I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union
(EuGH) werden folgende Fragen zur Auslegung von Art. 16 und Art. 74
der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) zur Vorabentscheidung
vorgelegt:
1. Handelt es sich um die „Entnahme
eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem
Unternehmen ... als unentgeltliche Zuwendung“
im Sinne von Art. 16 MwStSystRL, wenn ein Steuerpflichtiger
Wärme aus seinem Unternehmen unentgeltlich an einen anderen
Steuerpflichtigen für dessen wirtschaftliche Tätigkeit
abgibt (hier: Zuwendung von Wärme aus dem Blockheizkraftwerk
eines Stromlieferanten an ein landwirtschaftliches Unternehmen zum
Beheizen von Spargelfeldern)?
Kommt es hierfür darauf an, ob der
steuerpflichtige Empfänger die Wärme für Zwecke
verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen?
2. Schränkt der Tatbestand der Entnahme
(Art. 16 MwStSystRL) den Selbstkostenpreis im Sinne des Art. 74
MwStSystRL in der Weise ein, dass bei seiner Berechnung nur
vorsteuerbelastete Kosten einzubeziehen sind?
3. Gehören zum Selbstkostenpreis nur die
unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten oder auch nur
mittelbar zurechenbare Kosten wie zum Beispiel
Finanzierungsaufwendungen?
II. Das Revisionsverfahren wird bis zur
Entscheidung durch den EuGH ausgesetzt.
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I. Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin)
betreibt eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse.
Das erzeugte Biogas wurde im Jahr 2008 (Streitjahr) zur dezentralen
Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen
Blockheizkraftwerk (BHKW) genutzt, indem es einem Verbrennungsmotor
zugeführt wurde, der einen Generator antrieb.
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Der so produzierte Strom wurde
überwiegend in das allgemeine Stromnetz eingespeist und von
dem Stromnetzbetreiber vergütet.
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Die durch diesen Prozess ebenfalls erzeugte
Wärme diente zu einem Teil dem Produktionsprozess. Den
überwiegenden Teil der Wärme überließ die
Klägerin im Streitjahr mit Vertrag vom 29.11.2007 dem
Unternehmer A „kostenlos“ zur Trocknung
von Holz in Containern und mit Vertrag vom 29.07.2008 der B GbR
(B), die mit der Wärme ihre Spargelfelder beheizte. In beiden
Verträgen ist geregelt, dass die Höhe der Vergütung
je nach wirtschaftlicher Lage des Wärmeabnehmers individuell
vereinbart und in den Verträgen nicht festgelegt
werde.
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Im Streitjahr erhielt die Klägerin
für die Lieferung von 6.714.247 kWh Strom vom
Stromnetzbetreiber neben der sogenannten - sog. -
Mindest-Einspeisevergütung nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes
für den Vorrang Erneuerbarer Energien
(Erneuerbare-Energien-Gesetz) in der Fassung - i.d.F. - vom
07.11.2006 - EEG - (BGBl I 2006, 2550) in Höhe von
1.054.337,85 EUR einen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 3
EEG (sog. Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)-Bonus), weil es sich bei
dem von ihr erzeugten Strom um solchen im Sinne - i.S. - von §
3 Abs. 4 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung
und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung
(Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) i.d.F. vom 19.03.2002 - KWKG -
(BGBl I 2002, 1092) handelte. Auch dieser KWK-Bonus in Höhe
von 85.070,66 EUR wurde entsprechend der Umsatzsteuererklärung
der Klägerin vom Beklagten, Revisionskläger und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) in die Bemessungsgrundlage
der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.
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5
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Da die Klägerin den
Wärmeabnehmern kein Entgelt in Rechnung stellte, ging der
Prüfer im Rahmen einer bei der Klägerin
durchgeführten Außenprüfung von einer
unentgeltlichen Entnahme der Wärme i.S. von § 3 Abs. 1b
Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an A und B aus.
Mangels eines Einkaufspreises für Wärme berechnete er die
Bemessungsgrundlage für diese Entnahme gemäß §
10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten. Von den in der
Gewinn- und Verlustrechnung aufgeführten Gesamtkosten in
Höhe von 1.104.453,35 EUR entfielen nach der Berechnung des
Prüfers auf die abgegebene Wärme 384.791,55 EUR (= 34,84
%), so dass er - ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage -
insoweit Umsatzsteuer in Höhe von 73.110,29 EUR
ansetzte.
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Das FA folgte dem Ergebnis der Prüfung
mit Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 17.11.2011. Den dagegen
eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung vom
01.08.2012 als unbegründet zurück.
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7
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Mit ihrer ursprünglichen Klage machte
die Klägerin u.a. geltend, der KWK-Bonus sei ein Entgelt von
dritter Seite. Das
Finanzgericht (FG) gab der Klage der Klägerin im ersten
Rechtsgang statt. Auf die Revision des FA hob der
Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 31.05.2017 - XI R 2/14
(Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 258,
191, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2017, 1024 = SIS 17 14 27) das Urteil des FG auf und wies
die Sache an das FG zurück. Der sog. KWK-Bonus, den der
Stromnetzbetreiber an die Klägerin gezahlt habe, sei nicht
Entgelt für die „kostenlosen“
Wärmeabgaben der Klägerin. Es handele sich bei der
Vergütung des Stromnetzbetreibers vielmehr um ein Entgelt
für den von der Klägerin an ihn gelieferten Strom. Die
Sache sei nicht spruchreif, da nicht entschieden werden könne,
in welcher Höhe die unentgeltlichen Wertabgaben der
Klägerin versteuert werden müssen. Dies richte sich nach
§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG gemäß den
Grundsätzen der BFH-Urteile vom 12.12.2012 - XI R 3/10 (BFHE
239, 377, BStBl II 2014, 809 = SIS 13 06 24) und vom 16.11.2016 - V
R 1/15 (BFHE 255, 354, BStBl II 2022, 777 = SIS 16 26 26). Die dazu
erforderlichen Feststellungen habe das FG nachzuholen.
