch Schulden aus einer früheren unternehmerischen Tätigkeit belastet bleibt. Auf die Sanierungseignung des Unternehmens ist in diesen Fällen nicht abzustellen. Eine unternehmensbezogene Sanierung soll hingegen den Fortbestand des Unternehmens sichern. Es soll vor dem Zusammenbruch bewahrt und wieder ertragsfähig gemacht werden (BFH-Urteil vom 18.12.1990 VIII R 39/87, BFHE 164, 404, BStBl II 1991, 784 = SIS 91 17 12). Daran fehlt es, wenn das Unternehmen seine werbende Tätigkeit bereits vor dem Schuldenerlass eingestellt hat. Abzustellen ist stets auf das konkrete Unternehmen. Zwar ist die Sanierungseignung nach der Gesamtheit der Betriebe zu beurteilen, wenn zu einem Unternehmen mehrere Betriebe gehören. Es muss sich aber um die Betriebe eines Unternehmens handeln (BFH-Urteil vom 22.1.1985 VIII R 37/84, BFHE 143, 420, BStBl II 1985, 501 = SIS 85 14 15). Im Streitfall wollten die Gläubiger die L-GbR nicht vor dem Zusammenbruch bewahren. Das von der L-GbR betriebene Verpachtungsunternehmen war nach der Zwangsversteigerung des Hauses L nicht mehr sanierungsfähig. Die Gläubiger wollten nach den Feststellungen des FG mit dem Teilerlass erreichen, dass die Gesellschafter der L-GbR und somit auch die Kläger die verbleibenden Verbindlichkeiten abtragen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben zu können. Somit ist im Streitfall von einer unternehmerbezogenen Sanierung auszugehen, obwohl sowohl Kläger als auch Klägerin parallel zum Zusammenbruch der L-GbR eine neue selbständige berufliche Existenz aufgebaut haben. Auch wenn, wie die Kläger im Revisionsverfahren vortragen, der Schuldenerlass Voraussetzung für die Fortführung dieser neuen selbständigen Tätigkeit war, liegen die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung nicht vor, weil die von den Klägern neu gegründeten Unternehmen nicht Betriebe der L-GbR sind.

 

 

32

b) Nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 sind Billigkeitsmaßnahmen nur in Fällen einer unternehmensbezogenen Sanierung möglich (vgl. Tz 1, wonach eine Sanierung als Maßnahme beschrieben wird, die ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahren und wieder ertragsfähig machen soll = unternehmensbezogene Sanierung; Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 19.9.2008 S 2140 - 8 - StO 241, DB 2008, 2568 = SIS 09 06 97); nicht begünstigt ist die unternehmerbezogene Sanierung (vgl. Tz 2 Satz 2). Ein Billigkeitserlass entsprechend den Regeln im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 kommt im Streitfall damit nicht in Betracht.

 

 

33

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07 Tz 2 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 in Fällen der Restschuldbefreiung und der Verbraucherinsolvenz nicht anzuwenden und Billigkeitserlasse möglich sind.

 

 

34

aa) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung i.S. des § 102 FGO ist die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde so, wie sie (regelmäßig nach Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens) getroffen wurde. Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist daher die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 102 Rz 13, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Im Streitfall galt im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung (2006) Tz 2 Satz 2 des BMF-Schreibens in BStBl 2003, 240 uneingeschränkt. Der Erlass von Steuerschulden, der dem Steuerpflichtigen einen schuldenfreien Übergang in sein Privatleben oder den Aufbau einer anderen Existenzgrundlage ermöglichen (unternehmerbezogene Sanierung) sollte, war damit ausgeschlossen.

