Auf die Revision des Finanzamts werden das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 08.06.2018 - 1 K 1085/17
L = SIS 18 12 76 und - jeweils betreffend die
Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 - die
Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 30.03.2017 sowie der
Ablehnungsbescheid des Finanzamts vom 16.03.2016 aufgehoben.
Das Finanzamt wird verpflichtet, über den
Antrag der Klägerin vom 11.03.2016 unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts betreffend die Lohnsteuer-Anmeldungen
Januar 2012 bis Juni 2014 neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die
Klägerin und das Finanzamt jeweils zur Hälfte zu
tragen.
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Die Beteiligten sind sich einig, dass M auf
die vorstehenden Beträge keinen Anspruch hatte. Die Auszahlung
der überhöhten Arbeitsentgelte und die hiermit im
Zusammenhang stehenden Lohnsteuer-Anmeldungen erfolgten ohne den
Willen der Klägerin und wurden von dieser zunächst auch
nicht bemerkt.
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M wurde in den Jahren 2010 bis 2015 mit
ihrem Ehemann zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Dabei legte
das FA bei M u.a. die vorstehend dargestellten
Bruttoarbeitslöhne der Besteuerung zugrunde und rechnete die
hierfür angemeldeten und abgeführten Lohn- und
Annexsteuern an.
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Im April 2014 führte das FA eine
Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Klägerin durch, die
im Wesentlichen von M begleitet wurde. Die Prüfung führte
zu keinen Beanstandungen. Infolgedessen hob das FA Ende Juli 2014
den Vorbehalt der Nachprüfung für die von der
Klägerin abgegebenen Lohnsteuer-Anmeldungen für den
Zeitraum Januar 2012 bis Juni 2014 auf.
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Im Dezember 2015 bemerkte die Klägerin
die von M veranlassten überhöhten Lohnzahlungen. Ferner
wurde festgestellt, dass M weitere erhebliche finanzielle Mittel
durch diverse Überweisungen veruntreut hatte.
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Ende Januar 2016 vereinbarte die
Klägerin mit dem Ehemann der im Dezember 2015 verstorbenen M,
dass der Ehemann als Erbe der M zur Schadenskompensation einen
Betrag in Höhe von … EUR aus dem Nachlass der
Verstorbenen und seinem Privatvermögen zahlte.
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Mit Schreiben vom 11.03.2016 beantragte die
Klägerin eine Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen
für die Anmeldezeiträume Juli 2010 bis Dezember 2015, da
es sich bei den von M an sich selbst veranlassten Zahlungen nicht
um Arbeitslohn i.S. des § 19 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) gehandelt habe und die hierfür angemeldeten und
abgeführten Lohnsteuerbeträge daher zu erstatten
seien.
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Das FA lehnte diesen Antrag ab, da keine
Änderungsmöglichkeit bestehe.
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Gegen diesen Bescheid legte die
Klägerin Einspruch ein. Im Nachgang zu einer Besprechung an
Amtsstelle erließ das FA am 22.06.2016 einen
Teilabhilfebescheid und änderte die Lohnsteuer-Anmeldungen
für die Anmeldezeiträume Dezember 2011 und Juli 2014 bis
Dezember 2015 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
dahingehend, dass die für diese Zeiträume für M
angemeldeten Lohn- und Annexsteuerbeträge aus den Anmeldungen
herausgenommen wurden. Im Übrigen wies es den Einspruch der
Klägerin als unbegründet zurück.
