Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.11.2021 - 14 K 2330/19 E
= SIS 22 01 23 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist, ob der Ausfall von
Bürgschaftsregressforderungen nach § 17 Abs. 1, 4 oder
nach § 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbar
ist.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer
veranlagt.
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Der Kläger gründete mit
Gesellschaftsvertrag vom 05.01.2009 zusammen mit seinem Bruder A
die … GmbH (B GmbH). Der Kläger war mit 50 % am
(vollständig erbrachten) Stammkapital der Gesellschaft in
Höhe von 25.000 EUR beteiligt.
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Mit Verträgen vom 01.06.2010
beziehungsweise 02.12.2010 nahm die B GmbH bei der F Bank Darlehen
in Höhe von 50.000 EUR beziehungsweise 150.000 EUR auf. Der
Kläger verbürgte sich selbstschuldnerisch für diese
Darlehen, zuletzt bis zum Höchstbetrag von 255.000 EUR; darin
war die Bürgschaft für ein Darlehen der … GmbH &
Co. KG (H KG), deren alleiniger Kommanditist (und Gesellschafter
der … Verwaltungs GmbH als Komplementärin) ebenfalls
der Kläger war, enthalten. Zugleich verpfändete der
Kläger die in seinem Wertpapierdepot bei der F Bank verbuchten
sowie in Wertpapierrechnung verwahrten Wertpapiere.
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Weiterhin gab der Kläger am 10.06.2011
eine Bürgschaftserklärung ab, die sich auf verschiedene
Darlehen der B GmbH und der H KG mit einem Gesamtbetrag von 365.000
EUR bezog, darunter auch das vorgenannte Darlehen über 150.000
EUR sowie weitere Darlehen vom 10.06.2011 über einen
Gesamtbetrag in Höhe von 180.000 EUR. Der vereinbarte
Höchstbetrag der selbstschuldnerischen Bürgschaft belief
sich auf 346.000 EUR. Die Bürgschaftserklärungen sahen
(nach Ablauf eines Jahres) eine dreimonatige Kündigungsfrist
für den Bürgen vor; das Recht auf Kündigung aus
wichtigem Grund blieb unberührt.
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Mit Darlehensvertrag vom 29.04.2011 nahm
die B GmbH bei der G Bank ein weiteres Darlehen über 100.000
EUR auf. Zudem gewährte die G Bank der B GmbH mit am
08.06.2011 unterzeichnetem Universalvertrag für
Geschäftskredite eine Kreditlinie für
Akkreditivstellungen in Höhe von 400.000 EUR, die in Höhe
von bis zu 150.000 EUR auch als Kontokorrentkredit in Anspruch
genommen werden konnte. Das Darlehen und die Akkreditivlinie waren
partiell über staatliche Darlehensgeber finanziert und
abgesichert sowie rückverbürgt. Zur Sicherung des
Darlehens und der Akkreditivlinie beziehungsweise des Kontokorrents
gab der Kläger am 13.05.2011 eine weitere
Bürgschaftserklärung mit einem Höchstbetrag von
500.000 EUR ab. Die selbstschuldnerische Bürgschaft konnte mit
einer Frist von vier Wochen gekündigt werden; das Recht zur
Kündigung aus wichtigem Grund blieb davon
unberührt.
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Am xx.12.2012 stellte die B GmbH einen
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens; mit Beschluss
vom selben Tag wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter
bestellt. Mit Schreiben vom 27.12.2012 kündigte die F Bank die
mit der B GmbH bestehenden Darlehensverhältnisse. Zugleich
wurde der Kläger aus seinen Bürgschaften in Anspruch
genommen. Durch Beschluss vom xx.03.2013 eröffnete das
Amtsgericht Z-Stadt das Insolvenzverfahren über das
Vermögen der B GmbH; das Verfahren wurde durch Beschluss vom
xx.07.2019 nach § 200 der Insolvenzordnung (InsO) aufgehoben.
