1
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I. Mit Bescheid vom 23.1.2012 ordnete der
Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) zur
Sicherung eines Anspruchs des Freistaates Sachsen und der
Bundesrepublik Deutschland in Höhe von ... EUR den dinglichen
Arrest gemäß § 324 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO)
in das Vermögen des Antragstellers und Beschwerdeführers
(Antragsteller) an. Mit Bescheid vom 12.3.2012 beschränkte das
FA die Arrestanordnung auf ... EUR mit der Begründung, die
Anordnung habe nur noch in dieser Höhe als Rechtsgrund
Bedeutung für die beim Antragsteller erlangten
Sicherungsrechte. In den Bescheiden wird darauf hingewiesen, dass
durch Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der
Arrestanordnung die Vollziehung des Arrests gehemmt und die
Aufhebung bereits durchgeführter Vollziehungsmaßnahmen
erreicht werden könne.
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Zur Begründung führte das FA aus,
der Antragsteller solle in Haftung genommen werden für
verkürzte Umsatzsteuer zu Gunsten einer OHG, an der er zu
49,44 % beteiligt sei. Die Steuerschuld ergebe sich aus
Vorsteuerabzügen, die die OHG zu Unrecht geltend gemacht habe.
Es handele sich insoweit um Umsatzsteuern, die von Scheinfirmen
(missing trader) im Rahmen von Umsatzsteuerkarussellen in Rechnung
gestellt worden seien. Da insofern Rechnungsaussteller und
liefernder Unternehmer nicht identisch seien, sei nicht
feststellbar, wer die Ware, die hauptsächlich bar und oft
zunächst nur zum Teil bezahlt worden sei, geliefert und die
Zahlung tatsächlich vereinnahmt habe. Die die Rechnungen
ausstellenden Firmen seien ihren steuerlichen Verpflichtungen
regelmäßig nicht nachgekommen. Die betreffenden Waren -
hauptsächlich Flachbildschirme - habe die OHG als
vermeintliche innergemeinschaftliche Lieferungen in das übrige
Gemeinschaftsgebiet veräußert. Der Antragsteller hafte
einerseits als vertretungsberechtigter Gesellschafter nach §
69 AO, andererseits bestehe aufgrund vorliegender
tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht der
Steuerhinterziehung, so dass als Haftungsnorm auch § 71 AO
einschlägig sei. Nach Aktenlage sei davon auszugehen, dass bei
steuerlichem Wohlverhalten des Antragstellers der Eintritt des
Steuerschadens in vollem Umfang vermieden worden wäre.
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3
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Da zu besorgen sei, dass ohne Anordnung des
dinglichen Arrests die Beitreibung vereitelt oder wesentlich
erschwert werde, sei auch ein Arrestgrund gegeben. Gegen den
Antragsteller bestehe der Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung.
Nach den belastbaren Tatsachen seien zu Gunsten der OHG
zielgerichtet Steuerstraftaten - und zwar im Rahmen eines
Umsatzsteuerkarussells - begangen worden. Der Antragsteller sei
wegen seiner Teilnahme an einem Umsatzsteuerbetrugsmodell als
besonders steuerunehrlich anzusehen. Aufgrund einer nachhaltigen
Begehungsweise und der Höhe des bisher festgestellten
Steuerschadens sei zudem eine erhebliche kriminelle Energie
gegeben. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei von demjenigen, der
sich oder einem Dritten durch eine Straftat einen
Vermögensvorteil verschafft hat, zu erwarten, dass er
nachhaltige Unternehmungen anstellt, um die Tatvorteile dauerhaft
zu sichern. Bereits durch die nachhaltige Verbuchung der
Scheinrechnungen sei bereits eine fortwährende
Schmälerung des Betriebsvermögens gegeben, die die
Annahme eines Arrestgrundes rechtfertige. Die bisherigen
Ermittlungen, die auf das Vorliegen eines
Umsatzsteuerbetrugsmodells schließen ließen,
führten zu der Besorgnis, dass der Antragsteller bestrebt und
in der Lage sei, die Geldansprüche des Staates gegen ihn und
das von ihm vertretene Unternehmen durch Verschiebung oder
Beiseiteschaffung etwaigen Vermögens zu verhindern.
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Der Antragsteller erhob unter dem 9.2.2012
Sprungklage und beantragte wegen der bereits andauernden
Vollstreckung gleichzeitig beim Finanzgericht (FG) die Aufhebung
der Vollziehung der Arrestanordnung. Er machte geltend, die
Hinterlegung des streitigen Arrestbetrages sei nicht möglich,
weil ihm nach dem Arrestvollzug kein weiteres freies Vermögen
zur Verfügung stehe. Sein Antrag gehe auf Aufhebung der
Vollziehungsmaßnahmen ohne Sicherheitsleistung und sei mit
diesem Rechtsschutzbedürfnis zulässig. Ferner sei der
Antrag auch begründet, weil weder ein Arrestanspruch noch ein
Arrestgrund gegeben seien.
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Das FG lehnte den Antrag mit Beschluss vom
26.6.2012 6 V 178/12 mangels Rechtsschutzbedürfnis als
unzulässig ab. Da die Aufhebung der Vollziehung
grundsätzlich nur gegen Sicherheitsleistung ausgesprochen
werden könne, könne der Antragsteller nur das erreichen,
was er im Wege der Hinterlegung des in der Arrestanordnung
bezeichneten Betrags auch ohne Mitwirkung des Gerichts erreichen
könne. Es verwies hierzu im Wesentlichen auf den Beschluss des
FG Hamburg vom 20.8.2007 2 V 167/07 (juris = SIS 07 37 28).