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Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrte
die Klägerin zuletzt noch eine Herabsetzung der für die
Monate Januar 2012 bis Juni 2014 angemeldeten Lohn- und
Annexsteuerbeträge um insgesamt 15.435,42 EUR.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
den in EFG 2018, 1482 veröffentlichten Gründen statt. Das
FA sei jedenfalls nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO
verpflichtet, die Lohnsteuer-Anmeldungen zu ändern. Die
Regelung des § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG schließe eine
Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen nicht aus.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, der
Einspruchsentscheidung sowie des Ablehnungsbescheids des FA vom
16.03.2016 - jeweils betreffend die Lohnsteuer-Anmeldungen Januar
2012 bis Juni 2014 - und zur Verpflichtung des FA, über den
Antrag der Klägerin vom 11.03.2016 betreffend die
Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014
unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu
entscheiden (§§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 101 Satz 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Soweit die Klägerin
beantragt, das FA (i.S. von § 101 Satz 1 FGO) zum Erlass
entsprechender Änderungsbescheide zu verpflichten, ist die
Klage abzuweisen.
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1. Das FG ist zunächst zu Recht davon
ausgegangen, dass die streitigen Überzahlungen nicht zum
steuerpflichtigen Arbeitslohn der M gehörten.
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a) Zum Arbeitslohn gehören nach § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG alle Vorteile, die für eine
Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst
gewährt werden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist
gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Leistung besteht
oder nicht (Senatsurteil vom 05.07.1996 - VI R 10/96, BFHE 180,
441, BStBl II 1996, 545 = SIS 96 19 38). Unerheblich ist auch, ob
Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei diesem
verbleiben können (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
22.05.2002 - VIII R 74/99, BFH/NV 2002, 1430 = SIS 02 97 85). Zum
Arbeitslohn gehören daher auch versehentliche
Überweisungen des Arbeitgebers, die dieser zurückfordern
kann. Die Rückzahlung ist in diesem Fall erst im Zeitpunkt des
tatsächlichen Abflusses einkünftemindernd zu
berücksichtigen (Senatsurteil vom 04.05.2006 - VI R 17/03,
BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830 = SIS 06 31 50). Nicht zum
Arbeitslohn i.S. des § 19 EStG gehören dagegen dem
Arbeitnehmer nicht zustehende Beträge, die er unter
eigenmächtiger Überschreitung seiner Befugnisse auf sein
Konto überweist (Senatsurteil vom 13.11.2012 - VI R 38/11,
BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929 = SIS 13 04 61).
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b) Dementsprechend hat das FG zu Recht
entschieden, dass die vorliegenden Überzahlungen keinen
Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellen.
Es fehlt bereits an dem Merkmal der
„Gewährung“ von Vorteilen (s. Senatsurteil
in BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929 = SIS 13 04 61, Rz 15). M
wurden die streitigen Beträge nicht
„gewährt“; vielmehr hat sie sich die
entsprechenden Beträge eigenmächtig unter
Überschreitung ihrer Befugnisse zugeteilt.
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2. a) Ob nach Abgabe einer
Lohnsteuer-Anmeldung durch den Arbeitgeber deren Änderung im
Wege einer Steuerfestsetzung nach den §§ 155, 167 Abs. 1
Satz 1 AO zulässig ist, richtet sich grundsätzlich nach
den allgemeinen Korrekturvorschriften. Eine solche Änderung
ist insbesondere zulässig, solange noch ein Vorbehalt der
Nachprüfung (§ 164 AO) besteht (Senatsurteile vom
30.10.2008 - VI R 10/05, BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354 = SIS 09 00 50, und in BFHE 239, 403, BStBl II 2013, 929 = SIS 13 04 61, Rz
17). Nach § 168 Satz 1 AO steht nämlich die
Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der
Nachprüfung gleich. Damit werden die Rechtsfolgen einer
Steuerfestsetzung unmittelbar an die Steuererklärung
geknüpft.
