Angehängte Lotterie, Steuerpflicht: Behält ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck nach außen lediglich auf die Vermittlung von Spielgemeinschaften und Spielverträgen gerichtet ist, die ihm von den Spielern zum Einsatz bei einer genehmigten Lotterie überlassenen Mittel für sich und erhalten die Spieler die Gewinne, die beim absprachegemäßen Abschluss von Lotterieverträgen angefallen wären, aus den Einsätzen ausgezahlt, veranstaltet es eine der Lotteriesteuer unterliegende Lotterie. - Urt.; BFH 2.4.2008, II R 4/06; SIS 08 20 69
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine inländische KG,
wurde im Januar 2000 gegründet und nahm den
Geschäftsbetrieb im März 2000 auf. Persönlich
haftende Gesellschafterin war ein in den Niederlanden
ansässiges Unternehmen, dessen alleiniger
Geschäftsführer S war. Kommanditistin war eine weitere im
Inland ansässige KG. Den Gegenstand des Unternehmens der
Klägerin bilden nach dem Gesellschaftsvertrag der
Zusammenschluss von Spielern, die in verschiedene
Spielgemeinschaften investieren, der Vertrieb von Anteilen dieser
Gemeinschaften durch international tätige
Vertriebsgesellschaften und die Durchführung sämtlicher
damit zusammenhängender Geschäfte.
Die Klägerin sollte nach dem von ihr
ausgearbeiteten Vertragswerk und den allgemeinen
Geschäftsbedingungen (Teilnahmebedingungen) auf den
Zusammenschluss einer Vielzahl von Spielern in inländischen
Spielgemeinschaften hinwirken und dazu mit den Spielern
entsprechende Geschäftsbesorgungsverträge
abschließen. Sie sollte die für die Spielgemeinschaften
einzusetzenden Systemreihen (Zahlenkombinationen) entwickeln und
den Mitspielern monatlich die Spielgemeinschaft oder die
Spielgemeinschaften, an der/denen sie beteiligt sind, die Anzahl
der Anteile, die je Spielgemeinschaft vom Spieler eingesetzt
werden, und die Spielscheinnummern der für die jeweiligen
Spielgemeinschaften eingesetzten Lottoscheine mitteilen.
Die Spielverträge mit den nationalen
Lottogesellschaften sollte ein in den Niederlanden ansässiges
Unternehmen, dessen Direktor S war, als Treuhänder
abschließen und dabei knapp die Hälfte der von den
Spielern gezeichneten Anteilpreise einsetzen. Der verbleibende Teil
der Anteilpreise sollte der Klägerin und ihren Beauftragten
für die Spielervermittlung, die Serviceleistungen und die
Konzeption zustehen. Der Treuhänder sollte die anfallenden
Gewinne an sich auszahlen lassen und anteilig an die Mitspieler
verteilen.
Falls nicht alle Anteile einer
Spielgemeinschaft an Mitspieler vergeben werden konnten, sollte die
Klägerin berechtigt sein, sich selbst an der Spielgemeinschaft
zu beteiligen und/oder den von ihr gestellten Treuhänder
anzuweisen, für die Spielgemeinschaft keinen Spielvertrag mit
den Lottogesellschaften abzuschließen. Für den zuletzt
genannten Fall sollte „der Mitspieler auf andere Weise an
Ersatz gelangen“.
Tatsächlich wurden nur für rd. 2
% der Einsätze der Spieler Lottoscheine abgegeben. Im
Übrigen erhielten die Spieler anteilig die Gewinne ausgezahlt,
die angefallen wären, wenn mit einem zum Deutschen Lotto- und
Totoblock gehörenden Unternehmen (Lottounternehmen)
Spielverträge mit den den Spielern mitgeteilten
Zahlenkombinationen und Spielscheinnummern zustande gekommen
wären. Lotteriesteueranmeldungen gab die Klägerin nicht
ab.
Nachdem dies bei einer
Steuerfahndungsprüfung festgestellt worden war, setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) durch
Bescheide vom 10.7.2003 gegen die Klägerin Lotteriesteuer in
Höhe von ... EUR für die Zeit vom 1. März bis
31.12.2000, von ... EUR für das Jahr 2001 und von ... EUR
für die Zeit vom 1. Januar bis 30.11.2002 sowie
Verspätungszuschläge von je ... EUR für diese drei
Zeiträume fest. Das FA zog dabei als Bemessungsgrundlage der
Steuer die von den Spielern geleisteten Einsätze
einschließlich der für Spielervermittlung,
Serviceleistungen und Konzeption bestimmten Anteile abzüglich
von 2 % für tatsächlich gespielte Lottoscheine und von
1/6 für die Lotteriesteuer heran.
