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Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerfristiger Tätigkeit auf einer Baustelle

Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerfristiger Tätigkeit auf einer Baustelle: Eine auswärtige (Groß-)Baustelle ist keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, auch wenn sie der Arbeitnehmer fortdauernd und immer wieder aufsucht. (Hinweis aus BStBl 2014 II S. 854: Ab dem Veranlagungszeitraum 2014 gelten neue gesetzliche Regelungen zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte und der auswärtigen beruflichen Tätigkeit (§ 9 Abs. 4 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, BGBl 2013 I S. 285, BStBl 2013 I S. 188 = SIS 13 05 18) - Urt.; BFH 20.3.2014, VI R 74/13; SIS 14 16 52

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Ständig wechselnde Einsatzstellen
Fundstellen
  1. BFH 20.03.2014, VI R 74/13
    BStBl 2014 II S. 854
    BFHE 245 S. 56
    BFH/NV 2014 S. 1294

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 30.9.2014
    jh in StuB 13/2014 S. 501
    -/- in NWB 27/2014 S. 1999
    St.G. in HFR 8/2014 S. 687
    St.Sch. in BFH/PR 9/2014 S. 293
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
[AO 1977] § 12 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 07.05.2013, SIS 13 31 58, Regelmäßige Arbeitsstätte, Bau, Zeitliche Begrenzung, Betrieb
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Rheinland-Pfalz 23.11.2016, SIS 17 01 38, Werbungskosten, Regelmäßige Arbeitsstätte eines Zugbegleiters: Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Zugbeg...
  • BFH 16.12.2015, SIS 16 02 55, Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit oder bei befristeter Beschäftigung: Der in einer dauerhaften, ...
  • BFH 10.12.2015, SIS 16 02 54, Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit oder bei befristeter Beschäftigung: Der in einer dauerhaften, ...
  • BFH 22.10.2015, SIS 15 28 93, Aufwendungen für Besuchsfahrten des Ehegatten keine Werbungskosten: Aufwendungen für Besuchsfahrten eines...
  • BFH 19.5.2015, SIS 15 30 60, Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte eines freiberuflichen Steuerberaters: 1. Die...
  • BFH 7.5.2015, SIS 15 22 61, Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit oder bei befristeter Beschäftigung: Der in einer dauerhaften, ...
  • FG Berlin-Brandenburg 19.11.2014, SIS 15 02 16, Gebiet des Polizeiabschnitts bzw. Polizeidienststelle als regelmäßige Arbeitsstätte eines Polizeibeamten ...
  • BFH 6.11.2014, SIS 15 00 29, Regelmäßige Arbeitsstätte in der Probezeit und bei befristeter Beschäftigung: Der in einer dauerhaften, o...
  • BFH 23.10.2014, SIS 15 03 34, Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätten bei Selbständigen: 1. Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Sat...
  • Thüringer FG 12.3.2014, SIS 14 31 64, Betrieb des Arbeitgebers bei auf zwei Jahren befristetem Arbeitsverhältnis mit einer sechsmonatigen Probe...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Streitig ist, ob Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und einer Tunnelbaustelle nach Maßgabe der Entfernungspauschale oder nach Dienstreisegrundsätzen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

 

 

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) schloss am 23.8.2006 mit der Arbeitsgemeinschaft ... (ARGE), die ihren Sitz (Baubüro) in C hat, einen Arbeitsvertrag. Nach diesem Arbeitsvertrag sollte der Kläger befristet für die Zeit vom 14.8.2006 bis 30.6.2008 bei der ARGE beschäftigt werden. Als Dienstort wurde die Baustelle in C vereinbart. Nachdem das Arbeitsverhältnis in der Folgezeit bis zum 31.12.2008 verlängert worden war, vereinbarten der Kläger und die ARGE im November 2008 die unbefristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den 1.1.2009 hinaus bis zum Ende der Betonarbeiten des Bauvorhabens in C.

 

 

3

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2008 und 2009 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. für die Fahrten zwischen seiner Wohnung in F und der Baustelle in C Fahrtkosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit geltend, weil eine regelmäßige Arbeitsstätte nicht vorhanden sei. Dementsprechend machte er die tatsächlichen Fahrtkosten mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer als Werbungskosten geltend, und zwar für 48 Fahrten von F nach C (Entfernung = 200 km) und für 230 Fahrten von der Baustellenunterkunft in C zur Baustelle (Entfernung = 18 km).

 

 

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) folgte den Steuererklärungen insoweit nicht und berücksichtigte lediglich die Entfernungspauschale als Werbungskosten. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil ist in EFG 2014, 28 = SIS 13 31 58 veröffentlicht.

 

 

5

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Finanzgericht (FG) habe den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte fehlerhaft ausgelegt.