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b) § 41c Abs. 3 EStG stand einer
Änderung der Steuerfestsetzung nach der Rechtsprechung des
erkennenden Senats bislang nicht entgegen (Senatsurteile in BFHE
223, 202, BStBl II 2009, 354 = SIS 09 00 50, und in BFHE 239, 403,
BStBl II 2013, 929 = SIS 13 04 61, Rz 16). Zwar ist nach § 41c
Abs. 3 Satz 1 EStG die Änderung des Lohnsteuerabzugs nur bis
zur Übermittlung oder Ausschreibung der
Lohnsteuerbescheinigung zulässig. Nach der Übermittlung
der Lohnsteuerbescheinigung kann der Arbeitnehmer eine Berichtigung
der Lohnsteuerbescheinigung nicht mehr verlangen; denn diese ist
ein Beweispapier über den Lohnsteuerabzug, so wie er
tatsächlich stattgefunden hat (s. Senatsurteile vom 13.12.2007
- VI R 57/04, BFHE 220, 124, BStBl II 2008, 434 = SIS 08 14 84, und
in BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354 = SIS 09 00 50). Nach Ansicht
des Senats ist der tatsächliche Lohnsteuerabzug im
Zusammenhang mit der Änderung einer Lohnsteuer-Anmeldung oder
eines an deren Stelle tretenden Festsetzungsbescheids indes nicht
von Bedeutung, weil es sich bei der darin festgesetzten, mit der
Zahlung des Arbeitslohns entstehenden Entrichtungssteuerschuld des
Arbeitgebers um einen gesetzlich bestimmten
„Sollbetrag“ und nicht um einen durch den
tatsächlichen Lohnsteuerabzug bestimmten
„Istbetrag“ handelt (s. Senatsurteile in BFHE
223, 202, BStBl II 2009, 354 = SIS 09 00 50, und in BFHE 239, 403,
BStBl II 2013, 929 = SIS 13 04 61, Rz 16).
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c) Mit Art. 2 des Gesetzes zur Anpassung des
nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur
Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014 -
KroatienAnpG - (BGBl I 2014, 1266) hat der Gesetzgeber § 41c
Abs. 3 EStG um einen Satz 4 ergänzt, wonach eine Minderung der
einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer (§ 41a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1
AO nach der Übermittlung oder Ausschreibung der
Lohnsteuerbescheinigung nur dann zulässig ist, wenn sich der
Arbeitnehmer ohne vertraglichen Anspruch und gegen den Willen des
Arbeitgebers Beträge verschafft hat, für die Lohnsteuer
einbehalten wurde. Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 EStG
i.d.F. des KroatienAnpG ist die Vorschrift erstmals auf den
laufenden Arbeitslohn anzuwenden, der für einen nach dem
31.12.2013 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird.
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3. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist
das FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass § 41c Abs.
3 Satz 4 EStG einer Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar
2012 bis Juni 2014 nach Maßgabe der allgemeinen
Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO im Streitfall
nicht entgegensteht (unter a). Eine Änderung nach § 173
Abs. 1 Nr. 2 AO kommt jedoch nicht in Betracht (unter b). Eine
Verpflichtung des FA zur Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 Buchst. c AO hat das FG zu Unrecht bejaht (unter c).
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a) aa) Einer Änderung der
Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Dezember 2013 nach
Maßgabe der allgemeinen Korrekturvorschriften der
§§ 172 ff. AO steht § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG schon
deshalb nicht entgegen, weil die Vorschrift erstmals auf laufenden
Arbeitslohn anzuwenden ist, der für einen nach dem 31.12.2013
endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird.
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Der Senat folgt insbesondere nicht einer in
der Literatur vertretenen Ansicht, wonach § 41c Abs. 3 Satz 4
EStG auf alle Änderungsanträge anzuwenden ist, über
die nach dem 31.12.2013 zu entscheiden ist, unabhängig davon,
ob sie Lohnsteuer-Anmeldungen für Veranlagungszeiträume
vor 2014 betreffen (so Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 41c EStG Rz 18; a.A. auch FG Düsseldorf, Urteil vom
08.06.2016 - 2 K 2541/15 AO, EFG 2016, 1791 = SIS 16 20 91, Rz 51;
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.11.2017 - 3 K 2347/14, Rz
48; Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom
07.11.2013 - IV C 5-S 2378/0-07, BStBl I 2013, 1474 = SIS 13 30 44;
Seifert in Korn, § 41c EStG Rz 23). Denn nach § 52 Abs. 1
Satz 2 EStG i.d.F. des KroatienAnpG kommt es auf die Zahlung des
Arbeitslohns an.