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Im zweiten Rechtsgang wendete sich die
Klägerin u.a. im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage für
die Wärmelieferungen gegen die Berechnung des FA, das diese
Wertabgabe gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach
den Selbstkosten ermittelte. Das FG gab der Klage im zweiten
Rechtsgang teilweise statt. Es reduzierte die festgesetzte
Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer für die unentgeltlichen
Wertabgaben bemesse sich gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten, die nach der sog.
Marktwertmethode zu berechnen seien. Es sei auf die Marktwerte
für Strom und Wärme am konkreten Ort der Klägerin
abzustellen.
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Mit der Revision rügen die
Klägerin und das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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II. Der Senat setzt das Verfahren aus und legt
dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die im Tenor
genannten Fragen gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur
Vorabentscheidung vor.
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1. Rechtlicher Rahmen
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a) Unionsrecht
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Art. 16 der Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) ordnet an:
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Einer Lieferung von Gegenständen gegen
Entgelt gleichgestellt ist die Entnahme eines Gegenstands durch
einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen
privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder als
unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde
Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen
oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
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Jedoch werden einer Lieferung von
Gegenständen gegen Entgelt nicht gleichgestellt Entnahmen
für Geschenke von geringem Wert und für Warenmuster
für die Zwecke des Unternehmens.
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Art. 74 MwStSystRL bestimmt:
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Bei den in den Artikeln 16 und 18 genannten
Umsätzen in Form der Entnahme oder der Zuordnung eines
Gegenstands des Unternehmens durch einen Steuerpflichtigen oder
beim Besitz von Gegenständen durch einen Steuerpflichtigen
oder seine Rechtsnachfolger im Fall der Aufgabe seiner steuerbaren
wirtschaftlichen Tätigkeit ist die Steuerbemessungsgrundlage
der Einkaufspreis für diese oder gleichartige Gegenstände
oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis, und zwar
jeweils zu den Preisen, die zum Zeitpunkt der Bewirkung dieser
Umsätze festgestellt werden.
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Art. 289 MwStSystRL regelt:
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Steuerpflichtige, die eine Steuerbefreiung in
Anspruch nehmen, haben kein Recht auf Vorsteuerabzug
gemäß den Artikeln 167 bis 171 und 173 bis 177 und
dürfen die Mehrwertsteuer in ihren Rechnungen nicht
ausweisen.
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Art. 302 MwStSystRL ordnet an:
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Nimmt ein Pauschallandwirt einen
Pauschalausgleich in Anspruch, hat er in Bezug auf die dieser
Pauschalregelung unterliegenden Tätigkeiten kein Recht auf
Vorsteuerabzug.
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b) Nationales Recht
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§ 3 Abs. 1b UStG bestimmt:
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Einer Lieferung gegen Entgelt werden
gleichgestellt
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1. die Entnahme eines Gegenstands durch einen
Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die
außerhalb des Unternehmens liegen;
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2. die unentgeltliche Zuwendung eines
Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für
dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten
vorliegen;
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3. jede andere unentgeltliche Zuwendung eines
Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und
Warenmuster für Zwecke des Unternehmens. Voraussetzung ist,
dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder
teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
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§ 10 Abs. 4 UStG regelt:
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Der Umsatz wird bemessen
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1. bei dem Verbringen eines Gegenstands im
Sinne des § 1a Abs. 2 und des § 3 Abs. 1a sowie bei
Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b nach dem Einkaufspreis
zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder
für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines
Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des
Umsatzes;
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...
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§ 8 EEG
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(1) Für Strom, der in Anlagen mit einer
Leistung bis einschließlich 20 Megawatt gewonnen wird, die
ausschließlich Biomasse im Sinne der nach Absatz 7 erlassenen
Rechtsverordnung einsetzen, beträgt die Vergütung ...
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(3) Die Mindestvergütungen nach Absatz 1
Satz 1 erhöhen sich um jeweils 2,0 Cent pro Kilowattstunde,
soweit es sich um Strom im Sinne von § 3 Abs. 4 des
Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes handelt und dem Netzbetreiber
ein entsprechender Nachweis ... vorgelegt wird. Anstelle des
Nachweises nach Satz 1 können für serienmäßig
hergestellte KWK-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 2 Megawatt
geeignete Unterlagen des Herstellers vorgelegt werden, aus denen
die thermische und elektrische Leistung sowie die Stromkennzahl
hervorgehen.
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§ 3 Abs. 4 KWKG
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(4) KWK-Strom ist das rechnerische Produkt aus
Nutzwärme und Stromkennzahl der KWK-Anlage. Bei Anlagen, die
nicht über Vorrichtungen zur Abwärmeabfuhr verfügen,
ist die gesamte Netto-Stromerzeugung KWK-Strom.