Am xx.09.2019 wurde die B GmbH wegen Vermögenslosigkeit
gelöscht.
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In Folge der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B GmbH
schlossen der Kläger und sein Bruder in den Jahren 2013 und
2014 folgende umfassende - teilweise (aufeinander bezogen)
aufschiebend bedingte - Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen
ab:
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Mit Vereinbarung vom 19.12.2013 zwischen
der H KG, dem Kläger, dem Bruder des Klägers und der G
Bank verpflichteten sich unter anderem der Kläger und sein
Bruder, gesamtschuldnerisch einen Betrag von 110.000 EUR an die G
Bank zu zahlen. Mit dem vollständigen Eingang der Zahlung
verzichtete die G Bank unter anderem auf sämtliche
gegenüber dem Kläger bestehende Forderungen, soweit sie
aus der Besicherung der der B GmbH gewährten Darlehen
resultierten.
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Mit Vereinbarung vom 28.12.2013 zwischen
dem Kläger, dem Bruder des Klägers und den Vermietern
eines von der B GmbH genutzten Ladenlokals verpflichteten sich der
Kläger und sein Bruder im Zusammenhang mit Forderungen aus dem
im Jahr 2011 abgeschlossenen Mietvertrag, die durch den Kläger
und seinen Bruder persönlich gesichert wurden,
gesamtschuldnerisch einen Betrag in Höhe von 7.262,81 EUR zu
zahlen.
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Mit Vereinbarung vom 08.02.2014 zwischen
dem Kläger, seinem Bruder und der F Bank verpflichteten sich
der Kläger und sein Bruder, gesamtschuldnerisch einen Betrag
von 11.748,53 EUR an die F Bank zu zahlen. Dabei wurde ein Betrag
von 85.525 EUR, den die F Bank aus der Verwertung des
verpfändeten Wertpapierdepots des Klägers erhalten hatte,
abgezogen. Mit dem vollständigen Eingang der Zahlung
verzichtete die F Bank unter anderem auf sämtliche
gegenüber dem Kläger bestehende Forderungen, soweit sie
aus der Besicherung der der B GmbH gewährten Darlehen
resultierten.
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Mit Vereinbarung vom 27.02.2014 zwischen
dem Kläger, seinem Bruder, der H KG und dem Insolvenzverwalter
der B GmbH verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder zur
Beilegung von Streitigkeiten im Hinblick auf Ansprüche nach
§ 64 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit
beschränkter Haftung sowie Anfechtungsansprüche nach
§ 135 InsO, gesamtschuldnerisch einen Betrag von 15.000 EUR an
die Insolvenzmasse zu zahlen. Damit sollten sämtliche
Ansprüche der Beteiligten erledigt sein.
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Die Zahlung der Beträge in Höhe
von insgesamt 144.011,34 EUR erfolgte von einem Konto der H
KG.
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Den im Zusammenhang mit den
Bürgschaften entstandenen Verlust machten die Kläger
zunächst im Veranlagungszeitraum 2013 steuerlich geltend. Nach
einem Hinweis des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt -
FA - ) zum Zeitpunkt der Verlustrealisierung verfolgten sie ihr
Begehren jedoch nicht weiter.
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Sodann erklärten die Kläger in
ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2014)
folgenden Auflösungsverlust:
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12.500,00 EUR
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Anteiliges Stammkapital B GmbH (50
%)
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11.748,53 EUR
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Inanspruchnahme aus Bürgschaft der F
Bank nach Vereinbarung
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115.000,00 EUR
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Inanspruchnahme aus Bürgschaft der G
Bank nach Vereinbarung (später auf 110.000 EUR
korrigiert)
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85.525,00 EUR
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Verwertung des Wertpapierdepots der F
Bank
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15.000,00 EUR
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Zahlung an Insolvenzverwalter nach
Vereinbarung
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7.262,81 EUR
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Zahlung an Vermieter nach
Vereinbarung
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247.036,34 EUR
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Gesamtbetrag
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(148.221,80 EUR)
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(nach Anwendung des
Teileinkünfteverfahrens)
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Hingegen berücksichtigte das FA im
Bescheid vom 23.03.2017 nur einen Verlust in Höhe von
23.631,40 EUR (im Teileinkünfteverfahren: 14.178,84 EUR).