 

 

6

Er beantragt, das angefochtene Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 7.5.2013 11 K 11138/11 und die Einspruchsentscheidung vom 21.6.2011 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2008 vom 26.2.2010 und das Jahr 2009 vom 14.6.2010 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 2008 und im Jahr 2009 jeweils weitere Fahrtkosten in Höhe von 3.501 EUR als Werbungskosten berücksichtigt werden.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers zu Unrecht auf der Baustelle in C verortet.

 

 

9

1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen sind grundsätzlich auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Allerdings sind die Aufwendungen dafür nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur begrenzt nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten zu berücksichtigen.

 

 

10

a) Eine regelmäßige Arbeitsstätte kann nur eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers sein, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht. Regelmäßig handelt es sich dabei um den Betrieb des Arbeitgebers oder einen Zweigbetrieb, nicht aber um die Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers (z.B. Senatsentscheidungen vom 10.7.2008 VI R 21/07, BFHE 222, 391, BStBl II 2009, 818 = SIS 08 35 53; vom 9.7.2009 VI R 21/08, BFHE 225, 449, BStBl II 2009, 822 = SIS 09 29 00; VI R 42/08, BFH/NV 2009, 1806 = SIS 09 32 53; vom 17.6.2010 VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl II 2010, 852 = SIS 10 22 79; vom 19.1.2012 VI R 23/11, BFHE 236, 351, BStBl II 2012, 472 = SIS 12 09 48; vom 9.2.2012 VI R 44/10, BFHE 236, 431, BStBl II 2013, 234 = SIS 12 07 86; vom 18.9.2012 VI R 65/11, BFH/NV 2013, 517 = SIS 13 06 87; vom 17.6.2010 VI R 20/09, BFHE 230, 533, BStBl II 2012, 32 = SIS 10 36 66, zum weiträumigen Arbeitsgebiet).

 

 

11

b) Ist der Arbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor mit der Folge, dass die Kosten für beruflich veranlasste Fahrten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG uneingeschränkt zum Abzug zuzulassen sind.

 

 

12

2. Nach diesen Grundsätzen hatte der Kläger keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

 

 

13

Bauausführungen oder Montagen (§ 12 Satz 2 der Abgabenordnung - AO - ) sind keine regelmäßigen Arbeitsstätten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Es handelt sich dabei um vorübergehende und nicht um dauerhafte Tätigkeitsstätten, auch wenn dort nach § 12 Satz 2 AO eine Betriebsstätte oder Geschäftseinrichtung des Arbeitgebers belegen sein sollte (s. Senatsurteil vom 11.7.2013 VI R 62/12, BFH/NV 2014, 147 = SIS 14 00 15, m.w.N.). Dies gilt auch - wie vorliegend - für auswärtige (Groß-)Baustellen. Eine auswärtige Baustelle ist typisiert betrachtet kein dauerhafter, sondern nur ein vorübergehender - bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens zeitlich begrenzter - Tätigkeitsort des Arbeitnehmers (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 33. Aufl., § 9 Rz 116). Welche infrastrukturellen Gegebenheiten der Arbeitgeber dort vorhält ist deshalb unerheblich. Ohne Bedeutung ist weiter, ob der Arbeitnehmer die Baustelle fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) - u.U. für die gesamte Dauer seines (befristeten) Beschäftigungsverhältnisses - aufsucht. Denn eine auswärtige Tätigkeitsstätte - wie eine Baustelle (Senatsurteil vom 11.5.2005 VI R 70/03, BFHE 209, 508, BStBl II 2005, 785 = SIS 05 36 03) - wird nicht durch bloßen Zeitablauf zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (vgl. Senatsurteile vom 8.8.2013 VI R 72/12, BFHE 242, 358, BStBl II 2014, 68 = SIS 13 31 08, und vom 24.9.2013 VI R 51/12, BFH/NV 2014, 220 = SIS 13 33 36; Bergkemper in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 9 EStG Rz 288, 453).

 

 

14

3. Die Sache ist spruchreif. Denn Einwände gegen die vom Kläger vorgelegte Berechnung der tatsächlichen Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und der Baustelle in C sind vom FA weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Berechnung der Steuer wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt nur vor, wenn es sich um eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er dauerhaft aufsucht. Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013 S. 285) ist ab 2014 an die Stelle der regelmäßigen Arbeitsstätte in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG n.F. die „erste Tätigkeitsstätte“ getreten. Sie wird als „ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers ..., der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist“, definiert (§ 9 Abs. 4 n.F.). Hier stellt sich die Frage, ob über die dauerhafte Zuordnung hinaus auch erforderlich ist, dass es sich um eine dauerhafte Einrichtung handelt. Die Grundsätze der aktuellen Entscheidung dürften insoweit auch für die Neuregelung gelten. Baustellen und Montageorte sind ihrer Natur nach nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend, sodass keine erste Tätigkeitsstätte vorliegt, auch wenn der Arbeitnehmer unbefristet zugeordnet ist.