Auf die Revision der Kläger wird das
Urteil des Finanzgerichts München vom 04.05.2021 - 2 K 1666/20
= SIS 22 06 96 aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, den
Einkommensteuerbescheid 2012 vom 15.07.2020 dahingehend zu
ändern, dass die Erstattungszinsen in Höhe von 203.022
EUR nicht der Tarifbesteuerung, sondern dem ermäßigten
Steuersatz nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes
unterworfen werden.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2012 zur
Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger erzielte
gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb eines
Kraftfahrzeughandels; seinen Gewinn ermittelte er durch
Betriebsvermögensvergleich.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) erließ am 28.11.2012 geänderte
Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 2000. Diese
beruhten auf einer tatsächlichen Verständigung, mit der
ein insgesamt mehr als acht Jahre andauerndes Einspruchs-, Klage-
und Revisionsverfahren, das aus einer Steuerfahndungsprüfung
hervorgegangen war, im zweiten Rechtsgang vor dem Finanzgericht
(FG) abgeschlossen wurde. Mit den Bescheiden wurde die Umsatzsteuer
um insgesamt 321.774 EUR herabgesetzt; ferner wurden - nach den
Feststellungen des FG - Erstattungszinsen in Höhe von
insgesamt 203.022 EUR festgesetzt.
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Der Kläger behandelte diese
Beträge in seinem Jahresabschluss zum 31.12.2012 als
gewinnerhöhend. Das FA übernahm den erklärten Gewinn
in den - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen -
Einkommensteuerbescheid 2012 vom 07.07.2014.
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Am 20.10.2014 stellten die Kläger den
vorliegend streitgegenständlichen Antrag auf Änderung des
Einkommensteuerbescheids 2012 nach § 164 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO). Sie begehrten die Anwendung des
ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die geballt zu
versteuernden Umsatzsteuererstattungen sowie auf die
Erstattungszinsen. Dies begründeten sie im Wesentlichen mit
dem kurz zuvor veröffentlichten Senatsurteil vom 25.02.2014 - X R 10/12 (BFHE
245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42).
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Das FA lehnte den Antrag ab und wies am
13.07.2020 auch den Einspruch zurück. Am 15.07.2020
erließ es jedoch einen geänderten
Einkommensteuerbescheid für 2012, mit dem es den
ermäßigten Steuersatz, allerdings nur in Bezug auf die
Umsatzsteuererstattungen in Höhe von 321.774 EUR,
gewährte.
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Die sich nur noch auf die
Tarifbegünstigung der Erstattungszinsen beziehende Klage hatte
keinen Erfolg. Das FG verwies zur Begründung im Wesentlichen
auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.11.2013 - VIII R 36/10
(BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168 = SIS 14 04 29).
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Mit ihrer Revision bringen die Kläger
vor, der in § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG verwendete Begriff der
„Vergütung“ sei nach der neueren
höchstrichterlichen Rechtsprechung weit zu verstehen. Die
erforderliche Begrenzung werde erst durch das weitere
Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit vorgenommen.
Für einen Kraftfahrzeughändler sei die Auszahlung von
Erstattungszinsen für mehrere Jahre nach einem
langjährigen Rechtsstreit mit dem FA ein atypischer Vorgang.
Außerdem teilten Erstattungszinsen als steuerliche
Nebenleistung das rechtliche Schicksal der Hauptleistung, hier der
- unstreitig unter § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG fallenden -
Umsatzsteuererstattung.
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Die Kläger beantragen
sinngemäß,
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das angefochtene Urteil aufzuheben und das
FA zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 15.07.2020
dahingehend zu ändern, dass die Erstattungszinsen in Höhe
von 203.022 EUR nicht der Tarifbesteuerung, sondern dem
ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG
unterworfen werden.
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Es hält die Vorentscheidung und
insbesondere das BFH-Urteil vom 12.11.2013 - VIII R 36/10 (BFHE
243, 506, BStBl II 2014, 168 = SIS 14 04 29) für zutreffend.
Aufgrund der umfassenden Begründung in jener Entscheidung des
VIII. Senats, die sämtliche Zinseinnahmen aus dem
Anwendungsbereich des § 34 EStG ausschließe, wäre
eine Entscheidung im Sinne der Kläger nur dann möglich,
wenn das Verfahren nach § 11 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
eingehalten würde.
