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Änderung von Steuerbescheiden, neue Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und unlautere Mittel i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO

Änderung von Steuerbescheiden, neue Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und unlautere Mittel i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO: Hat der Steuerpflichtige dem FA den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt im Veranlagungsverfahren vollständig offengelegt, handelt er nicht arglistig und bedient sich auch nicht sonstiger unlauterer Mittel i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO, wenn er sich im Einspruchsverfahren weiterhin auf Angaben in der Lohnsteuerbescheinigung bezieht, denen nach Auffassung des FA eine unzutreffende rechtliche Würdigung des Arbeitgebers zugrunde liegt. - Urt.; BFH 8.7.2015, VI R 51/14; SIS 15 21 19

Kapitel:
Verschiedenes > Aufhebung, Änderung, Berichtigung
Fundstellen
  1. BFH 08.07.2015, VI R 51/14
    BStBl 2017 II S. 13
    DStR 2015 S. 2131
    BFH/NV 2015 S. 1609
    BFHE 250 S. 322

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 20.12.2016
    E.R. in HFR 11/2015 S. 994
    St.Sch. in BFH/PR 12/2015 S. 435
Normen
[EStG] § 3 Nr. 63
[AO 1977] § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c, § 173 Abs. 1 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG des Landes Sachsen-Anhalt, 02.07.2014, SIS 14 34 12, Unlautere Mittel, Arglistige Täuschung, Lohnsteuerbescheinigung, Tatsache, Einspruch, Änderung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 12.1.2022, SIS 22 00 76, Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung: Die Regelungen des AEAO zu §§ 17, 30, 51, 52, 53, 55,...
  • Niedersächsisches FG 13.4.2021, SIS 23 03 92, Hinzuschätzung anhand durchschnittlicher Tagesumsätze: Bei Verwendung einer objektiv manipulierbaren elek...
  • BFH 30.9.2020, SIS 21 04 21, Keine allgemeine Änderungssperre durch § 41 c Abs. 3 Satz 4 EStG: 1. § 41 c Abs. 3 Satz 4 EStG ist erstma...
  • BFH 28.3.2018, SIS 18 12 37, Arglistige Täuschung i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO: Arglistige Täuschung i.S. des § 172...
  • Sächsisches FG 6.3.2018, SIS 18 08 81, Falsche Bezeichnung der Änderungsvorschrift in einem Änderungsbescheid, Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 ...
  • FG Münster 28.2.2018, SIS 18 10 73, Zusammenveranlagung und Aufteilung der ESt-Schuld im Jahr der Verfahrenseröffnung, Änderung nach § 174 Ab...
  • FG München 22.8.2017, SIS 18 03 62, Änderungsbefugnis wegen neuer Tatsachen nach Rücktrag von Kirchensteuererstattungen: 1. Steuerbescheid i....
  • FG München 29.5.2017, SIS 17 17 93, Schätzung der Einkünfte eines Spargelbauers, Änderung wegen geänderter Anbauflächen: Soweit im Rahmen ein...
  • FG Köln 16.2.2017, SIS 17 11 45, Veräußerung, Übertragung, mittelbare verdeckte Einlage durch die Veräußerung von Geschäftsanteilen: 1. Au...
  • FG Baden-Württemberg 12.1.2017, SIS 17 07 37, Voraussetzungen einer Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buc...
  • BFH 3.8.2016, SIS 17 03 47, Unterbliebene Auflösung einer Ansparabschreibung bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG: 1. Löst ein S...
  • BFH 22.3.2016, SIS 16 16 45, Nichtanschaffung ist kein Tatbestandsmerkmal für die Auflösung der Ansparabschreibung nach § 7 g Abs. 4 S...
  • BFH 16.3.2016, SIS 16 11 23, Ablaufhemmung wegen Fahndungsprüfung, Verwirkung, neue Tatsache, "Vorliegen" einer Steuerhinterziehung od...
  • Thüringer FG 27.10.2015, SIS 16 08 60, Bedarfsbewertung eines Grundstücks, Verkauf nach dem Bewertungsstichtag zu einem unter dem bestandskräfti...