Dieser setzte sich aus dem anteiligen Stammkapital (12.500,00 EUR)
sowie der Hälfte der Zahlungen an den Insolvenzverwalter
(7.500,00 EUR) und an die Vermieter (3.631,40 EUR) zusammen. Zur
Begründung führte es aus, sämtliche
Bürgschaftsversprechen seien vor der Krise abgegeben und bei
Kriseneintritt stehen gelassen worden. Im Jahr 2010 habe die B GmbH
bei einem Umsatz von rund 2,5 Mio. EUR noch einen Gewinn von
116.358,53 EUR erzielt. Im Jahr 2011 sei es zu einem leichten
Umsatzrückgang auf 2,3 Mio. EUR gekommen und die B GmbH habe
im Juni 2011 weitere Kredite in Höhe von insgesamt 180.000 EUR
von der F Bank erhalten. Erst im Jahr 2012 seien weitere
Umstände hinzugekommen, die letztlich zur Krise geführt
hätten. Dieselben Grundsätze würden für das am
02.12.2010 verpfändete Aktiendepot gelten. Zudem sei im
Hinblick auf die gesamtschuldnerisch übernommenen
Verpflichtungen der Rückgriffsanspruch des Klägers
gegenüber seinem Bruder zu berücksichtigen.
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Der nachfolgende Einspruch der Kläger
blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17.07.2019).
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Mit dem in EFG 2022, 394 = SIS 22 01 23 abgedruckten Urteil gab das
Finanzgericht (FG) der dagegen gerichteten Klage teilweise statt.
Es änderte den Einkommensteuerbescheid für 2014
dahingehend, dass statt eines Verlusts des Klägers nach §
17 Abs. 4 EStG in Höhe von 14.178 EUR nur ein Verlust in
Höhe von 7.500 EUR (nach Anwendung des
Teileinkünfteverfahrens, hälftiges Stammkapital zu 60 %)
sowie ein Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in
Höhe von 114.769 EUR (5.874,27 EUR Zahlung an F Bank,
42.762,50 EUR Verwertung des Wertpapierdepots, 55.000 EUR Zahlung
an G Bank, 3.631,41 EUR Zahlung an Vermieter, 7.500 EUR Zahlung an
Insolvenzverwalter) bei den Einkünften des Klägers aus
Kapitalvermögen anzusetzen ist, der nach § 32d Abs. 2 Nr.
1 Buchst. b EStG nicht dem gesonderten Steuertarif im Sinne des
§ 32d Abs. 1 EStG unterfällt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts (§ 20 Abs. 8 EStG). Die
Subsidiaritätsklausel stehe einer Berücksichtigung des
Verlusts aus den ausgefallenen Bürgschaftsregressforderungen
nach § 774 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im Rahmen
des § 20 Abs. 2 EStG entgegen, da die Voraussetzungen des
§ 17 EStG dem Grunde nach erfüllt seien.
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Die streitgegenständlichen
Bürgschaften seien zwar vor der Krise hingegeben worden, sie
seien indes durch das Stehenlassen bei Kriseneintritt im Jahr 2014
eigenkapitalersetzend geworden. Dies führe dem Grunde nach zu
nachträglichen Anschaffungskosten. Maßgebend sei der
Wert des Rückgriffsanspruchs gegen die Gesellschaft. Da die
Gesellschaft im Zeitpunkt der Krise regelmäßig mittellos
sei, sei der Wert der Rückgriffsforderung in der Regel mit 0
EUR anzusetzen. Im Streitfall habe die Bewertung daher entsprechend
zu erfolgen. Dem Grunde nach seien jedoch Anschaffungskosten auf
die Beteiligung entstanden, welche im Rahmen des
Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG zu
berücksichtigen seien. Vor diesem Hintergrund scheide eine
Berücksichtigung des Verlusts bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen aufgrund der Subsidiaritätsklausel des
§ 20 Abs. 8 EStG aus.
