1
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I. Der Kläger begehrt gemäß
§ 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigung
wegen der von ihm als unangemessen angesehenen Dauer eines vor dem
Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg vom 9.3.2010 (Klageeingang)
bis zum 18.2.2013 (Absendung des nach Erledigung der Hauptsache
erlassenen Kostenbeschlusses durch das FG) anhängigen
Klageverfahrens.
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2
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Dem Ausgangsverfahren liegt der folgende
Sachverhalt zugrunde: Der Kläger betreibt als
Einzelunternehmer einen Kraftfahrzeughandel mit Reparaturwerkstatt.
Zu seinem Betriebsvermögen gehörte im Streitjahr 2006 ein
PKW Skoda, den er auch privat nutzte. Den privaten Nutzungsanteil
ermittelte er nach der sogenannten 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1
Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im März 2006
erwarb er zusätzlich ein Kraftfahrzeug VW Multivan, dessen
hintere Sitzreihe er ausbauen ließ. Für dieses Fahrzeug
nahm er eine Sonderabschreibung nach § 7g EStG in der im
Streitjahr geltenden Fassung in Anspruch. Im Anschluss an eine
Außenprüfung ging das Finanzamt (FA) davon aus, der
Kläger habe auch den VW Multivan privat genutzt. Es setzte nur
für dieses Fahrzeug - das einen erheblich höheren
Listenpreis hatte als der PKW Skoda - einen nach der 1 %-Regelung
ermittelten Privatnutzungsanteil an. Ferner versagte das FA die
Sonderabschreibung mit der Begründung, der VW Multivan sei
nicht fast ausschließlich betrieblich genutzt worden.
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3
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Gegen die entsprechend geänderten
Bescheide über Einkommensteuer, den Gewerbesteuermessbetrag,
Gewerbesteuer und Umsatzsteuer erhob der Kläger - nach
erfolgloser Durchführung eines Einspruchsverfahrens - am
9.3.2010 Klage. Er behauptete - wie bereits im Einspruchsverfahren
-, der VW Multivan werde ausschließlich betrieblich genutzt.
Das Fahrzeug diene hauptsächlich als Zugmaschine für
einen Anhänger, mit dem er fahruntüchtige PKW seiner
Werkstattkunden transportiere. Es sei zulassungsrechtlich als LKW
eingestuft. Er beantragte die Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob eine Privatnutzung
ausgeschlossen sei.
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Mit einem Schreiben des FA vom 23.8.2010
endete der Wechsel der vorbereitenden Schriftsätze zwischen
den Beteiligten. Am 8.4.2011 bat der Kläger das FG, einen
Termin anzuberaumen. Der dort zuständige Berichterstatter
verfügte: „Bitte Standardantwort“, worauf die
Geschäftsstelle des FG dem Kläger mitteilte, wegen
zahlreicher älterer Verfahren könne eine Terminierung
noch nicht abgesehen werden. Am 21.12.2011 erhob der Kläger
Verzögerungsrüge; am 14.8.2012 bat er nochmals um
Anberaumung eines Termins. Das FG äußerte sich hierzu
jeweils nicht. Mit Schreiben vom 13.9.2012 erinnerte der
Kläger das FG an eine Stellungnahme. Der Berichterstatter
verfügte erneut: „Bitte Standardantwort“. Am
18.10.2012 wiederholte der Kläger seine
Verzögerungsrüge.