Das FA wies die Einsprüche der
Klägerin als unbegründet zurück und führte zur
Festsetzung der Verspätungszuschläge aus, die
Klägerin habe schuldhaft keine Lotteriesteueranmeldungen
abgegeben. S sei schon früher über ein anderes
Unternehmen auf vergleichbare Art und Weise tätig geworden und
habe aufgrund einer im Oktober 1998 erfolgten Durchsuchung der
Geschäftsräume der jetzigen Kommanditistin der
Klägerin und insbesondere aufgrund der ihm am 9.4.1999
schriftlich mitgeteilten Einleitung eines Steuerstrafverfahrens
wegen des Verdachts der durch Nichtabgabe von Steueranmeldungen
begangenen Lotteriesteuerhinterziehung die Ansicht der
Finanzverwaltung gekannt, dass Lotteriesteuerpflicht bestehe. Dass
die Klägerin die Frage der Steuerpflicht anders beurteilt
habe, habe sie nicht von der Verpflichtung zur Abgabe der
Steueranmeldungen entbunden. Sie hätte vielmehr bei der Abgabe
der Erklärungen auf ihre abweichende Ansicht hinweisen und
ggf. Einspruch einlegen können. Das Ausstehen der Entscheidung
über die gegen die Lotteriesteuerbescheide für das
früher auf vergleichbare Art und Weise tätig gewordene
Unternehmen gerichteten Einsprüche und die von ihr vorgelegten
Rechtsgutachten könnten die Nichtabgabe der
Lotteriesteueranmeldungen ebenfalls nicht entschuldigen. Die
Verspätungszuschläge seien im Hinblick auf die Höhe
der Steuerfestsetzungen und des sich durch die Nichtabgabe der
Steuererklärungen ergebenden Vorteils sowie unter
Berücksichtigung des Umstandes, dass bereits in der
Vergangenheit festgesetzte Verspätungszuschläge zu keiner
Änderung des Abgabeverhaltens des S als der hinter der
Klägerin stehenden Person geführt hätten, nicht zu
hoch bemessen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage durch
das in EFG 2006, 849 = SIS 06 18 34 veröffentlichte Urteil mit
der Begründung ab, die Lotteriesteuerpflicht ergebe sich aus
§ 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG). Die
sachlichen Voraussetzungen des Lotteriebegriffs seien erfüllt.
Die Mitspieler hätten durch die Zahlung eines bestimmten
Einsatzes einen Anspruch auf Auszahlung eines Gewinnanteils
erhalten, der von der durch die Klägerin für die
Spielgemeinschaft gewählten Systemreihe und den jeweiligen
Gewinnzahlen und -quoten des Deutschen Lotto- und Totoblocks
abhängig gewesen sei.
Steuerschuldnerin sei nach § 19 Abs. 1
Satz 1 RennwLottG die Klägerin als Veranstalterin der
Lotterie. Sie habe als geistige Urheberin die planmäßige
Ausführung des gesamten Unternehmens ins Werk gesetzt und das
Spielgeschehen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
maßgeblich gestaltet. Sie habe für die von ihr
geworbenen Spieler bzw. Spielgemeinschaften unter Einsatz der von
ihr entwickelten Zahlenkombinationen Lottozahlen ausgewählt
und in 98 % der Fälle dafür gesorgt, dass der
Treuhänder keine entsprechenden Spielverträge mit einem
Lottounternehmen abgeschlossen habe. In diesen Fällen habe sie
für die Spielgemeinschaften das Ergebnis der amtlichen
Lottoziehung übernommen. Die Spieler hätten entsprechende
Gewinnanteile aus den Einsätzen der Mitspieler ausgezahlt
erhalten. Die Klägerin habe dadurch eine eigene neue Lotterie
veranstaltet. Bei dem in den Teilnahmebedingungen vorgesehenen
Ersatzanspruch handle es sich nach dem Vortrag der Klägerin um
ein vertraglich eingeräumtes, vom Eintritt eines
zufälligen Ereignisses abhängiges Recht der Mitspieler
bzw. Spielgemeinschaften auf einen bestimmten Geldgewinn nach einem
bestimmten Plan gegen einen bestimmten Geldeinsatz. Für die
steuerliche Beurteilung sei nicht die formale Gestaltung, sondern
der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt maßgebend.
Nicht zu beanstanden sei auch die Höhe der festgesetzten
Steuer.
Gegen die Rechtmäßigkeit der
festgesetzten Verspätungszuschläge bestünden
ebenfalls keine Bedenken. Die Nichtabgabe der Steueranmeldungen sei
nicht entschuldbar, da S die Ansicht der Finanzverwaltung, der von
der Klägerin verwirklichte Sachverhalt löse
Lotteriesteuer aus, gekannt habe. Die von der Klägerin
eingeholten Rechtsauskünfte hätten sich nicht auf diesen
Sachverhalt bezogen oder dafür die Lotteriesteuerpflicht nicht
ausgeschlossen. Ermessensfehler insbesondere auch hinsichtlich der
Höhe der Verspätungszuschläge seien dem FA nicht
unterlaufen.
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung des § 17 RennwLottG sowie von
Gemeinschafts- und Verfassungsrecht. Sie habe keine
öffentliche Lotterie im Sinn dieser Vorschrift veranstaltet.
