Hippotherapie, USt-Freiheit: Die von Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführte Hippotherapie ist eine von der Umsatzsteuer befreite Heilbehandlung nach § 4 Nr. 14 UStG. - Urt.; BFH 30.1.2008, XI R 53/06; SIS 08 20 22
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt seit 1992 ein
Zentrum für therapeutisches Reiten (Hippotherapie). Etwa 90 %
der Umsatzerlöse entfallen auf das therapeutische Reiten. Die
restlichen Umsatzerlöse resultieren aus Voltigierunterricht
für Kinder und Reitunterricht für Erwachsene.
Die Klägerin ist von Beruf
Diplom-Pädagogin mit dem Schwerpunkt
Rehabilitationspädagogik. Die therapeutische Behandlung in
ihrem Reitzentrum wird nicht von ihr selbst, sondern von
angestellten Krankengymnastinnen mit hippotherapeutischer
Zusatzausbildung durchgeführt. Die hippotherapeutische
Ausbildung der Krankengymnastinnen erfolgt nach den Richtlinien des
Deutschen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten e.V., einem
gemeinnützigen Verein. Dieser Verein hat das Unternehmen der
Klägerin seit 1994 als Einrichtung für das therapeutische
Reiten anerkannt und überprüft es seitdem
fortlaufend.
Die Abrechnung der hippotherapeutischen
Behandlungen erfolgt teilweise unmittelbar mit den Krankenkassen.
Zum weitaus überwiegenden Teil ist die Klägerin für
Kliniken tätig. Die dort angestellten Ärzte weisen ihr
die Patienten mit individueller Indikation zu und überwachen
deren Behandlung. Die Klägerin erstellt im Anschluss einen
Rückmeldebogen über die Behandlung für die
Patientenakte der Klinik. Die Mitarbeiter der Klägerin nehmen
an wöchentlichen Patientenkonferenzen der Kliniken teil und
berichten dort über die Therapieverläufe. Im Wesentlichen
wird die Klägerin dabei im Rahmen von Rehabilitations- und
Vorsorgemaßnahmen tätig, deren Kostenträger
überwiegend Sozialversicherungsträger der Renten- und
Unfallversicherung sind. Die Klägerin rechnet ihre Leistungen
mit den Kliniken nach für Krankengymnastik geltenden
Pauschalsätzen ab und die Kliniken rechnen ihrerseits mit den
Kostenträgern der Sozialversicherung, mit denen entsprechende
Versorgungsverträge abgeschlossen wurden, ebenfalls pauschal
ab.
In ihren Umsatzsteuererklärungen
für die Streitjahre 1999 und 2000 machte die Klägerin die
Steuerfreiheit der auf das therapeutische Reiten entfallenden
Umsätze geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) folgte dem nicht und setzte für
sämtliche Umsätze der Klägerin Umsatzsteuer fest. Im
Verlauf des Einspruchsverfahrens erließ das FA am 28.3.2002
geänderte Umsatzsteuerbescheide, die nach § 365 Abs. 3
der Abgabenordnung (AO) zum Gegenstand des Verfahrens wurden. Die
Einsprüche wies das FA mit zusammengefasster
Einspruchsentscheidung zurück.
Die Klage, mit der die Klägerin die
Ansicht vertrat, ihre durch therapeutisches Reiten erzielten
Umsätze seien nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes
1993/1999 in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) bzw.
nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG von der Umsatzsteuerpflicht
ausgenommen, blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) vertrat die
Auffassung, es handele sich bei der Hippotherapie nicht um
Krankengymnastik. Die Hippotherapie sei auch nicht als
Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin anzusehen, die im Rahmen
der Ausübung eines „arztähnlichen“ Berufs
erbracht werde. Dies ergebe sich aus dem Urteil des
Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.3.2002 B 1 KR 36/00 R (SozR
3-2500 § 138 Nr. 2). Das BSG habe entschieden, dass die
gesetzlichen Krankenkassen nicht zur Erstattung entsprechender
Behandlungskosten nach § 27 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet seien. Dies beruhe auf der
Ablehnung der Aufnahme der Hippotherapie in die Anlage der
Heilmittelrichtlinien durch den dafür zuständigen
Gemeinsamen Bundesausschuss. Daher seien die Voraussetzungen der
Gewährung einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG bzw.