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11
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Ergänzend bringt das FA vor, es sei
ein typischer Ablauf, dass der Fiskus einem Gewerbetreibenden, der
nach einer Außen- oder Fahndungsprüfung Nachzahlungen
entrichtet habe, nach einem (teilweise) erfolgreichen
anschließenden Rechtsmittelverfahren hohe Erstattungszinsen
zahlen müsse.
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12
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II. Die Revision der Kläger ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Stattgabe der von den Klägern erhobenen
Verpflichtungsklage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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13
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Es handelt sich nicht nur bei den aufgrund des
langjährigen Rechtsstreits zusammengeballt zu versteuernden
Umsatzsteuererstattungen, sondern auch bei den darauf beruhenden
Erstattungszinsen um ermäßigt zu besteuernde
außerordentliche Einkünfte in Gestalt von
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten (§
34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG).
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Die von der neueren höchstrichterlichen
Rechtsprechung verwendete - weite - Begriffsbestimmung der
„Vergütung für mehrjährige
Tätigkeiten“ ist im Streitfall
erfüllt (dazu unten 1.). Auch die
„Außerordentlichkeit“ der
Einkünfte - als einengendes Korrektiv des weiten
Vergütungsbegriffs - ist gegeben (unten 2.). Die für
bestimmte Nutzungsvergütungen und Zinsen geltende Regelung des
§ 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG entfaltet im Streitfall keine
Sperrwirkung (unten 3.). Die Rechtsprechung anderer Senate des BFH
steht dieser rechtlichen Beurteilung nicht entgegen (unten 4.).
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1. Die Erstattungszinsen stellen im Streitfall
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten im
Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar.
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a) Vergütungen sind nach der von der
neueren Rechtsprechung verwendeten Definition alle Vorteile von
wirtschaftlichem Wert, die der Steuerpflichtige im Rahmen der
jeweiligen Einkunftsart erzielt (ständige
höchstrichterliche Rechtsprechung seit dem Senatsurteil vom
25.02.2014 - X R 10/12 (BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42, Rz 47; vgl. ferner BFH-Entscheidungen vom 20.09.2016 - X R
23/15, BFHE 255, 209, BStBl II 2017, 347 = SIS 16 27 50, Rz 21; vom
09.10.2018 - VIII B 49/18, BFH/NV 2019, 17 = SIS 18 17 74, Rz 7,
und vom 06.05.2020 - X R 24/19, BFHE 269, 265, BStBl II 2021, 141 =
SIS 20 19 65, Rz 13).
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Unter diese Begriffsbestimmung fallen auch
Erstattungszinsen zu Betriebssteuern, die - wie im Streitfall - zu
den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören. Denn es
handelt sich um Vorteile von wirtschaftlichem Wert, die im Rahmen
der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden.
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b) Die Vergütungen sind auch für
eine „Tätigkeit“ bezogen
worden.
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aa) Allerdings hat das FG - unter Berufung auf
das Urteil des VIII. Senats des BFH vom 12.11.2013 - VIII R 36/10
(BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168 = SIS 14 04 29, Rz 37) -
ausgeführt, der Wortsinn des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG stehe
der Subsumtion von Erstattungszinsen unter diese Vorschrift
entgegen, da eine solche Zinszahlung keine Tätigkeit, sondern
eine durch Verwaltungsakt bestimmte zwangsweise
Kapitalüberlassung vergüte.
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bb) Demgegenüber schließt nach
Auffassung des erkennenden Senats allein der Umstand, dass der
Steuerpflichtige eine bestimmte Handlung aufgrund einer ihn
bindenden staatlichen Anordnung vornimmt, nicht aus, diese Handlung
als „Tätigkeit“ anzusehen, so dass
der durch den Wortsinn dieses Begriffs gezogene Rahmen nicht
überschritten ist. Dem Begriff der
„Tätigkeit“ wohnt keine
Differenzierung danach inne, ob die Handlung des Steuerpflichtigen
vollkommen freiwillig oder aufgrund eines von außen auf den
Steuerpflichtigen wirkenden Einflusses vorgenommen wird (ebenso
Horn in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 34 EStG Rz 62; zur
Gleichbehandlung erzwungener und freiwilliger
Kapitalüberlassungen im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1
Nr. 7 EStG vgl. auch BFH-Urteil vom 02.09.2008 - VIII R 2/07, BFHE
223, 15, BStBl II 2010, 25 = SIS 08 44 59, unter II.2.d);
entscheidend ist vielmehr das Handlungselement.
