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Erhalt von Bestechungsgeldern, Herausgabe an den Arbeitgeber

Erhalt von Bestechungsgeldern, Herausgabe an den Arbeitgeber: 1. Dem Arbeitnehmer von einem Dritten gezahlte Bestechungsgelder sind sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 EStG. - 2. Die Herausgabe der Bestechungsgelder an den geschädigten Arbeitgeber führt im Abflusszeitpunkt zu Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG. - 3. Die Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß. - Urt.; BFH 16.6.2015, IX R 26/14; SIS 15 23 07

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Gewinnermittlung, Schätzung
Fundstellen
  1. BFH 16.06.2015, IX R 26/14
    BStBl 2015 II S. 1019
    DStR 2015 S. 2321

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 7.12.2015
    E. Ratschow in BFH/PR 1/2016 S. 1
    KAM in Stbg 4/2016 S. M 8
Normen
[GG] Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
[EStG] § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Nr. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 26.06.2014, SIS 14 26 27, Bestechungsgeld, Schaden, Vergleich, Sonstige Einkünfte, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 1.8.2023, SIS 23 14 95, Zur Berücksichtigung von zurückgezahlten Erstattungszinsen im Sinne des § 233 a Abs. 1 der Abgabenordnung...
  • FG Köln 26.4.2023, SIS 23 13 66, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen bei Verletzung des subjektiven Nettoprinzips: 1. Der...
  • BFH 11.12.2020, SIS 21 05 01, Facharztausbildung, "Thüringen-Stipendium", Wiedereinsetzung: 1. Einen Prozessbevollmächtigten trifft an ...
  • FG Münster 13.3.2020, SIS 21 15 76, Zahlungen aufgrund geänderter Zinsfestsetzung als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen: Negative Einnah...
  • BGH 5.9.2019, SIS 20 06 41, Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr, steuerliche Berücksichtigung der Vermögensabschöpfung: Doppelb...
  • FG München 25.7.2019, SIS 20 12 23, Sonstige Einkünfte: Zur Abgrenzung zwischen Darlehen und sonstigen Einkünften aus Bestechungsgeldern im S...
  • BFH 13.3.2018, SIS 18 09 67, Einkünfte aus Leistungen, "Break Fee": Hat der Leistende nicht die Möglichkeit, durch seine Leistung das ...
  • BFH 31.1.2017, SIS 17 04 08, Besteuerung von Entschädigungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter: 1. Eine Entschädigung für Ver...
  • FG Köln 1.6.2016, SIS 16 18 05, Rückkauf von Anteilen an grundstücksverwaltender PersGes kann steuerpflichtiges privates Veräußerungsgesc...
  • FG München 11.4.2016, SIS 16 15 68, Veräußerung von durch Schenkungsvertrag erworbenen GmbH-Anteilen: 1. Bei der Veräußerung von GmbH-Anteile...
Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.6.2014 5 K 3082/12 = SIS 14 26 27 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

1

I. Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung der Herausgabe von Dritter Seite erhaltener Bestechungsgelder an den geschädigten Arbeitgeber im Streitjahr 2006.

 

 

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bei der X-GmbH für die Vergabe von Aufträgen zuständig. Für die Bevorzugung eines bestimmten Auftragnehmers erhielt er nach der Hingabe von Scheinrechnungen seiner Ehefrau über nicht erbrachte Leistungen an den Auftragnehmer in den Jahren 2000 bis 2005 insgesamt Zahlungen in Höhe von 1.924.734,82 EUR. Das seinerzeit für die Besteuerung des Klägers zuständige Finanzamt (FA) berücksichtigte die Zahlungen zunächst erklärungsgemäß als Einkünfte der Ehefrau. Nach Aufdeckung des Bestechungsvorgangs kündigte der Arbeitgeber des Klägers das Anstellungsverhältnis ordentlich zum 30.9.2005 sowie später außerordentlich. Im Abwicklungsvertrag wurde für den Fall der ordentlichen Kündigung festgelegt, dass der Kläger aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 245.000 EUR sowie für das Geschäftsjahr 2004 einen Bonus in Höhe von 13.000 EUR erhalten sollte. Gleichzeitig wurde der Kläger seitens seines Arbeitgebers auf Schadensersatz verklagt. Mit Vereinbarung vom 16.8.2006 verpflichtete sich der Kläger, zur Schadenswiedergutmachung einen Betrag in Höhe von 1,2 Mio. EUR an den Arbeitgeber zu zahlen. Zugleich akzeptierte der Kläger die ihm gegenüber ausgesprochene außerordentliche Kündigung und verzichtete auf die Geltendmachung der Abfindung sowie auf sämtliche Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Die Beträge sollten den Schaden abgelten, der dem Arbeitgeber durch das Verhalten des Klägers entstanden war. Im Nachgang zu einer Prüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung erfolgte für die Veranlagungszeiträume bis 2005 eine Erfassung der Bestechungsgelder beim Kläger als Einkünfte nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

