Die Nichtigkeitsklage wird als unzulässig
abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die
Klägerin.
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I. Die Revisionsklägerin und
Klägerin (Klägerin) begehrt die Wiederaufnahme des
abgeschlossenen Revisionsverfahrens unter Aufhebung des
Senatsurteils vom 17.05.2021 - IX R 20/18 (BFHE 274, 246 = SIS 21 16 96).
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Die Klägerin ist eine
Kapitalgesellschaft [ausländischen] Rechts mit Sitz in A
(Mitgliedstaat der Europäischen Union). Sie veranstaltete im
Streitzeitraum Juli 2012 Sportwetten unter anderem in der
Bundesrepublik Deutschland.
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Die Klägerin reichte am 17.08.2012
eine Anmeldung der Sportwettensteuer für den Monat Juli 2012
beim Finanzamt … ein. Gegen die Anmeldung legte die
Klägerin anschließend Einspruch ein. Dieser wurde mit
Einspruchsentscheidung vom 29.05.2015 durch das seinerzeit
zuständige Finanzamt … als unbegründet
zurückgewiesen.
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Die beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage
hatte mit Urteil vom 18.04.2018 - 5 K 1108/15 (Zeitschrift für
Wett- und Glücksspielrecht 2018, 480) keinen Erfolg.
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Die nachfolgende Revision hat der
erkennende Senat mit Urteil vom 17.05.2021 - IX R 20/18 (BFHE 274,
246 = SIS 21 16 96) als unbegründet zurückgewiesen. Der
Senat kam nicht zu der für eine Vorlage an das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) erforderlichen Überzeugung, dass das
Rennwett- und Lotteriegesetz wegen Verstoßes gegen die
Gesetzgebungskompetenz des Bundes formell verfassungswidrig ist.
Ebenfalls verneinte er eine europarechtswidrige Doppelbesteuerung
unter Verstoß gegen Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) sowie eine europarechtswidrige Beschränkung der
Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Auch ein
Verstoß gegen die Notifizierungspflicht nach der Richtlinie
98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
22.06.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der
Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für
die Dienste der Informationsgesellschaft (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. L 204 vom
21.07.1998, S. 37), geändert durch die Richtlinie 98/48/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.07.1998 (ABlEG
Nr. L 217 vom 05.08.1998, S. 18) und die Richtlinie 2006/96/EG des
Rates vom 20.11.2006 (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L
363 vom 20.12.2006, S. 81) - nachfolgend EGRL 98/34 - wurde
verneint. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH)
lehnte der Senat ab.
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Hiergegen richtet sich die
Nichtigkeitsklage der Klägerin vom 22.11.2021. Sie macht den
Wiederaufnahmegrund der vorschriftswidrigen Besetzung des Senats im
Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO),
§ 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend. Die
angefochtene Entscheidung verletze Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das
Ausgangsgericht als letztinstanzliches Gericht habe in
willkürlicher und nicht vertretbarer Weise seine Verpflichtung
verletzt, Rechtsfragen dem EuGH vorzulegen und sie dadurch ihrem
gesetzlichen Richter entzogen. Eine Vorlageverpflichtung habe in
allen drei europarechtlichen Fragen bestanden, mit denen sich die
angefochtene Entscheidung befasst habe. Ein „acte
claire“ habe nicht vorgelegen. Vorzulegen sei
zunächst die Frage gewesen, ob sich aus Art. 135 Abs. 1
Buchst. i MwStSystRL ergebe, dass der deutsche Gesetzgeber nicht
befugt sei, die Sportwettensteuer zu erheben. Die Doppelbelastung
mit deutscher und ausländischer Sportwettensteuer könne
europarechtswidrig sein. Ebenso hätte dem EuGH die Frage
vorgelegt werden müssen, ob die Erhebung der Sportwettensteuer
nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz eine nicht gerechtfertigte
Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV
darstelle. Der Verstoß gegen die Notifizierungspflicht nach
der EGRL 98/34 hätte ebenfalls zu einer Vorlage führen
müssen.