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2. Zur ersten Vorlagefrage
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a) Gegenstand der Vorlagefrage in
Abgrenzung zu anderen Fallgestaltungen
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Die erste Vorlagefrage betrifft die Auslegung
von Art. 16 MwStSystRL. Diese Bestimmung entspricht der
früheren Regelung in Art. 5 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
- Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG), so dass der Senat
davon ausgeht, dass die zu Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG
ergangene EuGH-Rechtsprechung auch für die Auslegung von Art.
16 MwStSystRL zu berücksichtigen ist.
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Art. 16 Satz 1 MwStSystRL stellt die Entnahme
eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem
Unternehmen in vier Fällen einer Lieferung gegen Entgelt
gleich. Diese Fälle lassen sich unter dem Oberbegriff der
Entnahme zusammenfassen. Dabei geht es um „die Entnahme
... für seinen privaten Bedarf [Fall 1] oder [die Entnahme]
für den Bedarf seines Personals [Fall 2] oder [die Entnahme]
als unentgeltliche Zuwendung [Fall 3] oder [die Entnahme] allgemein
für unternehmensfremde Zwecke [Fall
4]“.
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Im Streitfall hat die Klägerin eine
Anlage mit Recht auf Vorsteuerabzug errichtet, die Strom
produziert, den die Klägerin als Steuerpflichtige gegen
Entgelt steuerpflichtig liefert. Zumindest aufgrund einer
vollumfänglichen Unternehmenszuordnung stand ihr das volle
Recht auf Vorsteuerabzug aus den Errichtungs- und Betriebskosten
zu. Die insoweit eintretenden Rechtsfolgen sind unstreitig.
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Fraglich ist demgegenüber, welche
Rechtsfolgen in Bezug auf die zusätzlich mit der Anlage
erzeugte Wärme eintreten. Diese Wärme kann
unterschiedlich verwendet werden. So kann der Steuerpflichtige, der
den Strom steuerpflichtig gegen Entgelt liefert und für die
Anlage den vollen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, die
Wärme ungenutzt entweichen lassen (Fall A), als
natürliche Person (Einzelunternehmer) nutzen, um seine Wohnung
zu heizen (Fall B), für private Wohnzwecke an sein Personal
für dessen Bedarf kostenlos abgeben (Fall C), als Einrichtung
des öffentlichen Rechts für eigene Hoheitszwecke, wie zum
Beispiel - z.B. - das Beheizen von Amtsstuben und damit für
die in Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz - Unterabs. - 1 MwStSystRL
genannten Hoheitstätigkeiten verwenden (Fall D), für
private Wohnzwecke von Anwohnern in seiner Nähe an diese
kostenlos abgeben (Fall E) oder an einen anderen Steuerpflichtigen
für dessen wirtschaftliche Tätigkeit kostenlos abgeben,
wobei hier auch noch danach zu differenzieren sein könnte, ob
der Empfänger den Gegenstand im Rahmen seiner wirtschaftlichen
Tätigkeit für Zwecke verwendet, die ihn gemäß
Art. 168 MwStSystRL oder gemäß Art. 169 MwStSystRL zum
Vorsteuerabzug berechtigten (Fall F).
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Die steuerrechtliche Beurteilung der meisten
dieser Fälle ist unproblematisch. So fehlt es im Fall A am
Vorgang einer Entnahme, so dass Art. 16 Satz 1 MwStSystRL bereits
deshalb nicht anzuwenden ist. Demgegenüber liegen in den
Fällen B und C die Voraussetzungen von Art. 16 Satz 1 Fall 1
und 2 MwStSystRL vor, die jedenfalls bei einer vollständigen
Unternehmenszuordnung nicht zu einer Einschränkung des
Vorsteuerabzugs führen. Im Fall D ist auf der Grundlage des
EuGH-Urteils Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie
vom 12.02.2009 - C-515/07 (EU:C:2009:88 = SIS 09 08 65) die Annahme einer Entnahme
für unternehmensfremde Zwecke nach Art. 16 Satz 1 Fall 4
MwStSystRL zu verneinen, was dann wohl zu einer Einschränkung
des Vorsteuerabzugs aus den Errichtungs- und Betriebskosten der
Anlage führt. Für den Fall E bejaht der BFH den
Tatbestand der unentgeltlichen Zuwendungen gemäß Art. 16
Satz 1 Fall 3 MwStSystRL mit vollem Vorsteuerabzug, da es hier
sonst zu einem unversteuerten Endverbrauch kommt (BFH-Urteil vom
25.11.2021 - V R 45/20, BFHE 275, 392 = SIS 22 05 92, Rz 18).
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Zweifelhaft ist demgegenüber die
Beurteilung im Fall F, der dem hier zu beurteilenden Streitfall
entspricht. Es stellt sich die Frage, ob auch hier eine Entnahme
„als unentgeltliche Zuwendung“
i.S. von Art. 16 Satz 1 Fall 3 MwStSystRL zu bejahen ist.
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b) Bisherige Rechtsprechung des EuGH zu
Art. 16 MwStSystRL
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31
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Der EuGH hat sich in der Vergangenheit bereits
mehrfach zu einzelnen Tatbeständen des Art. 16 MwStSystRL
(Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG) geäußert.