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Am 8.1.2013 verfügte das FG die Ladung
zur mündlichen Verhandlung und forderte beim FA die
Steuerakten an. Mit Schriftsatz vom 11.2.2013 trug der Kläger
vor, der VW Multivan sei am 25.6.2012 - zu einem Zeitpunkt, als das
Klageverfahren bereits verzögert gewesen sei - gestohlen
worden und daher nicht mehr für den beantragten
Sachverständigenbeweis verfügbar. Stattdessen bot er
Beweis für eine ausschließlich betriebliche Nutzung
durch Vernehmung eines seiner Mitarbeiter an. In der
mündlichen Verhandlung am 13.2.2013 vernahm das FG diesen
Zeugen. Ferner erklärte der Prozessbevollmächtigte des
Klägers, dieser lebe alleine in seinem Haushalt. Daraufhin
regte das FG eine Abhilfe durch das FA an. Das FA verpflichtete
sich zum Erlass entsprechender Bescheide, die Beteiligten
erklärten den Rechtsstreit übereinstimmend in der
Hauptsache für erledigt. Durch Kostenbeschluss vom selben
Tage, den das FG am 18.2.2013 mit einfachem Brief versandte, legte
der Berichterstatter des FG die Kosten dem Kläger und dem FA
je zur Hälfte auf. Zur Begründung führte er aus, das
FG wäre dem ursprünglichen Vorbringen des Klägers,
der VW Multivan sei zur Privatnutzung nicht geeignet gewesen,
voraussichtlich nicht gefolgt. Den für die Abhilfe letztlich
entscheidenden Tatsachenvortrag zur Größe seines
Haushalts habe der Kläger dem Gericht erst in der
mündlichen Verhandlung und auf dessen Nachfrage unterbreitet.
Allerdings hätte bereits das FA dieser Frage nachgehen
müssen.
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6
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Am 8.4.2013 hat der Kläger die
vorliegende Entschädigungsklage erhoben. Er verweist darauf,
dass die durchschnittliche Dauer finanzgerichtlicher Klageverfahren
in Deutschland nach dem Geschäftsbericht der Finanzgerichte
für die Jahre 2009 und 2010 (EFG 2011, 1578) bei ca. 18
Monaten gelegen habe, während das FG im Streitfall 35 Monate
benötigt habe, ohne dass hierfür ein anderer Grund als
die schlechte Personalausstattung des Gerichts erkennbar sei. Die
Sache sei schon mit Klageeingang entscheidungsreif und
spätestens am 23.8.2010 ausgeschrieben gewesen. Nach
verschiedenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte (EGMR) belaufe sich die angemessene
Verfahrensdauer auf etwa ein Jahr pro Instanz. Als
Entschädigung sei für jedes angefangene Jahr der
Verzögerung ein Betrag von 1.200 EUR zu gewähren. Der
Kläger habe durch das „Erleiden einer über Jahre
völlig ungeklärten Steuerrechtslage“ einen kausal
durch die Verzögerungen des Gerichtsverfahrens verursachten
immateriellen Schaden erlitten. Die Klage sei für ihn
angesichts des Umstands, dass der Streitwert - in Bezug auf die
Einkommensteuer - etwa 50 % der festgesetzten Steuer betragen habe,
von besonderer Bedeutung gewesen.
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Als materieller Schaden werde der dem
Kläger vom FG trotz vollen Obsiegens im Ausgangsverfahren
auferlegte Kostenbetrag in Höhe von 582,13 EUR geltend
gemacht, allerdings zur Vermeidung einer Erhöhung des
Streitwerts des vorliegenden Verfahrens nicht zusätzlich zur
begehrten Entschädigung für
Nichtvermögensschäden, sondern lediglich zur
argumentativen Verstärkung des Klagevorbringens.
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8
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Der Kläger beantragt, den Beklagten zu
verurteilen, ihm wegen der überlangen Dauer des Verfahrens vor
dem FG Berlin-Brandenburg 12 K 12057/10 eine Entschädigung in
Höhe von 2.400 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in
Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt, die Klage
abzuweisen.
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Der Zeitraum von 28 Monaten, in dem das
Verfahren gänzlich unbearbeitet geblieben sei, sei bei
Zugrundelegung der bisher ergangenen höchstrichterlichen
Rechtsprechung zu § 198 GVG noch hinzunehmen.
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II. Die Klage ist teilweise
begründet.
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Der Kläger hat die erforderliche
Verzögerungsrüge noch
„unverzüglich“ nach dem Inkrafttreten des
Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen
Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
(ÜberlVfRSchG) erhoben (dazu unten 1.). Die Dauer des
Ausgangsverfahrens war unangemessen; die Verzögerung betrifft
einen Zeitraum von neun Monaten (unten 2.). Dem Kläger steht
indes lediglich eine Entschädigung für
Nichtvermögensnachteile in Höhe von 900 EUR statt der
geltend gemachten 2.400 EUR zu (unten 3.); hinzu kommt der Anspruch
auf Prozesszinsen (unten 4.).