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Zum 01.12.2021 hat bei der Finanzverwaltung
ein Zuständigkeitswechsel stattgefunden. Anstelle des
Finanzamts … ist nunmehr der Revisionsbeklagte und Beklagte
(Finanzamt … - FA - ) zuständig geworden.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
17.05.2021 - IX R 20/18 = SIS 21 16 96, das Urteil des Hessischen FG vom 18.04.2018 - 5 K
1108/15 = SIS 18 14 84 und die
Anmeldung der Sportwettensteuer vom 17.08.2012 für den Monat
Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.05.2015
aufzuheben.
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Das FA beantragt,
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die Nichtigkeitsklage als unzulässig,
hilfsweise als unbegründet abzuweisen.
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Mit Beschluss vom 16.05.2023 - IX K 1/21 =
SIS 23 10 41 hat der erkennende
Senat beim IV., VIII. und XI. Senat gemäß § 11 Abs.
3 Satz 1 FGO angefragt, ob diese an der in den Entscheidungen vom
04.09.2009 - IV K 1/09 = SIS 10 01 52, vom 13.07.2016 - VIII K 1/16 (BFHE 254, 481, BStBl II
2017, 198 = SIS 16 22 88) und vom 07.02.2018 - XI K 1/17 (BFHE 260,
410 = SIS 18 04 96) vertretenen Rechtsauffassung festhalten, der
zufolge die Nichtigkeitsklage nach § 134 FGO i.V.m. § 579
Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft ist, wenn mit ihr lediglich eine
Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den EuGH geltend gemacht
wird. Der erkennende Senat beabsichtige, in diesem Fall eine
Nichtigkeitsklage als nicht statthaft anzusehen und die Klage als
unzulässig abzuweisen.
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Alle drei Senate haben mitgeteilt, an der
in den zuvor genannten Entscheidungen vertretenen Rechtsauffassung
nicht mehr festzuhalten und sich der Rechtsauffassung des
erkennenden Senats anzuschließen.
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II. Die Nichtigkeitsklage ist unzulässig.
Das Verfahren ist nicht wieder aufzunehmen, denn die
Nichtigkeitsklage ist nicht statthaft.
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1. Nach § 134 FGO i.V.m. § 578 Abs.
1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges
Endurteil abgeschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und
durch Restitutionsklage erfolgen.
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a) Mit der Nichtigkeitsklage im Sinne des
§ 579 ZPO ist neben der Restitutionsklage nach § 580 ZPO
ein Mittel geschaffen worden, um eine Durchbrechung der Rechtskraft
in Fällen zu ermöglichen, in denen schwerste Mängel
des Verfahrens oder gravierende inhaltliche Fehler gegen den
Bestand des Urteils sprechen und dadurch das Vertrauen der Parteien
in die Urteilsgrundlage in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise
erschüttert ist (vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG -, Beschluss
vom 13.10.2015 - 3 AZN 915/15 (F), Rz 16 und BAG-Urteil vom
28.07.2022 - 6 AZR 24/22 = SIS 23 06 69, Rz 20, m.w.N.; BFH-Urteil vom 02.12.1998 - X R 15-16/97,
BFHE 188, 1, BStBl II 1999, 412 = SIS 99 13 57, unter II.3.b;
Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 23.03.1965 - 11 RA 304/64,
BSGE 23, 30, unter II.; Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteil
vom 26.01.1994 - 6 C 2/92, BVerwGE 95, 64;
MüKoZPO/Braun/Heiß, § 579 Rz 1;
Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 20. Aufl., § 579 Rz 2;
Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 81. Aufl., § 579 Rz 1; Kern
in: Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl., § 579 ZPO Rz 5; Kemper in
Saenger, Zivilprozessordnung, 10. Aufl., § 579 Rz 2; BeckOK
ZPO/Fleck, 50. Ed. [01.09.2023], ZPO § 579 Rz 3;
Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 579 Rz 2). Diesem Zweck
entspricht es, die Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 ZPO auf
eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken. Sie dient
insbesondere nicht dazu, eine im Ausgangsverfahren vom Gericht
bereits beantwortete Rechtsfrage erneut zur Überprüfung
zu stellen.