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Der Sache nach hat die höchstrichterliche
Rechtsprechung deshalb auch schon in früheren Entscheidungen
den Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG trotz einer
zwangsweisen Kapitalüberlassung bejaht. So weisen die
Kläger zutreffend darauf hin, dass der Senat die Zahlung von
(Pflicht-)Beiträgen an ein berufsständisches
Versorgungswerk - diese Versorgungswerke sind als Körperschaft
des öffentlichen Rechts organisiert und setzen die an sie zu
entrichtenden Beiträge daher durch Verwaltungsakt fest - als
„Tätigkeit“ eingeordnet hat (vgl.
Senatsurteil vom 23.10.2013 - X R 3/12, BFHE 243, 287, BStBl II
2014, 58 = SIS 13 32 16, Rz 70).
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Ebenfalls zu Recht beziehen sich die
Kläger auf die BFH-Rechtsprechung, wonach (jedenfalls)
Aussetzungszinsen - wie Zinsen aufgrund zivilrechtlicher
Ansprüche - laufzeitabhängiges Entgelt für den
Gebrauch eines auf Zeit überlassenen oder vorenthaltenen
Geldbetrags sind (BFH-Urteil vom 25.03.1992 - I R 159/90, BFHE 168,
13, BStBl II 1992, 997 = SIS 92 21 98, unter II.2.). Zwar kann die
Aussetzung der Vollziehung auf einer freiwilligen Entscheidung des
FA beruhen; sie kann aber auch durch das FG - gegen den Antrag und
den Willen des FA - angeordnet werden (§ 69 Abs. 3 FGO). In
diesen Fällen wäre die Kapitalüberlassung des FA an
den Steuerpflichtigen - ebenso wie im Streitfall die auf einem
Verwaltungsakt beruhende Kapitalüberlassung des Klägers
an das FA - zwar nicht mehr als freiwillig anzusehen; es handelt
sich aber weiterhin um eine Kapitalüberlassung und damit eine
„Tätigkeit“.
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cc) Der VIII. Senat hat mit Beschluss vom
04.07.2023 auf Anfrage des erkennenden Senats nach § 11 Abs. 3
FGO erklärt, dass er entgegen seiner im Urteil vom 12.11.2013 - VIII R 36/10 (BFHE
243, 506, BStBl II 2014, 168 = SIS 14 04 29) geäußerten
Rechtsauffassung den Bezug von Erstattungszinsen nunmehr auch als
Vergütung einer Tätigkeit beurteilt.
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c) Die vorliegend in der
Kapitalüberlassung liegende Tätigkeit ist auch
mehrjährig. Hierfür ist nach der Legaldefinition des
§ 34 Abs. 2 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG Voraussetzung, dass die
Tätigkeit sich über mindestens zwei
Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr
als 12 Monaten umfasst. Im Streitfall begann der Zinslauf selbst
für den jüngsten betroffenen Veranlagungszeitraum
(Umsatzsteuer 2000) am 01.04.2002 und endete im Jahr 2012. Die
Kapitalüberlassung erstreckte sich daher auf einen
mehrjährigen Zeitraum.
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2. Die Gewinnerhöhung aufgrund der
Erstattungszinsen ist im Streitfall auch als
„außerordentlich“ anzusehen.
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a) Nach der für die Anwendung des §
34 Abs. 2 Nr. 4 EStG geltenden Systematik findet die weite
Auslegung des Begriffs der „Vergütung für
mehrjährige Tätigkeiten“ dadurch ihr
Korrektiv, dass zusätzlich die
„Außerordentlichkeit“ der
Einkünfte erforderlich ist, wozu auch eine typischerweise
eintretende Progressionswirkung gehört (Senatsurteil vom
25.02.2014 - X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42, Rz 48). Vergütungen für mehrjährige
Tätigkeiten sind nur dann außerordentlich, wenn die
Zusammenballung der Einkünfte für den betreffenden
Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist
(Senatsurteile vom 11.06.2019 - X R 7/18, BFHE 265, 175, BStBl II
2019, 583 = SIS 19 11 72, Rz 24 und vom 06.05.2020 - X R 24/19,
BFHE 269, 265, BStBl II 2021, 141 = SIS 20 19 65, Rz 18).
