Vermietungseinnahmen, Verwendung für Optionsgeschäfte: 1. Wer seine Mieteinnahmen dazu verwendet, um Optionsgeschäfte durchzuführen, kann daraus entstehende Verluste auch dann nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, wenn er beabsichtigte, die angelegten Beträge wiederum für Zwecke der Vermietung zu verwenden. - 2. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß. - 3. Der BFH muss den Rechtsstreit nicht nach § 74 FGO wegen eines beim BVerfG anhängigen Verfahrens aussetzen, das die Verfassungsmäßigkeit einer auch für den Rechtsstreit einschlägigen Norm betrifft, wenn das FA die Steuer deshalb im Einvernehmen mit dem Kläger gemäß § 165 AO vorläufig festsetzt. - Urt.; BFH 18.9.2007, IX R 42/05; SIS 07 37 63
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist Immobilienmakler. Neben einem aus dieser
gewerblichen Tätigkeit erwirtschafteten Verlust erzielte er im
Streitjahr (2000) positive Einkünfte aus Kapitalvermögen
und aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger vermietet mehr
als vierzig Objekte. Daraus entstanden ihm im Streitjahr
Überschüsse in Höhe von 776.416 DM. Überdies
unternahm er diverse Devisenoptionsgeschäfte. Er vereinnahmte
Prämien aus eingeräumten Optionen und
veräußerte erworbene Optionen. Die Geschäfte wurden
z.T. glattgestellt. Insgesamt ergab sich daraus ein erheblicher
Verlust, um dessen steuerrechtliche Abziehbarkeit die Beteiligten
streiten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erfasste diese Einkünfte im
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr als solche aus
privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr.
2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 des Einkommensteuergesetzes
in der Fassung des Streitjahres (EStG) und lehnte den Ausgleich der
Verluste mit den anderen Einkünften des Klägers
ab.
Der Kläger trug dazu u.a. vor, die
Ergebnisse der Devisenoptionsgeschäfte seien bei seinen
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Die
Mittel, mit denen er diese Geschäfte unternommen habe,
stammten aus den Vermietungseinnahmen. Bei der Landesbank angelegte
Finanzmittel seien grundsätzlich dazu bestimmt gewesen, die
mit den Vermietungseinkünften zusammenhängenden laufenden
Kosten zu decken sowie die Anschaffung weiterer Vermietungsobjekte
zu ermöglichen.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ordnete in seinem in EFG 2006, 486 = SIS 06 14 49, veröffentlichten Urteil die Verluste aus den
Devisenoptionsgeschäften den sonstigen Einkünften zu. Die
Tätigkeit des Klägers sei - selbst wenn dessen Vortrag
zur Mittelherkunft und –verwendung als wahr unterstellt werde
- darauf gerichtet gewesen, das Kapital außerhalb der
Einkunftsart des § 21 EStG im Wege von Termingeschäften
zu vermehren. Darum seien die Verluste nicht mit Einkünften
einer anderen Einkunftsart auszugleichen. Der Verlust aus
Gewerbebetrieb könne überdies nur nach Maßgabe des
§ 2 Abs. 3 EStG abgezogen werden.
Hiergegen wendet sich die Revision, die der
Kläger auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Die
Vorschriften der § 22 Nr. 3, § 23 EStG seien
gegenüber § 21 EStG subsidiär. Im Streitfall seien
die Verluste aus den Optionsgeschäften als Werbungskosten bei
den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu
berücksichtigen. Es existiere ein
Einkünfteerzielungsvermögen, denen die aus der Vermietung
herrührenden Mittel und damit auch die damit unternommenen
Devisenoptionsgeschäfte zuzuordnen seien. Zudem seien die
Verlustausgleichsbeschränkungen verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer für das Jahr 2000
auf 0 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Während des Revisionsverfahrens hat
das FA auf Anregung des Senats im Einverständnis mit dem
Kläger am 18.4.2007 den Einkommensteuerbescheid für das
Streitjahr geändert und in Bezug auf die
Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 EStG
gemäß § 165 der Abgabenordnung (AO) für
vorläufig erklärt (vgl. den Vorlagebeschluss des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.9.2006 XI R 26/04, BFHE 214, 430,
BStBl II 2007, 167 = SIS 06 44 12).
II. 1. Das angefochtene Urteil ist aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Es kann keinen
Bestand haben; denn das FG hat über den
Einkommensteuerbescheid vom 9.12.2002 und damit über einen
nicht mehr wirksamen Bescheid entschieden (vgl. dazu BFH-Urteile
vom 27.7.2004 IX R 44/01, BFH/NV 2005, 188 = SIS 05 07 57, und vom
28.8.2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10 = SIS 03 42 92).
