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Aussetzung der Vollziehung in Bauträgerfällen

Aussetzung der Vollziehung in Bauträgerfällen: 1. Die Rechtmäßigkeit von gemäß § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheiden ist ernstlich zweifelhaft (Anschluss an BFH-Beschluss vom 17.12.2015 XI B 84/15 = SIS 16 00 86). - 2. Überdies ist es ernstlich zweifelhaft, ob der in der Person des Bauleistenden nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG entstandene Steueranspruch aufgrund der Verwaltungsanweisung in Abschn. 13b.3. Abs. 10 UStAE entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG uneinbringlich geworden ist. - Urt.; BFH 27.1.2016, V B 87/15; SIS 16 03 09

Kapitel:
Rechtsbehelfe > Vorläufiger Rechtsschutz
Fundstellen
  1. BFH 27.01.2016, V B 87/15
    DStR 2016 S. 470
    BFH/NV 2016 S. 716
    BFHE 252 S. 187

    Anmerkungen:
    Heuermann in DStR 8/2016 S. 470
    -/- in NWB 9/2016 S. 612
    J.H. in StuB 6/2016 S. 242
    B. Rätke in BBK 7/2016 S. 316
    M. Brill in DStZ 7/2016 S. 216
    D. Hummel in UR 7/2016 S. 289
    Ch. Wäger in BFH/PR 5/2016 S. 149
    R. Weymüller in MwStR 8/2016 S. 342
Normen
[UStG] § 4 Nr. 9 Buchst. a, § 13 a Abs. 1 Nr. 1, § 13 b Abs. 2 Satz 2, § 13 b Abs. 5 Satz 2, § 17 Abs. 2 Nr. 1, § 27 Abs. 19 Satz 2
[RL 2006/112/EG] Art. 90 Abs. 1
[FGO] § 69 Abs. 3 Satz 1, § 69 Abs. 2 Satz 2, § 128 Abs. 3, § 135
Zitiert in... / geändert durch...
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  • BFH 23.2.2017, SIS 17 04 53, Korrektur der Umsatzsteuerfestsetzung in Bauträgerfällen: 1. Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 ...
  • FG Münster 31.1.2017, SIS 17 05 07, Entstehung einer Steuerschuld gem. § 13 b Abs. 5 Satz 2 UStG: Für die Entstehung der Steuerschuld in der ...
  • FG Köln 29.9.2016, SIS 16 26 53, Anspruch auf Verrechnungsstundung: Hat der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Fälligkeit einer Steuerforde...
  • BFH 24.5.2016, SIS 16 16 49, Keine Gemeinnützigkeit einer Stiftung zur Bewahrung und Förderung von bildender Kunst bei maßgeblichem Ei...
  • BFH 23.5.2016, SIS 16 16 81, Aussetzung der Vollziehung in Bauträgerfällen: 1. Für die Besteuerungszeiträume 2010 und 2011 bestehen er...
  • FG Baden-Württemberg 19.5.2016, SIS 16 22 31, Umsatzsteuerschuld bei der Rückabwicklung von Bauträgerfällen, analoge Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Sa...
  • FG Baden-Württemberg 21.4.2016, SIS 16 17 79, Angaben der Anschrift des leistenden Unternehmers in der Rechnung, keine Versagung des Vorsteuerabzugs be...
  • BFH 21.4.2016, SIS 16 09 48, Berliner Zweitwohnungsteuer keine Verbrauchsteuer: Die Berliner Zweitwohnungsteuer ist keine Verbrauchste...
  • BFH 31.3.2016, SIS 16 15 12, Aussetzung der Vollziehung: Bestehen ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit einer Norm des Umsatzsteuerg...
  • FG Münster 15.3.2016, SIS 16 10 84, Steuerfestsetzung, Vertrauensschutz gem. § 176 Abs. 2 AO, Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG: 1. ...
Fachaufsätze
  • LIT 03 12 91 M. Schulze, DStR 10/2016 S. 561: Das Dilemma unrichtiger Verwaltungsvorschriften im Mehrwertsteuerrecht am Beispiel der Bauleistungen - Au...
  • LIT 03 13 22 R. Hammerl, NWB 14/2016 S. 995: Finanzämter stoppen Abwicklung der Bauträgerfälle - Lit.; R. Hammerl, NWB 14/2016 S. 995; BFH v. 22.8.201...
  • LIT 03 14 59 F. M. Kessens, MwStR 6/2016 S. 226: Vertrauensschutz für Bauleistende? - Die Rückabwicklung von Bauträgerfällen nach § 27 Abs. 19 UStG - Lit....
  • LIT 03 18 01 A. Neeser/S. Filtzinger, UVR 6/2016 S. 185: Der BFH und das weiße Kaninchen - Lit.; A. Neeser/S. Filtzinger, UVR 6/2016 S. 185; UStG § 17; § 27 Abs. ...