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1. Die am 21.12.2011 beim FG eingegangene
Verzögerungsrüge ist i.S. des Art. 23 Satz 2
ÜberlVfRSchG „unverzüglich“ nach dem
Inkrafttreten des genannten Gesetzes am 3.12.2011 erhoben und hat
daher gemäß Art. 23 Satz 3 ÜberlVfRSchG
Ansprüche auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des
Gesetzes gewahrt.
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Der Senat hat bereits entschieden, dass im
Rahmen der gebotenen normspezifischen Auslegung des in Art. 23 Satz
2 ÜberlVfRSchG verwendeten Begriffs
„unverzüglich“ ein Zeitraum von drei
Monaten als sachgerecht anzusehen ist (ausführlich Urteil vom
7.11.2013 X K 13/12, BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 = SIS 13 32 59, unter II.1.d). Dieser Zeitraum ist vorliegend nicht
überschritten.
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2. Die Dauer des Ausgangsverfahrens war
unangemessen. Die Dauer der Verzögerung beläuft sich auf
neun Monate.
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a) Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2
GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den
Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der
Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten
der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Diese gesetzlichen
Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung
des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts (vgl. hierzu und zum
Folgenden ausführlich Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II
2014, 179 = SIS 13 32 59, unter II.2., auf das zur Vermeidung von
Wiederholungen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird).
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Nach dieser Entscheidung ist der Begriff der
„Angemessenheit“ für Wertungen offen, die
dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einem
möglichst zügigen Abschluss des Rechtsstreits einerseits
und anderen, ebenfalls hochrangigen sowie verfassungs- und
menschenrechtlich verankerten prozessualen Grundsätzen - wie
dem Anspruch auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes
durch inhaltlich möglichst zutreffende und qualitativ
möglichst hochwertige Entscheidungen, der Unabhängigkeit
der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter -
Rechnung tragen. Danach darf die zeitliche Grenze bei der
Bestimmung der Angemessenheit der Dauer des Ausgangsverfahrens
nicht zu eng gezogen werden; dem Ausgangsgericht ist ein
erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens -
auch in zeitlicher Hinsicht - einzuräumen. Zwar schließt
es die nach der Konzeption des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG
vorzunehmende Einzelfallbetrachtung aus, im Rahmen der Auslegung
der genannten Vorschrift konkrete Fristen zu bezeichnen, innerhalb
der ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein
sollte. Gleichwohl kann für ein finanzgerichtliches
Klageverfahren, das im Vergleich zu dem typischen in dieser
Gerichtsbarkeit zu bearbeitenden Verfahren keine wesentlichen
Besonderheiten aufweist, die Vermutung aufgestellt werden, dass die
Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei
Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die
das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die
damit begonnene („dritte“) Phase des
Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume
unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet
lässt. Dies gilt nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte
rechtzeitig und in nachvollziehbarer Weise auf Umstände
hinweist, aus denen eine besondere Eilbedürftigkeit des
Verfahrens folgt.
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Die gegen die dargestellte
Angemessenheitsvermutung erhobenen Einwendungen des Klägers
geben keinen Anlass, von diesen Grundsätzen abzurücken.
Er begehrt letztlich, dass das FG sich von Anfang an
ausschließlich mit seiner Klage hätte befassen
müssen. Dabei übersieht er, dass stets parallel auch
zahlreiche andere Verfahren zu bearbeiten sind. Verfassungs- und
menschenrechtlich ist die gerichtsorganisatorische
Grundentscheidung, einem Richter mehr als ein Verfahren
gleichzeitig zuzuweisen, nicht zu beanstanden, weil die begrenzten
staatlichen Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden
sollen. Der Kläger hat trotz ausdrücklicher Nachfrage des
Senats auch keine Entscheidung des EGMR oder des
Bundesverfassungsgerichts benennen können, in der es
beanstandet worden wäre, dass ein Verfahren über nicht
existenzsichernde Geldansprüche erst zwei Jahre nach seinem
Eingang einer Entscheidung zugeführt wurde.