Sie habe vielmehr den Spielern lediglich in den Fällen, in
denen es nicht zum Abschluss eines Spielvertrags mit einem
Lottounternehmen gekommen sei, entsprechend den
Teilnahmebedingungen Ersatz geleistet und dabei die vom Deutschen
Lotto- und Totoblock gezogenen Gewinnzahlen und festgelegten
Gewinnquoten nachvollzogen. Der in den Teilnahmebedingungen
vorgesehene Ersatzanspruch habe sich auf das positive Interesse
gerichtet, nämlich auf die Auszahlung der anteiligen Gewinne,
die bei Zustandekommen eines Spielvertrags mit einem
Lottounternehmen angefallen wären. Die Durchführung eines
eigenständigen Gewinnspiels liege darin nicht. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) dürfe für den steuerrechtlichen
Begriff einer Lotterie nicht auf die entsprechende strafrechtliche
Begriffsbildung zurückgegriffen werden. Die Lotteriesteuer
führe zudem zu einer unzulässigen Beschränkung der
Dienstleistungsfreiheit und habe darüber hinaus den Charakter
einer Umsatzsteuer, weshalb sie nicht erhoben werden dürfe. Da
lotteriesteuerpflichtige und umsatzsteuerpflichtige Unternehmer
ungleich behandelt würden, liege ferner ein Verstoß
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) vor. Die Verspätungszuschläge seien zu
Unrecht festgesetzt worden. Sie, die Klägerin, habe sich
fachkundig beraten lassen und die Auskunft erhalten, es falle bei
ihrem Geschäftsmodell keine Lotteriesteuer an.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und die Bescheide des
FA vom 10.7.2003 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend angenommen,
dass die angefochtene Festsetzung von Lotteriesteuer gegen die
Klägerin für die Zeit vom 1.3.2000 bis 30.11.2002 sowie
der Verspätungszuschläge rechtmäßig sei.
1. Die Steuerfestsetzungen gegen die
Klägerin finden ihre Rechtsgrundlage in § 17 i.V.m.
§ 19 RennwLottG.
a) Es handelt sich um eine nach § 17
RennwLottG der Lotteriesteuer unterliegende Lotterie.
aa) Nach § 17 Satz 1 RennwLottG
unterliegen u.a. im Inland veranstaltete öffentliche
Lotterien, die nicht Rennwetten nach
Abschn. I RennwLottG sind, einer Steuer, die
20 % des planmäßigen Preises (Nennwert) sämtlicher
Lose ausschließlich der Steuer (§ 17 Satz 3 RennwLottG)
beträgt.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine
Lotterie gegeben ist, geht die Straf-, Zivil- und
Steuerrechtsprechung im Wesentlichen übereinstimmend von der
vom Reichsgericht (RG) aufgestellten und vom Reichsfinanzhof (RFH)
übernommenen Begriffsbestimmung aus (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.6.1996 II R 29/95, BFH/NV 1997, 68,
mit Nachweisen zur Rechtsprechung des RG, des RFH und des BFH sowie
zur Literatur). Nach dieser Begriffsbestimmung liegt eine Lotterie
vor, wenn sich jemand für eigene Rechnung einem anderen
gegenüber schuldrechtlich verpflichtet, nach einem
festgesetzten Plan beim Eintritt eines ungewissen, wesentlich vom
Zufall abhängigen Ereignisses dem anderen einen bestimmten
Geldgewinn zu gewähren, während der andere unbedingt
einen bestimmten Geldbetrag, den Einsatz, zu zahlen hat (vgl.
BFH-Urteil vom 2.2.1977 II R 11/74, BFHE 121, 534, BStBl II 1977,
495 = SIS 77 02 74). An dieser Begriffsbestimmung hat der BFH mit
dem Urteil in BFH/NV 1997, 68 für den Bereich der
Lotteriesteuer festgehalten. Entgegen der Ansicht der Klägerin
liegt danach bei einer Lotterie nicht ein lediglich die Spieler
verpflichtender Vertrag, sondern ein Vertrag mit gegenseitigen
Pflichten vor. Dabei ist lediglich die Zahlungspflicht des
Veranstalters aufschiebend bedingt.
Öffentlich ist eine Lotterie, wenn die
Möglichkeit der Teilnahme für einen unbestimmten
Personenkreis besteht (BFH-Entscheidungen vom 27.4.1951 II 111/50
S, BFHE 55, 289, BStBl III 1951, 112 = SIS 51 00 55, und vom
11.11.1953 II 57/51 U, BFHE 58, 286, BStBl III 1954, 23 = SIS 54 00 16).
Die eigene Verlosung von Gewinnen ist nicht
Tatbestandsmerkmal einer Lotterie i.S. des § 17 Satz 1
RennwLottG. Eine Lotterie kann nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH) auch in der Weise veranstaltet werden,
dass der Unternehmer sich an eine bereits bestehende andere
Lotterie anschließt und den Teilnehmern die Zahlung von
Gewinnen verspricht, welche auf die Lose jener Lotterie entfallen
werden (BGH-Urteil vom 18.1.1977 1 StR 643/76, juris). Soweit der
BGH in dem Urteil weiter ausgeführt hat, es sei dabei
vorauszusetzen, dass der Veranstalter Eigentümer der Lose
bleibe und seine Abnehmer eine Forderung auf Zahlung des Gewinns
allein gegen ihn erwerben sollten, diente dies lediglich der
Abgrenzung zur bloßen Vermittlung von Lotterieverträgen
zwischen einem Lottounternehmen und den einzelnen Spielern oder
Mitgliedern von Spielgemeinschaften. Bei einer solchen Vermittlung
werden die Spieler Eigentümer der erworbenen Lose (vgl.
bereits RG-Urteil vom 16.5.1895 Rep. 1081/95, RGSt 27, 233, 237).