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b) Nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die
Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht
vorschriftsmäßig besetzt war. Das ist jedenfalls der
Fall, wenn die Richterbank bei der Entscheidung fehlerhaft besetzt
war (vgl. BAG-Beschluss vom 13.10.2015 - 3 AZN 915/15 (F), Rz 16;
Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 579 Rz 2). Der klare
Wortlaut der Vorschrift („das erkennende
Gericht“) spricht dafür, ihren
Anwendungsbereich auch auf diese Fallgruppe zu beschränken.
Tatbestandlich erfasst sind danach nur Fehler, die die personelle
Besetzung des erkennenden Spruchkörpers betreffen. Dagegen
fallen die Fragen, ob der richtige Spruchkörper oder das
richtige Gericht entschieden haben, nicht mehr in den
Anwendungsbereich (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29.01.1992 - VIII K
4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252 = SIS 92 19 57; vom
26.05.1992 - VII S 17/92, BFH/NV 1993, 305, unter 2. und vom
12.11.1996 - II K 1/96, juris, unter 2.; Bundesgerichtshof, Urteil
vom 22.11.1994 - X ZR 51/92, NJW 1995, 332, unter I.1.; BSG-Urteil
vom 23.03.1965 - 11 RA 304/64, BSGE 23, 30, unter II.; vgl. auch
BVerfG-Beschluss vom 22.01.1992 - 2 BvR 40/92, NJW 1992, 1030,
unter 3.b; Gaul in Festschrift für Ekkehard Schumann zum 70.
Geburtstag, 2001, S. 89, 121 f; Hummel, UR 2021, 736, 738). Ein
Nichtigkeitsgrund kann daher vorliegen, wenn es zu
Verstößen bei der Geschäftsverteilung gekommen ist.
Mit der Vorschrift soll insbesondere verhindert werden, dass durch
eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung
berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden
kann (vgl. BFH-Beschluss vom 29.01.1992 - VIII K 4/91, BFHE 165,
569, BStBl II 1992, 252 = SIS 92 19 57, unter 4.a).
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c) Die Verkennung einer Vorlageverpflichtung
(durch das vorschriftsmäßig besetzte Gericht) ist
dagegen kein Besetzungsmangel (so auch Hummel, UR 2021, 736, 738).
Eine Nichtigkeitsklage ist daher nicht statthaft, wenn sie
lediglich darauf gestützt wird, dass im Ausgangsverfahren eine
Vorlage an das BVerfG oder an den EuGH angeregt worden war, das
erkennende Gericht dem aber nicht gefolgt ist. Dabei ist
unerheblich, ob die Beurteilung der Vorlageverpflichtung durch das
Ausgangsgericht rechtlich zutreffend war (vgl. BAG-Urteil vom
28.07.2022 - 6 AZR 24/22 = SIS 23 06 69, Rz 22 f.; BSG-Urteil vom 23.03.1965 - 11 RA 304/64, BSGE
23, 30, unter II.; BVerwG-Urteil vom 26.01.1994 - 6 C 2/92, BVerwGE
95, 64; a.A. Ott in: Morsch/Hardenbicker, Steuerrechtsschutz in
Theorie und Praxis, Festschrift 75 Jahre Finanzgericht des
Saarlandes, S. 73; Henke in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf,
Kommentar zum BVerfGG, 2. Aufl., § 90 Rz 163). Die
Nichtigkeitsklage ist auch dann nicht gegeben, wenn das
Ausgangsgericht seine Vorlageverpflichtung zu Unrecht verneint
haben sollte.
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d) Der Senat stellt nicht in Abrede, dass eine
willkürliche Nichtbeachtung der Vorlagepflicht den Anspruch
auf den gesetzlichen Richter verletzen kann (Art. 101 Abs. 1 Satz 2
GG; vgl. u.a. BVerfG-Beschluss vom 04.03.2021 - 2 BvR 1161/19 =
SIS 21 05 21) und dass der EuGH
gesetzlicher Richter für die Auslegung des Unionsrechts ist.