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das
Ausgangsverfahren um neun Monate in unangemessener Weise
verzögert worden.
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aa) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1
Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im
Streitfall kein einheitliches Bild.
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Der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens war als
durchschnittlich anzusehen. Einerseits waren die für die
Beurteilung des Rechtsstreits maßgebenden rechtlichen
Grundsätze geklärt. In tatsächlicher Hinsicht ging
es aber um einen Sachverhalt, der die private Sphäre des
Klägers berühren könnte und daher
regelmäßig nicht ohne Schwierigkeiten aufklärbar
ist.
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Die Bedeutung des Ausgangsverfahrens war
für den Kläger in Bezug auf die Einkommen- und
Gewerbesteuer - legt man das Verhältnis zwischen den
streitigen und den insgesamt festgesetzten Beträgen von 50 %
bzw. 100 % zugrunde - erheblich. In Bezug auf die Umsatzsteuer ging
es demgegenüber nur um einen Betrag von 1,4 % der für das
Streitjahr festgesetzten Steuerschuld. Allerdings ist davon
auszugehen, dass die - formal auf das Jahr 2006 beschränkte -
Entscheidung des FG im Ausgangsverfahren auch für die
Folgejahre von Bedeutung war.
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Das FA hatte Aussetzung der Vollziehung
gewährt, so dass sich der Kläger während der
gesamten Verfahrensdauer keinen fälligen Forderungen des FA
gegenüber sah, auch wenn er - im Falle eines Unterliegens im
Ausgangsverfahren - Aussetzungszinsen gemäß § 237
der Abgabenordnung (AO) zu tragen gehabt hätte.
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bb) Umstände, die für eine besondere
Eilbedürftigkeit des Ausgangsverfahrens sprechen, sind dem FG
weder vom Kläger unterbreitet worden noch waren derartige
Umstände für das FG sonst ersichtlich.
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(1) Den zahlreichen Sachstandsanfragen und
Verzögerungsrügen des Klägers waren keine
Darlegungen zu entnehmen, aus denen sich eine objektiv bestehende
besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens ergeben
hätte.
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(2) Entgegen der Auffassung des Klägers
ergab sich eine solche besondere Eilbedürftigkeit auch nicht
aus den dem FG vorliegenden Akten.
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Nicht nachvollziehbar ist in diesem
Zusammenhang der Verweis des Klägers auf seine in der
Klageschrift enthaltene Behauptung, das FA habe gegenüber
seinem Prozessbevollmächtigten erklärt, der Rechtsstreit
habe grundsätzliche Bedeutung und solle einer Entscheidung
durch den Bundesfinanzhof (BFH) zugeführt werden. Zum einen
wird diese Behauptung durch den übrigen Akteninhalt und
insbesondere durch das Vorbringen des FA, das in seiner
Klageerwiderung ausdrücklich erklärt hatte, seine
Entscheidung stimme mit der ständigen Rechtsprechung des BFH
überein, nicht getragen. Zum anderen würde eine
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Notwendigkeit
einer höchstrichterlichen Klärung darauf hindeuten, dass
das Ausgangsverfahren von überdurchschnittlichem
Schwierigkeitsgrad wäre, was gemäß § 198 Abs.
1 Satz 2 GVG auch eine gegenüber dem Normalfall moderat
verlängerte - nicht etwa verkürzte - Verfahrensdauer noch
als angemessen erscheinen lassen könnte.
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Ebensowenig nachvollziehbar ist die Behauptung
des Klägers, aus dem - als Anlage zur Klageschrift
eingereichten - Betriebsprüfungsbericht seien die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des Klägers erkennbar
gewesen, so dass das FG hätte wissen müssen, dass die
Höhe der streitigen Steuerbeträge für den
Kläger von existenzieller Bedeutung gewesen sei.
Tatsächlich waren jedenfalls die
Vermögensverhältnisse des Klägers aus dem
Betriebsprüfungsbericht nicht ersichtlich.