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Hingegen seien die Ausführungen des FG
zur Berücksichtigung der Forderungsausfälle bei § 20
Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG nicht nachvollziehbar.
Dies gelte insbesondere für die Unterscheidung zwischen der
Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft einerseits
und dem sich daraus ergebenden Rückgriffsanspruch
gegenüber der B GmbH andererseits. Erst der Ausfall der
Bürgschaftsregressforderung lasse nachträgliche
Anschaffungskosten im Sinne des § 17 EStG entstehen.
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Die Weitergeltung der früheren
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Eigenkapitalersatz
führe nicht zu einer Aufhebung des
Subsidiaritätsprinzips. § 17 EStG habe weiterhin Vorrang
vor § 20 EStG. Der Forderungsausfall könne daher nicht
bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht
werden. Die Anordnung der Fortgeltung der früheren
Rechtsprechung zu § 17 Abs. 4 EStG sei trotz ihres
Vertrauensschutzcharakters auch in solchen Fallkonstellationen
bindend, in denen der Ansatz der ausgefallenen Forderung als
Veräußerungsverlust im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 7 EStG für den Steuerpflichtigen günstiger wäre.
Die Kläger hätten keinen Anspruch auf die für sie
günstigere Behandlung
(„Rosinentheorie“). Auf das Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 07.06.2022 (BStBl I
2022, 897 = SIS 22 10 34) könnten sie sich nicht
berufen.
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19
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Im Übrigen fehle die erforderliche
Einkünfteerzielungsabsicht. Die tatsächliche Vermutung
sei widerlegt, da nicht ersichtlich sei, dass der Kläger durch
die Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung jemals
Einkünfte hätte erzielen können (Urteil des FG
Münster vom 03.11.2021 - 13 K 3187/19 E,F, EFG 2022, 325 = SIS 21 21 08, rechtskräftig).
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20
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Das FA beantragt,
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das FG-Urteil aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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21
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Die Kläger beantragen,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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22
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Recht hat die Vorinstanz einen
Verlust des Klägers nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in
Höhe von 114.769 EUR im Streitjahr berücksichtigt.
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1. Die Berücksichtigung eines Verlusts
des Klägers nach § 17 Abs. 1, 4 EStG in Höhe von
7.500 EUR (hälftiges Stammkapital zu 60 %) hat das FA im
Rahmen der Revision nicht angegriffen. Der Senat sieht daher
insofern von weiteren Ausführungen ab.
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2. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen,
dass der Ausfall der Bürgschaftsregressforderungen in Höhe von
114.769 EUR als Verlust des Klägers nach § 20 Abs. 2 Satz
1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen ist.
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a) Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1
Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung
von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20
Abs. 1 Nr. 7 EStG. Dabei gilt als Veräußerung im Sinne
des Satzes 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung
oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs.
2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG). Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1
Halbsatz 1 EStG ist Gewinn im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG der
Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung
nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen
Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen,
und den Anschaffungskosten. § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG regelt,
dass Einkünfte der in § 20 Abs. 1, 2 und 3 EStG
bezeichneten Art, soweit sie zu den Einkünften aus Land- und
Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit
oder aus Vermietung und Verpachtung gehören, diesen
Einkünften zuzurechnen sind.
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Der endgültige Ausfall einer
Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der
privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung
der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust
nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG. Zwar fehlt
es bei einem Forderungsausfall an dem für eine
Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7
EStG notwendigen Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung
der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung
einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt
jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung
zu einem Verlust im Sinne des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG
führen kann. Wirtschaftlich betrachtet macht es keinen
Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor
dem Ausfall zu null veräußert, oder ob er sie - weil er
keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft - behält.