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b) Eine in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung anerkannte Fallgruppe, in der eine Vergütung
für mehrjährige Tätigkeiten eine entsprechende
Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt, ist der
infolge einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung
zusammengeballte Zufluss einer solchen Vergütung (grundlegend
BFH-Urteil vom 14.12.2006 - IV R 57/05, BFHE 216, 247, BStBl II
2007, 180 = SIS 07 03 16, unter II.3.a und Senatsurteil vom
25.02.2014 - X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42, Rz 33 ff.; ebenso der VIII. Senat des BFH in Bezug auf die
Einkünfte aus selbständiger Arbeit in den
Beschlüssen vom 09.10.2018 - VIII B 49/18, BFH/NV 2019, 17 =
SIS 18 17 74, Rz 8 und vom 20.01.2020 - VIII B 121/19, BFH/NV 2020,
506 = SIS 20 03 09, Rz 5).
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Vorliegend sind dem Kläger nicht nur die
Umsatzsteuererstattungen aufgrund des langjährigen
Rechtsstreits geballt zugeflossen und zum selben Zeitpunkt
gewinnerhöhend zu erfassen gewesen; dies gilt vielmehr ebenso
für die durch die Umsatzsteuererstattungen ausgelösten
Erstattungszinsen. Diese haben die bereits durch die
Umsatzsteuererstattungen ausgelöste Progressionswirkung zudem
noch erheblich verstärkt.
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Zur Progressionswirkung trägt im
vorliegenden Fall gerade die erhebliche Höhe der Zinsen im
Vergleich zur Hauptschuld bei: Die Erstattungszinsen (203.022 EUR)
belaufen sich auf 63,1 % der erstatteten Umsatzsteuer (321.774 EUR)
beziehungsweise auf 38,7 % des zusammengeballt zu versteuernden
Gesamtbetrags (524.796 EUR).
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c) Vor allem aber fordert die rechtliche und
tatsächliche Verknüpfung der streitgegenständlichen
Erstattungszinsen mit den - unstreitig nach § 34 Abs. 2 Nr. 4
EStG begünstigten - Umsatzsteuererstattungen die Erstreckung
der Wertung als „außerordentlich“
auch auf die Zinsen.
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aa) Für die Wertung, eine erst nach einem
langjährigen Rechtsstreit realisierte Vergütung für
mehrjährige Tätigkeiten auch bei einem bilanzierenden
Gewerbetreibenden als außerordentlich anzusehen, spricht,
dass Höhe und Zuflusszeitpunkt dieser Einkünfte für
den Gewerbetreibenden aufgrund des Rechtsstreits nicht disponibel
sind, dass aufgrund der erheblichen Höhe der Vergütung
typischerweise eine Progressionswirkung eintritt und dass aufgrund
des Vorsichtsprinzips zunächst ein Aktivierungsverbot zu
beachten ist (vgl. Senatsurteil vom 25.02.2014 - X R 10/12, BFHE
245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42, Rz 33 ff.). Diese
Gesichtspunkte gelten in gleicher Weise für die mit der
zusammengeballt zufließenden Vergütung verbundenen
Zinsen.