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Finanzgerichts Düsseldorf vom 3.9.2015 1 V 1659/15 A (U) aufgehoben und die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide für 2011 und 2012 jeweils vom 7.5.2015 in Höhe von ... EUR (2011), in Höhe von ... EUR (2012) und für 2013 vom 27.4.2015 in Höhe von ... EUR ab Fälligkeit bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ausgesetzt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

 

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) betrieb eine Zimmerei. In den Streitjahren (2011 bis 2013) erbrachte er Bauleistungen für Grundstücke der HG-GmbH (Bauträger). Diese verwendete die Leistungen ausschließlich zur Ausführung steuerfreier Umsätze nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

 

 

2

Der Antragsteller rechnete gegenüber der HG-GmbH für die in den Streitjahren erbrachten und im Aussetzungsverfahren streitigen Bauleistungen - unter Hinweis auf § 13b UStG - ohne Umsatzsteuerausweis ab. Die auf die Bauleistungen entfallende Umsatzsteuer behielt die HG-GmbH nach § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG als Leistungsempfängerin ein und führte diese - als vermeintliche Steuerschuldnerin und ohne Recht auf Vorsteuerabzug - an den Antrags- und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA - ) ab.

 

 

3

Nach Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22.8.2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06) forderte die HG-GmbH Mitte 2014 die auf die Bauleistungen entfallende Umsatzsteuer für die Streitjahre vom FA zurück. Ein Wechsel der Steuerschuldnerschaft sei nicht eingetreten. Dem folgte das FA und erließ - zugunsten der HG-GmbH - geänderte Steuerbescheide.

 

 

4

Gegenüber dem Antragsteller änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2011 vom 12.6.2013 und für 2012 vom 27.5.2014 jeweils durch Änderungsbescheid vom 7.5.2015 gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO) und erhöhte die Umsatzsteuer um ... EUR (2011) und um ... EUR (2012). Zudem setzte es durch Bescheid vom 27.4.2015 Umsatzsteuer für 2013 von ... EUR für Bauleistungen des Antragstellers an die HG-GmbH erstmalig fest.

 

 

5

Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Die zugleich beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA ab.

 

 

6

Der beim Finanzgericht (FG) gestellte Antrag auf Vollziehungsaussetzung hatte keinen Erfolg. Der Antragsteller sei Schuldner der Umsatzsteuer aus den Leistungsbeziehungen mit der HG-GmbH. Die Umsatzsteuerfestsetzung für 2011 und 2012 könne durch die verfassungskonforme - als Reaktion auf das BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06 neu eingefügte - Vorschrift des § 27 Abs. 19 Sätze 1 und 2 UStG (Art. 7 Nr. 9 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.7.2014, BGBl I 2014, 1266, BStBl I 2014, 1126) geändert werden. Die Vorschrift regele Fälle, in denen sich Bauträger auf das vorgenannte BFH-Urteil berufen und die Erstattung der entrichteten Umsatzsteuer beantragen. Die erst 2014 in das Gesetz eingeführte Norm entfalte keine unzulässige Rückwirkung mit der Folge, dass § 176 AO in zulässiger Weise durch § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG eingeschränkt worden sei. Für die erstmalige Umsatzsteuerfestsetzung für 2013 komme es auf § 176 AO ohnehin nicht an, weil es an einer - von dieser Norm vorausgesetzten - Änderung fehle.

 

 

7

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf AdV der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide weiter. Im Wesentlichen macht er geltend, die Rechnungen an die HG-GmbH seien im Vertrauen auf eine bestehende Verwaltungsanweisung ohne Umsatzsteuerausweis erfolgt. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Vertrauenstatbestand des § 176 AO bereits vor Einführung des § 27 Abs. 19 UStG verwirklicht worden sei.

 

 

8

Die Antragstellerin beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für 2011 vom 7.5.2015 in Höhe von ... EUR, den Umsatzsteuerbescheid für 2012 vom 7.5.2015 in Höhe von ... EUR und den Umsatzsteuerbescheid für 2013 vom 27.4.2015 in Höhe von ... EUR ab Fälligkeit in der Vollziehung auszusetzen.

 

 

9

Das FA hat sich im Verfahren nicht geäußert.