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates
vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG) nicht erfüllt. Auch eine Steuerbefreiung nach
§ 4 Nr. 16 Buchst. c UStG bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b
der Richtlinie 77/388/EWG komme nicht in Betracht. Das Urteil des
FG ist in EFG 2006, 1621 = SIS 06 29 58
veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Entgegen der Auffassung des FG seien die
Voraussetzungen für die Gewährung der
Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG erfüllt. Wie
sich aus der Bestätigung des Deutschen Verbandes für
Physiotherapie ergebe, sei Hippotherapie Krankengymnastik auf
neurologischer Basis mit Gerät - hier dem Gerät
„Pferd“ - . Im Bereich der ärztlichen Heilkunde
gehöre Hippotherapie in den Gesamtbereich Physiotherapie und
sei wie jede andere physiotherapeutische Maßnahme Teil der
Ausübung der ärztlichen Heilkunde i.S. von § 1 Abs.
2 des Heilpraktikergesetzes (HeilprG). Maßnahmen der
Hippotherapie dürften deshalb nur von Ärzten und - auf
der Basis einer ärztlichen Verordnung - von Physiotherapeuten
durchgeführt werden.
Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr.
14 UStG gelte ausdrücklich für Physiotherapeuten, die
therapeutisch tätig seien. Die Hippotherapie gehöre
lediglich aus Kostengründen nicht zu den Heilmitteln, die in
den Heilmittelkatalog der Heilmittelrichtlinien aufgenommen worden
seien. Die Hippotherapie sei jedoch ausdrücklich als
beihilfefähig anerkannt (vgl. Rundschreiben des
Bundesministerium des Innern - BMI - vom 25.1.1993 D III 5 -213
100- 1/1 h zu § 6 Abs. 2 der Beihilfeverordnung, GMBl 1993,
130, 131, sowie Urteil des Oberverwaltungsgerichts - OVG - für
das Land Nordhrein-Westfalen vom 27.9.2001 1 A 193/00, Neue
Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report
Verwaltungsrecht - NVwZ-RR - 2002, 674). Die
Befähigungsnachweise der behandelnden Krankengymnasten seien
im Vorfeld nachgewiesen worden. Im Übrigen seien auch die
Voraussetzungen der in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG genannten
Steuerbefreiung erfüllt.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Vorentscheidung und die
Einspruchsentscheidung vom 30.4.2002 aufzuheben und die jeweils am
28.3.2002 ergangenen Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000
dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1999 auf 1.725,24
EUR und die Umsatzsteuer 2000 auf 1.334,11 EUR festgesetzt
wird.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Es hält die Revision für
unzulässig, hilfsweise aber auch für unbegründet.
Die Revision sei unzulässig, weil sie nicht entsprechend den
gesetzlichen Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben worden sei. Insbesondere fehle
es an einem ernsten Befassen mit den Urteilsgründen des FG.
Die Klägerin habe nicht entsprechend § 120 FGO die
Gründe bezeichnet, aus denen sich eine Rechtsverletzung
ergebe.
Nach den bindenden Feststellungen des FG
scheitere die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14
UStG zum einen an der Einordnung in der Heilmittelrichtlinie durch
den Gemeinsamen Bundesausschuss, wonach die Hippotherapie keine
krankengymnastische Tätigkeit sei. An dieser Bewertung halte
der Gemeinsame Bundesausschuss entgegen dem Vorbringen der
Klägerin auch nach einer im Jahr 2006 erneut vorgenommenen
Prüfung fest. Zum anderen könne dem medizinischen Nutzen
der Hippotherapie nach der sich auf die Beurteilung durch das BSG
stützenden Einschätzung des FG nicht der Charakter einer
Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin zugebilligt werden.