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32
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bb) Hinzu kommt, dass Zinsen eine steuerliche
Nebenleistung darstellen (im Streitjahr § 3 Abs. 4 AO; heute
§ 3 Abs. 4 Nr. 4 AO). Der Zinsanspruch ist grundsätzlich
vom Bestehen eines Steueranspruchs abhängig und daher
akzessorisch (Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 3
AO Rz 478; Drüen in Tipke/Kruse, § 3 AO Rz 93; Neumann in
Gosch, AO § 3 Rz 64; zu Aussetzungszinsen auch BFH-Urteile vom
22.01.1992 - X R 155/90, BFH/NV 1992, 458, unter 1.b, und vom
25.03.1992 - I R 159/90, BFHE 168, 13, BStBl II 1992, 997 = SIS 92 21 98, unter II.2.). Er soll - vorbehaltlich gesetzlicher
Sonderregelungen - grundsätzlich das steuerrechtliche
Schicksal der Hauptschuld teilen (vgl. BFH-Urteile vom 06.10.2009 -
I R 39/09, BFH/NV 2010, 470 = SIS 10 06 12, Rz 18, und vom
15.06.2010 - VIII R 33/07, BFHE 230, 109, BStBl II 2011, 503 = SIS 10 23 36, Rz 20). Die Kläger verweisen zutreffend auf die
BFH-Rechtsprechung, die - auch über die steuerlichen Zinsen
nach §§ 233 ff. AO hinaus - Zinsen steuerrechtlich
grundsätzlich ebenso behandelt wie die Hauptleistung (vgl.
BFH-Urteile vom 31.08.2016 - VI R 53/14, BFHE 255, 120, BStBl II
2017, 322 = SIS 16 26 06, Rz 22, und vom 23.04.2021 - IX R 3/20,
BFHE 273, 169, BStBl II 2021, 692 = SIS 21 12 09, Rz 38).
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33
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3. § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG entfaltet im
Streitfall keine Sperrwirkung.
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34
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a) Nach dieser Regelung kommen als
außerordentliche Einkünfte Nutzungsvergütungen und
Zinsen im Sinne des § 24 Nr. 3 EStG (d.h. nur solche für
die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche
Zwecke), soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei
Jahren nachgezahlt werden, in Betracht. Der VIII. Senat hat hieraus
für die Einkünfte aus Kapitalvermögen gefolgert,
dass andere Zinsen als die in § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG genannten
generell nicht von § 34 Abs. 2 EStG erfasst werden sollen
(BFH-Urteil vom 12.11.2013 - VIII R 36/10, BFHE 243, 506, BStBl II
2014, 168 = SIS 14 04 29, Rz 39). Das FG hat diese Rechtsprechung
im Streitfall auch auf Zinsen, die zu den Einkünften aus
Gewerbebetrieb gehören, übertragen.
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35
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b) Für Zinsen, die zu den Einkünften
aus Gewerbebetrieb gehören, kann aus § 34 Abs. 2 Nr. 3
EStG jedoch keine derart umfassende Sperrwirkung abgeleitet werden.
Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte jener Norm.
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§ 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG wurde - ebenso wie
der damit korrespondierende § 24 Nr. 3 EStG - durch das
Steueränderungsgesetz 1965 vom 14.05.1965 (BGBl I 1965, 377)
eingefügt. Anlass für diese Gesetzesänderung war das
BFH-Urteil vom 14.06.1963 - VI 216/61 U (BFHE 77, 169, BStBl III
1963, 380 = SIS 63 02 47), wonach auch in einem Betrag nachgezahlte
Nutzungsvergütungen für Grundstücksbeschlagnahmen
nicht - unter dem Gesichtspunkt der Entschädigung - nach
§ 34 EStG tarifbegünstigt seien. Dem wollte der
Gesetzgeber entgegentreten, weil Nutzungsvergütungen für
Beschlagnahmen sowie die entsprechenden Zinsen häufig aus
Gründen, die der Empfänger nicht zu vertreten habe,
zusammengeballt nachgezahlt würden. Daher wurde eine
entsprechende Sonderregelung in § 24 Nr. 3 sowie § 34
Abs. 2 Nr. 3 EStG geschaffen (Bericht des Finanzausschusses vom
19.03.1965, zu BT-Drucks. IV/3189, S. 8 f.; ebenso zur
Entstehungsgeschichte und zum Normzweck auch BFH-Urteil vom
14.03.1985 - IV R 143/82, BFHE 143, 457, BStBl II 1985, 463 = SIS 85 14 40).
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37
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Die Schaffung einer ausdrücklichen
Begünstigung für bestimmte Nutzungsvergütungen und
Zinsen aufgrund der Inanspruchnahme von Grundstücken für
öffentliche Zwecke hatte daher ausschließlich zum Ziel,
den Anwendungsbereich des § 34 EStG zu erweitern. Eine
Einschränkung des Anwendungsbereichs der anderen Nummern des
§ 34 Abs. 2 EStG war hingegen nicht beabsichtigt (ebenso
HHR/Horn, § 34 EStG Rz 60).