In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige Einbußen
seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche
steuerliche Berücksichtigung finden müssen.
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Wie die Veräußerung ist die
Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Ein steuerbarer
Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt daher
grundsätzlich erst dann vor, wenn bei objektiver Betrachtung
bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf
die Forderung zu rechnen ist und ausreichende Anhaltspunkte
für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen. Die
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das
Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht
aus. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise, wenn die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus
anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer
wesentlichen Änderung des Verlusts nach der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen des
Insolvenzschuldners zu rechnen ist (BFH-Urteile vom 24.10.2017 -
VIII R 13/15, BFHE 259, 535, BStBl II 2020, 831 = SIS 17 22 45; vom
01.07.2021 - VIII R 28/18, BFHE 273, 301, BStBl II 2021, 911 = SIS 21 15 91, Rz 10).
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b) Das Vorliegen einer
Einkünfteerzielungsabsicht ist im Grundsatz auch bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20
EStG - für jede einzelne Kapitalanlage getrennt - zu
prüfen (BFH-Urteil vom 14.05.2014 - VIII R 37/12 =
SIS 14 29 95). Das Erfordernis der
Einkünfteerzielungsabsicht gilt grundsätzlich für
alle Einkunftsarten, allerdings unter Berücksichtigung ihrer
jeweiligen Besonderheiten hinsichtlich der
Einkünfteermittlung. Nach dem BFH-Urteil vom 14.03.2017 - VIII
R 38/15 (BFHE 258, 240, BStBl II 2017, 1040 = SIS 17 14 55, m.w.N.)
bedingen die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008
(UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 (BGBl I 2008, 1912) mit der
Abgeltungsteuer als Schedule eingeführten Besonderheiten der
Einkünfte aus Kapitalvermögen eine tatsächliche
(widerlegbare) Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht. So
sollten mit der Abgeltungsteuer in § 20 EStG umfassend alle in
Betracht kommenden Kapitalanlagen erfasst werden (vgl.
Gesetzesbegründung zum UntStRefG 2008 in BT-Drucks. 16/4841,
S. 33), insbesondere auch realisierte Wertsteigerungen des
Kapitalstamms (§ 20 Abs. 2 EStG). Hinzu kommen vor allem die
Einschränkungen des objektiven Nettoprinzips durch das
Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG
und die Verlustabzugsbeschränkungen gemäß § 20
Abs. 6 EStG.
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29
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c) In Anwendung dieser Grundsätze, denen
der erkennende Senat beigetreten ist (Urteil vom 27.10.2020 - IX R
5/20, BFHE 271, 359, BStBl II 2021, 600 = SIS 21 09 34), hat das FG
den Ausfall der Bürgschaftsregressforderungen in Höhe von
114.769 EUR zu Recht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG
berücksichtigt.
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aa) Der Forderungsausfall fällt unter
§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG. Dies gilt
für den Ausfall von Gesellschafterdarlehensforderungen
beziehungsweise Bürgschaftsregressforderungen des
Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft gleichermaßen
(vgl. BFH-Urteil vom 09.07.2019 - X R 9/17, BFHE 265, 354, BStBl II
2021, 418 = SIS 19 18 51; Förster/von Cölln, DB 2017,
2886, 2887; Jachmann-Michel, BB 2018, 2329, 2330; dieselbe, juris
PraxisReport Steuerrecht 13/2020, Anm. 3; Moritz/Strohm, DB 2018,
86, 91; Ott, DStZ 2019, 412, 425; Karrenbrock, Die
Wirtschaftsprüfung 2019, 1176, 1177; Förster/von
Cölln/Lentz, DB 2020, 353, 354).
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31
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bb) Zudem hat das FG die erforderliche
Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers zu Recht bejaht.