 

3

In der Einkommensteuererklärung 2006 machte der Kläger einen Betrag in Höhe von 1.425.834,28 EUR als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dieser Betrag setzte sich u.a. zusammen aus der Zahlung der 1,2 Mio. EUR an seinen vormaligen Arbeitgeber, dem Verzicht auf die Abfindung, den der Kläger mit dem Nettowert nach Steuer mit 55 % von 245.000 EUR = 134.750 EUR ansetzte und dem Verzicht auf Pensionsansprüche in Höhe von 32.801 EUR. Das FA berücksichtigte die Beträge zunächst erklärungsgemäß.

 

 

4

Am 1.6.2010 erließ das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2006, in dem es die Werbungskosten unter Hinweis auf § 22 Nr. 3 EStG und die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.1.2000 IX R 87/95 (BFHE 191, 274, BStBl II 2000, 396 = SIS 00 08 52) nicht mehr ansetzte. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

 

 

5

Die dagegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) mit der in EFG 2014, 1856 = SIS 14 26 27 veröffentlichten Entscheidung hinsichtlich des streitigen Veranlagungszeitraums 2006 als unbegründet abgewiesen.

 

 

6

Mit seiner Revision bringt der Kläger vor, die Zahlungen seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Die Zahlung habe in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gestanden. Insoweit habe auf der Grundlage der §§ 687 Abs. 2, 681, 667 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein Herausgabeanspruch des Arbeitgebers bestanden. Gesichtspunkte wie Verschulden, Strafbarkeit oder die moralische Einordnung spielten keine Rolle. Sollten die Zahlungen an den Arbeitgeber nicht den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zuzuordnen sein, seien diese als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG abziehbar. Nach der Rechtsprechung des BFH in BFHE 191, 274, BStBl II 2000, 396 = SIS 00 08 52 finde das Verlustausgleichsverbot nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG keine Anwendung. Das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gebiete es, die Rückzahlung der versteuerten Bestechungsgelder im Zeitpunkt des Abflusses der Beträge in voller Höhe steuermindernd zu berücksichtigen. Die Rückzahlung sei direkte Folge der Handlung gewesen, die zu den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG geführt habe. Ob man die Zahlungen als negative Einnahmen oder als Werbungskosten einordne, spiele keine Rolle. Es komme nicht darauf an, ob die Bestechungsgelder an den Leistenden oder an den geschädigten Arbeitgeber zurückgezahlt würden. Negative Einnahmen setzten gerade nicht voraus, dass die Rückzahlung stets an den ursprünglich Leistenden zurückgezahlt worden seien.

 

 

7

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 26.6.2014 sowie den Einkommensteuerbescheid vom 1.6.2010 aufzuheben.

 

 

8

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

 

 

10

Das FG hat zutreffend die dem Kläger zugeflossenen Bestechungsgelder als Einnahmen aus sonstigen Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG beurteilt (1.). Es hat ferner zutreffend die im Streitjahr erfolgte Rückzahlung in Höhe des tatsächlich geleisteten Betrags von 1,2 Mio. EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG berücksichtigt (2.). Schließlich hat das FG zu Recht das Verlustausgleichsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG angewandt (3.).

 

 

11

1. Bei den dem Kläger in den Jahren 2000 bis 2005 zugeflossenen Bestechungsgeldern handelt es sich um Einnahmen aus sonstigen Leistungen i.S. vom § 22 Nr. 3 EStG. Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG) noch zu den Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1, 1 a, 2 oder 4 EStG gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände. Eine (sonstige) Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Unterlassen oder Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das um des Entgelts willen erbracht wird. Hierzu gehört auch das einem Arbeitnehmer von Dritten gezahlte Bestechungsgeld (vgl. BFH-Urteile in BFHE 191, 274, BStBl II 2000, 396 = SIS 00 08 52, unter 1.; vom 31.5.2000 IX R 73/96, BFH/NV 2001, 25 = SIS 01 50 18, unter II.1.a; Beschluss vom 20.7.2007 XI B 193/06, BFH/NV 2007, 1887 = SIS 07 32 38; Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Rz 430 Stichwort „Bestechungsgelder“).