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Soweit der Kläger die Auffassung
vertritt, der von ihm in der Klageschrift
„vorsorglich“ beantragte
Sachverständigenbeweis zu der Tatsache, dass er sämtliche
hinter der vorderen Sitzbank liegenden Sitzplätze des VW
Multivan entfernt habe, habe erkennbar für eine besondere
Eilbedürftigkeit gesprochen, vermag der Senat dem ebenfalls
nicht zu folgen. Zum einen war diese Tatsache nicht nur durch
eingereichte Lichtbilder glaubhaft gemacht worden, sondern zwischen
den Beteiligten auch unstreitig, so dass eine Beweiserhebung
entbehrlich war. Zum anderen war nicht ersichtlich, dass
während des Zeitraums, in dem die Verfahrensdauer im
Allgemeinen als noch angemessen anzusehen ist (dazu oben a), eine
Verschlechterung oder Unerreichbarkeit des Beweismittels drohen
könnte.
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cc) Die Würdigung, dass die
Verfahrensdauer in Bezug auf einen Zeitraum von neun Monaten
unangemessen war, ergibt sich aus einer Betrachtung des konkreten
Verfahrensablaufs.
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In dem seit dem 9.3.2010 beim FG
anhängigen Klageverfahren endete der Wechsel der
vorbereitenden Schriftsätze zwischen den Beteiligten am
23.8.2010.
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Geht man nach den vorstehend unter a
dargelegten Grundsätzen davon aus, dass die Angemessenheit der
Verfahrensdauer zu vermuten ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre
nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das
Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, hätte das
FG das Verfahren im Frühjahr 2012 wieder aufgreifen und durch
kontinuierliches Tätigwerden zur Entscheidung führen
müssen. Tatsächlich ist das FG jedoch - trotz der im
Dezember 2011 erhobenen Verzögerungsrüge des Klägers
- erst im Januar 2013 wieder tätig geworden. Danach ist im
Zeitraum von April bis Dezember 2012 (insgesamt neun Monate) eine
unangemessene Verzögerung des Verfahrens eingetreten.
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3. Dem Kläger steht aufgrund der
unangemessenen Verfahrensdauer eine Entschädigung für
Nichtvermögensnachteile in Höhe von 900 EUR zu.
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34
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a) Das Entstehen eines
Nichtvermögensnachteils wird in Fällen unangemessener
Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG
vermutet (vgl. auch Senatsurteil vom 17.4.2013 X K 3/12, BFHE 240,
516, BStBl II 2013, 547 = SIS 13 14 53, unter III.6.a).
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35
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b) Eine Wiedergutmachung auf andere Weise
gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 GVG wäre im
Streitfall nicht ausreichend. Dafür spricht vor allem, dass
das FG auf die zahlreichen Versuche des Klägers, es zu einer
Entscheidung innerhalb angemessener Frist zu bewegen, entweder gar
nicht reagiert hat oder sich auf Standardantworten beschränkt
und dem Kläger noch nicht einmal einen Zeitpunkt in Aussicht
gestellt hat, ab dem mit einer Verfahrensförderung zu rechnen
sei. In derartigen Fällen ist ein Verfahrensbeteiligter, der -
wie aus den zahlreichen Anfragen des Klägers folgt -
erkennbar, wenn auch ohne Nennung konkreter Umstände, die
für eine besondere Beschleunigung des Verfahrens sprechen, an
einer zügigen Entscheidung interessiert ist, von der
Verfahrensverzögerung in stärkerem Maße betroffen
als wenn das Ausgangsgericht zwar seine Überlastung zu
erkennen gibt, aber zugleich seine Vorstellungen vom weiteren
Ablauf des Verfahrens in zeitlicher Hinsicht konkretisiert und den
Beteiligten mitteilt. Hinzu kommt, dass das FG im Streitfall in den
35 Monaten, die der mündlichen Verhandlung vorangegangen sind,
keinerlei verfahrensfördernde Aktivitäten entfaltet
hat.