 

 

10

II. Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Vollziehungsaussetzung der angefochtenen Bescheide im beantragten Umfang. Es bestehen ernstliche Zweifel, ob der Antragsteller den Steuerbetrag für die an die HG-GmbH erbrachten Leistungen im Streitzeitraum schuldet.

 

 

11

1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen.

 

 

12

Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 10.2.1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182 = SIS 67 01 06, und vom 28.5.2015 V B 15/15, BFH/NV 2015, 1117 = SIS 15 15 38, Rz 11, m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 1117 = SIS 15 15 38, Rz 11, m.w.N.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 20.7.2012 V B 82/11, BFHE 237, 545, BStBl II 2012, 809 = SIS 12 22 11, Rz 9, m.w.N., und in BFH/NV 2015, 1117 = SIS 15 15 38, Rz 11, m.w.N.).

 

 

13

2. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsteller Steuerschuldner ist.

 

 

14

Der Antragsteller ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Schuldner der Umsatzsteuer für die von ihm im Streitzeitraum an die HG-GmbH (Leistungsempfänger) erbrachten Leistungen. Ein Wechsel der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 (entspricht § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung) kommt nach dem BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06 (Leitsatz 1, Rz 44, 50) nicht in Betracht, wenn - wie im Streitfall - der Leistungsempfänger keine steuerpflichtigen bauwerksbezogenen sonstigen Leistungen oder Werklieferungen erbringt, weil er als Bauträger die empfangenen Leistungen (ausschließlich) für steuerfreie Grundstückslieferungen (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG) verwendet (BFH-Urteil in BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06, Rz 51). Die Finanzverwaltung hat sich dem - unter Aufgabe ihrer ursprünglichen Auffassung (Abschn. 13b.3. Abs. 8 Sätze 2 und 5 bis 7 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - 2011/2012/ 2013) - im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 5.2.2014 IV D 3-S 7279/11/10002 (BStBl I 2014, 233 = SIS 14 04 70, unter 1. Buchst. f) angeschlossen.

 

 

15

3. Es bestehen für die Streitjahre 2011 und 2012 aber ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG. Der beschließende Senat folgt insoweit dem BFH-Beschluss vom 17.12.2015 XI B 84/15 = SIS 16 00 86, auf den er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist.

 

 

16

4. Darüber hinaus ist für alle Streitjahre, also auch für das Jahr der erstmaligen Veranlagung (2013), ernstlich zweifelhaft, ob der in der Person des Antragstellers begründete Steueranspruch entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG bereits in den Streitjahren uneinbringlich geworden sein könnte.

 

 

17

a) Der Steuerschuldner muss nach den - auch von den Mitgliedstaaten und den nationalen Gerichten zu beachtenden (z.B. Urteil des Gerichtshof der Europäischen Union - EuGH - Berlington Hungary vom 11.6.2015 C-98/14, EU:C:2015:386 = SIS 15 15 62, Rz 80, 88, m.w.N.) - Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und von Treu und Glauben eindeutig bestimmbar sein (zum Grundsatz der Rechtsicherheit vgl. EuGH-Urteile Tomoiagã vom 9.7.2015 C-144/14, EU:C:2015:452 = SIS 15 15 54, Rz 34 f., m.w.N., und Salomie und Oltean vom 9.7.2015 C-183/14, EU:C:2015:454 = SIS 15 15 55, Rz 31); er muss den Umfang der ihm auferlegten Pflicht im Zeitpunkt des „Abschlusses eines Rechtsgeschäfts“ rechtssicher erkennen und bestimmen können (EuGH-Urteil Traum EOOD vom 9.10.2014 C-492/13, EU:C:2014:2267 = SIS 14 27 89, Rz 29, m.w.N.). Dies gilt auch im Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b UStG.

 

 

18

Zudem kann sich der Steuerpflichtige auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde aufgrund einer bestimmten Handlung berechtigte Erwartungen begründet hat (EuGH-Urteile Europäisch-Iranische Handelsbank vom 5.3.2015 C-585/13 P, EU:C:2015:145, Rz 95, m.w.N., und Tomoiagã in EU:C:2015:452 = SIS 15 15 54, Rz 44, m.w.N.). Die vertrauensauslösende Handlung kann auf einer allgemeingültigen (norminterpretierenden) Verwaltungsvorschrift beruhen (vgl. dazu Hummel, Mehrwertsteuerrecht 2016, 4, 11 f.), wenn sie - wie hier - systematisch angewendet wird (vgl. EuGH-Urteil Tomoiagã in EU:C:2015:452 = SIS 15 15 54, Rz 46).