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38
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Dementsprechend hat die
höchstrichterliche Rechtsprechung bisher auch in Bezug auf
andere Nummern des § 34 Abs. 2 EStG keine Sperrwirkung des
§ 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG für gewerbliche Einkünfte
angenommen und gewährt beispielsweise die Begünstigung
für (gewerbliche) Veräußerungs- und Aufgabegewinne
(§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) unterschiedslos und unabhängig
davon, ob in diesen Gewinnen Nutzungsvergütungen oder Zinsen
enthalten sind, die nicht zugleich die Voraussetzungen des §
34 Abs. 2 Nr. 3 EStG erfüllen.
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39
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c) Auch insoweit hat der VIII. Senat des BFH
auf Anfrage des erkennenden Senats (§ 11 Abs. 3 Satz 1 FGO)
mit Beschluss vom 04.07.2023 erklärt, dass er an seiner im
Urteil vom 12.11.2013 - VIII R 36/10 (BFHE 243, 506, BStBl II 2014,
168 = SIS 14 04 29) geäußerten Rechtsauffassung, wonach
§ 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG eine Sperrwirkung in Bezug auf alle
nicht in dieser Norm aufgeführten Zinsen entfaltet, nicht
weiter festhält.
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40
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4. Der Senat weicht nicht von tragenden
Erwägungen des BFH-Urteils vom 25.09.2014 - III R 5/12 (BFHE
247, 226, BStBl II 2015, 220 = SIS 14 32 14) ab, das zu
Erstattungszinsen ergangen ist, die - wie im vorliegenden Fall - zu
den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören.
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41
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Dort hatte der III. Senat über einen
Sachverhalt zu entscheiden, der mit dem des Senatsurteils vom
25.02.2014 - X R 10/12 (BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42) nahezu identisch war. Allerdings waren zusätzlich zu den
Umsatzsteuererstattungsansprüchen auch noch Erstattungszinsen
zu aktivieren. Das FG hatte der auf Gewährung der
Tarifbegünstigung gerichteten Klage nur in Bezug auf die
Umsatzsteuererstattungsansprüche stattgegeben und die Klage in
Bezug auf die Erstattungszinsen abgewiesen, dabei aber - wegen der
Übertragung der Steuerberechnung auf das FA - nicht bemerkt,
dass schon mit der von ihm ausgesprochenen Teilstattgabe eine so
große Herabsetzung der Einkommensteuer verbunden war, dass
der gesamte Klageantrag ausgeschöpft war. Es hätte der
Klage auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung und des gestellten
Antrags also in vollem Umfang stattgeben müssen.
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42
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Gegen das FG-Urteil hatte das dortige FA
Revision eingelegt (wegen der Klagestattgabe zum
Umsatzsteuererstattungsanspruch); der dortige Kläger legte
dann Anschlussrevision ein (wegen der tenorierten Klageabweisung
hinsichtlich der Erstattungszinsen).
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43
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Der III. Senat des BFH wies die Revision des
FA zurück (unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom
25.02.2014 - X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 = SIS 14 16 42) und verwarf die Anschlussrevision des Klägers wegen
fehlender Beschwer als unzulässig. Allerdings wies er in Rz 36
seines Urteils „ergänzend“ darauf
hin, dass nach der Entscheidung des VIII. Senats vom 12.11.2013 -
VIII R 36/10 (BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168 = SIS 14 04 29)
Erstattungszinsen keine außerordentlichen Einkünfte
seien. Dieser ergänzende Hinweis ist jedoch nicht
entscheidungstragend, da die Anschlussrevision bereits als
unzulässig verworfen wurde, es also auf Ausführungen zu
ihrer Begründetheit nicht mehr ankam (zur fehlenden
Erforderlichkeit einer Divergenzanfrage bei bloßen obiter
dicta vgl. auch BFH-Urteil vom 02.09.2008 - VIII R 2/07, BFHE 223,
15, BStBl II 2010, 25 = SIS 08 44 59, unter II.2.e). Die Stellung
einer Divergenzanfrage auch beim III. Senat war daher nicht
erforderlich.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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