Eine willkürliche Verletzung der Vorlagepflicht betrifft aber
nicht die vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden
Gerichts im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Sie ist deshalb
(unmittelbar) mit der Verfassungsbeschwerde gegen die
letztinstanzliche Entscheidung geltend zu machen (vgl. u.a.
BVerfG-Beschlüsse vom 19.07.2011 - 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129,
78 = SIS 12 00 97, beginnend unter C.III. und vom 04.03.2021 - 2
BvR 1161/19 = SIS 21 05 21, Rz 52
ff.).
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e) Ein anderes Ergebnis ist nicht durch eine
verfassungskonforme Auslegung des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
vorgegeben. Zwar entspricht es der grundgesetzlichen
Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig
die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen zu
gewähren haben. Jedoch ist für die Rüge von
Grundrechtsverletzungen durch letztinstanzliche Entscheidungen der
(außerordentliche) Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde
nach § 90 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG)
gegeben (vgl. Drossel in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Kommentar
zum BVerfGG, 2. Aufl., § 90 Rz 7). Der Gesetzgeber hat bei
Schaffung der Zivilprozessordnung im Jahr 1877 die
Nichtigkeitsgründe auch nicht mit Blick auf mögliche
Grundrechtsverletzungen konzipiert (vgl. Gaul in: Festschrift
für Ekkehard Schumann zum 70. Geburtstag, 2001, S. 89, 127;
Hahn, Die gesamten
Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. 2, Materialien zur
Zivilprozessordnung, S. 1017 und 1232) und damit auch keine
verfassungsrechtliche (Selbst-)Kontrolle gerichtlicher
Entscheidungen beabsichtigt.
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Etwas anderes gilt nur, wenn es der
Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet hat, bestimmte
Verfassungsfragen einer nochmaligen fachgerichtlichen
Selbstkontrolle zu unterwerfen. Dies hat er für die Verletzung
des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in Gestalt der
Anhörungsrüge (z.B. § 133a FGO) getan. Dass der
Gesetzgeber mit der Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 1
ZPO eine vergleichbare Selbstüberprüfung im Hinblick auf
die Verletzung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2
GG) schaffen oder nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes
ermöglichen wollte, ist nicht ersichtlich. Anderenfalls
stellte sich auch die Frage, ob bei einer Verletzung des
gesetzlichen Richters nicht auch innerhalb des Instanzenzugs im
Rechtsmittelrecht eine Fortsetzung des Ausgangsverfahrens
vorgesehen sein müsste.
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f) In gleicher Weise verpflichtet eine
europarechtskonforme Auslegung des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
nicht dazu, die Nichtigkeitsklage für den Fall einer
willkürlichen Verletzung der Vorlagepflicht an den EuGH
seitens des Ausgangsgerichts für statthaft zu erachten. Im
Rahmen des Kooperationsverhältnisses zwischen EuGH und BVerfG
(vgl. dazu u.a. BVerfG-Urteil vom 12.10.1993 - 2 BvR 2134/92, 2 BvR
2159/92, BVerfGE 89, 155; Voßkuhle, NJW 2013, 1329, 1330 f.)
prüft das BVerfG in ständiger Rechtsprechung, ob eine
Verletzung der Vorlageverpflichtung an den EuGH zu einer Verletzung
des gesetzlichen Richters im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG
geführt hat (vgl. u.a. BVerfG-Beschlüsse vom 19.07.2011 -
1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78 = SIS 12 00 97, unter C.III. und vom
04.03.2021 - 2 BvR 1161/19 = SIS 21 05 21, Rz 52 ff.). Weder das Gebot der Gewährung
effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) noch die
Sicherstellung der Geltung und Durchsetzbarkeit europarechtlicher
Regelungen zwingen aber für diesen Fall dazu, die
Nichtigkeitsklage als statthaft zu erachten. Über die
Einhaltung der Vorlageverpflichtung nach Art. 267 AEUV wacht das
BVerfG.
