Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Sächsischen Finanzgerichts vom 15.3.2017 - 2 K 1510/16
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war im Streitjahr (2011) als Dirigent
selbständig tätig. Er übt seine Tätigkeit in
Konzert-, Opern- und Theaterhäusern im Inland und im Ausland
aus. Die Landesdirektion Sachsen bescheinigte ihm ab dem 01.01.2011
unbefristet, die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4
Nr. 20 Buchst. a Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. des
Streitjahres (UStG) zu erfüllen. Für die Vermittlung von
Engagements in Spanien, Italien und in den Niederlanden stellten
zwei im übrigen Gemeinschaftsgebiet (Großbritannien und
Italien) ansässige Künstleragenturen dem Kläger im
Streitjahr Provisionen in Höhe von ... EUR in Rechnung, die
auch im Streitjahr bezahlt wurden.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) gelangte im Rahmen einer Außenprüfung
zu dem Ergebnis, dass die Agenturen als im Ausland ansässige
Unternehmer Vermittlungsleistungen an den Kläger erbracht
hätten, die nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerbar
seien. Die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge schulde der
Kläger als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr.
1 und Abs. 5 UStG. Die Beträge könnten aber nicht
gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG als Vorsteuer
abgezogen werden, weil sie zur Verwendung für Leistungen im
Ausland bezogen worden seien, die im Inland steuerfrei wären
(§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG). Dementsprechend setzte das FA
mit Bescheid vom 30.01.2015 die Umsatzsteuer für das
Streitjahr auf ... EUR fest.
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Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Nach dem in EFG 2017, 1220 = SIS 17 11 21 veröffentlichten
Urteil des Finanzgerichts (FG) sei der Vorsteuerabzug
gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG ausgeschlossen.
Die Vermittlungsleistungen stünden im Zusammenhang mit
Umsätzen im Ausland, die nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2
UStG steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt
worden wären.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit
der Revision. Die Steuerfreiheit der Dirigentenumsätze
ergäbe sich nicht aus § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG, denn der
Kläger sei keine einem „Orchester“ vergleichbare
Einrichtung. Er berufe sich auch nicht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst.
n der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Überdies
wäre die Versagung des Vorsteuerabzugs nicht mit dem
unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu
vereinbaren.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
Sächsischen FG vom 15.03.2017 - 2 K 1510/16 aufzuheben und den
Umsatzsteuerbescheid von 2011 vom 30.01.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 04.10.2016 dahingehend zu ändern,
dass die Umsatzsteuer 2011 um einen Betrag in Höhe von ... EUR
gemindert wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des Klägers ist als
unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der Vorsteuerabzug aus den
Vermittlungsleistungen ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG
ausgeschlossen, weil die vermittelten Dirigentenleistungen im
Inland nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG steuerfrei
wären.
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1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG
kann der Unternehmer die Steuer für Leistungen i.S. des §
13b Abs. 1 und 2 UStG, die - wie hier die Vermittlungsleistungen
der im Ausland ansässigen Künstleragenturen - für
sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Dem
Leistungsempfänger wird damit der Vorsteuerabzug für die
Steuer eröffnet, die er nach § 13b UStG schuldet. Der
Vorsteuerabzug ist aber nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG
ausgeschlossen für Umsätze im Ausland, die steuerfrei
wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Unionsrechtliche Grundlage dafür ist Art. 169 Satz 1 Buchst. a
MwStSystRL. Danach berechtigen im Ausland ausgeführte
Umsätze nur insoweit zum Vorsteuerabzug, als für diese
Auslandsumsätze das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde,
wenn sie im Inland bewirkt worden wären. Die
Richtlinienregelung formuliert mithin in positiver Weise das, was
die nationale Regelung als Ausschluss im Zusammenhang mit
Auslandsumsätzen regelt.