 

 

35

bb) Zudem liegen im Streitfall weder die Voraussetzungen einer Restschuldbefreiung i.S. der §§ 286 ff. der Insolvenzordnung (InsO) noch die der Verbraucherinsolvenz nach §§ 304 ff. InsO vor. Im Umstand, dass in Fällen eines außergerichtlich erreichten, unternehmerbezogenen Sanierungsgewinns nach den Verwaltungserlassen keine Billigkeitsmaßnahmen möglich sind, ist kein Verstoß gegen Art. 3 GG zu sehen. Ziel eines Insolvenzverfahrens ist die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger nach Verwertung des Vermögens des Insolvenzschuldners. Dem redlichen Schuldner soll so Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 InsO). Eine Restschuldbefreiung kommt nur in Betracht, wenn der Schuldner für die Dauer von sechs Jahren seine pfändbaren Bezüge an einen Treuhänder abtritt (§ 287 Abs. 2 InsO) und ererbtes Vermögen zur Hälfte an diesen herausgibt (§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Während der Laufzeit der Abtretungserklärung muss er eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben oder sich um eine solche bemühen (§ 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Schuldner unterliegt Anzeigepflichten und darf keinem Gläubiger einen Sondervorteil verschaffen (§ 295 Abs. 1 Nr. 3 und 4 InsO).

 

 

36

Bei der Verbraucherinsolvenz muss der Schuldner einen Schuldenbereinigungsplan vorlegen. Unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners ist darzulegen, wie die Schulden angemessen bereinigt werden können (§ 305 Abs. 1 Nr. 4 InsO). Zudem müssen die Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zustimmen (§ 308 InsO) oder die Zustimmung muss durch das Insolvenzgericht ersetzt werden (§ 309 InsO; Voraussetzung ist u.a., dass mehr als die Hälfte der vom Schuldner benannten Gläubiger, die mehr als die Hälfte der Gesamtansprüche geltend machen, dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt haben müssen und jeder Gläubiger im Verhältnis zu den anderen angemessen berücksichtigt wird). Derartig strengen Regeln unterliegen außergerichtliche Vergleichsverhandlungen nicht. Es hängt vom Verhandlungsgeschick des Schuldners und der Bereitschaft der Gläubiger zu Zugeständnissen ab, ob der Schuldner sein ganzes Vermögen einsetzen muss; mehrere Gläubiger können sich mit unterschiedlichen Quoten einverstanden erklären; auch müssen sich nicht alle Gläubiger am außergerichtlichen Vergleich beteiligen. Angesichts dieser unterschiedlichen Vorgaben konnte die Verwaltung in ihrem Erlass in BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07 ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG den Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei unternehmerbezogenen Sanierungen auf die Steuern beschränken, die aufgrund einer Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz entstehen.

 

 

37

6. Zu Unrecht ging das FG im Streitfall davon aus, dass die auf dem Sanierungsgewinn beruhenden Steuern unabhängig von der Verwaltungsanweisung in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 nach § 227 AO zu erlassen sind. Auch im Streitjahr 1998 und für eine Übergangszeit sind auf sachlichen Gründen beruhende Billigkeitsmaßnahmen jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn die von der Verwaltung formulierten Voraussetzungen für den Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn in den Verwaltungsanweisungen in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 und BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07 nicht vorliegen.

 

 

38

a) Eine Verwaltungsregelung ist ausnahmsweise aus Gründen der Gleichbehandlung von den Gerichten zu beachten, wenn der Verwaltung durch Gesetz Entscheidungsfreiheit eingeräumt wurde, die Regelung also den Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) bzw. der Typisierung oder Pauschalierung betrifft (BFH-Urteil vom 29.3.2007 IV R 14/05, BFHE 217, 525, BStBl II 2007, 816 = SIS 07 25 18, unter II.2. der Gründe, m.w.N.). § 227 AO räumt der Verwaltung Ermessen ein; die Ausübung dieses Ermessens aus sachlichen Billigkeitsgründen wird in den Verwaltungserlassen in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 und BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07 abschließend geregelt.

 

 

39

b) Dass die ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften in BStBl I 2003, 240 = SIS 03 19 23 und BStBl I 2010, 18 = SIS 10 00 07 Billigkeitsmaßnahmen in Fällen unternehmerbezogener Sanierungsgewinne ausschließen, die nicht auf einer Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO bzw. einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) beruhen, entspricht dem berechtigten Anliegen der Regelungen, nur das betroffene Unternehmen als solches wieder ertragsfähig werden zu lassen. Diese Verwaltungsvorschriften sind deshalb von der Finanzgerichtsbarkeit zu beachten. Die in den Billigkeitsrichtlinien getroffenen Regelungen halten sich insoweit innerhalb der Grenzen, die das GG und die Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen (vgl. BFH-Urteile vom 25.11.1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204 = SIS 81 25 23, unter C.II. 3.a; vom 19.3.2009 V R 48/07, BFHE 225, 215, BStBl II 2010, 92 = SIS 09 16 48, unter II.4.b).