2. Der Senat entscheidet nach §§
100, 121 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf der Grundlage der
bestehen bleibenden Feststellungen in der Sache und weist die Klage
ab.
Zutreffend hat das FG die Verluste des
Klägers aus den Devisenoptionsgeschäften nach § 22
Nr. 2, § 23 Abs. 3 Satz 8, § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG nicht
mit Einkünften des Klägers anderer Einkunftsart
ausgeglichen.
a) Die Einkünfte des Klägers aus den
Devisenoptionsgeschäften sind als sonstige Einkünfte
steuerbar, und zwar soweit sie eingeräumte Optionen betreffen
nach § 22 Nr. 3 EStG und soweit sie sich auf erworbene
Optionen beziehen nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 und 4 EStG (vgl. zu den Optionsgeschäften eingehend die
BFH-Urteile vom 17.4.2007 IX R 23/06, BStBl II 2007, 606 = SIS 07 19 56, und IX R 40/06, BStBl II 2007, 608 = SIS 07 19 57).
Die Einkünfte gehören nicht zu den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Zwar ist diese
Einkunftsart gegenüber sonstigen Einkünften vorrangig,
was sich für Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften aus § 23 Abs. 2 EStG
und für Einkünfte aus Leistungen aus § 22 Nr. 3 EStG
ergibt. Indes erfüllen die Devisenoptionsgeschäfte, um
die es im Streitfall geht, nicht den Tatbestand der Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1
EStG und stehen mit dieser Einkunftsart auch nicht in einem
wirtschaftlichen Zusammenhang (vgl. zum Konkurrenzverhältnis
BFH-Urteil vom 21.6.1994 IX R 57/89, BFH/NV 1995, 106 = SIS 95 06 06, m.w.N.).
aa) Zwar mag sein, dass der Kläger nur
solche Mittel für seine Optionsgeschäfte einsetzte, die
er aus der Vermietung seines Grundbesitzes einnahm. Diese
Mittelherkunft kann einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der
Einkunftsart Vermietung und Verpachtung aber ebenso wenig
begründen wie die beabsichtigte Verwendung der mittels der
Optionsgeschäfte eingenommenen Beträge zur Reinvestition
in Vermietungsobjekte (vgl. BFH-Urteil vom 15.3.2000 I R 69/99,
BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355 = SIS 00 08 92, m.w.N.). Denn
zwischen die Vermietertätigkeit und die geltend gemachten
Verluste tritt das jeweilige Optionsgeschäft als
eigenständige Erwerbsquelle (vgl. zur Abgrenzung auch
BFH-Urteil vom 5.4.2006 IX R 111/00, BFHE 213, 341, BStBl II 2006,
654 = SIS 06 30 10, unter II. 2., m.w.N.). Aus Sicht der
Vermietungstätigkeit stellt die Anlage der vereinnahmten
Mieten zur Durchführung der Optionsgeschäfte
Einkommensverwendung dar, die nur deshalb steuerrechtlich bedeutsam
ist, weil dadurch wieder einer Einkunftsart zuzurechnende
Einkünfte - hier solche aus sonstigen Einkünften -
bezogen werden (vgl. dazu auch Birkenfeld, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 25 Rz B 43).
bb) Entgegen der Revision kann ein
Zusammenhang der Verluste aus den Optionsgeschäften mit den
vom Kläger erzielten Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung auch nicht aus der Rechtsprechung hergeleitet werden.
Zwar hat der Senat in seinem Urteil in BFH/NV 1995, 106 = SIS 95 06 06, einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen vereinnahmten
Zinsen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bejaht,
wenn Verzugszinsen für den Kaufpreis aus der
Veräußerung eines Hauses anfallen, der zur Finanzierung
eines anderen - zur Vermietung genutzten - Hauses bestimmt ist. Der
entscheidende Unterschied zum Streitfall liegt aber darin, dass
dort der Verkäufer nicht frei über den Kaufpreis
verfügen konnte. Vielmehr musste der Käufer aufgrund des
Kaufvertrags den Kaufpreis an die kreditierende Bank im
Treuhandauftrag überweisen. Demgegenüber hatte der
Kläger seine Einnahmen aus der Vermietung zur freien
Verfügung. Es stand in seinem Belieben, ob und - wenn ja -
welche Beträge er für Optionsgeschäfte verwendet.