Außerdem fehle es der Klägerin nach den weiteren
bindenden Feststellungen des FG an dem durch den Bundesfinanzhof
(BFH) geforderten Befähigungsnachweis.
II. Die zulässige Revision ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
FGO).
Das FG hat die hippotherapeutischen Leistungen
der Klägerin zu Unrecht als umsatzsteuerpflichtig
behandelt.
1. Die Revision der Klägerin ist
zulässig.
Die Revisionsbegründung genügt
entgegen der Auffassung des FA den inhaltlichen Anforderungen des
§ 120 Abs. 3 Nr. 2 FGO. Insbesondere ergibt sich aus der
ausführlichen Revisionsbegründung, dass und weshalb die
Klägerin die von ihr auch ausdrücklich benannten § 4
Nr. 14, § 4 Nr. 16 UStG für verletzt hält (vgl.
hierzu im Einzelnen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6.
Aufl., § 120 Rz 58).
2. Die Revision der Klägerin ist auch
begründet.
a) Abweichend von der Meinung des FG sind die
von der Klägerin ausgeführten hippotherapeutischen
Leistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der
Umsatzsteuer befreit, soweit sie ärztlich verordnet waren.
Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind
„die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt,
Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme
oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im
Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes und
aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker“
steuerfrei. Die Vorschrift setzt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c
der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht um und ist nach
dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.4.2004 V R 1/98, BFHE
205, 514, BStBl II 2004, 849 = SIS 04 27 51; vom 12.8.2004 V R
18/02, BFHE 207, 381, BStBl II 2005, 227 = SIS 05 03 71). Nach Art.
13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG befreien die
Mitgliedstaaten von der Steuer „die Heilbehandlungen im
Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von
dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und
arztähnlichen Berufe erbracht werden“.
aa) § 4 Nr. 14 UStG setzt bei der
gebotenen richtlinienkonformen Auslegung gemäß Art. 13
Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG voraus, dass der
Unternehmer zum einen eine Heilbehandlung im Bereich der
Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen
erbringt und dass er zum anderen die dafür erforderliche
Qualifikation besitzt (vgl. Urteile des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 10.9.2002 Rs.
C-141/00, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV 2003, Beilage 1, 30 = SIS 02 97 10; vom 6.11.2003 Rs. C-45/01, Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004,
Beilage 1, 40 = SIS 04 01 38; vom 27.4.2006 Rs. C-443/04 und Rs.
C-444/04, Slg. 2006, I-3617, BFH/NV 2006, Beilage 3, 299 = SIS 06 24 66; BFH-Urteile vom 18.8.2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II
2006, 143 = SIS 06 01 79; vom 1.2.2007 V R 64/05, BFH/NV 2007, 1203
= SIS 07 16 41).
bb) Die Klägerin hat mit der
Hippotherapie im Bereich der Humanmedizin Heilbehandlungen in
Gestalt einer ärztlichen bzw. arztähnlichen Leistung i.S.
von § 4 Nr. 14 UStG ausgeführt.
Heilbehandlungen i.S. des Art. 13 Teil A Abs.
1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG sind Tätigkeiten, die
zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und, soweit
möglich, der Heilung von Krankheiten oder
Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Die
befreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer
Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen
(EuGH-Urteil in Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40 =
SIS 04 01 38, Randnr. 48; BFH-Urteil vom 15.7.2004 V R 27/03, BFHE
206, 471, BStBl II 2004, 862 = SIS 04 35 29). Nicht unter die
Befreiung fallen etwa von einem Chirurgen durchgeführte
Schönheitsoperationen (BFH-Urteil in BFHE 206, 471, BStBl II
2004, 862 = SIS 04 35 29) oder Massagen, die von einem
Physiotherapeuten ohne vorherige ärztliche Anordnung lediglich
aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des
Wohlbefindens („wellness“) durchgeführt
werden (BFH-Beschluss vom 28.9.2007 V B 7/06, BFH/NV 2008, 122 =
SIS 08 05 27, m.w.N.).