 

 

12

2. Das Zurückzahlen von - gemäß § 22 Nr. 3 EStG als sonstige wiederkehrende Einkünfte steuerpflichtigen - Bestechungsgeldern ist im Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen.

 

 

13

a) Die der Einkommensteuer unterliegenden sonstigen Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG ergeben sich aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 2 EStG). Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt grundsätzlich auch für die Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 274; BStBl II 2000, 396 = SIS 00 08 52, unter 2.a; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.4.2009 7 K 737/09 = SIS 10 10 54, unter 1.a bb).

 

 

14

b) Die Rückzahlung der vom Kläger empfangenen Bestechungsgelder ist im Zeitpunkt des Abflusses der Beträge in Höhe von 1,2 Mio. EUR in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Denn die Zahlung an seinen Arbeitgeber ist durch den Empfang der Gelder und damit durch die Tätigkeit des Klägers für den die Bestechungsgelder Leistenden veranlasst. Ohne den Erhalt der Bestechungsgelder hätte kein Anspruch des Arbeitgebers bestanden. Denn die erhaltenen Schmiergelder waren von Beginn an mit einem Herausgabeanspruch des Arbeitgebers für den Fall der Aufdeckung der Bestechung belastet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat ein Arbeitnehmer angenommene „Schmiergelder“ an den Arbeitgeber nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2, § 667 BGB herauszugeben (vgl. u.a. BAG-Urteil vom 26.2.1971 3 AZR 97/70, DB 1971, 1162, m.w.N.; Thüsing in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, § 611 BGB Rz 366). Die Annahme eines Herausgabeanspruches wird auch seitens des Bundesgerichtshofes (BGH) geteilt, der diesen allerdings auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S. von § 675 BGB stützt, demzufolge der zur Geschäftsbesorgung Verpflichtete die erhaltenen Schmiergelder nach § 667 BGB herauszugeben habe, da sie „aus der Geschäftsbesorgung erlangt“ seien (vgl. BGH-Urteil vom 7.1.1963 VII ZR 149/61, NJW 1963, 649 = SIS 63 08 23).

 

 

15

Soweit der Kläger zusätzlich noch den Verzicht auf seine Abfindung und die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung als Werbungskosten berücksichtigt haben will, hat das FG zu Recht einen Zusammenhang mit den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG verneint. Denn zum einen steht der Verzicht auf diese Beträge nicht in Zusammenhang mit dem Zufluss der Bestechungsgelder, sondern diente der Schadenswiedergutmachung gegenüber seinem Arbeitgeber. Zum anderen waren diese Beträge nach den Feststellungen des FG dem Kläger auch noch nicht zugeflossen (vgl. § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung). Das bloße Innehaben von - im Übrigen vom Schuldner bestrittenen - Ansprüchen auf Lohn führt den Zufluss noch nicht herbei (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23.6.2005 VI R 124/99, BFHE 209, 459, BStBl II 2005, 766 = SIS 05 33 29, unter II.1.c; Schmidt/Krüger, EStG, 34. Aufl., § 19 Rz 76), so dass im Verzicht auf die Ansprüche auch kein Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 EStG zu sehen ist.

 

 

16

c) Ein Zusammenhang der Zahlung mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit liegt nach den Feststellungen des FG nicht vor. Das Bestechungsgeld war danach ohne Wissen und entgegen den Interessen des Arbeitgebers gezahlt worden. Es war nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und daher auch keine Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit. Die Würdigung des FG, die an den Arbeitgeber geleistete Zahlung sei deshalb nicht den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 19 EStG), sondern den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG zuzuordnen, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 191, 274, BStBl II 2000, 396 = SIS 00 08 52, unter 1.; BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1887 = SIS 07 32 38; Schmidt/Krüger, EStG, 34. Aufl., § 19 Rz 100 Stichwort „Bestechungsgeld“).

 

 

17

3. Soweit für das Streitjahr 2006 die Werbungskosten die Einnahmen des Klägers aus § 22 Nr. 3 EStG übersteigen, hat das FA die steuerliche Berücksichtigung dieser Verluste durch Verrechnung mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten zu Recht versagt. Denn das Verlustausgleichsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG steht einer Verrechnung des entstandenen Verlusts mit den übrigen steuerbaren Einkünften des Klägers entgegen (a). Entgegen der Auffassung des Klägers liegen keine negativen Einkünfte vor, auf die das Verlustausgleichsverbot keine Anwendung findet (b). Die Anwendung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ist auch von Verfassung wegen nicht zu beanstanden (c).