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So liegt eine Entnahme vor, wenn eine
Erdölgesellschaft Gegenstände an einen
Treibstoffkäufer gegen Gutscheine abgibt, die der
Treibstoffkäufer nach Maßgabe der gekauften Menge gegen
Zahlung des vollen Endverkaufspreises des Treibstoffs an der
Tankstelle im Rahmen einer Werbeaktion erhalten hat (EuGH-Urteil
Kuwait Petroleum vom 27.04.1999 - C-48/97, EU:C:1999:203 =
SIS 99 17 22, zweite Antwort zu
Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG). Dies bezieht sich auf die
Entnahme in Form der unentgeltlichen Zuwendung nach Art. 16 Satz 1
Fall 3 MwStSystRL, wie sich aus Rz 24 dieses Urteils ergibt. Dabei
hat der EuGH in Rz 22 dieses Urteils die Entnahme insbesondere
damit begründet, dass eine Entnahme auch bei einer Weitergabe
für Zwecke des Unternehmens vorliegen kann.
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Im Zusammenhang mit Warenmustern i.S. von Art.
16 Satz 2 MwStSystRL - und dabei wohl mit Blick auf Art. 16 Satz 1
Fall 1 und 2 MwStSystRL - hat der EuGH entschieden, dass der
Steuerpflichtige, der für seinen privaten Bedarf oder den
seines Personals einen Gegenstand entnimmt, und der Endverbraucher,
der einen Gegenstand gleicher Art erwirbt, gleichbehandelt werden
und dass die Besteuerung der Entnahme dazu dient, einen
unversteuerten Endverbrauch zu verhindern (EuGH-Urteil EMI Group
vom 30.09.2010 - C-581/08, EU:C:2010:559 = SIS 10 33 38, Rz 17 f. zu Art. 5 Abs. 6 der
Richtlinie 77/388/EWG).
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34
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Schließlich hat der EuGH die Entnahme
verneint, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen seiner
wirtschaftlichen Tätigkeit zugunsten einer Gemeinde
unentgeltlich Arbeiten zum Ausbau einer Gemeindestraße
durchführt, die von der Öffentlichkeit wie auch von ihm
genutzt wird (EuGH-Urteil Mitteldeutsche Hartstein-Industrie vom
16.09.2020 - C-528/19, EU:C:2020:712 = SIS 20 12 33, dritte Antwort zu Art. 5 Abs. 6
der Richtlinie 77/388/EWG). Unter Hinweis auf seine Urteile Kuwait
Petroleum (EU:C:1999:203 = SIS 99 17 22) und EMI Group (EU:C:2010:559 = SIS 10 33 38) verneint der EuGH eine Zuordnung
zu unternehmensfremden Zwecken (i.S. von Art. 16 Satz 1 Fall 4
MwStSystRL), da die Arbeiten für die Bedürfnisse des
Steuerpflichtigen durchgeführt wurden, was aber eine Entnahme
nach anderen Tatbeständen nicht ausschließt (Rz 64).
Weiter stehe zwar die Nutzung der ausgebauten Straße für
den öffentlichen Verkehr einer Entnahme nicht entgegen. Die
Arbeiten zum Ausbau dieser Straße seien jedoch
ausgeführt worden, um den Bedürfnissen des
Steuerpflichtigen zur Aufnahme des Schwerlastverkehrs nachzukommen
(Rz 65). Es liege kein unversteuerter Endverbrauch vor (Rz 66),
wobei der EuGH hierzu auf den „tatsächlichen
Endverbrauch“ verweist, aus dem sich eine
vorrangige Nutzung durch den Steuerpflichtigen gegenüber der
„irrelevanten“ Nutzung für
den öffentlichen Verkehr ergebe (Rz 67 und Rz 37).
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c) Mögliche Beantwortung der ersten
Vorlagefrage
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aa) Bejahung der Entnahme bei
Wortlautauslegung
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Nach Maßgabe des Wortlauts von Art. 16
Satz 1 Fall 3 MwStSystRL ist im Streitfall die unentgeltliche
Zuwendung zu bejahen. Die Klägerin hat mit der Wärme
einen Gegenstand i.S. von Art. 15 Abs. 1 MwStSystRL, den sie im
Rahmen ihres Unternehmens hergestellt hat, aus ihrem Unternehmen
entnommen. Da sie für die Anlage, mit der die Wärme
hergestellt wurde, im Hinblick auf die steuerpflichtigen
Stromlieferungen gegen Entgelt zum Vorsteuerabzug berechtigt war,
erzeugte die Klägerin auch die Wärme mit Recht auf
Vorsteuerabzug.
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38
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Es liegen weiter die Anforderungen vor, die an
den Tatbestand der Zuwendung zu stellen sind. Als Zuwendung ist die
Übertragung des Zuwendungsgegenstands auf eine andere Person
unter den Bedingungen anzusehen, die ansonsten zu einer Lieferung
(Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL) führen. Dies trifft auf die
Zurverfügungstellung von Wärme zur Nutzung durch den
Empfänger zu.
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Diese Zuwendung war auch unentgeltlich, da die
Übertragung der Wärme auf A und B entgegen den
vertraglichen Vereinbarungen ohne Zahlung erfolgte und die
hiergegen gerichteten Einwendungen der Klägerin nicht
durchgreifen.
