Auf die Revision der Kläger werden das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14.5.2014 7 K
7337/11 = SIS 14 23 19 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten
vom 26.9.2011 sowie der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom
28.2.2011 aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid
für 2009 vom 25.8.2014 mit der Maßgabe abzuändern,
dass die Einkünfte der Kläger aus Kapitalvermögen
i.S. des § 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in Höhe
von jeweils 25.271 EUR mit dem im Bescheid vom 23.9.2009 über
die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur
Einkommensteuer zum 31.12.2008 festgestellten verbleibenden
Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 des
Einkommensteuergesetzes in der bis zum 31.12.2008 anzuwendenden
Fassung verrechnet werden.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Ehegatten und werden zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erließ am 23.9.2009 einen Bescheid
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2008, in dem es den
Verlustvortrag für die Einkünfte aus privaten
Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bis zum 31.12.2008
anzuwendenden Fassung - a.F. - (sog. Altverluste) für den
Kläger auf 99.082 EUR und für die Klägerin auf
97.377 EUR feststellte. In der Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr (2009) stellten die Kläger sowohl
einen Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts nach
§ 32d Abs. 4 EStG 2009 als auch einen Antrag auf
Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG 2009. Das FA
setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr mit Bescheid vom
1.12.2010 unter Einbeziehung der nach § 32d Abs. 1 EStG 2009
zu besteuernden Kapitaleinkünfte bestandskräftig fest.
Eine Verrechnung des Verlustvortrags aus privaten
Veräußerungsgeschäften zum 31.12.2008 mit den im
Streitjahr erzielten Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 2
EStG 2009 nahm es dabei nicht vor.
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Mit Schreiben vom 23.2.2011 beantragte der
Steuerberater der Kläger eine Änderung der
Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr, da die
Kläger „von ihrem Veranlagungswahlrecht gemäß
§ 32d EStG hinsichtlich der Verlustvorträge aus
Altverlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften
Gebrauch machen wollten“.
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Das FA lehnte den Antrag mit Bescheid vom
28.2.2011 ab, da die Einkommensteuerfestsetzung für 2009
bereits bestandskräftig geworden sei und die Voraussetzungen
für eine Änderung des Bescheids nach den
Korrekturvorschriften der Abgabenordnung (AO) nicht vorlägen.
Der von den Klägern hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit Urteil vom
14.5.2014 7 K 7337/11 (EFG 2014, 1680 = SIS 14 23 19) als
unbegründet abgewiesen.
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Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
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Während des Revisionsverfahrens
erließ das FA einen auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
gestützten Einkommensteueränderungsbescheid für 2009
vom 25.8.2014, in dem es die Einkünfte der Klägerin aus
Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG 2009) um 349,72 EUR
erhöhte. In gleicher Höhe verrechnete es unter Anwendung
des § 177 AO die Altverluste der Kläger aus privaten
Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 3 Satz 9
EStG 2009 mit Kapitaleinkünften der Klägerin i.S. des
§ 20 Abs. 2 EStG 2009. Die Höhe der zuvor festgesetzten
Steuer änderte sich aufgrund der Saldierung nicht.
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Die Kläger beantragen
sinngemäß, das angefochtene FG-Urteil und die
Einspruchsentscheidung des FA vom 26.9.2011 sowie den
Ablehnungsbescheid des FA vom 28.2.2011 aufzuheben und das FA zu
verpflichten, die Einkommensteuerfestsetzung für 2009 vom
25.8.2014 dahingehend zu ändern, dass die
Kapitaleinkünfte der Kläger i.S. des § 20 Abs. 2
EStG 2009 in Höhe von jeweils 25.271 EUR mit den Altverlusten
aus privaten Veräußerungsgeschäften
gemäß § 23 EStG a.F. vollumfänglich verrechnet
werden.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet und der
Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Sie führt zur Aufhebung der
Vorentscheidung sowie der Einspruchsentscheidung und des
Ablehnungsbescheids des FA. Die Ablehnung des Änderungsantrags
der Kläger ist rechtswidrig und verletzt diese in ihren
Rechten (§ 101 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO). Die Sache
ist spruchreif.