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bb) Aber auch einer Änderung der
Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2014 bis Juni 2014 nach Maßgabe
der allgemeinen Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO
steht § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG - wie vom FG zutreffend
entschieden - nicht entgegen.
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(1) § 41c Abs. 3 Satz 4 EStG regelt
seinem Wortlaut nach nur den Fall einer nachträglichen
Änderung der Lohnsteuer-Anmeldung nach § 164 Abs. 2 Satz
1 AO. Diese ist nach der Übermittlung oder Ausschreibung der
Lohnsteuerbescheinigung nur dann zulässig, wenn sich der
Arbeitnehmer ohne vertraglichen Anspruch und gegen den Willen des
Arbeitgebers Beträge verschafft hat, für die Lohnsteuer
einbehalten wurde. Damit ist zwar eine Änderung nach §
164 Abs. 2 Satz 1 AO in allen anderen von § 41c Abs. 3 Satz 4
EStG nicht erfassten Fällen ausgeschlossen, nicht dagegen eine
Änderung nach Maßgabe der übrigen
Korrekturvorschriften. Der Wortlaut des Gesetzes ist insoweit
eindeutig. Eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut zulasten
des Steuerpflichtigen kommt nicht in Betracht.
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(2) Soweit der Gesetzgeber mit der Regelung -
wie vom FA geltend gemacht - eine darüber hinausgehende,
allgemeine Änderungssperre bezweckt haben sollte - worauf die
Entstehungsgeschichte hindeutet -, hat dieser Wille keinen
Niederschlag in der Norm gefunden. Der Wille des Gesetzgebers bzw.
der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann bei der
Gesetzesauslegung nur insoweit berücksichtigt werden, als er
auch im Text Niederschlag gefunden hat (Urteil des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 16.02.1983 - 2 BvE 1/83
u.a., BVerfGE 62, 1, unter C.II.3.a, und Senatsurteil vom
04.04.2019 - VI R 18/17, BFHE 264, 6, BStBl II 2019, 449 = SIS 19 06 71, Rz 25, m.w.N.). Die Gesetzesmaterialien dürfen nicht
dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden
Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 62, 1, unter C.II.3.a).
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b) Das FG hat offengelassen, ob die
Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt sind.
Dies ist indes zu verneinen. Denn im Streitfall steht einer
Änderung der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014
die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO entgegen. Nach
dieser Vorschrift kommt Steuerbescheiden, soweit sie aufgrund einer
Außenprüfung ergangen sind, eine erhöhte
Bestandskraft zu. Steuerbescheide in diesem Sinne sind auch
Lohnsteuer-Anmeldungen, bei denen - wie im Streitfall - im
Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung der Vorbehalt
der Nachprüfung für die den Prüfungszeitraum
betreffenden Anmeldungen aufgehoben worden ist (z.B. Senatsurteile
vom 07.02.2008 - VI R 83/04, BFHE 220, 220, BStBl II 2009, 703 =
SIS 08 15 06, und vom 15.05.1992 - VI R 106/88, BFHE 168, 532,
BStBl II 1993, 840 = SIS 92 20 21).
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Eine auf die Besonderheiten des Sachverhalts
gestützte Ausnahme von § 173 Abs. 2 AO kommt aufgrund des
eindeutigen Wortlauts der Vorschrift entgegen der Ansicht der
Klägerin nicht in Betracht.
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c) Das FG hat aber zu Recht eine
Änderungsmöglichkeit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Buchst. c AO bejaht. Nach dieser Vorschrift darf ein Steuerbescheid
geändert werden, soweit er durch unlautere Mittel wie
arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden
ist.