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 2.7.2014 2 K 716/11 = SIS 14 34 12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Streitig ist, ob der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4.2.2009 hätte geändert werden dürfen.

 

 

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten und wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war im Streitjahr vom 1. Januar bis zum 30. Juni bei der Wohnungsbaugesellschaft A mbH (A) und vom 1. Juli bis zum 31. Dezember bei der Steuerberaterin B (B) beschäftigt. In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger in der Anlage N zu den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von ./. 20.201 EUR und Entschädigungen in Höhe von 174.034 EUR. Die Arbeitgeber der Klägerin übermittelten dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) elektronisch für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30.6.2007 einen Bruttoarbeitslohn von ./. 26.980,08 EUR und einen ermäßigt besteuerten Arbeitslohn in Höhe von 174.034,28 EUR und vom 1. Juli bis zum 31.12.2007 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 6.920 EUR.

 

 

3

Nachdem das FA die Kläger aufgefordert hatte, Unterlagen zur Berechnung und Zahlungsweise des ermäßigt besteuerten Arbeitslohns der Klägerin und eine Aufstellung einzureichen, aus der sich der negative Bruttoarbeitslohn der Klägerin ergebe, reichten die Kläger mit Schriftsatz vom 23.9.2008 einen Aufhebungsvertrag der Klägerin mit der A vom 6.6.2007 ein. Danach sollte die Klägerin aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2007 eine Abfindung in Höhe von 174.034,28 EUR erhalten, von der ein Teilbetrag in Höhe von 50.017 EUR in eine Direktversicherung für die Klägerin einbezahlt werden sollte. Des Weiteren reichten die Kläger eine Bescheinigung der A vom 19.9.2008 mit einer „Aufstellung der bescheinigten Summe in der Lohnsteuerbescheinigung Zeile 3“ ein. Danach hatte die A bei der Berechnung des in Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung eingetragenen Bruttoarbeitslohns die „Einzahlung aus Abfindung in Direktversicherung“ in Höhe von 50.017 EUR als Abzugsposten berücksichtigt und gelangte so zu einem Wert in Höhe von ./. 26.980,08 EUR.

 

 

4

Mit Einkommensteuerbescheid vom 25.11.2008 setzte daraufhin das FA die Einkommensteuer fest. In den Erläuterungen wies das FA darauf hin, dass der Bruttoarbeitslohn der Klägerin 29.956 EUR betrage. Der Betrag für die Direktversicherung in Höhe von 50.017 EUR sei nach § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei und von der Abfindung abzuziehen, so dass 124.017 EUR als ermäßigt besteuerter Arbeitslohn zu berücksichtigen seien. Ein Abzug des steuerfreien Betrags vom Bruttoarbeitslohn sei nicht vorzunehmen, da die Zahlungen im Rahmen der Auflösung des Dienstverhältnisses erfolgt und auch von der vereinbarten Abfindung einbehalten worden seien.

 

 

5

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass die Klägerin eine Abfindung in Höhe von 174.034,28 EUR erhalten habe, die nach R 34.1 der Einkommensteuer-Richtlinie zu berücksichtigen sei. Hierzu reichten sie eine Berechnung der Einkommensteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer ein, in der sie für die Klägerin einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von ./. 20.061 EUR und einen ermäßigt besteuerten Arbeitslohn in Höhe von 174.034 EUR ansetzten. Eine andere Sachbearbeiterin des FA half dem Einspruch mit Änderungsbescheid vom 4.2.2009 ab.

 

 

6

Am 14.5.2009 stellte das FA im Rahmen einer bei der A durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass durch eine falsche Lohnsteuerverschlüsselung Beiträge zur Direktversicherung nicht mit der Abfindung, sondern mit dem Bruttoarbeitslohn verrechnet worden waren. Dadurch wurde auf der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung ein negativer Bruttoarbeitslohn ausgewiesen. Tatsächlich hätte A einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 23.036,92 EUR und eine Abfindung in Höhe von 124.017,28 EUR bescheinigen müssen.