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Das angefochtene Urteil ist bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben (s. unter II.1. der
Gründe dieser Entscheidung). Die Revision hat aber auch in der
Sache Erfolg. Die Einkommensteuerfestsetzung für 2009 ist
gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufgrund der
Bindungswirkung des Bescheids über die gesonderte Feststellung
des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum
31.12.2008 vom 23.9.2009 zu ändern (s. unter II.2. der
Gründe dieser Entscheidung). Die gemäß § 32d
Abs. 4 EStG 2009 in die Veranlagung einzubeziehenden positiven
Kapitaleinkünfte i.S. des § 20 Abs. 2 EStG 2009 (s. unter
II.3. der Gründe dieser Entscheidung) waren gemäß
§§ 20 Abs. 6 Satz 1, 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG 2009
mit den Altverlusten aus privaten
Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG a.F.
zwingend zu verrechnen (s. unter II.4. der Gründe dieser
Entscheidung).
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1. Das angefochtene Urteil ist bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, ohne dass es einer
Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO
bedarf.
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a) Das FG hat über den Antrag der
Kläger auf Änderung des Einkommensteuerbescheids für
2009 vom 1.12.2010 entschieden. Das FA hat im Anschluss an das
Urteil aufgrund nachträglich bekanntgewordener Tatsachen
betreffend die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und
Verpachtung (§ 21 EStG 2009) gemäß § 173 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 AO einen geänderten Einkommensteuerbescheid
für 2009 vom 25.8.2014 erlassen. Damit ist Gegenstand des
FG-Urteils ein Verpflichtungsantrag auf Änderung eines nicht
mehr existierenden Bescheids, so dass es keinen Bestand haben kann
(vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.11.2003 IV R
31/02, BFHE 204, 166, BStBl II 2006, 7 = SIS 04 06 10, m.w.N.).
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b) Der geänderte Einkommensteuerbescheid
vom 25.8.2014 ist nach § 68 FGO Gegenstand des
Revisionsverfahrens geworden. § 68 FGO gilt auch, soweit mit
der Verpflichtungsklage die Änderung eines Verwaltungsakts
begehrt wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.12.2009 V B 23/08,
BFH/NV 2010, 1866 = SIS 10 27 72; vom 18.12.2003 II B 31/00, BFHE
204, 35, BStBl II 2004, 237 = SIS 04 05 68). Da durch den
geänderten Bescheid keine Verböserung eingetreten ist,
sich hinsichtlich der vorliegend streitigen Punkte keine
Änderungen ergeben haben und die Kläger auch keinen
weitergehenden Antrag gestellt haben, bedarf es keiner
Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO.
Das finanzgerichtliche Verfahren leidet auch nicht an einem
Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen
Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht entfallen
sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die
Entscheidung des Senats (BFH-Urteil vom 23.1.2003 IV R 71/00, BFHE
201, 269, BStBl II 2004, 43 = SIS 03 23 11).
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2. Die Kläger haben trotz des Eintritts
der formellen Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids für
2009 vom 1.12.2010 einen Anspruch auf Korrektur des
Änderungsbescheids vom 25.8.2014 gemäß § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.
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a) Gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Buchst. d AO darf ein formell bestandskräftiger
Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig oder unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, geändert werden,
soweit dies gesetzlich zugelassen ist. Dies ist nach der
Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO der Fall,
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem
Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen,
aufgehoben oder geändert wird. Bei dem Bescheid vom 23.9.2009
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2008 über
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften
i.S. des § 23 EStG a.F. handelt es sich um einen solchen
Grundlagenbescheid. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 10 EStG
2009 mindern diese Verluste nach Maßgabe des § 10d EStG
2009 auch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den
folgenden Veranlagungszeiträumen aus § 20 Abs. 2 EStG
i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912)
erzielt. Dem Verlustfeststellungsbescheid über die Altverluste
aus privaten Veräußerungsgeschäften kommt danach
sowohl hinsichtlich des Bestehens als auch der Höhe der
Altverluste Bindungswirkung bei der Verrechnung mit
Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 2 EStG 2009 zu (vgl.