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aa) Unter einer arglistigen Täuschung in
diesem Sinne ist eine bewusste und vorsätzliche
Irreführung zu verstehen, durch die die Willensbildung der
Behörde unzulässig beeinflusst wird. Es genügt
bereits das Bewusstsein, wahrheitswidrige Angaben zu machen
(BFH-Urteil vom 14.12.1994 - XI R 80/92, BFHE 176, 308, BStBl II
1995, 293 = SIS 95 09 63, unter II.2.). Ob das FA die Unrichtigkeit
hätte erkennen können, ist unbeachtlich (Senatsurteil vom
08.07.2015 - VI R 51/14, BFHE 250, 322, BStBl II 2017, 13 = SIS 15 21 19, Rz 19).
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bb) Das FG hat das Vorliegen der
Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO dem
Grunde nach zutreffend bejaht. Denn M hatte als Dritte (s. hierzu
BFH-Urteil in BFHE 176, 308, BStBl II 1995, 293 = SIS 95 09 63) die
Lohnsteuer-Anmeldungen durch bewusst unrichtige Angaben und damit
durch unlautere Mittel erwirkt. Dies steht zwischen den Beteiligten
auch nicht im Streit.
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Zwar setzt die Vorschrift im Regelfall eine
Täuschung des FA voraus. Im Streitfall besteht jedoch die
Besonderheit, dass es sich um Lohnsteuer-Anmeldungen eines
Arbeitgebers handelt, die gemäß § 168 Satz 1 AO
einer Festsetzung der Lohnsteuer unter Vorbehalt der
Nachprüfung durch das FA gleichstehen. Die
Lohnsteuer-Anmeldungen hat M gegenüber der Klägerin durch
arglistige Täuschung bewirkt.
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§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO
lässt dabei sowohl eine Änderung zugunsten wie zulasten
des FA zu (s. auch FG Münster, Urteil vom 29.05.2000 - 9 K
7673/97 G, EFG 2000, 908; Loose in Tipke/Kruse, § 172 AO Rz
44; von Wedelstädt in Gosch, AO § 172 Rz 199). Auch steht
§ 173 Abs. 2 AO einer Änderung nach § 172 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO nicht entgegen (z.B. BFH-Urteil vom
18.08.2009 - X R 8/09, BFH/NV 2010, 161 = SIS 10 01 14, unter
II.3.b; BFH-Beschluss vom 02.12.2013 - III B 71/13 = SIS 14 07 49,
Rz 28).
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cc) Die Änderung eines Steuerbescheids
gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO steht
jedoch im Ermessen der Finanzbehörde (BFH-Urteil vom
28.04.1998 - IX R 49/96, BFHE 185, 370, BStBl II 1998, 458 = SIS 98 16 74, unter II.3. und m.w.N.). Eine solche Ermessensentscheidung
ist vom Gericht nur daraufhin zu überprüfen, ob die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von
dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht
entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1
FGO).
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39
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Die Gerichte sind gemäß § 102
FGO nicht befugt, ihr eigenes Ermessen an die Stelle des
Verwaltungsermessens zu setzen. Da das FA vorliegend - aus seiner
Sicht zu Recht - keine Ermessensentscheidung getroffen hat, setzt
die Stattgabe der Klage voraus, dass das Ermessen derart reduziert
ist, dass nur die von der Klägerin begehrte Änderung der
Lohnsteuer-Anmeldungen für Januar 2012 bis Juni 2014 das
einzig mögliche Ergebnis der Ermessensausübung sein
konnte. Eine solche Ermessensreduzierung auf Null kann im
vorliegenden Fall aber nicht angenommen werden. Entgegen der
Ansicht des FG kann nicht allein aufgrund des Vorliegens der
Voraussetzungen einer Änderungsnorm eine Verpflichtung des FA
bejaht werden, einen Steuerbescheid zugunsten der materiellen
Richtigkeit zu ändern.