 

 

7

Daraufhin erließ das FA am 8.4.2010 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid und berücksichtigte dabei - wie im ursprünglichen Bescheid vom 25.11.2008 - einen Bruttoarbeitslohn der Klägerin in Höhe von 29.956 EUR und eine Entschädigung in Höhe von 124.017 EUR.

 

 

8

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt.

 

 

9

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

10

Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

11

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

 

12

II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4.2.2009 weder nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO noch nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO geändert werden durfte.

 

 

13

1. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.

 

 

14

a) Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist jeder Lebenssachverhalt, der Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 18.12.2014 VI R 21/13, BFHE 248, 116 = SIS 15 06 31; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.2.2013 IX R 24/12, BFHE 240, 265, BStBl II 2013, 484 = SIS 13 11 50, m.w.N., und BFH-Beschluss vom 19.10.2011 X R 29/10, BFH/NV 2012, 227 = SIS 12 00 46, m.w.N.). Nicht unter den Tatsachenbegriff fallen dagegen Schlussfolgerungen aller Art, rechtliche Würdigungen und Bewertungen, Rechtsansichten und juristische Subsumtionen, bei denen auf Grund von Tatsachen anhand gesetzlicher Vorschriften ein bestimmter Schluss gezogen wird (BFH-Urteile vom 13.10.1983 I R 11/79, BFHE 140, 2, BStBl II 1984, 181 = SIS 84 05 36; vom 24.7.1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785 = SIS 84 21 39; vom 27.10.1992 VIII R 41/89, BFHE 170, 1, BStBl II 1993, 569 = SIS 93 10 51; vom 23.11.2001 VI R 125/00, BFHE 197, 387, BStBl II 2002, 296 = SIS 02 04 78; vom 28.6.2006 III R 13/06, BFHE 214, 287, BStBl II 2007, 714 = SIS 06 38 92; vom 27.1.2011 III R 90/07, BFHE 232, 485, BStBl II 2011, 543 = SIS 11 13 60). Nachträglich werden Tatsachen oder Beweismittel bekannt, wenn deren Kenntnis nach dem Zeitpunkt erlangt wird, in dem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist. Grundsätzlich kommt es dabei auf den Wissensstand der zur Bearbeitung des Steuerfalls berufenen Dienststelle an, wobei aktenkundige Tatsachen stets als bekannt gelten (Senatsurteil vom 13.6.2012 VI R 85/10, BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5 = SIS 12 28 18, m.w.N.).

 

 

15

b) Nach diesen Grundsätzen konnte der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4.2.2009 durch das FA nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden.

 

 

16

aa) Denn dem FA waren bereits bei Erlass des Einkommensteuerbescheids vom 4.2.2009 sämtliche für die Besteuerung maßgeblichen Tatsachen bekannt. Tatsachen sind in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin mit der A am 6.6.2007 einen Auflösungsvertrag geschlossen hatte, dass nach diesem die Klägerin aus Anlass der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2007 von der A eine Abfindungssumme in Höhe von 174.034,28 EUR erhielt und dass die A von dieser Abfindungssumme einen Teilbetrag in Höhe von 50.017 EUR in eine Direktversicherung für die Klägerin einzubezahlen hatte. Tatsache ist des Weiteren, dass die A in der Lohnsteuerbescheinigung bei der Berechnung des Bruttoarbeitslohns der Klägerin die Einzahlung in die Direktversicherung in Höhe von 50.017 EUR als Abzugsposten berücksichtigt hat. Diese Tatsachen waren bereits seit Einreichung des Klägerschriftsatzes vom 23.9.2008 aktenkundig und damit dem FA bekannt. Auf die individuelle Kenntnis der neu zuständigen Sachbearbeiterin kommt es nicht an (Senatsurteil in BFHE 238, 295, BStBl II 2013, 5 = SIS 12 28 18).