Es hat ausgeführt, es fehlten jegliche Anhaltspunkte für
eine Widerlegung der Einkünfteerzielungsabsicht des
Klägers im maßgebenden Zeitpunkt der Hingabe der
Bürgschaften. Es sei insbesondere nicht ersichtlich, dass der
Kläger bereits im Zeitpunkt der Hingabe der Bürgschaften
von einer Inanspruchnahme und der Wertlosigkeit seines
Rückgriffsanspruchs ausgegangen sei (s. I.2.c der
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils). Dies ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Bei der Prüfung der
Einkünfteerzielungsabsicht im Rahmen des § 20 EStG ist
zwar im Grundsatz jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen.
Allerdings bedarf es in Fällen wie dem vorliegenden einer
„Gesamtbetrachtung“ von
Beteiligung und Bürgschaft/Regressforderung (BMF-Schreiben vom
07.06.2022, BStBl I 2022, 897 = SIS 22 10 34, Rz 22;
Jachmann-Michel, BB 2020, 727, 734; Krumm, FR 2020, 197, 206;
Werth, FR 2020, 530, 536; Levedag, GmbHR 2021, 637, 639; FG
München, Urteil vom 17.02.2022 - 11 K 2371/18, EFG 2022, 1373
= SIS 22 10 83, Revision anhängig unter VIII R 8/22): Danach
sind die gesamten „aus der
Beteiligung“ erzielten Einkünfte
maßgebend, das heißt sowohl Wertsteigerungen als auch
Ausschüttungen (§ 17 Abs. 1, 4; § 20 Abs. 1 Nr. 1,
Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG; zur
„Wechselwirkung“ zwischen dem
Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG und dem
Ausschüttungsverhalten der Gesellschaft vgl. BFH-Urteil vom
02.05.2001 - VIII R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2011, 668 = SIS 01 10 67, unter 1., betreffend die Rechtslage vor Einführung
der Abgeltungsteuer). Von einer fehlenden
Einkünfteerzielungsabsicht ist nur dann auszugehen, wenn die
Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheidet. Dies
ist hier nicht der Fall. Das Fehlen einer Bürgschaftsprovision
allein führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Der
gegenteiligen Auffassung des FG Münster (Urteil vom 03.11.2021
- 13 K 3187/19 E,F, EFG 2022, 325 = SIS 21 21 08,
rechtskräftig; kritisch auch BeckOK EStG/Trossen, 14. Ed.
[01.10.2022], EStG § 17 Rz 524.1), auf die sich das FA beruft,
vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
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33
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cc) Entsprechendes gilt für die
Feststellung des FG, bereits im Streitjahr sei nicht mehr mit
Zahlungen auf die Forderungen zu rechnen gewesen, vielmehr
hätten ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine
Uneinbringlichkeit der Forderungen vorgelegen. Dabei hat das FG
maßgebend auf den Abschluss der Zahlungs- und
Verzichtsvereinbarung mit dem Insolvenzverwalter im Februar 2014
abgestellt; diese habe sämtliche Ansprüche der
Beteiligten abschließend regeln sollen (s. I.2.d der
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils). Auch dies ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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34
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dd) Ferner hat das FG zutreffend erkannt, dass
§ 20 Abs. 8 Satz 1 EStG der Verlustberücksichtigung nicht
entgegensteht.
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aaa) Die den Regressforderungen zugrunde
liegenden Bürgschaften stellen nach den Feststellungen der
Vorinstanz - und in Anwendung der Rechtsprechung zur
Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten
aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen (s. nur
Senatsurteile vom 11.07.2017 - IX R 36/15, BFHE 258, 427, BStBl II
2019, 208 = SIS 17 16 44 und vom 14.01.2020 - IX R 9/18, BFHE 268,
61, BStBl II 2020, 490 = SIS 20 07 80; ein Antrag auf Anwendung
des § 17 Abs. 2a EStG nach § 52 Abs. 25a Satz 2 EStG ist
im Streitfall nicht gestellt worden) - eigenkapitalersetzende
Bürgschaften dar. Zwar war die Abgabe der
Bürgschaftsversprechen in den Jahren 2010 und 2011 noch nicht
gesellschaftsrechtlich veranlasst. Der Kläger hat die
Bürgschaften jedoch in der Krise stehen gelassen. Sie sind
damit eigenkapitalersetzend geworden. Die im Moment der
Inanspruchnahme aus den Bürgschaften entstandenen und zugleich
endgültig ausgefallenen Bürgschaftsregressforderungen
finden daher mit dem gemeinen Wert bei Eintritt der Krise Eingang
in den Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG (vgl.