Entscheidend für das Vorliegen einer Lotterie, die sich an
eine andere, bereits bestehende Lotterie anschließt, ist,
dass die Teilnehmer lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen
ihren Vertragspartner erlangen, zum Unternehmer der ersten Lotterie
jedoch in keine rechtliche Beziehung treten (vgl. BGH-Beschluss vom
9.3.1999 KVR 20/97, Neue Juristische
Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zivilrecht - NJW-RR - 1999,
1266, unter II.2.b), nicht aber, dass der Veranstalter der
angelehnten Lotterie tatsächlich Lose der ersten Lotterie
erwirbt. Für den Lotteriebegriff i.S. des § 17 Satz 1
RennwLottG gilt nichts anderes.
Das von der Klägerin angeführte
EuGH-Urteil vom 6.11.2003 C-243/01, Gambelli (Slg. 2003, I-13031)
führt zu keinem anderen Verständnis des Lotteriebegriffs.
Mit dieser Entscheidung hat der EuGH geklärt, unter welchen
Voraussetzungen eine nationale Regelung, die strafbewehrte Verbote
der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der
Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere
über Sportereignisse, enthält, eine zulässige
Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien
Dienstleistungsverkehrs darstellt, wenn der betreffende
Mitgliedstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Der EuGH
hat sich in der Entscheidung weder mit dem straf- und
steuerrechtlichen Begriff der „Lotterie“ noch
mit der Lotteriesteuer befasst und insbesondere auch nicht
entschieden, dass die Veranstaltung öffentlicher Lotterien
nicht von einer Genehmigung abhängig gemacht werden
dürfe.
Der EuGH hat zudem bereits wiederholt
anerkannt, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes
Ermessen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich
bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien,
der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung der dabei
erzielten Gewinne, aus dem Schutz der Spieler insbesondere auch vor
Betrug und anderen Straftaten und allgemeiner nach Maßgabe
der soziokulturellen Besonderheiten jedes Mitgliedstaats aus dem
Schutz der sozialen Ordnung ergeben (EuGH-Urteile vom 24.3.1994
C-275/92, Schindler, Slg. 1994, I-1039, und vom 21.10.1999 C-67/98,
Zenatti, Slg. 2003, I-7289). Diese Rechtsprechung hat der EuGH im
Urteil in Slg. 2003, I-13031 nochmals bestätigt (Rz 67). Nicht
diskriminierende Genehmigungserfordernisse sind danach bei der
Veranstaltung von Lotterien aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht
zulässig.
Das ferner von der Klägerin
angeführte EuGH-Urteil vom 13.11.2003 C-42/02, Lindman (Slg.
2003, I-13519 = SIS 04 01 37) betrifft ebenfalls nicht den Begriff
„Lotterie“. Nach dieser Entscheidung ist es mit
dem gemeinschaftsrechtlich garantierten freien
Dienstleistungsverkehr nicht vereinbar, wenn die Gewinne aus in
anderen Mitgliedstaaten veranstalteten Lotterien bei der
Einkommensteuer des Gewinners erfasst werden, Gewinne aus
inländischen Lotterien aber nicht.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit
dem Urteil vom 28.3.2006 1 BvR 1054/01 (BVerfGE 115, 276) ebenfalls
nichts am Begriff „Lotterie“ geändert.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist aufgrund dieser
Entscheidung auch die Strafvorschrift des § 287 des
Strafgesetzbuchs über die unerlaubte Veranstaltung eines
Glücksspiels nicht überholt. Das BVerfG hat nicht
entschieden, dass die Veranstaltung öffentlicher Lotterien
genehmigungsfrei möglich sein müsse, sondern lediglich
die Zulässigkeit staatlicher Glücksspielmonopole an
bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Genehmigungsvorbehalte im
Interesse des Verbraucher- und Jugendschutzes sowie der Vermeidung
von Folge- und Begleitkriminalität hat es ausdrücklich
als zulässig beurteilt.
bb) Die Voraussetzungen für das Vorliegen
einer steuerbaren Lotterie nach § 17 Satz 1 RennwLottG sind im
Streitfall erfüllt, soweit die Einsätze der Spieler bzw.
Spielgemeinschaften weder zum Abschluss von Spielverträgen mit
einem Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks (vgl. zu
dessen Organisation und Aufgaben BGH-Beschluss in NJW-RR 1999,
1266, unter I.) verwendet noch an die Spieler zurückgezahlt
wurden.