 

 

40

aa) Die aus der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen und der Verlustverrechnungsmöglichkeit mit positiven Einkünften bzw. dem uneingeschränkten Verlustvortrag resultierende Doppelbegünstigung hat den Gesetzgeber zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. bewogen. Nur einzelnen persönlichen oder sachlichen Härtefällen sollte im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden (BTDrucks 13/7480, S. 192). Da sich in der Gesetzesbegründung keine Hinweise finden, wann aus Sicht des Gesetzgebers die Besteuerung eines Sanierungsgewinns sachlich unbillig ist, müssen die von der Rechtsprechung zu § 227 AO entwickelten Kriterien Anwendung finden. Auch der Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn wegen sachlicher Unbilligkeit ist nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden. Die Billigkeitsmaßnahme darf nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396 = SIS 98 15 06).

 

 

41

bb) Im Streitfall hat das FG die Notwendigkeit eines Billigkeitserlasses mit dem Umstand begründet, dem Auflösungsgewinn der Kläger in Höhe von insgesamt 297.542 DM (Sanierungsgewinn in Höhe von 905.902 DM abzüglich Buchverluste aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks etc.) stehe lediglich ein Verlustvortrag zum 31.12.1997 in Höhe von 72.905 DM gegenüber. Dass ein höherer, den Auflösungsgewinn deckender Verlustvortrag nur deshalb im Veranlagungszeitraum 1998 nicht zur Verfügung stand, weil die Verluste der Kläger aus der L-GbR mit ihren positiven Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie einem weiteren Gewerbebetrieb verrechnet worden sind, war nach Auffassung des FG ohne Bedeutung. Bis Ende 1997 verbrauchte Verluste hätten keine Auswirkung auf die Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. gehabt und die Anrechnung bereits verbrauchter Verlustvorträge würde zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen echten Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtsfolgen führen. Zudem wäre die Feststellung, in welcher Höhe gerade die Verluste der aufgelösten L-GbR verbraucht worden seien, mit erheblichem Aufwand verbunden. Die Frage der sachlichen Unbilligkeit der Besteuerung eines Sanierungsgewinns sei deshalb nach den Grundsätzen zu beurteilen, die von der Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a.F. entwickelt worden seien.

 

 

42

cc) Bei dieser Beurteilung übersieht das FG, dass Billigkeitsmaßnahmen nicht nach den Kriterien einer Vorschrift beurteilt werden können, die der Gesetzgeber bewusst wegen der aus seiner Sicht nicht mehr gerechtfertigten Begünstigung bestimmter Steuerpflichtiger aufgehoben hat.

 

 

43

Auch rechtfertigen die Überlegungen des FG zur Rückwirkung im Streitfall ein solches Vorgehen nicht. § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde - entgegen den ursprünglichen Plänen - nicht rückwirkend aufgehoben. Bereits die sog. „Bareis-Kommission“ hat die Besteuerung der Sanierungsgewinne gefordert (s. Thesen der Einkommensteuer-Kommission zur Steuerfreistellung des Existenzminimums ab 1996 und zur Reform der Einkommensteuer, BB 1994, Beilage 24 S. 7 re. Sp.). Die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. sah auch der Entwurf des Steuerreformgesetzes 1999 vom 22.4.1997 vor (BTDrucks 13/7480). Das UntStRFoG ist am 29.10.1997 erlassen worden, wobei die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die ursächlich für die Aufhebung der Bestimmung ab dem Veranlagungszeitraum 1998 war, vom 4.8.1997 datiert. Eine Rückwirkung kommt der zum 1.1.1998 in Kraft getretenen Vorschrift somit nicht zu. Dass die Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. faktisch die Verrechnung von vor dem Veranlagungszeitraum 1998 entstandener Verluste mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen „bestraft“, weil insoweit keine Verlustvorträge mehr zur Verrechnung mit einem später entstehenden Sanierungsgewinn zur Verfügung stehen, führt nicht zu einer Rückwirkung im rechtlichen Sinn. Auf den Fortbestand einer Sozialzweck- oder Lenkungsnorm - um eine solche handelt es sich bei § 3 Nr. 66 EStG a.F. - kann kein Steuerpflichtiger vertrauen (vgl. HHR/Kanzler, § 3 Nr. 66 EStG Rz 6, 179. Lieferung Mai 1995).