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bb) Bedeutung des Endverbrauchs
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Zweifelhaft ist, ob der Tatbestand der
Entnahme als unentgeltliche Zuwendung über den Wortlaut von
Art. 16 Satz 1 Fall 3 MwStSystRL hinaus durch eine zusätzliche
Voraussetzung einzuschränken ist. Denn auch dieser Tatbestand
der Entnahme könnte dazu dienen, einen unversteuerten
Endverbrauch zu verhindern (s. oben II.2.b). Der Tatbestand der
Entnahme als unentgeltliche Zuwendung würde dann einen
unversteuerten Endverbrauch voraussetzen. Eine derartige
Einschränkung könnte aus dem EuGH-Urteil Mitteldeutsche
Hartstein-Industrie (EU:C:2020:712 = SIS 20 12 33) abzuleiten sein. Für eine derartige
Einschränkung könnte zudem eine Gleichbehandlung mit Art.
16 Satz 1 Fall 1 und 2 MwStSystRL sprechen.
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42
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Allerdings wäre bei einer derart
einschränkenden Auslegung auch die Frage zu beantworten, ob
der unversteuerte Endverbrauch bereits dann zu verneinen ist, wenn
der Zuwendungsempfänger, bei dem es sich um einen
Steuerpflichtigen handelt, den Zuwendungsgegenstand für Zwecke
seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet, oder ob es
zusätzlich darauf ankommt, dass er den Zuwendungsgegenstand
für Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet,
die ihn nach Art. 168 MwStSystRL oder nach Art. 169 MwStSystRL zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Letzteres könnte sich daraus
rechtfertigen, dass ansonsten der Zuwendungsgegenstand, der den
Zuwendenden (hier: die Klägerin) zum Vorsteuerabzug berechtigt
hat, beim Zuwendungsempfänger (hier: A und B) für Zwecke
verwendet werden kann, die nicht zum Vorsteuerabzug
berechtigten.
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43
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Bei der Beurteilung der ersten Vorlagefrage
geht der Senat davon aus, dass sich eine den Wortlaut (durch ein
Zusatzerfordernis) einschränkende Auslegung dem EuGH-Urteil
Mitteldeutsche Hartstein-Industrie (EU:C:2020:712 = SIS 20 12 33) nicht eindeutig entnehmen
lässt. Denn die sich aus diesem Urteil ergebende Ablehnung von
Art. 16 Satz 1 Fall 3 MwStSystRL könnte auch darauf beruhen,
dass der Ausbau der Gemeindestraße zur Aufnahme des
Schwerlastverkehrs des Steuerpflichtigen als Eigenzuwendung des
Steuerpflichtigen an sich selbst anzusehen war, so dass es bereits
am Tatbestand der Zuwendung an eine andere Person fehlte.
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44
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Gegen eine den Wortlaut einschränkende
Auslegung könnte zudem sprechen, dass der EuGH in seinem
Urteil Kuwait Petroleum (EU:C:1999:203 = SIS 99 17 22) die unentgeltliche Zuwendung
bejaht hat, obwohl die Zuwendung beim Zuwendenden seiner
wirtschaftlichen Tätigkeit diente (EuGH-Urteil Kuwait
Petroleum, EU:C:1999:203 = SIS 99 17 22, Rz 22). Dies könnte zu einer spiegelbildlichen
Betrachtung beim Zuwendungsempfänger dergestalt führen,
dass eine unentgeltliche Zuwendung auch dann vorliegt, wenn er den
Zuwendungsgegenstand für seine wirtschaftliche Tätigkeit
verwendet. Zudem hat der EuGH entschieden, dass „nicht
nach dem steuerlichen Status des Empfängers von Warenmuster
differenziert wird“ (EuGH-Urteils EMI
Group, EU:C:2010:559 = SIS 10 33 38, Rz 52).
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45
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Schließlich ist zu beachten, dass der
Entnahme als unentgeltliche Zuwendung nach Art. 16 Satz 1 Fall 3
MwStSystRL nach dem Willen des Unionsgesetzgebers eine
gegenüber der Privatentnahme gemäß Art. 16 Satz 1
Fall 1 und 2 MwStSystRL eigenständige Funktion zukommen soll.
Dies lässt es zweifelhaft erscheinen, ob die unentgeltliche
Zuwendung denselben Beschränkungen wie die Privatentnahme
unterliegen soll, da bei Anwendung des Kriteriums eines
unversteuerten Endverbrauchs für Art. 16 Satz 1 Fall 3
MwStSystRL möglicherweise kein eigenständiger
Anwendungsbereich verbleibt.
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46
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cc) Betrachtung der Rechtsfolgen
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47
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Zu betrachten sind auch die Rechtsfolgen, die
sich aus der Bejahung oder Verneinung einer den Wortlaut
einschränkenden Auslegung ergeben.