Die im Streitfall durchgeführte
Hippotherapie ist eine Heilbehandlung i.S. von § 4 Nr. 14
UStG.
Die Hippotherapie gehört zu den
Behandlungsmethoden der Physiotherapie (vgl. Klassifikation
therapeutischer Leistungen in der medizinischen Rehabilitation -
KTL -, Ausgabe 2007, herausgegeben von der Deutschen
Rentenversicherung, Seite 63, Stichwort B Physiotherapie, B070
Hippotherapie). Es handelt sich bei ihr um eine spezielle
Reittherapie, bei der unter Anleitung die passive Anpassung des
Patienten an die Schwingungen des Rückens des im Schritt
gehenden Pferdes als physiotherapeutische Behandlungsmethode zur
Therapie von bewegungsgestörten Kindern (z.B. bei infantiler
Zerebralparese) oder Erwachsenen (nach Unfall oder Schlaganfall,
bei Multipler Sklerose) genutzt wird (vgl. Pschyrembel, Klinisches
Wörterbuch, 259. Aufl. 2002, Stichwort „Reiten,
therapeutisches“). Die Hippotherapie ist
beihilfefähig (vgl. Urteil des OVG für das Land
Nordrhein-Westfalen in NVwZ-RR 2002, 674). Auch nach Auffassung
anderer Gerichte stellt die Hippotherapie - in Abgrenzung zum
heilpädagogischen Reiten - als besondere Form der
Krankengymnastik eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation dar
(Verwaltungsgericht - VG - Aachen, Urteil vom 10.2.2006 6 K
2480/04, nicht veröffentlicht - n.v. - ; VG Bayreuth, Urteil
vom 19.5.2006 B 5 K 04.1222, n.v.; Sozialgericht Düsseldorf,
Urteil vom 13.3.2007 S 23 SO 195/05, n.v.).
Der Senat hält die im Streitfall
durchgeführte Hippotherapie insoweit für eine
Heilbehandlung, als die Klägerin aufgrund ärztlicher
Indikation nach entsprechender ärztlicher Verordnung für
die Reha-Kliniken oder für Einzelpatienten tätig geworden
ist.
Dem steht nicht die Entscheidung des BSG
entgegen, wonach die gesetzlichen Krankenkassen nicht zur
Übernahme der Kosten der Hippotherapie verpflichtet sind
(BSG-Urteil in SozR 3-2500 § 138 Nr. 2). Denn im Gegensatz zu
den einschlägigen sozialrechtlichen Bestimmungen, bei denen es
um die Frage geht, ob ein Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit
einen (Mindest)anspruch auf bestimmte Heilmittel hat, verfolgt
§ 4 Nr. 14 UStG einen anderen Zweck: Dieser besteht darin,
ganz allgemein die Kosten der Heilbehandlung zu senken und diese
Behandlungen dem Einzelnen zugänglicher zu machen (EuGH-Urteil
in Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40 = SIS 04 01 38,
Randnr. 43; BFH-Beschluss vom 12.10.2004 V R 54/03, BFHE 207, 558,
BStBl II 2005, 106 = SIS 05 04 73). Der EuGH hat darüber
hinaus ausdrücklich hervorgehoben, dass der bloße
Umstand der fehlenden (vollständigen) Kostenübernahme
durch die Träger der Sozialversicherung keine unterschiedliche
Behandlung der Leistungserbringer in Bezug auf die
Mehrwertsteuerpflicht rechtfertigt (EuGH-Urteil in Slg. 2003,
I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40 = SIS 04 01 38, Randnr. 75).
Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Kostenerstattung durch die
Sozialversicherungsträger kein geeignetes Abgrenzungskriterium
zum Begriff der Heilbehandlung i.S. von § 4 Nr. 14 UStG.