 

 

18

a) Nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG dürfen Werbungskostenüberschüsse aus dieser Einkunftsart nicht mit Gewinnen bzw. Überschüssen aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG schließt daher den vertikalen Verlustausgleich aus. Verluste aus diesen Geschäften mindern jedoch gemäß Satz 4 der Vorschrift nach Maßgabe des § 10d EStG die Einkünfte des Steuerpflichtigen in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder den folgenden Veranlagungszeiträumen aus Geschäften i.S. des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG. Der Kläger kann daher die im Streitjahr entstandenen negativen Einkünfte aus § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG nicht mit seinen übrigen positiven Einkünften verrechnen.

 

 

19

b) Es liegen in Gestalt der zurückgezahlten Beträge keine negativen Einkünfte vor, auf die das Verlustausgleichsverbot keine Anwendung findet.

 

 

20

aa) Sind zurückgezahlte Einnahmen als sog. negative Einnahmen steuermindernd zu berücksichtigen, ist § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG schon nach seinem Wortlaut nicht anwendbar. Denn dieser setzt voraus, dass die Werbungskosten die Einnahmen übersteigen. Den Abzug von Verlusten aus negativen Einnahmen schließt § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG nicht aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 274, BStBl II 2000, 396 = SIS 00 08 52, unter 3.). Negative Einnahmen liegen vor, wenn die Rückzahlung einer Einnahme durch das der Auszahlung zugrunde liegende Rechtsverhältnis veranlasst ist (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 34. Aufl., § 20 Rz 24). Die Annahme von negativen Einnahmen setzt daher voraus, dass die Einnahmen an den zuvor Zahlenden zurückerstattet werden (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 13.12.1963 VI 22/61 S, BFHE 78, 477, BStBl III 1964, 184 = SIS 64 01 14, und vom 17.9.2009 VI R 17/08, BFHE 226, 317, BStBl II 2010, 299 = SIS 09 34 52, unter II.1.a; s. auch Hermenns/Sendke, FR 2014, 550, 552, m.w.N.).

 

 

21

bb) Das ist hier nach den bindenden und nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) nicht der Fall. Denn der Kläger hat nicht die erhaltenen Bestechungsgelder an den Leistenden zurückgezahlt. Vielmehr hat er nach den Feststellungen des FG diese an seinen Arbeitgeber geleistet, weil er aufgrund der erhaltenen Zahlungen seitens seines Arbeitgebers in Anspruch genommen worden ist. Denn die zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber abgeschlossene Vereinbarung, auf die das FG in seinen tatsächlichen Feststellungen ausdrücklich Bezug nimmt, hatte zum Gegenstand, dass der Kläger im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch in Höhe von 2.292.885,92 EUR einen Betrag von 1,2 Mio. EUR entrichtet und sich gleichzeitig verpflichtet, die von ihm erhobene Kündigungsschutzklage zurückzuziehen. Zudem bestand ein weiterer Teil der Gegenleistung des Klägers für den Anspruchsverzicht seines Arbeitgebers, dass der Kläger auf jegliche Abfindung im Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis und sämtliche Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung verzichtet. Der Kläger hat mithin nicht lediglich die erhaltenen Bestechungsgelder an den Zahlenden zurückerstattet. Statt dessen hat er „Schadenswiedergutmachung“ geleistet, indem er aufgrund eines zuvor abgeschlossenen Vergleichs einen Teil des gegen ihn geltend gemachten Anspruchs seines Arbeitgebers befriedigt und im Übrigen auf ihm zustehende Ansprüche verzichtet hat.

 

 

22

c) Das Verlustausgleichsverbot in § 22 Nr. 3 Satz 3 und 4 EStG ist auch von Verfassung wegen nicht zu beanstanden.

 

 

23

aa) Dies hat der Senat für § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG (BFH-Urteile vom 18.9.2007 IX R 42/05, BFHE 219, 81, BStBl II 2008, 26 = SIS 07 37 63, unter II.2.b; vom 11.2.2014 IX R 46/12, BFH/NV 2014, 1025 = SIS 14 15 73, und BFH-Beschluss vom 9.12.2009 IX B 132/09, BFH/NV 2010, 646 = SIS 10 08 73, unter 2.b) und für § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG a.F. (BFH-Urteil vom 18.10.2006 IX R 28/05, BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44) entschieden. Überdies ist der Gesetzgeber nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88 = SIS 98 23 05, unter B.II.4.d) befugt, die Unschärfe des § 22 Nr. 3 EStG typisierend - wie de lege lata geschehen - durch eine Begrenzung der Verlustverrechnung auszugleichen (so auch die BFH-Urteile vom 1.6.2004 IX R 35/01, BFHE 206, 273, BStBl II 2005, 26 = SIS 04 23 56, unter II.2.b; in BFHE 219, 81, BStBl II 2008, 26 = SIS 07 37 63, unter II.2.b, sowie in BFH/NV 2014, 1025 = SIS 14 15 73, unter II.4.b aa).