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(1) Einschränkende Auslegung
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49
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Ist der Tatbestand der unentgeltlichen
Zuwendung i.S. von Art. 16 Satz 1 Fall 3 MwStSystRL aufgrund des
Kriteriums eines unversteuerten Endverbrauchs zu verneinen, hat der
Zuwendende zu beurteilen, ob ein derartiger Endverbrauch beim
Empfänger vorliegt. Damit trägt der Zuwendende das Risiko
einer hierauf bezogenen Fehlbeurteilung. Der Streitfall
verdeutlicht dies. So sollte die Klägerin für die
Zurverfügungstellung der Wärme zum einen ein Entgelt
erhalten, während die Wärme zum anderen durch die
Empfänger A und B für bestimmte Zwecke der von A und B
jeweils ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet
werden sollte. Der erste Teil dieser Vereinbarung wurde bereits
nicht durchgeführt, da für die Wärmeübertragung
in beiden Fällen keine Zahlungen geleistet wurden. Ebenso
kommt - zumindest abstrakt - die Möglichkeit in Betracht, dass
die Empfänger (hier: A und B) die unentgeltliche Leistung
(hier: Wärme) entgegen den vertraglichen Vereinbarungen
für andere Zwecke als die ihrer wirtschaftlichen
Tätigkeit verwenden könnten. Damit trägt die
Klägerin das grundsätzliche Risiko, dass der
Einzelunternehmer A und die Gesellschafter der B die Wärme
vertragswidrig für z.B. private Wohnzwecke verwenden.
Käme es für die Anwendung des Art. 16 Satz 1 Fall 3
MwStSystRL auf eine Empfängerverwendung (gegebenenfalls mit
Recht auf Vorsteuerabzug) an, müsste der Zuwendende insoweit
das Risiko von Fehlbeurteilungen tragen.
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Dies könnte es rechtfertigen, für
den Tatbestand der unentgeltlichen Zuwendung entsprechend dem
Wortlaut des Art. 16 Satz 1 Fall 3 MwStSystRL nur auf die Zuwendung
und deren Entgeltlichkeit abzustellen, ohne diesen Tatbestand durch
das Erfordernis eines unversteuerten Endverbrauchs
einzuschränken.
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(2) Wortlautgetreue Anwendung
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Zu betrachten sind auch die Rechtsfolgen, die
sich bei einer wortlautgetreuen Anwendung ergeben. Dabei
könnte es im Hinblick auf den Neutralitätsgrundsatz (vgl.
z.B. EuGH-Urteil Malburg vom 13.03.2014 - C-204/13, EU:C:2014:147 =
SIS 14 08 07, Rz 41) als
unzutreffend angesehen werden, die Entnahme als unentgeltliche
Zuwendung zu bejahen, wenn der steuerpflichtige
Zuwendungsempfänger den Zuwendungsgegenstand für Zwecke
einer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet, die ihn zum
Vorsteuerabzug berechtigt. Die Abgabe der Wärme wird trotzdem
mit Umsatzsteuer belastet, ohne dass der Leistungsempfänger
diese als Vorsteuer abziehen könnte. Insoweit könnte ein
Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz vorliegen, wenn
der Entnahmebesteuerung beim Zuwendenden kein Recht auf
Vorsteuerabzug beim Zuwendungsempfänger
gegenübersteht.
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Allerdings erscheint eine derartige Verneinung
des Vorsteuerabzugs zweifelhaft. Denn Art. 16 Satz 1 MwStSystRL
stellt die Entnahme einer Lieferung gegen Entgelt gleich. Verwendet
der steuerpflichtige Zuwendungsempfänger den durch Zuwendung
nach Art. 16 Satz 1 Fall 3 MwStSystRL als an ihn geliefert
geltenden Gegenstand für die in Art. 168 MwStSystRL oder in
Art. 169 MwStSystRL genannten Zwecke, liegen die materiellen
Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs vor. Im Hinblick auf das
zusätzliche Erfordernis einer Rechnung nach Art. 178 Buchst. a
MwStSystRL könnte der Zuwendende als nach Art. 226 MwStSystRL
befugt angesehen werden, über die Entnahme eine Rechnung zu
erteilen. Diese würde insbesondere als
Steuerbemessungsrundlage (Art. 226 Nr. 8 MwStSystRL) den
Entnahmewert nach Art. 74 MwStSystRL und den darauf entfallenden
Steuerbetrag (Art. 226 Nr. 10 MwStSystRL) angeben. Eine
Zahlungsaufforderung gehört nicht zu den Rechnungsangaben. Ein
Vorsteuerabzug kann daher im Fall einer Entnahme als unentgeltliche
Zuwendung anzusehen sein, ohne dass es hierfür zu einer
Zahlung durch den Zuwendungsempfänger an den Zuwendenden
kommen muss. Denn im Fall der von vornherein bestehenden
Unentgeltlichkeit fehlt es an der von Art. 90 MwStSystRL
vorausgesetzten „Nichtbezahlung ... nach der Bewirkung des
Umsatzes“. Zahlt der
Zuwendungsempfänger demgegenüber den für die
Entnahme geschuldeten Steuerbetrag, ändert sich hierdurch
nichts, da eine derartige Steuerzahlung nicht als Entgelt anzusehen
ist.
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Zur Bejahung des Vorsteuerabzugs wäre es
schließlich erforderlich, in der für die Entnahme
geschuldeten Steuer eine i.S. von Art. 168 Buchst. a MwStSystRL
geschuldete oder entrichtete Steuer zu sehen (vgl. hierzu
EuGH-Urteil Zipvit vom 13.01.2022 - C-156/20, EU:C:2022:2 =
SIS 22 00 25, Rz 37).