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Auf dieser Grundlage hängt nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH
- (Urteil Morgan Stanley & Co. International vom 24.01.2019 -
C-165/17 = SIS 19 00 54, EU:C:2019:58, Rz 32, unter Hinweis auf die
Urteile Monte Dei Paschi Di Siena vom 13.07.2000 - C-136/99,
EU:C:2000:408, Rz 28, und RBS Deutschland Holdings vom 22.12.2010 -
C-277/09, EU:C:2010:810, Rz 31 und 32) das in Art. 169 Satz 1
Buchst. a MwStSystRL vorgesehene Recht auf Vorsteuerabzug von zwei
Voraussetzungen ab, nämlich zum einen davon, dass die
Umsätze, die ein Steuerpflichtiger in einem anderen
Mitgliedstaat als demjenigen bewirkt, in dem die Mehrwertsteuer
für die zur Bewirkung dieser Umsätze verwendeten
Gegenstände und Dienstleistungen geschuldet oder entrichtet
wird, in diesem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig sind, und zum
anderen davon, dass diese Umsätze auch steuerpflichtig
wären, wenn sie in dem Mitgliedstaat, in dem die
Mehrwertsteuer geschuldet oder entrichtet wird, bewirkt worden
wären.
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2. An dieser zweiten Voraussetzung fehlt es
hier, so dass der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
UStG ausgeschlossen ist. Der Kläger hat die
Vermittlungsleistungen für die Ausführung von kulturellen
sonstigen Leistungen verwendet, die nach § 3a Abs. 2 UStG am
Sitzort der unternehmerischen Auftraggeber in den anderen
Mitgliedsländern ausgeführt und dort steuerbar sind, die
aber - wenn sie im Inland erbracht worden wären - unter die
Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG
fallen würden.
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a) Die Leistungen des Klägers als
Dirigent wären nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG im
Inland steuerfrei.
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aa) Danach sind steuerfrei solche Umsätze
von - mit § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG gleichartigen -
Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige
Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen
Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG
bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Diese Voraussetzungen
liegen vor. Der Kläger ist eine
„Einrichtung“ in diesem Sinne, die - im hier
gegebenen Zusammenhang - einem Orchester oder einem
Kammermusikensemble gleichsteht. Unionsrechtliche Grundlage
für diese Steuerbefreiung ist Art. 132 Abs. 1 Buchst. n
MwStSystRL. Die Mitgliedstaaten befreien danach u.a. bestimmte
kulturelle Dienstleistungen von der Steuer, die von durch den
Mitgliedstaat anerkannten kulturellen Einrichtungen erbracht
werden. Dieser Norm kommt zwar keine unmittelbare Wirkung zu, so
dass Steuerpflichtige sich nicht darauf berufen können
(EuGH-Urteil British Film Institute vom 15.2.2017 - C-592/15,
EU:C:2017:117 = SIS 17 02 26, Leitsatz, Rz 24). Sie ist aber bei
der Auslegung der nationalen Steuerbefreiungsvorschrift
heranzuziehen.
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bb) Danach gilt:
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(1) Der Begriff der „anerkannten
Einrichtungen“ (Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL und
demgemäß auch der Ausdruck der gleichartigen Einrichtung
(§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG) schließt
Einzelkünstler nicht aus (EuGH-Urteil Hoffmann vom 3.4.2003 -
C-144/00 = SIS 03 23 52, EU:C:2003:192, Rz 30; in diesem Sinne auch
EuGH-Urteil Gregg vom 7.9.1999 - C-216/97, EU:C:1999:390, Rz 21;
EuGH-Urteil Les Jardins de Jouvence vom 21.1.2016 - C-335/14 = SIS 16 02 98, EU:C:2016:36, Rz 39). Kann mithin der Kläger als
natürliche Person und als Dirigent eine Einrichtung sein,
kommt es für die weitere Voraussetzung der Gleichartigkeit auf
die Vergleichbarkeit mit den im § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1
UStG genannten Einrichtungen an. Diese Voraussetzung ist im Rahmen
der Steuerfestsetzung grundsätzlich selbständig zu
prüfen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.10.2011 -
XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798 = SIS 12 10 75). Denn die
Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG bezieht
sich auf die im konditionalen zweiten Halbsatz des Satzes 2 nach
dem Wort „wenn“ aufgeführten
Voraussetzungen. Nur insoweit tritt auch eine Bindungswirkung
dieser Bescheinigung als Grundlagenbescheid i.S. des § 171
Abs. 10 der Abgabenordnung (AO) ein. Die Bescheinigung entscheidet
nach § 182 AO verbindlich darüber, ob die Einrichtung die
gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a
Satz 1 UStG bezeichneten Einrichtungen erfüllen (BFH-Urteile
vom 18.02.2010 - V R 28/08, BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876 = SIS 10 11 57, und vom 20.08.2009 - V R 25/08, BFHE 226, 479, BStBl II
2010, 15 = SIS 09 33 07).