 

 

17

bb) Keine Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist dagegen, dass das FA nach erneuter Prüfung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Einzahlung in die Direktversicherung mit der Entschädigung und nicht mit dem Bruttoarbeitslohn zu verrechnen ist. Es geht nunmehr davon aus, dass die Einzahlung in die Direktversicherung nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei und statt vom Bruttoarbeitslohn von der Entschädigungssumme in Höhe von 174.034,28 EUR abzuziehen war. Diese Beurteilung ist das Ergebnis einer Subsumtion des § 3 Nr. 63 EStG und einer Auslegung des Abfindungsvertrags und nicht Folge neuer, nachträglich bekannt gewordener Tatsachen. Das FA ist vielmehr zu einer anderen rechtlichen Würdigung gelangt, als es im Abhilfebescheid vertreten hat.

 

 

18

2. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO darf ein Steuerbescheid geändert werden, soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist.

 

 

19

a) Unter arglistiger Täuschung i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO ist die bewusste und vorsätzliche Irreführung zu verstehen, wie jedes vorsätzliche Verschweigen oder Vortäuschen von Tatsachen, durch das die Willensbildung der Behörde unzulässig beeinflusst wird (Wedelstädt in Beermann/ Gosch, AO § 172 Rz 194, m.w.N.). Für Arglist reicht bereits das Bewusstsein aus, wahrheitswidrige Angaben zu machen. Nicht erforderlich ist dagegen die Absicht, damit das Finanzamt zu einer Entscheidung zu veranlassen (BFH-Urteil vom 14.12.1994 XI R 80/92, BFHE 176, 308, BStBl II 1995, 293 = SIS 95 09 63). Ein Mitverschulden der Finanzbehörde ist unerheblich, insbesondere der Umstand, dass es die Unrichtigkeit hätte durchschauen können (Wedelstädt, a.a.O., AO § 172 Rz 197; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 172 Rz 55).

 

 

20

b) Diesen Grundsätzen entsprechend durfte der Einkommensteuerbescheid 2007 vom 4.2.2009 nicht nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO geändert werden.

 

 

21

Eine arglistige Täuschung liegt im Streitfall nicht vor. In der (erneuten) Bezugnahme auf die Angaben in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung im Rahmen des Einspruchsverfahrens ist keine Irreführung über Tatsachen oder das Bewusstsein, wahrheitswidrige Angaben zu machen, zu sehen. Denn nachdem der Sachverhalt dem FA bereits vollständig offengelegt war, haben die Kläger hierdurch dem FA lediglich eine andere rechtliche Würdigung hinsichtlich der lohnsteuerlichen Behandlung der Einzahlung in die Direktversicherung mitgeteilt. Der schlichte Vortrag einer anderen Rechtsauffassung im Rahmen des Einspruchsverfahrens ist jedoch nicht „arglistig“ oder in sonstiger Weise „unlauter“. Zudem entfaltet die Lohnsteuerbescheinigung lediglich einen Beweiswert dahingehend, wie der Lohnsteuerabzug tatsächlich stattgefunden hat (Senatsurteil vom 30.10.2008 VI R 10/05, BFHE 223, 202, BStBl II 2009, 354 = SIS 09 00 50) und gerade nicht darüber, wie er hätte durchgeführt werden müssen, so dass auch aus diesem Grund durch die Bezugnahme auf die Lohnsteuerbescheinigung keine „unrichtigen (tatsächlichen) Angaben“ gemacht wurden. Eine etwaige Hoffnung der Kläger, das FA werde sich ohne eine weitere Sachprüfung ihrer Rechtsauffassung anschließen, ist keine arglistige Täuschung (FG Köln, Urteil vom 12.6.1996 10 K 1473/91, EFG 1996, 1073).

 

 

22

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.