 

 

19

Im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses ist schließlich auch der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten, der zur Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des am Steuerrechtsverhältnis beteiligten Steuerpflichtigen verpflichtet (z.B. BFH-Urteil vom 23.2.2010 VII R 19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729 = SIS 10 09 20, Rz 14, m.w.N.).

 

 

20

b) Im Streitfall ist es unter Berücksichtigung der Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und von Treu und Glauben ernstlich zweifelhaft, ob der festgesetzte Steueranspruch besteht, da er aufgrund einer Berichtigung entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG bereits für den gesamten Streitzeitraum (2011 bis 2013) entfallen sein könnte.

 

 

21

aa) Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG liegen zwar nicht vor. Uneinbringlich i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG ist nicht das vereinbarte Entgelt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.5.2009 V R 2/08, BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870 = SIS 09 26 34, unter II.3.a und II.4.a), sondern allenfalls der sich auf die Leistung beziehende Steuerbetrag. Eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG könnte demgegenüber auf der durch die Verwaltungsanweisung verursachten Uneinbringlichkeit des materiell-rechtlich geschuldeten Steuerbetrags beruhen.

 

 

22

Der Antragsteller und die HG-GmbH haben als Gegenleistung für die von ihm zu erbringenden Leistungen ein Entgelt ohne Umsatzsteuer vereinbart und damit eine sog. Nettoabrede getroffen. Ursächlich dafür war die im Streitzeitraum in Abschn. 182a Abs. 11 UStR 2005 (wortlautidentisch in: Abschn. 13b.1. Abs. 19 UStAE 2010/2011, und Abschn. 13b.3. Abs. 10 UStAE 2012/2013) niedergelegte Verwaltungsauffassung. Die für eine entsprechende Anwendung der Norm erforderliche Regelungslücke mag darin liegen, dass mit § 27 Abs. 19 UStG lediglich eine verfahrensrechtliche Vorschrift geschaffen wurde, die nur im Rahmen einer Änderung des Steuerbescheids - nicht aber auch bei erstmaligen Steuerfestsetzungen - anwendbar ist.

 

 

23

Auch unionsrechtliche Maßstäbe könnten für eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, der auf Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL beruht, sprechen. Denn „diese Bestimmung ist Ausdruck des fundamentalen Grundsatzes der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach dem Bemessungsgrundlage die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist und aus dem folgt, dass die Steuerverwaltung als Mehrwertsteuer keinen höheren als den dem Steuerpflichtigen gezahlten Betrag erheben darf“ (EuGH-Urteil Almos vom 15.5.2014 C-337/13, EU:C:2014:328 = SIS 14 16 70, Rz 22, m.w.N.).

 

 

24

bb) Bei entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 1 und 2 UStG hat der Antragsteller die an die HG-GmbH erbrachten Leistungen erst dann zu versteuern, wenn er den darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrag vereinnahmt.

 

 

25

cc) Zu erheblichen Steuerausfällen käme es dann nicht. Der Rückforderung der - zu Unrecht an das FA abgeführten - Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger könnte eine entsprechend § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG - zeitgleich auch beim Leistungsempfänger - vorzunehmende Berichtigung entgegenstehen. Auch insoweit kann im Steuerschuldverhältnis der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen sein. Die vom Bauträger und Bauunternehmer übereinstimmend - entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung angenommene Steuerschuld des Bauträgers - entfiele dann entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erst aufgrund einer Zahlung des Steuerbetrags durch den Bauträger (Leistungsempfänger) an den Bauunternehmer (Leistender). Im Fall einer Abtretung kann die Zahlung auch an den Steuergläubiger als Zessionar (Abtretungsempfänger) erfolgen (§ 27 Abs. 19 Satz 3 und 4 UStG).

 

 

26

dd) Angesichts dieser ungeklärten Rechtslage war die beantragte AdV für alle Streitjahre zu gewähren. Die Entscheidung dieser schwierigen Rechtsfrage muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

 

 

27

c) Dies steht nicht im Widerspruch zur bisherigen Senatsrechtsprechung. Denn dem BFH-Urteil vom 30.6.2011 V R 37/10 (BFHE 233, 477, BStBl II 2011, 842 = SIS 11 25 84) lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der sich Leistender und Leistungsempfänger - anders als im Streitfall - an die Verwaltungsanweisung in Abschn. 182a Abs. 10 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 halten wollten, der Leistungsempfänger aber das Vorliegen der dort vorgesehenen Voraussetzungen in Abrede stellte.

 

 

28

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.