Die im Inland ansässige Klägerin
wandte sich mit ihren Spielangeboten an eine unbestimmte Vielzahl
von Inländern und somit an die inländische
Öffentlichkeit. Die Spieler hatten unbedingt einen bestimmten
Geldbetrag, den Einsatz, zu zahlen. Soweit die Einsätze nicht
mit dem vertraglich vorgesehenen Anteil zum Abschluss von
Spielverträgen mit einem Lottounternehmen verwendet wurden,
wurden sie den Spielern nicht erstattet. Stattdessen erhielten die
Spieler Gelder in Höhe der Beträge, die beim Erwerb
entsprechender Lottoscheine als Gewinne angefallen wären. So
verfuhr die Klägerin bei etwa 98 % der von den Spielern
geleisteten Einsätze, indem sie den Treuhänder anwies,
keine Lottoscheine zu erwerben und stattdessen jene an den Gewinnen
der staatlichen Lotterie ausgerichteten Beträge zu zahlen,
oder selbst entsprechende Gelder auszahlte. Soweit die
Klägerin in dieser Verfahrensweise eine Möglichkeit des
Vorgehens sieht, die gleichrangig neben dem Erwerb von
Lottoscheinen mit anschließender Auszahlung etwaiger Gewinne
bestehe und die trotz der unterbliebenen Spielevermittlung keine
Lotterie darstelle, weil nicht Gewinne ausgekehrt, sondern
Schadensersatzzahlungen geleistet worden seien, kann dem nicht
gefolgt werden.
Schon die Gleichrangigkeit beider
Verfahrensweisen ist nach den Verträgen der Klägerin mit
den Spielern zweifelhaft. Das Wort „Ersatz“
deutet vielmehr auf einen (an sich) ungewollten Ausnahmefall hin.
Wenn die Ersatzleistungen aber - ob vertraglich vorgesehen oder
nicht - tatsächlich den Regelvollzug der Verträge
bildeten, ist zur rechtlichen Einordnung des tatsächlichen
Geschehens nicht auf dessen von den Vertragsparteien gewählte
Bezeichnung abzustellen. Vielmehr ist dieses Geschehen durch die
Gerichte eigenständig zu würdigen. Für die
Besteuerung kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern den
wirtschaftlichen Gehalt der
„Ersatzansprüche“ in der tatsächlichen
Handhabung durch die Klägerin an. Dass die Leistung von
„Ersatz“ den Spielern gegenüber
ausdrücklich so bezeichnet worden sei, hat das FG im
Übrigen nicht festgestellt und wird von der Klägerin auch
nicht vorgetragen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin
hätten die Spieler kraft Gesetzes bei einem von ihr nicht
gemäß §§ 276 und 278 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) zu vertretenden Nichtzustandekommen von
Spielverträgen mit einem Lottounternehmen von ihr nicht
Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses, also in
Höhe der etwaigen entgangenen Gewinne, fordern können,
sondern lediglich die vollständige oder teilweise
Rückzahlung der geleisteten Einsätze.
Der für das Vorliegen einer Lotterie
erforderliche Plan bestand darin, dass im Regelfall keine
Spielverträge mit einem Lottounternehmen abgeschlossen werden
sollten. Vielmehr sollten die Spieler in diesem Fall einerseits aus
der Höhe der geleisteten Einsätze und andererseits auf
der Grundlage der von der Klägerin gewählten
Zahlenkombinationen aus den Gewinnzahlen und –quoten des
Deutschen Lotto- und Totoblocks errechnete Gewinnanteile erhalten.
Bei diesen Gewinnzahlen und –quoten handelt es sich um
ungewisse, wesentlich vom Zufall abhängige Ereignisse. Dass
die Klägerin nicht selbst Gewinne ausgespielt, sondern sich an
die Lotterie des Deutschen Lotto- und Totoblocks angehängt
hat, steht der Lotteriesteuerpflicht nicht entgegen (oben 1.a
aa).
Unerheblich ist, ob durch die zwischen der
Klägerin und den Spielern geschlossenen Verträge
Verbindlichkeiten begründet wurden oder ob dem
gemäß § 763 i.V.m. § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB die
fehlende staatliche Genehmigung der Lotterie entgegenstand.
Entscheidend sind die Leistung der Spieleinsätze durch die
Spieler einerseits und die Auszahlung der errechneten Gewinnanteile
andererseits. Diese Leistungen können nach § 763 Satz 2
i.V.m. § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht deshalb
zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht
bestanden hat. Die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts ist
überdies nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO)
für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die
Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts
gleichwohl eintreten und bestehen lassen.
Das Verbot, nicht genehmigte Lotterien zu
veranstalten, schließt die Besteuerung ebenfalls nicht aus.