 

 

24

bb) Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, § 22 Nr. 3 Satz 3 und 4 EStG verletze Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 8 Rz 68 zu Fußn. 2; Rz 545), folgt der Senat dem nicht.

 

 

25

(1) Das BVerfG hat nur den völligen Ausschluss der Verlustverrechnung durch § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a.F. als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG qualifiziert (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 88 = SIS 98 23 05). Insoweit hat das Gericht lediglich den Ausschluss des periodenübergreifenden Verlustabzugs innerhalb der Einkünfte aus Leistung beanstandet, nicht aber das Verbot der Verlustverrechnung mit anderen Einkünften (vertikaler Verlustabzug). Es hat aber gerechtfertigt gehalten, den Steuerpflichtigen, der Einkünfte aus § 22 Nr. 3 EStG erzielt, bei Verlusten auf die Möglichkeit einer periodenübergreifenden Verlustverrechnung innerhalb derselben Einkunftsart zu verweisen und ihm einen vertikalen Verlustausgleich zu verweigern. Der Gesetzgeber hat diesen eingeschränkten Verlustausgleich durch die ergänzende Regelung des § 22 Nr. 3 Satz 4 EStG geschaffen.

 

 

26

(2) Das objektive Nettoprinzip als Ausprägung des Leistungsfähigkeitsprinzips wird durch die Regelung des § 22 Nr. 3 Satz 3 und 4 EStG ebenfalls nicht verletzt. Das objektive Nettoprinzip erfordert zwar die steuerliche Berücksichtigung von erwerbsmindernden Aufwendungen, die mit der Erzielung von Einkünften in unmittelbarem Zusammenhang stehen, und ist in § 2 Abs. 2 EStG einfachgesetzlich angelegt (vgl. etwa BVerfG-Beschluss vom 14.7.2006 2 BvR 375/00, BVerfGK 8, 388, HFR 2007, 274 = SIS 06 36 88, unter III.1.). Es genügt dem Leistungsfähigkeitsprinzip jedoch, wenn der Verlustausgleich nicht vollständig ausgeschlossen, sondern zeitlich gestreckt wird und Verluste gegebenenfalls erst in einem anderen Veranlagungszeitraum steuerlich berücksichtigt werden. Diesen Anforderungen wird § 22 Nr. 3 Satz 3 und 4 EStG in gleicher Weise gerecht wie die gleichlautende Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 8 und 9 EStG (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259 = SIS 07 00 44, unter II.2.) oder andere einkunftsartspezifische Verlustausgleichsregelungen (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 24.4.2012 IV B 84/11, BFH/NV 2012, 1313 = SIS 12 19 06, unter 1.a, zu § 15 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG – Verluste aus gewerblicher Tierzucht; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 8.4.2013 10 K 3512/11, DStR Entscheidungsdienst 2015, 270, Revision anhängig unter IV R 20/13, zu § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG - Verlust aus Termingeschäften).

 

 

27

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

 

Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

1. Der vereinbarte Verzicht auf die Abfindung des Arbeitnehmers und dessen Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung konnte mangels Zusammenhang mit den Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden, weil er nicht mit dem Zufluss der Bestechungsgelder, sondern mit der Schadenswiedergutmachung gegenüber dem Arbeitgeber im Zusammenhang stand und im Übrigen die vom Verzicht erfassten Beträge im Streitzeitraum noch nicht zugeflossen waren (kein Zufluss allein wegen Bestehen eines Lohnanspruchs, vgl. BFH-Urteil vom 23.6.2005 VI R 124/99 = SIS 05 33 29, BStBl 2005 II S. 766).

2. Das Verlustausgleichsverbot in § 22 Nr. 3 Satz 3 und 4 EStG ist auch von Verfassung wegen nicht zu beanstanden, wie der BFH unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung erneut – gegen Auffassungen im Schrifttum (vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 8 Rz. 68 zu Fußn. 2; Rz. 545) – bestätigt hat (vgl. BFH-Urteile vom 18.9.2007 IX R 42/05 = SIS 07 37 63, BStBl 2008 II S. 26; vom 11.2.2014 IX R 46/12 = SIS 14 15 73, BFH/NV 2014 S. 1025).