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40
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Die Unterscheidung zwischen gebundenen
Änderungsvorschriften (wie z.B. nach § 173 AO) und
solchen aufgrund einer Ermessensentscheidung (wie z.B. nach §
172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO) wäre dann letztlich
überflüssig. Vielmehr ist auf die einzelne
Änderungsnorm und ihre spezifischen Voraussetzungen
abzustellen. Wie bei § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO
kann deshalb insoweit durchaus ein sogenanntes intendiertes
Ermessen vorliegen (z.B. BFH-Urteil vom 11.10.2017 - IX R 2/17 =
SIS 17 24 85, Rz 15). Dies ist aber keineswegs zwingend und im
Streitfall nicht angebracht. Das FG hätte das FA deshalb nicht
entsprechend dem Klageantrag der Klägerin zur Änderung
der Lohnsteuer-Anmeldungen Januar 2012 bis Juni 2014 verpflichten
dürfen, sondern gemäß § 101 Satz 2 i.V.m.
§ 102 FGO lediglich zu einer erneuten Bescheidung der
Klägerin.
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41
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Die Aufhebung des Ablehnungsbescheids und der
Einspruchsentscheidung ermöglicht dem FA insoweit die erneute
Entscheidung über den Änderungsantrag der Klägerin.
Bei seiner Ermessensentscheidung wird das FA insbesondere folgende
Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben:
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42
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Wird ein Steuerbescheid, durch den die Steuer
aufgrund unlauterer Mittel zu niedrig festgesetzt wurde, von einem
Dritten erwirkt, ist bei der Ermessensentscheidung zu beachten, ob
der Steuerpflichtige die Fehlerhaftigkeit des Bescheids weder
kannte noch erkennen konnte (s. BFH-Urteil in BFHE 185, 370, BStBl
II 1998, 458 = SIS 98 16 74).
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43
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Nichts anderes gilt für die Situation des
Streitfalls, in der die Steuer aufgrund unlauterer Mittel zu hoch
festgesetzt wurde. Bei der Ermessensentscheidung ist daher
insbesondere zu berücksichtigen, ob die Klägerin die von
der M über mehr als fünf Jahre falsch übermittelten
Lohnsteuerdaten nicht von Anfang an oder jedenfalls im Laufe der
Zeit hätte erkennen können oder sogar müssen. Ebenso
ist in die Ermessensprüfung einzubeziehen, dass der Ehemann
der M und die Klägerin sich im Vergleichswege auf eine
Schadenskompensation durch Zahlung eines Betrags in Höhe von
… EUR geeinigt haben. Ferner wird das FA zu
berücksichtigen haben, ob und in welchem Umfang die
Versteuerung der „Arbeitslöhne“ und die
Anrechnung der einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer im
Rahmen der Einkommensbesteuerung der Eheleute rückgängig
gemacht wurde.
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44
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Einerseits hat die Klägerin mit ihrem
Verpflichtungsbegehren i.S. des § 101 Satz 1 FGO keinen
Erfolg, da nur ein Bescheidungsurteil gemäß § 101
Satz 2 FGO ergeht. Andererseits ist auch das FA mit seinem
Begehren, die Ablehnung der Änderung der streitigen
Lohnsteuer-Anmeldungen zu bestätigen, nicht durchgedrungen. Es
ist daher angemessen, die gesamten Kosten des Verfahrens der
Klägerin und dem FA jeweils zur Hälfte aufzuerlegen (s.
BFH-Urteile vom 26.01.1988 - VIII R 151/84, BFH/NV 1988, 695 = SIS 88 36 02, unter 6., und vom 31.03.1976 - I R 51/74, BFHE 118, 537,
BStBl II 1976, 499 = SIS 76 02 72, unter 3.).
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