Für die Besteuerung ist es unerheblich, ob ein Verhalten, das
den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil
erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen
die guten Sitten verstößt (§ 40 AO).
b) Die Klägerin ist als Veranstalterin
der Lotterie Steuerschuldnerin.
aa) Steuerschuldner ist der Veranstalter der
Lotterie (§ 19 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG). Dies ist nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, wer die
planmäßige Ausführung des gesamten Unternehmens
selbst oder durch andere ins Werk setzt (BFH-Beschluss vom
22.3.2005 II B 14/04, BFH/NV 2005, 1379 = SIS 05 32 88, mit
Nachweisen zur Rechtsprechung des RG, des RFH und des BFH). Das ist
derjenige, der - soweit vorhanden - Inhaber der entsprechenden
(öffentlich-rechtlichen) Genehmigung zur Veranstaltung ist,
als solcher durch die ihm erteilte Genehmigung die Abhaltung der
Glücksspiele ermöglicht bzw. die Genehmigung hätte
einholen müssen und das Spiel- oder Wettgeschehen in
tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht maßgeblich
gestaltet. Kennzeichnend für die Veranstaltereigenschaft ist
das Gestaltungsrecht für die vertragsrechtliche Ordnung des
Spielgeschehens einschließlich der Möglichkeit, die
regelungsbedürftigen Fragen im Verhältnis zu den
teilnehmenden Spielern, z.B. durch vorformulierte
Vertragsbedingungen (allgemeine Geschäftsbedingungen), zu
ordnen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379 = SIS 05 32 88).
Die Begriffsbestimmung des
„Veranstalters“ dient vor allem der Abgrenzung
zu Personen, die lediglich als Helfer tätig sind. Nicht
entscheidend ist, ob das Geschäft auf eigene oder fremde
Rechnung getätigt wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob die
Veranstaltereigenschaft nach außen hervortritt oder nicht
(BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379 = SIS 05 32 88). Die von der Klägerin zur Begründung ihrer
gegenteiligen Ansicht angeführte Rechtsprechung zum Begriff
der Einkünfteerzielung im Ertragsteuerrecht (BFH-Urteil vom
5.11.2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646 = SIS 03 07 80), zur Verwendungsabsicht im Umsatzsteuerrecht (BFH-Urteil vom
25.4.2002 V R 58/00, BFHE 200, 434, BStBl II 2003, 435 = SIS 03 18 67) und zur Bedeutung der Sicht des Durchschnittsverbrauchers
für die Auslegung umsatzsteuerrechtlicher Begriffe
(BFH-Urteile vom 31.5.2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001,
658 = SIS 01 11 12; vom 9.10.2002 V R 5/02, BFHE 200, 135, BStBl II
2004, 470 = SIS 03 09 03; vom 24.2.2005 V R 26/03, BFH/NV 2005,
1395 = SIS 05 32 95; vom 9.6.2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl
II 2006, 98 = SIS 05 39 64, und vom 10.8.2006 V R 38/05, BFHE 214,
480, BStBl II 2007, 482 = SIS 06 40 93; BFH-Beschluss vom 8.3.2006
V B 156/05, BFH/NV 2006, 1527 = SIS 06 31 02) ist nicht
einschlägig.
bb) Die Klägerin war danach
Lotterieveranstalterin i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 RennwLottG,
da sie eine eigenständige, an die Lotterie des Deutschen
Lotto- und Totoblocks angelehnte Lotterie ins Werk gesetzt hat
(vgl. oben 1.a bb). Sie hat die maßgebenden Verträge
einschließlich der Teilnahmebedingungen gestaltet und
für die Spieler bzw. Spielgemeinschaften verbindlich gemacht,
das Spielgeschehen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht
beherrscht, die Höhe der von den Spielern zu leistenden
Einsätze bestimmt und sich nicht darauf beschränkt, das
Zustandekommen von Spielgemeinschaften und den Abschluss von
Spielverträgen mit Lottounternehmen zu vermitteln. Sie hat
vielmehr in nahezu allen Fällen über die von den Spielern
geleisteten Einsätze vergleichbar einem Lottounternehmen
eigenständig verfügt und den Spielern die Gewinnanteile
zukommen lassen, die sich bei einer Teilnahme an der staatlichen
Lotterie ergeben hätten.
Das (zugelassene) Lottounternehmen war
insoweit nicht Veranstalter, da es die zugrunde liegenden
Verträge nicht gestaltet und auf das Spielgeschehen keinen
Einfluss hatte und nach dem in die Tat umgesetzten Plan der
Klägerin die Einsätze der Spieler von Ausnahmen abgesehen
nicht erhalten hat. Auch der Treuhänder war nicht
Veranstalter; er hatte weder das maßgebende Vertragswerk noch
das Spielgeschehen maßgeblich gestaltet oder beherrscht und
musste zudem Weisungen der Klägerin befolgen. Ob die
Klägerin die von den Spielern gezahlten Geldbeträge an
den Treuhänder weitergeleitet hat oder nicht - was das FG
offen gelassen hat -, bedarf keiner Klärung. Auch eine solche
Weiterleitung hätte nichts an der beherrschenden Stellung der
Klägerin geändert.
c) Das FG hat zu Recht auch die Höhe der
festgesetzten Steuer nicht beanstandet. Da Bemessungsgrundlage der
Steuer der planmäßige Preis i.S. des § 17 Satz 3
RennwLottG ist, kommt es auf die vorgesehene interne Aufteilung der
Einsätze der Spieler nicht an.