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d) Entscheidungserheblichkeit der ersten
Vorlagefrage
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§ 3 Abs. 1b UStG beruht auf Art. 16
MwStSystRL und entspricht dieser Vorgabe (vgl. BFH-Urteile vom
16.10.2013 - XI R 39/12, BFHE 243, 77, BStBl II 2014, 1024 = SIS 13 31 04, Rz 27; vom 21.05.2014 - V R 20/13, BFHE 246, 226, BStBl II
2014, 1029 = SIS 14 23 85). Nach beiden Regelungen wird eine
unentgeltliche Zuwendung einer Lieferung von Gegenständen
gegen Entgelt gleichgestellt, wenn dieser Gegenstand oder seine
Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt
haben (§ 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 UStG; Art. 16 Satz
1 MwStSystRL). Im Streitfall handelt es sich bei den
Wärmelieferungen an A und B um unentgeltliche Zuwendungen in
diesem Sinne, da der Betrieb des BHKW mit Biogasanlage die
Klägerin zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte.
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Tatsächliche Feststellungen dazu, ob A
und B zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, hat das FG nicht
getroffen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass A und B
Kleinunternehmer sind oder die Pauschalregelung für land- und
forstwirtschaftliche Erzeuger in Anspruch nehmen.
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3. Zur zweiten Vorlagefrage
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a) Bedeutung des Steuertatbestands für
die Bemessungsgrundlage
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Art. 74 MwStSystRL dient der Verwirklichung
des in Art. 16 Satz 1 MwStSystRL genannten Entnahmetatbestandes, da
sich aus Art. 74 MwStSystRL die Bemessungsgrundlage für diese
Entnahme ergibt. Dies rechtfertigt es aus der Sicht des Senats, die
mit Art. 16
MwStSystRL verfolgten Zielsetzungen auch bei der Auslegung von
Art. 74 MwStSystRL zu berücksichtigen.
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b) Zielsetzungen der
Entnahmebesteuerung
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Zum Entnahmetatbestand hat der EuGH bereits
entschieden, dass „ein Steuerpflichtiger, der einen
Gegenstand aus seinem Unternehmen entnimmt, und ein
gewöhnlicher Verbraucher, der einen Gegenstand gleicher Art
kauft, gleich behandelt werden. Deswegen lässt es [Art. 5 Abs.
6 der Richtlinie 77/388/EWG] nicht zu, dass ein Steuerpflichtiger,
der beim Kauf eines seinem Unternehmen zugeordneten Gegenstands die
Mehrwertsteuer abziehen konnte, der Zahlung der Mehrwertsteuer
entgeht, wenn er diesen Gegenstand aus seinem Unternehmen für
seinen privaten Bedarf entnimmt, und so gegenüber einem
gewöhnlichen Verbraucher, der beim Erwerb des Gegenstands
Mehrwertsteuer zahlt, einen ungerechtfertigten Vorteil
erlangt“ (EuGH-Urteil Fischer und
Brandenstein vom 17.05.2001 - C-322/99 und C-323/99, EU:C:2001:280
= SIS 01 08 79, Rz 56). Daher
wäre eine Auslegung des Entnahmetatbestandes dahingehend,
„dass im Fall der Entnahme eines Gegenstands für den
privaten Bedarf des Steuerpflichtigen dieser Gegenstand und die in
ihn eingebauten Teile umfassend zu besteuern sind, obwohl der
Gegenstand ursprünglich ohne die Möglichkeit zum
Vorsteuerabzug erworben wurde und allein die nachträglich
erworbenen „Bestandteile“ zum
Vorsteuerabzug berechtigt haben, ... mit dem von dieser Bestimmung
verfolgten Ziel der Gleichbehandlung nicht zu
vereinbaren“ (EuGH-Urteil Fischer und
Brandenstein, EU:C:2001:280 = SIS 01 08 79, Rz 75).
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c) Bedeutung des Steuertatbestands für
die Bemessungsgrundlage
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Ist die mit der Schaffung des
Entnahmetatbestandes verfolgte Zielsetzung, „dass der
Steuerpflichtige gegenüber einem gewöhnlichen Verbraucher
keinen ungerechtfertigten Vorteil erlangt“
(EuGH-Urteil Fischer und Brandenstein, EU:C:2001:280 = SIS 01 08 79, Rz 76; s.a. EuGH-Urteil
Mateusiak vom 16.06.2016 - C-229/15, EU:C:2016:454, Rz 39), auf
Art. 74 MwStSystRL zu übertragen, könnte hieraus folgen,
dass bei der Ermittlung des Selbstkostenpreises nur die
Selbstkosten zu berücksichtigen sind, die steuerbelastet sind,
da auch gewöhnliche Verbraucher, die einen Gegenstand
herstellen, nur insoweit mit Mehrwertsteuer belastet werden. Diese
Auslegung führt dazu, dass der Steuerpflichtige, der einen
Gegenstand herstellt, gegenüber dem gewöhnlichen
Verbraucher, der einen Gegenstand herstellt, keinen
ungerechtfertigten Vorteil erlangt, wenn bei ihm nicht
vorsteuerbelastete Aufwendungen (wie z.B. die Kosten eines nach
Art. 135 MwStSystRL steuerfreien Kredits) nicht in die Ermittlung
des Selbstkostenpreises einzubeziehen sind.