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(2) Indes ist der Inhalt der Bescheinigung
auch für den Begriff der Gleichartigkeit in § 4 Nr. 20
Buchst. a Satz 1 UStG heranzuziehen. Wenn danach eine
natürliche Person eine Einrichtung sein kann, so ist auch die
Leistung eines Dirigenten der Leistung eines Orchesters oder
Kammermusikensembles gleichartig, wenn - was sich aus der
Bescheinigung ergibt - der Dirigent die gleichen kulturellen
Aufgaben wie ein Orchester oder wie ein Kammermusikensemble
erfüllt. Beide Einrichtungen, das Orchester ebenso wie der
Dirigent, wirken bei der Erbringung der Leistung - z.B. bei einem
Konzert - zusammen und erfüllen ihre kulturellen Aufgaben
gemeinsam.
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(3) Mithin ist der Kläger mit seinen
Dirigentenleistungen eine gleichartige Einrichtung i.S. des §
4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG, dessen Umsätze wie die eines
Orchesters steuerfrei sind. Das entspricht im Ergebnis der
bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, der in seinem
Urteil in BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876 = SIS 10 11 57 die
Leistungen eines Orchestermusikers gegenüber seinem Orchester
als steuerfrei angesehen hat. Allerdings hat der Senat das nicht
aus § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG hergeleitet, sondern
direkt aus der Richtlinie abgeleitet. Dies entspricht aber nicht
mehr der unional vorgegebenen Rechtslage, nachdem der EuGH in
seinem Urteil British Film Institute (EU:C:2017:117, Leitsatz, Rz
24) die unmittelbare Wirkung und deshalb auch die Berufbarkeit auf
diese Steuerfreiheit in Abrede stellt (zutreffend Oelmeier in
Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 20 Rz 26). Die Ziele
des Art. 132 Abs. 1 Buchst. n MwStSystRL (Art. 288 Abs. 3 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union)
müssen deshalb über eine richtlinienkonforme Auslegung im
nationalen Recht bei der Interpretation des auf Art. 132 Abs. 1
Buchst. n MwStSystRL gründenden § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz
2 UStG berücksichtigt werden, deren Rechtsgrundlage sich in
Art. 4 Abs. 3 des Vertrags zu Gründung der Europäischen
Gemeinschaft (EU-Vertrag) findet (zur Methodik vgl. Kokott,
Steuerrecht der EU, § 8 Rz 255 ff.; Heuermann, Steuer und
Wirtschaft 2018, 123 ff.). Das entspricht auch der
überwiegenden Auffassung im Schrifttum (vgl. z.B. Wäger
in Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG § 4 Nr. 20 Rz 23;
Oelmeier in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 4 Nr. 20 Rz 26;
Heidner in Bunjes, UStG, 18. Aufl., § 4 Nr. 20 Rz 10 und Rz
4). Der erkennende Senat hält also im Ergebnis (so auch
Abschn. 4.20.2. Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
i.d.F. des Streitjahres), nicht in der Begründung an seiner
Entscheidung in BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876 = SIS 10 11 57
fest.
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cc) Auch die übrigen Voraussetzungen des
§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG liegen vor. Die
Landesdirektion Dresden als zuständige Landesbehörde hat
durch Bescheid vom 04.11.2014 rückwirkend (zur
Zulässigkeit BFH-Urteil in BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876 =
SIS 10 11 57, Rz 26, m.w.N.) für das Streitjahr bescheinigt,
dass der Kläger die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in
§ 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 1 UStG genannten Einrichtungen als
Dirigent erfüllt. An diese Bescheinigung sind die
Finanzgerichte nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden.
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b) Liegen die Voraussetzungen des § 15
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG mithin vor, ist der Vorsteuerabzug des
Klägers gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG
ausgeschlossen. Eine einschränkende Auslegung des § 4 Nr.
20 Satz 1 Buchst. a Satz 2 UStG im Anwendungsbereich des § 15
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG dergestalt, dass der Vorsteuerausschluss
nicht zur Anwendung kommt, wenn die in einem anderen Mitgliedstaat
aufgeführten Verwendungsumsätze dort steuerpflichtig sind
(so Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 1111), ist dem Gesetz
nicht zu entnehmen und widerspricht Art. 169 Buchst. a
MwStSystRL.