2. Die Lotteriesteuer ist mit
Gemeinschaftsrecht vereinbar.
a) Es liegt kein Verstoß gegen Art. 33
Abs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vor.
aa) Nach dieser in den Streitjahren geltenden
Regelung sind unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen die
Mitgliedstaaten nicht gehindert, u.a. Abgaben auf Spiele und
Wetten, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben,
beizubehalten oder einzuführen, sofern sie im Verkehr zwischen
den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim
Grenzübergang verbunden sind. Das Verbot, Steuern, Abgaben und
Gebühren, die den Charakter von Umsatzsteuern haben,
beizubehalten oder einzuführen, soll verhindern, dass das
Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch
steuerliche Maßnahmen eines Mitgliedstaats
beeinträchtigt wird, die den Waren- und Dienstleistungsverkehr
belasten und gewerbliche Umsätze in einer mit der
Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise erfassen.
Unzulässig sind danach Steuern, Abgaben und Gebühren, die
die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen, auch wenn
sie nicht in allen Punkten mit dieser übereinstimmen.
Diese wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer
sind die folgenden vier: Allgemeine Geltung der Steuer für
alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden
Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis,
den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die
Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der
Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe
einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl
der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden
Produktions- und Vertriebsstufen bereits entrichteten Beträge
von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die
Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe
vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom
Verbraucher getragen wird (EuGH-Urteile vom 3.10.2006 C-475/03,
Banca popolare di Cremona, Slg. 2006, I-9373 = SIS 06 44 33,
m.w.N., und vom 11.10.2007 C-283/06, KÖGAZ u.a., UR 2007, 906
= SIS 08 00 34; BFH-Urteil vom 9.10.2002 V R 81/01, BFHE 199, 507,
BStBl II 2002, 887 = SIS 03 05 55; BFH-Beschluss vom 1.2.2007 II B
51/06, BFH/NV 2007, 987 = SIS 07 62 55).
Weist eine Steuer, Abgabe oder Gebühr
auch nur eines dieser wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer
nicht auf, steht Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nach
diesen Entscheidungen der Beibehaltung oder Einführung dieser
Steuer, Abgabe oder Gebühr nicht entgegen.
bb) Die Lotteriesteuer hat danach nicht den
Charakter einer Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Sie gilt nicht
allgemein für alle sich auf Gegenstände und
Dienstleistungen beziehenden Geschäfte, sondern nur für
einen eng begrenzten Bereich. Sie wird nur auf einer Stufe erhoben
und es gibt keinen Abzug einer bei einem vorhergehenden Umsatz
(Bezug von Gegenständen und Dienstleistungen durch den
Veranstalter) entrichteten Steuer. Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer ist nicht der auf der Stufe des
Lotterieveranstalters vorhandene Mehrwert, sondern der
planmäßige Preis (Nennwert) sämtlicher Lose oder -
bei Wetten - des Wettscheines ausschließlich der Steuer
(§ 17 Satz 3 RennwLottG). Formalitäten beim
Grenzübergang fallen nicht an.
b) Die Lotteriesteuer stellt auch keine
unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit
(Art. 49, 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft) dar. Sie hat keinen diskriminierenden Charakter und
kommt aufgrund ihrer Höhe nicht praktisch einem Verbot der
Veranstaltung von Lotterien gleich. Von der Zulässigkeit der
Lotteriesteuer geht auch Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG
aus, wonach die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht gehindert
sind, Abgaben auf Spiele und Wetten zu erheben.
3. Die Lotteriesteuer verstößt
nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Ein
solcher Verstoß ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass
die Lotteriesteuer nur einen bestimmten, eng begrenzten
Steuertatbestand erfasst. Insoweit gilt nichts anderes als für
Vergnügungsteuern, insbesondere in Form der
Spielgerätesteuer, die im Grundsatz
verfassungsgemäß sind (vgl. BFH-Urteil vom 29.3.2006 II
R 59/04, BFH/NV 2006, 1354 = SIS 06 26 56; BFH-Beschluss in BFH/NV
2007, 987 = SIS 07 62 55). Die Lotteriesteuer ist eine
Verkehrsteuer, die schon vor Inkrafttreten des GG bestand und
für die bereits Art. 105 Abs. 2 GG in seiner
ursprünglichen Fassung dem Bund die konkurrierende
Gesetzgebung zuwies (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 68). Sie dient der
Erzielung von Einnahmen der Länder (Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG;
§ 3 Abs. 1 AO) und zugleich zulässigen Lenkungszwecken,
nämlich der Abwehr von Gefahren, die der Bevölkerung aus
der Ausnutzung der Spielleidenschaft zu Gewinnzwecken drohen. Die
Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren ist ein überragend
wichtiges Gemeinwohlziel, da die Spielsucht schwerwiegende Folgen
nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für
ihre Familien und für die Gemeinschaft haben kann
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 115, 276; BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1354
= SIS 06 26 56). Die Besteuerung verfolgt danach einen
hinreichenden, legitimen Gemeinschaftszweck (BFH-Beschluss in
BFH/NV 2005, 1379 = SIS 05 32 88).