Blümich/Schlenker, § 10d EStG Rz 136; Hallerbach in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 10d EStG Rz 109, 122;
Heuermann, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10d Rz
D 86; BFH-Urteil vom 22.10.2003 I R 18/02, BFHE 204, 273, BStBl II
2004, 468 = SIS 04 05 86).
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b) Der Änderung des
Einkommensteuerbescheids für 2009 vom 25.8.2014
gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO steht nicht
entgegen, dass dem FA der Bescheid vom 23.9.2009 über die
gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur
Einkommensteuer zum 31.12.2008 als Grundlagenbescheid bereits
bekannt war, als es den Einkommensteuerbescheid für 2009 am
1.12.2010 erlassen und mit Bescheid vom 25.8.2014 aus anderen
Gründen geändert hat. Durch das Nichtbeachten eines
Grundlagenbescheids bei der erstmaligen Festsetzung der Steuer oder
einer Folgeänderung wird der Grundlagenbescheid nicht
„verbraucht“. Er ist nach wie vor geeignet, eine
spätere nochmalige Änderung des Folgebescheids zu
rechtfertigen. Das FA ist nicht verpflichtet, alle
Korrekturmöglichkeiten in ein und demselben
Einkommensteueränderungsbescheid auszuschöpfen
(BFH-Urteile vom 4.7.1989 VIII R 217/84, BFHE 157, 427, BStBl II
1989, 792 = SIS 89 20 39; vom 14.6.1991 III R 64/89, BFHE 165, 438,
BStBl II 1992, 52 = SIS 92 05 42).
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c) Da mit § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
eine eigene Korrekturvorschrift gegeben ist, ist die
Steuerfestsetzung vom 25.8.2014 über den Korrekturrahmen der
§§ 173 Abs. 1 Nr. 1, 177, 351 Abs. 1 AO hinaus zu
ändern, wenn die weiteren Voraussetzungen für eine
Verlustverrechnung nach §§ 20 Abs. 6 Satz 1, 23 Abs. 3
Satz 10 EStG 2009 vorliegen. Dies ist vorliegend der Fall (s.
unten).
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3. Anders als das FG und die Beteiligten
meinen, haben die Kläger im Streitfall rechtzeitig einen
Antrag auf Einbeziehung der Kapitaleinkünfte in die
Einkommensteuerfestsetzung nach § 32d Abs. 4 EStG 2009
gestellt.
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a) Die Verrechnung von Altverlusten mit
Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 2 EStG 2009
gemäß §§ 20 Abs. 6 Satz 1, 23 Abs. 3 Satz 9
EStG 2009 kann - auch bei einer Korrektur gemäß §
175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO - nur erfolgen, wenn die
Kapitaleinkünfte aufgrund einer Antragsveranlagung nach §
32d Abs. 4 EStG 2009 in die Einkommensteuerfestsetzung
miteinbezogen werden (vgl. Jachmann/Lindenberg in Lademann, EStG,
§ 20 EStG Rz 856; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 242;
HHR/Buge, § 20 EStG Rz 616; Jochum, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz H 24 - 214.
Ergänzungslieferung, November 2010 - ; Jäck/ Modler, DStZ
2011, 106, 108). Gemäß dem Senatsurteil vom 28.7.2015
VIII R 50/14 (BFHE 250, 413, BStBl II 2015, 894 = SIS 15 21 52)
handelt es sich bei dem Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG 2009 um
ein unbefristetes Veranlagungswahlrecht. Allerdings ergibt sich
eine zeitliche Begrenzung der Wahlrechtsausübung aus dem
allgemeinen verfahrensrechtlichen Institut der Bestandskraft (vgl.
Senatsurteil vom 12.5.2015 VIII R 14/13, BFHE 250, 64, BStBl II
2015, 806 = SIS 15 19 51).
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b) Die Annahme des FG, die Kläger
hätten erst nach dem Eintritt der Bestandskraft des
Einkommensteuerbescheids für 2009 vom 1.12.2010 den Antrag
nach § 32d Abs. 4 EStG 2009 gestellt, beruht auf
widersprüchlichen Feststellungen.