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Zu berücksichtigen ist aber auch der nach
Art. 74 MwStSystRL vorrangig anzuwendende Einkaufspreis. Hier
könnte eine Aufteilung dieses Preises in einen
steuerbelasteten Preisbestandteil und einen Preisbestandteil ohne
Steuerbelastung abzulehnen sein. Im Übrigen weist der Senat
darauf hin, dass die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass nicht
vorsteuerbelastete Kosten mit in die Selbstkostenberechnung
aufzunehmen sind (so Abschn. 10.6 Abs. 1 Satz 5 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses). Im Schrifttum wird dies
kritisiert (Stapperfend in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 10 Rz 467; Treiber in
Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 447, und Wäger
in Wäger, UStG, 2. Aufl., § 10 Rz 153). Der BFH hat diese
Frage bislang offen gelassen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 275,
392 = SIS 22 05 92, Rz 34 f.; vom 15.03.2022 - V R 34/20, BFHE 276,
369 = SIS 22 12 07, Rz 26).
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d) Entscheidungserheblichkeit der zweiten
Vorlagefrage
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Auch die zweite Frage ist
entscheidungserheblich. Zwar ist die Besteuerungsgrundlage für
Gegenstände oder gleichartige Gegenstände nach Art. 74
MwStSystRL nur dann der
„Selbstkostenpreis“, wenn es
keinen Einkaufspreis für gleichartige Gegenstände gibt
(vgl. EuGH-Urteile Property Development Company vom 23.04.2015 -
C-16/14, EU:C:2015:265 = SIS 15 10 57, Rz 37; Het Oudeland Beheer vom 28.04.2016 - C-128/14,
EU:C:2016:306 = SIS 16 09 58, Rz
48). Dies ist nach der Rechtsprechung des BFH vorliegend der Fall,
weil A und B nicht an ein Wärmenetz angeschlossen sind, das
einen Bezug von Wärme von Dritten gegen Entgelt
ermöglicht hätte (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 239, 377,
BStBl II 2014, 809 = SIS 13 06 24, Rz 39; in BFHE 276, 369 = SIS 22 12 07, Rz 16). Folglich ist der Selbstkostenpreis des Art. 74
MwStSystRL für die Entscheidung im Streitfall
maßgeblich. Sind in den Selbstkostenpreis nur
vorsteuerbelastete Aufwendungen einzubeziehen, mindert dies die
Steuerbemessungsgrundlage für die Wärmeentnahme und
führt damit zu einer teilweisen Klagestattgabe.
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4. Zur dritten Vorlagefrage
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a) Gegenstand der dritten
Vorlagefrage
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Mit der dritten Vorlagefrage soll geklärt
werden, ob zum Selbstkostenpreis nur die unmittelbaren
Herstellungs- oder Erzeugungskosten oder auch nur mittelbar
zurechenbare Kosten (wie z.B. Finanzierungsaufwendungen)
gehören.
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Die insoweit bestehenden Zweifel ergeben sich
aus den auf Fremdkapitalzinsen bezogenen Ausführungen des EuGH
im Urteil Property Development Company (EU:C:2015:265 =
SIS 15 10 57, Rz 40). Danach ist
es unerheblich, ob der (gegenüber dem Selbstkostenpreis
vorrangig anzuwendende) Einkaufspreis gleichartiger Gebäude
Fremdkapitalzinsen umfasst, die gegebenenfalls bei der Errichtung
dieser Gebäude gezahlt wurden. Denn anders als beim Kriterium
des Selbstkostenpreises könne sich die Steuerbehörde beim
Kriterium des Einkaufspreises gleichartiger Gegenstände auf
die Marktpreise dieser Art von Gegenständen im Zeitpunkt der
Zuordnung des fraglichen Gebäudes stützen, ohne im
Einzelnen prüfen zu müssen, welche Wertfaktoren zu diesen
Preisen geführt haben.
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Dies deutet darauf hin, dass beim
Selbstkostenpreis zu prüfen ist, welche Wertfaktoren zu ihm
geführt haben. Für die Bestimmung des Selbstkostenpreises
könnte daher, anders als für den Einkaufspreis, erheblich
sein, ob z.B. Fremdkapitalzinsen vorliegen, die dann zu erfassen
sein könnten. Hiergegen sprechen aber die Schwierigkeiten, die
sich ergeben, wenn nur mittelbar zurechenbare Kosten (wie z.B.
Verwaltungsgemeinkosten) zu den Selbstkosten gehören
würden. Das aus Sicht des Senats anzustrebende Ziel einer
einfachen Wertbemessung von Entnahmen spricht daher gegen eine
Einbeziehung derartiger Kosten, wie etwa von
Finanzierungsaufwendungen.
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b) Entscheidungserheblichkeit der dritten
Vorlagefrage
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Die dritte Vorlagefrage ist ebenso wie die
zweite Vorlagefrage entscheidungserheblich. Sind
Finanzierungsaufwendungen nicht Teil des Selbstkostenpreises,
vermindert dies die Steuerbemessungslage der Wärmeentnahme und
führt somit zu einer für die Klägerin niedrigeren
Steuerlast sowie zu einer teilweisen Klagestattgabe.
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5. Rechtsgrundlage der Anrufung und
Nebenentscheidung
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Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH
ist Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die Aussetzung des Revisionsverfahrens
beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 FGO.
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