Senatsurteil vom 11.07.2017 - IX R 36/15, BFHE 258, 427, BStBl II
2019, 208 = SIS 17 16 44, Rz 19). Nur insoweit besteht eine
gesellschaftsrechtliche Veranlassung.
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Diesen Wert hat das FA - von den Klägern
unbeanstandet - mit 0 EUR beziffert. Davon ist auch die Vorinstanz
ausgegangen. Wenngleich das FG keine ausdrücklichen
Feststellungen zum gemeinen Wert der Rückgriffsforderungen im
Zeitpunkt des Eintritts der Krise getroffen hat, ergibt sich aus
der Berücksichtigung des Ausfallverlusts in Höhe des
Nennwerts der Forderungen im Rahmen der Einkünfte nach §
20 Abs. 2 EStG, dass das FG der Einschätzung des FA (und der
Kläger) jedenfalls stillschweigend gefolgt ist.
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bbb) Vor diesem Hintergrund steht die
Subsidiaritätsklausel einer Verlustberücksichtigung nach
§ 20 Abs. 2 EStG nicht entgegen, obschon der Tatbestand des
§ 17 Abs. 1, 4 EStG (dem Grunde nach) erfüllt ist.
Die in § 20 Abs. 8
Satz 1 EStG geregelte Sperrwirkung der Einkünfte aus
Gewerbebetrieb (nach § 17 EStG) erstreckt sich - entgegen der
Ansicht des FA - nur auf den von § 17 EStG positiv erfassten
Forderungsverlust nach gesellschaftsrechtlicher Verstrickung der
Bürgschaft (hier: 0 EUR), nicht aber auf den zuvor
eingetretenen Wertverlust. Nur
„soweit“ Anschaffungskosten als
Teil der Veräußerungseinkünfte im Sinne des §
20 Abs. 2 EStG (im Zusammenhang mit der
Bürgschaftsregressforderung) zu den Anschaffungskosten als
Teil der Veräußerungseinkünfte im Sinne des §
17 EStG (im Zusammenhang mit der GmbH-Beteiligung) gehören
(hier: 0 EUR), ist § 20 Abs. 2 EStG nach dem Wortlaut des
§ 20 Abs. 8 EStG anwendungsgesperrt (vgl. zum hier noch nicht
einschlägigen § 17 Abs. 2a EStG n.F. Gosch in
Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 17 Rz 99cc:
„Darlehensteile“; BeckOK
EStG/Trossen, 14. Ed. [01.10.2022], EStG § 17 Rz 520;
derselbe, Der Ertragsteuerberater 2022, 255, 257; BeckOK
EStG/Schmidt, 14. Ed. [01.10.2022], EStG § 20 Rz 1441a; Krumm,
FR 2020, 197, 205; Jachmann-Michel, BB 2020, 727, 734; Werth, FR
2020, 530, 542; Rund/Junkers, GmbHR 2020, 355, 358; Graw, DB 2020,
690, 697; Deutschländer, Neue Wirtschafts-Briefe 2022, 2288,
2290; wohl auch Weber-Grellet, DB 2021, 81, 86; BMF-Schreiben vom
07.06.2022, BStBl I 2022, 897 = SIS 22 10 34, Rz 17, 21; a.A.