Allein der Entschluss, Erlöse daraus wiederum im Zusammenhang
mit den Vermietungen zu verwenden, kann als bloßer Willensakt
einen wirtschaftlichen Zusammenhang nicht begründen.
Überdies entschied ja erst der wirtschaftliche Erfolg der
Optionsgeschäfte darüber, ob überhaupt Mittel zur
Reinvestition in das Grundvermögen zur Verfügung standen.
Dazu bedurfte es zudem - wie in der mündlichen Verhandlung
hervorgehoben - weiterer wirtschaftlicher Dispositionen des
Klägers, z.B. ob die Optionen glattgestellt oder das jeweilige
Basisgeschäft durchgeführt werden sollte. Dies ist ein
weiterer Beleg für die Eigenständigkeit der Erwerbsquelle
der sonstigen Einkünfte.
Daran fehlt es in den Fällen, in denen
die Rechtsprechung Guthabenzinsen aus Bausparverträgen und im
Zusammenhang damit geleistete Schuldzinsen der Einkunftsart
Vermietung und Verpachtung zuordnet. Weil die Zwischenfinanzierung
nur eingesetzt wird, um (früher) ein Bauspardarlehen zugeteilt
zu bekommen, führt sie nicht zu einer eigenständigen
Erwerbsquelle (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil vom 9.11.1982 VIII
R 188/79, BFHE 137, 300, BStBl II 1983, 172 = SIS 83 04 06,
m.w.N.).
Der Senat kann unerörtert lassen, ob es -
wie die Revision meint - ein Einkünfteerzielungsvermögen
gibt (vgl. zum Diskussionsstand Blümich/Thürmer, § 9
EStG Rz 496; Schmidt/Drenseck, EStG, 26. Aufl., § 9 Rz 178).
Denn die Optionsgeschäfte fallen schon deshalb nicht in eine -
wie immer geartete - „Vermietungssphäre“,
weil sie - wie dargelegt - nicht mit dieser Einkunftsart
wirtschaftlich zusammenhängen.
b) Als sonstige Einkünfte dürfen die
Verluste aus Devisenoptionsgeschäften nicht mit anderen
Einkünften des Klägers ausgeglichen werden. Dagegen
bestehen keine verfassungsrechtlichen Zweifel. Dies hat der BFH
für § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG explizit entschieden
(BFH-Urteil vom 18.10.2006 IX R 28/05, BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44). Das gilt aber auch für § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG.
Der Senat hat in seinem Urteil vom 1.6.2004 IX R 35/01 (BFHE 206,
273, BStBl II 2005, 26 = SIS 04 23 56) die systematische und
strukturelle Verknüpfung der
Verlustausgleichsbeschränkungen in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG
und in § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG hervorgehoben. Überdies
ist der Gesetzgeber nach dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91
(BVerfGE 99, 88 = SIS 98 23 05, unter B. II. 4. d) befugt, die
Unschärfe des § 22 Nr. 3 EStG typisierend - wie de lege
lata geschehen - durch eine Begrenzung der Verlustverrechnung
auszugleichen (so auch das BFH-Urteil in BFHE 206, 273, BStBl II
2005, 26 = SIS 04 23 56, unter II. 2. b).
c) Nach diesen Grundsätzen ist die Klage
abzuweisen. Zwar kommt es - gleicht man, wie im Streitfall, die
Verluste aus sonstigen Einkünften nicht mit den positiven
Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen und aus
Vermietung und Verpachtung aus - darauf an, in welcher Höhe
die Verluste aus Gewerbebetrieb mit den positiven Einkünften
anderer Einkunftsarten nach § 2 Abs. 3 EStG (a.F.)
auszugleichen sind. Wegen der hinsichtlich dieser Vorschrift
bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken (eingehend dazu
BFH-Beschluss in BFHE 214, 430, BStBl II 2007, 167 = SIS 06 44 12)
braucht der Senat das Verfahren allerdings nicht nach § 74 FGO
auszusetzen, bis im Verfahren vor dem BVerfG über die Vorlage
des XI. Senats mit dem Aktenzeichen 2 BvL 59/06 eine Entscheidung
ergeht. Denn das FA hat den Bescheid nach § 165 AO im
Einvernehmen mit dem Kläger insoweit vorläufig erlassen.
Deshalb kann der Senat ohne drohenden Rechtsverlust für den
Kläger in der Streitsache entscheiden (vgl. dazu BFH-Urteile
vom 7.2.1992 III R 61/91, BFHE 167, 279, BStBl II 1992, 592 = SIS 92 13 93, und vom 13.4.2000 XI R 3, 4/99, BFH/NV 2001, 41 = SIS 01 50 36).