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c) Die vom Kläger angeführte
einschränkende Auslegung ist auch nicht durch den
unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung geboten.
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aa) Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz
(Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union -
EUGrdRCH - ) gehört zu den Grundprinzipien des Unionsrechts.
Er verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich
und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es
sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist
(EuGH-Urteile Ruckdeschel und Hansa-Lagerhaus Ströh vom
19.10.1977 - 117/76 und 16/77, EU:C:1977:160, Slg. 1977, 1753, Rz
7; Jetair und BTWE Travel4you vom 13.03.2014 - C-599/12,
EU:C:2014:144, HFR 2014, 466 = SIS 14 08 12, Rz 53; bpost vom
11.02.2015 - C-340/13, EU:C:2015:77, Rz 27; BFH-Urteil vom
08.02.2018 - V R 42/15, BFHE 260, 573, BStBl II 2018, 676 = SIS 18 02 58).
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bb) Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz,
dessen besondere Ausprägung auf Ebene des abgeleiteten
Unionsrechts und auf dem Spezialgebiet des Steuerrechts der
Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist, setzt voraus, dass
die verschiedenen Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern, die sich in
einer vergleichbaren Situation befinden, gleich behandelt werden,
damit jede Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt vermieden wird
(EuGH-Urteile Kommission/Deutschland vom 08.02.2018 - C-380/16,
EU:C:2018:76, Rz 57; NCC Construction Danmark vom 29.10.2009 -
C-174/08, EU:C:2009:669, Rz 44).
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cc) Der Grundsatz der steuerlichen
Neutralität ist keine Regel des Primärrechts, die
für die Geltung einer Ausnahme bestimmend sein könnte,
sondern ein Auslegungsgrundsatz, der neben anderen Grundsätzen
anzuwenden ist (EuGH-Urteile Kommission/ Deutschland, EU:C:2018:76,
Rz 58; vgl. in diesem Sinne auch EuGH-Urteil Deutsche Bank vom
19.07.2012 - C-44/11, EU:C:2012:484, Rz 45). Dieser Grundsatz kann
nicht einer vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen Ausnahme
entgegenstehen und deren praktische Wirksamkeit
beeinträchtigen (EuGH-Urteil Kommission/Deutschland,
EU:C:2018:76, Rz 58).
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dd) Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs durch
die Steuerbefreiung im Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 Satz
1 Nr. 2 UStG ist auch dann nicht gleichheitswidrig, wenn die in dem
anderen Mitgliedstaat ausgeführten Umsätze dort
steuerpflichtig sind. Indem der Kläger in anderen
Mitgliedstaaten steuerbare und steuerpflichtige Leistungen erbringt
und dabei mit vorsteuerabzugsberechtigten Dirigenten mit Sitz in
anderen Mitgliedstaaten konkurriert, während er wegen der
Steuerfreiheit seiner Umsätze im Inland vom Vorsteuerabzug
ausgeschlossen ist, kommt darin nur zum Ausdruck, dass es nach den
Vorgaben des Art. 169 Buchst. a MwStSystRL auf das Recht des
Staates des Leistungsbezuges und nicht auf das Recht des Staates
der Leistungserbringung ankommt (s. oben II.1.). Daraus ergibt
sich, dass der Unionsgesetzgeber die Situationen beider Gruppen
(hier die Situation des Klägers mit steuerfreien Umsätzen
im Inland und die Lage der in einem anderen Mitgliedstaat
ansässigen Dirigenten mit dort steuerpflichtigen
Umsätzen) nicht als vergleichbar angesehen hat (vgl. dazu auch
EuGH-Urteil Jetair und BTWE Travel4you, EU:C:2014:144, HFR 2014,
466 = SIS 14 08 12, Rz 55 f.; grundlegend auch Kokott, a.a.O.,
§ 3 Rz 14). Insofern ist die vom Kläger gerügte
„Ungleichbehandlung“ zu den Dirigenten, die in
einem anderen Mitgliedstaat (z.B. Italien) ansässig sind und
dort bei gleicher Leistungstätigkeit am gleichen Ort die
entsprechenden Vorsteuerbeträge abziehen können, nur eine
systeminhärente und evidente Folge des Unionsrechts. Ein
Ersuchen an den EuGH zur Vorabentscheidung kommt deshalb nicht in
Betracht.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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