Brandis/Heuermann/Vogt, § 17 EStG Rz 636;
Brandis/Heuermann/Ratschow, § 20 EStG Rz 479). Entstehen
nachträgliche Anschaffungskosten auf die
Gesellschaftsbeteiligung in Höhe von null, steht dies der
Nichtanwendbarkeit des § 17 EStG a.F. für diesen
Ausfallverlust gleich (Schmidt/Levedag, EStG, 41. Aufl., § 17
Rz 194; derselbe, GmbHR 2021, 637, 644). Damit fällt der bis
zum Eintritt der Krise eingetretene Wertverlust - im Unterschied zu
der vor Einführung der Abgeltungsteuer geltenden Rechtslage
(BFH-Urteil vom 06.07.1999 - VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II
1999, 817 = SIS 99 23 26; Levedag, GmbHR 2021, 637, 642) - nicht
mehr in der (steuerlich unbeachtlichen) privaten
Vermögenssphäre an.
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ee) Weiterhin hat das FG zutreffend erkannt,
dass die auf der Grundlage der Zahlungs- und
Verzichtsvereinbarungen geleisteten Zahlungen aufgrund der
hälftigen Ausgleichsansprüche des Klägers
gegenüber seinem Bruder (§ 426 BGB) nur zur Hälfte
berücksichtigt werden können.
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aaa) Nach dem BFH-Urteil vom 01.07.2003 - VIII
R 71/02 (BFH/NV 2003, 1398 = SIS 03 45 66) ist bei der Ermittlung
des Gewinns oder Verlusts im Sinne des § 17 Abs. 2 und 4 EStG
die Inanspruchnahme eines Gesellschafters aus einer Bürgschaft
dann nicht ohne Weiteres in voller Höhe zu
berücksichtigen, wenn sich - wie im Streitfall - mehrere
Bürgen für dieselbe Schuld verbürgt haben. Zwar kann
der Gläubiger die Zahlung gemäß § 421 BGB von
jedem Bürgen fordern, so dass dieser grundsätzlich auch
mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss. Da die Bürgen als
Gesamtschuldner im Innenverhältnis aber grundsätzlich zu
gleichen Anteilen verpflichtet sind (§ 426 Abs. 1 BGB),
erwirbt der Bürge, der eine über seinen Anteil
hinausgehende Zahlung leistet, beim Fehlen anderweitiger
Vereinbarungen einen Ausgleichsanspruch (§ 426 Abs. 2 BGB). Er
wäre deshalb bei einer seinen Anteil übersteigenden
Zahlung insoweit wirtschaftlich nur dann belastet, wenn
gleichzeitig feststünde, dass die Ausgleichsforderung gegen
den oder die anderen Gesamtschuldner (Mitbürgen) nicht
realisierbar und damit wertlos ist. Entsprechendes gilt für
die Ermittlung des Gewinns oder Verlusts im Sinne des § 20
Abs. 2 EStG.
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bbb) In Anwendung dieser Grundsätze hat
das FG auf der Grundlage der von den Klägern vorgelegten
Unterlagen (insbesondere des Arbeitsvertrags) nicht festzustellen
vermocht, dass der Bruder des Klägers zahlungsunfähig ist
und die gegen ihn gerichteten Ausgleichsansprüche des
Klägers daher wertlos sind (s. I.2.e bb der
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils). Diese
Würdigung ist jedenfalls möglich und daher
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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ff) Schließlich hat das FG den
gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG zu Recht nicht
zur Anwendung gebracht. Im Hinblick auf die 50%ige Beteiligung des
Klägers am Vermögen der B GmbH unterfällt der
Verlust nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG dem Regeltarif.
§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG i.d.F. des
Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, 3096)
gelangt im Streitjahr noch nicht zur Anwendung (§ 52 Abs. 33b
Satz 1, 2 EStG; BMF-Schreiben vom 07.06.2022, BStBl I 2022, 897 =
SIS 22 10 34, Rz 30).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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