 

 

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c) Wendet man im Streitfall die allgemeinen, von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien für einen Steuererlass wegen sachlicher Unbilligkeit an, kommt eine Billigkeitsmaßnahme nicht in Betracht. Die Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. beruht auf der Überlegung des Gesetzgebers, Steuerpflichtige seien durch die Verlustverrechnungsmöglichkeiten laufender Verluste mit positiven Einkünften und der - den allgemeinen Regeln des Steuerrechts widersprechenden - Steuerfreiheit des Sanierungsgewinns doppelt begünstigt. Diese Doppelbegünstigung sollte in Wirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.1997 enden, entfallen. Würden im Billigkeitswege nun Steuern auf Sanierungsgewinne erlassen, denen keine ausreichenden Verlustvorträge gegenüberstehen, weil die laufenden Verluste bereits mit positiven Einkünften verrechnet worden sind, würde die gesetzgeberische Entscheidung außer Kraft gesetzt. Da durch Billigkeitsmaßnahmen die Doppelbegünstigung auch in den Veranlagungszeiträumen 1998 ff. fortgeführt würde, kann die bei einem sachlichen Billigkeitserlass zu entscheidende Frage, hätte sie der Gesetzgeber im Sinne des vorgesehenen Erlasses geregelt, nicht bejaht werden. Die Billigkeitsmaßnahme würde auf Erwägungen gestützt, die die Motive des Gesetzgebers ins Leere laufen ließen (vgl. hierzu auch Wagner, BB 2008, 2671).

 

 

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Ob in Einzelfällen (große, sich über mehrere Jahre hinziehende Sanierungsverhandlungen) die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ab dem Veranlagungszeitraum 1998 bedenklich und die Inkrafttretensregelung in Konflikt mit dem Vertrauensschutz der Betroffenen geraten kann (vgl. hierzu das Beispiel von Kanzler in H/H/R, § 3 Nr. 66 EStG Rz G 2, 191. Lieferung Januar 1998, wonach ein großes Unternehmen bereits 1993 Konkurs beantragt hatte und im Zeitpunkt der Aufhebung der Steuerbefreiung kurz vor Abschluss eines Zwangsvergleichs stand; die Steuern auf den Sanierungsgewinn wurden hier auf ca. 600 Mio. DM veranschlagt), braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. In die Vergleichsverhandlungen der Kläger waren lediglich zwei Gläubiger involviert; diese fanden nach den Feststellungen des FG erst Anfang 2002, also mehr als vier Jahre nach Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. ihren Abschluss. Vertrauensschutzüberlegungen dürfte zudem der Umstand entgegenstehen, dass die vor 1998 entstandenen Verluste mit laufenden Einkünften verrechnet worden sind, der nach Abzug des Verlustvortrags zum 31.12.1997 verbleibende Sanierungs- (Auflösungs-)gewinn hingegen ermäßigt zu besteuern ist.

 

 

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7. Persönliche Billigkeitsgründe haben die Kläger nach den - nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen und deshalb für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden - tatsächlichen Feststellungen des FG nicht geltend gemacht. Den Klägern bleibt es aber unbenommen, vom FA bislang nicht geprüfte persönliche Billigkeitsgründe in einem weiteren Antrag auf Erlass ihrer Steuerschulden geltend zu machen.

 

 

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III. Die Revision der Kläger wegen Erlass von Einkommensteuer 1999 bis 2002 ist unbegründet. Das FA hat den laufenden Verlust der Kläger im Veranlagungszeitraum 1998 zutreffend mit dem Sanierungsgewinn verrechnet. Zum 31.12.1998 bestand somit kein auf die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2002 vortragsfähiger Verlust.