Auch im Übrigen steht die Entscheidung
des BSG der Annahme einer Heilbehandlung im Streitfall nicht
entgegen. Das BSG hat zwar Bedenken dahingehend
geäußert, ob die Hippotherapie als Heilbehandlung gelten
kann. Diese Frage ist aber letztlich unbeantwortet geblieben, weil
es wegen der fehlenden Aufnahme der Hippotherapie in die Anlage zu
den Heilmittelrichtlinien durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
für Heilmittelrichtlinien darauf nicht mehr ankam.
cc) Die Angestellten der Klägerin
verfügen auch über die in § 4 Nr. 14 UStG geforderte
berufliche Qualifikation.
Zu Recht hat das FG insoweit zunächst
ausgeführt, dass es für die Anwendung der Steuerbefreiung
nicht entscheidungserheblich ist, ob die Klägerin selbst oder
ihre Angestellten Inhaber der nach § 4 Nr. 14 UStG geforderten
beruflichen Qualifikation sind. Denn der Grundsatz der steuerlichen
Neutralität verbietet es, dass Wirtschaftsteilnehmer, die
gleichartige Umsätze bewirken, bei der Mehrwertsteuererhebung
unterschiedlich behandelt werden (BFH-Beschluss in BFHE 207, 558,
BStBl II 2005, 106 = SIS 05 04 73, und BFH-Urteil vom 26.9.2007 V R
54/05, BFH/NV 2008, 170 = SIS 08 01 99, jeweils m.w.N.). Nach den
den Senat bindenden Feststellungen des FG ist die
hippotherapeutische Behandlung im Reitzentrum der Klägerin
nicht von ihr selbst, sondern von angestellten Physiotherapeutinnen
(Krankengymnastinnen) mit hippotherapeutischer Zusatzausbildung
durchgeführt worden.
Dem steht nicht die Rechtsprechung des BFH
entgegen, wonach grundsätzlich von einem
Befähigungsnachweis auszugehen ist, wenn die Leistungen des
Unternehmers durch Heilbehandlung in der Regel von
Sozialversicherungsträgern finanziert werden (BFH-Urteil vom
25.11.2004 V R 44/02, BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190 = SIS 05 13 21, m.w.N.). Denn diese Einschränkung gilt nur für die
Fälle, in denen es sich - abweichend vom Streitfall - nicht um
einen „Katalogberuf“ i.S. von § 4 Nr. 14
UStG handelt.
b) Da die von der Klägerin
ausgeführten Leistungen schon unter die in § 4 Nr. 14
UStG genannte Steuerbefreiung fallen, kann unerörtert bleiben,
ob diese Leistungen auch die Voraussetzungen der in § 4 Nr. 16
Buchst. c UStG genannten Steuerbefreiung erfüllen (vgl. hierzu
zuletzt BFH-Urteil vom 15.3.2007 V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II
2008, 31 = SIS 07 16 76, und hierzu ergangener
Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen vom
17.12.2007 IV A 6 - S 7172/07/0001, BStBl I 2008, 23 = SIS 08 05 50).
3. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher
aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn das FG hat -
ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht - noch nicht im
Einzelnen geprüft, ob die von der Klägerin geltend
gemachte Umsatzsteuerbefreiung ausschließlich medizinisch
indizierte Leistungen aus ärztlich verordneter
hippotherapeutischer Tätigkeit umfasst, sei es im Wege eines
ärztlichen Auftrages der Reha-Kliniken, sei es durch
individuelle ärztliche Verordnung. Ferner ist nicht
festgestellt, ob die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum
Rechnungen mit oder ohne Umsatzsteuerausweis erteilt hat, so dass
ggf. § 14 Abs. 3 UStG anzuwenden wäre. Schließlich
müsste im Hinblick auf die Gewährung der Steuerbefreiung
nach § 4 Nr. 14 UStG ggf. eine entsprechende Korrektur des
Vorsteuerabzugs vorgenommen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
UStG). Das FG wird dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen
haben.