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36
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c) Umstände dafür, dass der in
§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 EUR
für jedes Jahr der Verzögerung vorliegend unbillig
(§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte, sind weder von den
Beteiligten vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
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37
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Auch wenn im Gesetz ein Jahresbetrag genannt
ist, kann dieser - anders als der Kläger meint - im konkreten
Fall nach Monaten bemessen werden (ebenso Urteil des
Bundessozialgerichts vom 21.2.2013 B 10 ÜG 1/12 KL, BSGE 113,
75, unter 2.c d).
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d) Die Prozesskosten, die der Kläger
aufgrund der im Ausgangsverfahren getroffenen Kostenentscheidung
des FG zu zahlen hatte, beruhen nicht auf der Verzögerung
jenes Verfahrens. Es ist weder erkennbar noch vom Kläger
vorgetragen, dass das FG - auf der Grundlage seiner
kostenrechtlichen Rechtsauffassung - eine andere Kostenentscheidung
getroffen hätte, wenn es das Verfahren in angemessener Zeit zu
einem Ende geführt hätte.
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4. Der Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom
Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit der
Entschädigungsklage (§ 66 der Finanzgerichtsordnung - FGO
- ) an folgt aus § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
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a) Im Rahmen von Entschädigungsklagen
sind die genannten Vorschriften auch in den
öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten anwendbar, weil
Spezialregelungen, die den allgemeinen Anspruch auf Prozesszinsen
verdrängen könnten, nicht bestehen (vgl. für die
Sozialgerichtsbarkeit Urteile des Hessischen Landessozialgerichts
vom 6.2.2013 L 6 SF 6/12 EK U, Neue Zeitschrift für
Sozialrecht 2013, 472, und des Thüringer Landessozialgerichts
vom 10.7.2013 L 12 SF 916/12 EK, nicht veröffentlicht). Dies
gilt auch, wenn - wie im Streitfall - die Vorschriften über
das finanzgerichtliche Verfahren erster Instanz anzuwenden sind, da
sich die abgabenrechtlichen Regelungen über Prozesszinsen auf
Erstattungsbeträge (§ 236 AO) nur auf zu erstattende
Steuern und Steuervergütungen beziehen.
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41
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b) Nicht zu folgen ist allerdings der
Auffassung des Klägers, ihm stehe ein Anspruch auf
Prozesszinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu.
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42
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Der auf § 288 Abs. 2 BGB gestützte
Anspruch auf erhöhte Prozesszinsen setzt nicht allein voraus,
dass an dem „Rechtsgeschäft“ ein
Verbraucher nicht beteiligt ist, sondern auch, dass es um eine
„Entgeltforderung“ geht. Der vorliegende
Rechtsstreit betrifft indes eine Forderung auf eine
Entschädigungszahlung, nicht aber eine Entgeltforderung.
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Entgeltforderungen sind nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Forderungen auf Zahlung eines
Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger
erbrachte oder zu erbringende Leistung (Urteile vom 21.4.2010 XII
ZR 10/08, NJW 2010, 1872, unter II.2.a bb, mit Beispielen, und vom
6.11.2013 KZR 58/11, Neue Zeitschrift für Kartellrecht 2014,
31, unter B.II.4.c bb). Die vorliegend vom Senat auf der Grundlage
des § 198 GVG zugesprochene Entschädigung kann aber nicht
als Gegenleistung für eine vom Kläger erbrachte Leistung
angesehen werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat
entschieden, dass die entsprechende Geltung der §§ 291,
288 BGB für öffentlich-rechtliche
Erstattungsansprüche zu einer Verzinsung von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §
288 Abs. 1 BGB führt, aber keine ausreichende Analogiebasis
besteht, Absatz 2 dieser Vorschrift anzuwenden (Urteil vom
18.3.2004 3 C 23/03, NVwZ 2004, 991, unter 3.).
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5. Die Kostenentscheidung nach dem
Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Anlass für eine Kostenentscheidung nach
billigem Ermessen gemäß § 201 Abs. 4 GVG besteht
nicht, da die Bezifferung der Höhe der geltend gemachten
Entschädigungsforderung zum Risikobereich des
Entschädigungsklägers gehört.
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