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aa) Das FG hat in seinem Urteil auf die
Einkommensteuererklärung der Kläger für 2009 vom
23.9.2010 Bezug genommen. Diese war auch Bestandteil der Akten, die
Grundlage für das finanzgerichtliche Urteil waren, so dass
deren Inhalt als festgestellt i.S. des § 118 Abs. 2 FGO gilt
(z.B. BFH-Urteile vom 20.8.1986 I R 87/83, BFHE 147, 521, BStBl II
1987, 75 = SIS 87 01 28; vom 27.5.1981 I R 123/77, BFHE 133, 412,
BStBl II 1982, 211 = SIS 82 10 12; vom 13.10.1983 VII R 146/82,
BFHE 139, 491, BStBl II 1984, 183 = SIS 84 05 38). Die Kläger
haben in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr
im Feld der Zeile 5 des Erklärungsvordrucks der Anlage KAP
eine 1 (= Ja) eingetragen. Sie haben damit die
Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte
Kapitalerträge beantragt und bereits vor dem Erlass der
erstmaligen Einkommensteuerfestsetzung den Antrag nach § 32d
Abs. 4 EStG 2009 gestellt. Dementsprechend hat das FA die von den
Klägern erklärten Kapitaleinkünfte der Festsetzung
der Einkommensteuer in den Bescheiden vom 1.12.2010 und vom
25.8.2014 zugrunde gelegt.
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bb) Die Kläger haben diese
widersprüchliche Feststellung des FG zwar nicht mit
zulässigen und begründeten Verfahrensrügen
angegriffen, sondern selbst die Auffassung vertreten, dass sie den
Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG 2009 nicht rechtzeitig gestellt
hätten. Jedoch ist die unzureichende und widersprüchliche
Sachverhaltsdarstellung in einem angefochtenen Urteil ein
materiell-rechtlicher Fehler, der auch ohne diesbezügliche
Rüge vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten ist und
zum Wegfall der Bindungswirkung der Feststellungen des FG nach
§ 118 Abs. 2 FGO führt (BFH-Urteil vom 25.6.2003 X R
72/98, BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403 = SIS 03 38 15,
m.w.N.).
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4. Entgegen der Auffassung des FG steht einer
Verrechnung der Altverluste aus privaten
Veräußerungsgeschäften mit Kapitaleinkünften
i.S. des § 20 Abs. 2 EStG 2009 nicht entgegen, dass die
Kläger in das Feld der Zeile 59 des Erklärungsvordrucks
der Anlage KAP keine 1 (= Ja) bezüglich des Antrags auf
Verrechnung von Verlusten nach § 23 EStG a.F. eingetragen
haben. Die Verrechnung der Altverluste mit Kapitaleinkünften
i.S. des § 20 Abs. 2 EStG 2009 war nach §§ 20 Abs. 6
Satz 1, 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG 2009 im vorliegenden Fall
zwingend, so dass sie nicht von der Ausübung eines Wahlrechts
abhängig war.
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a) Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1
EStG 2009 sind verbleibende positive Einkünfte aus
Kapitalvermögen nach der Verrechnung i.S. des § 43a Abs.
3 EStG 2009 zunächst mit Verlusten aus privaten
Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des
§ 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG 2009 zu verrechnen.
Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG 2009 können
Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.
des § 23 a.F. auch mit Einkünften aus
Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 2 EStG i.d.F. des Art.
1 des Gesetzes vom 14.8.2007 (BGBl I 2007, 1912) ausgeglichen
werden. Danach ist die Verrechnung von Altverlusten aus privaten
Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG a.F.