Die Auferlegung einer besonderen Steuer ist
zur Erreichung dieses Zwecks geeignet und erforderlich. Auch wenn
der Spieltrieb des Menschen nicht vollständig unterdrückt
werden kann, kann er doch eingedämmt werden, wozu - neben den
einschlägigen ordnungsrechtlichen Maßnahmen - auch eine
Verteuerung des Glücksspiels mit Hilfe einer Steuer geeignet
ist. Ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel ist nicht
ersichtlich. Selbst eine sehr weitgehende Gewinnabschöpfung
durch eine Sondersteuer ist gegenüber dem Verbot der
Tätigkeit immer noch ein milderes Mittel.
Die Verhältnismäßigkeit im
engeren Sinne ist ebenfalls gegeben. Der Gesichtspunkt, dass
Gewinne aus der Veranstaltung von Glücksspielen angesichts des
streng regulierten und auf wenige Anbieter beschränkten
Marktes relativ risikolos erzielt werden können, rechtfertigt
die teilweise Abschöpfung der Gewinne durch staatliche
Abgaben, zumal mit der Lotteriesteuerpflicht eine Befreiung von der
Umsatzsteuer einhergeht (§ 4 Nr. 9 Buchst. b des
Umsatzsteuergesetzes; BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1379 = SIS 05 32 88).
4. Das FG hat zu Recht auch die Festsetzung
der Verspätungszuschläge nicht beanstandet.
a) Nach § 152 Abs. 1 AO kann gegen
denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer
Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß
nachkommt, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (Satz
1). Von einer solchen Festsetzung ist abzusehen, wenn die
Versäumnis entschuldbar erscheint (Satz 2). Ob die
Voraussetzungen für die Festsetzung eines
Verspätungszuschlags vorliegen, ist von den Gerichten
uneingeschränkt nachprüfbar. Sind sie erfüllt, muss
die zuständige Finanzbehörde nach
pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob und inwieweit im
Einzelfall ein Verspätungszuschlag festgesetzt wird. Diesen
Teil der Entscheidung darf das FG gemäß § 102 FGO
nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob die
Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei
und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des
Ermessens eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der
Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat
(BFH-Urteile vom 14.6.2000 X R 56/98, BFHE 192, 213, BStBl II 2001,
60 = SIS 00 13 31, und vom 29.3.2007 IX R 9/05, BFH/NV 2007, 1617 =
SIS 07 27 26).
b) Die Voraussetzungen für die
Festsetzung der Verspätungszuschläge waren im Streitfall
erfüllt. Die Steuerschuld entsteht nach § 19 Abs. 1 Satz
2 RennwLottG bei Lotterien mit der Genehmigung, spätestens
aber in dem Zeitpunkt, zu dem die Genehmigung hätte eingeholt
werden müssen. Die Steuer für Lotterien ist von dem
Veranstalter zu entrichten, bevor mit dem Losabsatz begonnen wird
(§ 19 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG; vgl. auch BFH-Urteil vom
30.3.1955 II 88/54 U, BFHE 60, 409, BStBl III 1955, 156 = SIS 55 00 93). Die Pflicht zur Entrichtung der Steuer umfasst auch die
Verpflichtung, eine entsprechende Steuererklärung
abzugeben.
Dieser Verpflichtung ist die Klägerin
nicht nachgekommen. Dieses Versäumnis erscheint nicht
entschuldbar. Das Verschulden des S als Geschäftsführer
ihrer Komplementärin steht nach § 152 Abs. 1 Satz 3 AO
ihrem eigenen Verschulden gleich. S war bekannt, dass die
Finanzverwaltung die Lotteriesteuerpflicht bejahte. Dass
darüber noch nicht endgültig entschieden worden war,
entschuldigt die Nichtabgabe der Steuererklärungen nicht.
Unklarheiten in der Beurteilung einer
Rechtsfrage entbinden nicht von der Verpflichtung,
Steuererklärungen abzugeben. Sie müssen im
anschließenden Besteuerungs- und ggf. Rechtsschutzverfahren
geklärt werden (BFH-Urteil vom 14.6.2000 X R 56/98, BFH/NV
2000, 1518 = SIS 00 13 31, unter 4.b). Den von der Klägerin
eingeholten Rechtsgutachten kommt danach keine Bedeutung zu. Wie
das FG zudem festgestellt hat, wird in keinem der Gutachten das
Bestehen einer Lotteriesteuerpflicht für den von der
Klägerin tatsächlich verwirklichten Sachverhalt klar
verneint. Der BFH ist nach § 118 Abs. 2 FGO an diese
Feststellungen gebunden, da die Klägerin in Bezug darauf keine
zulässigen und begründeten Revisionsgründe
vorgebracht hat. Sie verweist vielmehr nur unsubstantiiert auf eine
eingeholte fachkundige Auskunft.
c) Ermessensfehler bei der Festsetzung der
Verspätungszuschläge sind insbesondere unter
Berücksichtigung der im Vergleich zu den festgesetzten Steuern
geringen Höhe der Zuschläge nicht ersichtlich und werden
von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.