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g) Im Übrigen ist eine Nichtigkeitsklage
auch nur dann statthaft, wenn sie auf einen Wiederaufnahmegrund
gestützt wird, der im Ausgangsverfahren übersehen worden
oder unerkannt geblieben ist. Denn insbesondere die Bestimmungen in
§ 579 Abs. 1 Nr. 2 und § 579 Abs. 2 ZPO lassen den Willen
des Gesetzgebers erkennen, eine Wiederaufnahme im Wege einer
Nichtigkeitsklage nur in den Fällen zuzulassen, in denen die
Berücksichtigung des Rechtsfehlers nicht schon vor der
Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung möglich war. Damit
soll die doppelte Prüfung einer bereits entschiedenen
Rechtsfrage verhindert werden. Die Nichtigkeitsklage scheidet daher
aus, wenn der Nichtigkeitsgrund im Vorprozess nicht übersehen
worden und bereits geprüft worden ist (vgl. BAG-Urteil vom
28.07.2022 - 6 AZR 24/22 = SIS 23 06 69, Rz 21; BFH-Urteil vom 02.12.1998 - X R 15-16/97, BFHE
188, 1, BStBl II 1999, 412 = SIS 99 13 57, unter II.3.b; BSG-Urteil
vom 23.03.1965 - 11 RA 304/64, BSGE 23, 30, unter II.;
Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 134
Rz 1; Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 134 FGO
Rz 48; Wendl in Gosch, FGO § 134 Rz 28; Stein/Jonas/Jacobs,
ZPO, 23. Aufl., § 579 Rz 2; Gaul in: Festschrift für
Ekkehard Schumann zum 70. Geburtstag, 2001, S. 89, 124 f.; ders.
in: Festschrift für Winfried Kralik zum 65. Geburtstag, 1986,
S. 157, 158).
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2. Daran gemessen ist die Nichtigkeitsklage
nicht statthaft. Die Klägerin wendet sich mit ihrer
Nichtigkeitsklage nicht gegen die personelle Zusammensetzung des
IX. Senats des BFH (beim Erlass der Ausgangsentscheidung IX R 20/18
= SIS 21 16 96 am 17.05.2021),
sondern gegen dessen Entscheidung, dass eine Verpflichtung zur
Vorlage an den EuGH nicht besteht. Damit vertritt sie lediglich
eine von der Ausgangsentscheidung abweichende Rechtsmeinung. Im
Übrigen wiederholt, untermauert und ergänzt sie lediglich
ihr bisheriges rechtliches Vorbringen. Die schlüssige
Rüge einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des
Gerichts im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegt darin
nicht.
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Die Nichtigkeitsklage ist auch nicht deshalb
statthaft, weil ihre Erhebung Voraussetzung für die
Erschöpfung des Rechtswegs nach § 90 Abs. 2 BVerfGG ist.
Zwar muss im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde nach § 23 Abs.
1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG nach Maßgabe der
materiellen Subsidiarität dargelegt werden, dass das
Vorbringen vor dem Fachgericht eine Vorlage an den EuGH als
naheliegend hat erscheinen lassen. Im Rahmen einer Rüge der
Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich die
Obliegenheit des Prozessbeteiligten regelmäßig darauf,
durch entsprechende Anträge oder Anregungen an das Fachgericht
eine Befassung des gesetzlichen Richters zu erreichen (vgl.
BVerfG-Beschlüsse vom 31.07.2001 - 1 BvR 304/01, juris, unter
II.1.a; vom 19.07.2011 - 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78 = SIS 12 00 97, beginnend ab B.III.2. und vom 27.04.2021 - 1 BvR 2731/19 =
SIS 21 12 28, Rz 2 f.; vgl. auch
Hummel, UR 2021, 736, 737). Diesen Anforderungen an die
Rechtswegerschöpfung ist die Klägerin bereits im
Ausgangsverfahren gerecht geworden. Eine Vorlage an den EuGH hatte
die Klägerin im Rahmen ihrer Revisionsbegründung mehrfach
angeregt. Einer Wiederholung dieses Vorbringens im Rahmen einer
Nichtigkeitsklage bedarf es daher für Zwecke der
Rechtswegerschöpfung nicht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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