mit nach der Verrechnung i.S. des § 43a Abs. 3 EStG 2009
verbleibenden positiven Kapitaleinkünften i.S. des § 20
Abs. 2 EStG 2009 jedenfalls dann zwingend, wenn keine
Ausgleichsmöglichkeit der Altverluste mit Gewinnen aus
privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23
EStG 2009 besteht. Eine Verrechnung der Altverluste im
Veranlagungsverfahren geht dabei einer Verrechnung mit
„neuen“ Verlusten aus § 20 Abs. 2 EStG 2009
vor (vgl. Jachmann/Lindenberg in Lademann, a.a.O., § 20 EStG
Rz 856, 865 ff.; Jochum, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
a.a.O., § 20 Rz H 21 - 214. Ergänzungslieferung, November
2010 - ; HHR/Buge, § 20 EStG Rz 611, 614 f.;
Blümich/Ratschow, § 20 EStG Rz 465; Blümich/Glenk,
§ 23 EStG Rz 242; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 32. Aufl.,
§ 20 Rz 187; Seitz, Der Steuerberater 2009, 426; Lappas, Die
Steuerberatung 2009, 446, 451; Strauch, DStR 2010, 254 f.;
Jäck/Modler, DStZ 2011, 106, 108; Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 18.1.2016, BStBl I 2016, 85 =
SIS 16 02 36, Rz 118).
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b) Diese Voraussetzungen für eine
zwingende Verrechnung der zum 31.12.2008 festgestellten Altverluste
der Kläger aus privaten Veräußerungsgeschäften
mit den im Streitjahr erzielten positiven Einkünften i.S. des
§ 20 Abs. 2 EStG 2009 sind vorliegend erfüllt, da die
Kläger im Streitjahr keine positiven Einkünfte aus
privaten Veräußerungsgeschäften erzielt haben.
Einer Antragstellung, wie in Zeile 59 der Anlage KAP zur
Einkommensteuererklärung 2009 vorgesehen, bedurfte es folglich
nicht.
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c) Der Senat hat mangels positiver
Einkünfte der Kläger i.S. des § 23 EStG 2009 im
Streitjahr nicht über die Frage zu entscheiden, ob die
Altverluste vor der Verrechnung mit Kapitaleinkünften i.S. des
§ 20 Abs. 2 EStG 2009 zunächst mit den nach § 23
EStG 2009 zu besteuernden Einkünften innerhalb der
Einkunftsart zu verrechnen sind oder ob bezüglich der
Verrechnung mit Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 2
EStG 2009 ein Wahlrecht besteht.
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5. Die Kläger haben danach einen Anspruch
auf Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2009
gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Das FA wird
verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom
25.8.2014 mit der Maßgabe abzuändern, dass die
Einkünfte der Kläger aus Kapitalvermögen i.S. des
§ 20 Abs. 2 EStG 2009 in Höhe von jeweils 25.271 EUR mit
dem im Bescheid vom 23.9.2009 über die gesonderte Feststellung
des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum
31.12.2008 festgestellten verbleibenden Verlustvortrag für die
Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften
i.S. des § 23 EStG a.F. vollumfänglich verrechnet werden.
Eine Festsetzung durch den Senat (§ 100 Abs. 2 i.V.m. §
121 Satz 1 FGO) kommt nicht in Betracht, da die Vorschrift auf
Verpflichtungsklagen - wie die erhobene Klage auf Änderung der
formell bestandskräftigen Steuerfestsetzung - keine Anwendung
findet (BFH-Urteil vom 28.10.2009 I R 27/08, BFHE 227, 73, BStBl II
2011, 229 = SIS 10 02 04, m.w.N.).
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28
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6. Bei der Verlustverrechnung hat das FA zu
berücksichtigen, dass Verluste aus der Veräußerung
von Wertpapieren, die vor dem 1.1.2009 angeschafft wurden, auch
nach dem Inkrafttreten der Abgeltungsteuer dem
Halbeinkünfteverfahren unterliegen (Senatsurteil vom 3.11.2015
VIII R 37/13, BFHE 252, 274, BStBl II 2016, 273 = SIS 16 04 65).
Der verbleibende Verlustvortrag aus privaten
Veräußerungsgeschäften zum 31.12.2008 ist danach in
Höhe der festgestellten Nominalbeträge mit den
Kapitaleinkünften der Kläger i.S. des § 20 Abs. 2
EStG 2009 zu verrechnen. Der Senat weist zudem darauf hin, dass der
durch die Saldierung im Einkommensteuerbescheid vom 25.8.2014
verbrauchte Verlust in Höhe von 349,72 EUR im Bescheid
über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2009 vom 25.8.2014
mit jeweils 25.271 EUR für jeden der beiden Kläger zu
hoch angesetzt wurde.
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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