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Der - gemäß § 128 Abs. 3
Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) - zugelassenen Beschwerde des Antragstellers half das FG mit
Beschluss vom 4.9.2012 nicht ab und legte die Beschwerde dem
Bundesfinanzhof (BFH) vor. Nach Sinn und Zweck einer dinglichen
Arrestanordnung sei eine Aussetzung der Vollziehung ohne
Sicherheitsleistung nicht möglich. Der vorläufige
Charakter der Arrestanordnung stehe der Aufhebung der Vollziehung
ohne Sicherheitsleistung grundsätzlich im Wege.
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Der Antragsteller macht mit seiner
Beschwerde geltend, ein Rechtsschutzbedürfnis für eine
gerichtliche Entscheidung könne nur dann entfallen, wenn die
Aufhebung der Vollziehung im Falle der Anordnung eines dinglichen
Arrests stets nur gegen Sicherheitsleistung ausgesprochen werden
könne und der Antragsteller zudem objektiv in der Lage sei,
die zur Aufhebung der Vollziehung erforderliche Sicherheitsleistung
der Höhe nach aufzubringen.
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Es sei unstreitig, dass im Zuge der
dinglichen Arrestanordnung sein gesamtes Vermögen
gepfändet worden sei. Im Ergebnis dessen habe er weder die
finanziellen Mittel, die geforderte Sicherheitsleistung
aufzubringen, noch habe er eine entsprechende Kreditwürdigkeit
(mehr). Die Auffassung des FG, eine Aufhebung der Vollziehung
könne „grundsätzlich nur gegen Sicherheitsleistung
ausgesprochen werden“ verstoße insbesondere gegen das
verfassungsrechtliche Gebot effektiven vorläufigen
Rechtsschutzes.
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Der Antragsteller beantragt, den Beschluss
des FG vom 26.6.2012 aufzuheben und die beantragte Aufhebung der
Vollziehung ohne Sicherheitsleistung zu gewähren.
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Das FA beantragt, die Beschwerde als
unbegründet zurückzuweisen.
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Es tritt dem Vorbringen des Antragstellers
entgegen und verweist u.a. darauf, dass am 16.7.2012
„entsprechende Bescheide“ betreffend die OHG erlassen
worden seien. Weiter teilt es mit, dass die strafrechtlichen
Ermittlungen gegen den Antragsteller andauerten.
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II. Die Beschwerde ist begründet. Das FG
hat den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ohne
Sicherheitsleistung zu Unrecht als unzulässig abgelehnt. An
der Rechtmäßigkeit der
Arrestanordnung bestehen ernstliche Zweifel, die zur
Aufhebung der Vollziehung der Arrestanordnung vom 23.1.2012 in
Gestalt des Bescheides vom 12.3.2012 - ohne Sicherheitsleistung -
führen.
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1. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung
ohne Sicherheitsleistung richtet sich gegen den Bescheid vom
23.1.2012 in Gestalt des Bescheides vom 12.3.2012.
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2. Der Antrag ist zulässig.
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a) Er erfüllt die Zugangsvoraussetzungen
gemäß § 69 Abs. 4 FGO; insbesondere war dem
Antragsteller angesichts des bereits laufenden Arrestvollzugs nicht
zuzumuten, zunächst beim FA einen Antrag auf Aussetzung der
Vollziehung zu stellen und dessen Ablehnung abzuwarten (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 29.10.1985 VII B
69/85, BFHE 145, 17, BStBl II 1986, 236 = SIS 86 04 57; vom
26.5.2004 V S 5/04, BFH/NV 2004, 1414 = SIS 04 36 08).
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b) Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69
Abs. 3 Satz 3 FGO kann der BFH als Beschwerdegericht auf Antrag
ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung eines schon
vollzogenen Verwaltungsakts, auch gegen Sicherheit, anordnen. Die
Anordnung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts
bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine
unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche
Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs.
3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO).
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Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2
Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des
angefochtenen Verwaltungsakts im
Aussetzungsverfahren neben den für seine Rechtmäßigkeit
sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten,
die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von
Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen
bewirken, wobei die für die Rechtswidrigkeit sprechenden
Gründe nicht überwiegen müssen, so dass eine
Aufhebung der Vollziehung auch dann zu gewähren ist, wenn die
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides später
im Hauptsacheverfahren bestätigt werden sollte (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6.6.2002 V B
110/01, BFHE 199, 55, BFH/NV 2002, 1267 = SIS 02 84 99; vom
6.8.2007 VII B 108-109/06, BFH/NV 2007, 2358 = SIS 08 01 70; vom
8.9.2009 II B 63/09, BFH/NV 2010, 68 = SIS 09 37 37).
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c) Die Anordnung einer Sicherheitsleistung im
Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dient der Vermeidung von
Steuerausfällen. Solche Ausfälle können im Rahmen
der Aufhebung der Vollziehung vor allem dadurch entstehen, dass der
Steuerpflichtige im Hauptsacheverfahren letztlich unterliegt und zu
diesem Zeitpunkt die Durchsetzung der Steuerforderung
gefährdet oder erschwert ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29.11.2004 V B 78/04, BFHE
208, 93, BStBl II 2005, 535 = SIS 05 15 25; in BFH/NV 2007, 2358 =
SIS 08 01 70). Das öffentliche Interesse an der
Vermeidung von Steuerausfällen entfällt, wenn mit
Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den
Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist
(vgl. BFH-Beschluss vom 8.8.2011 XI B 39/11, BFH/NV 2011, 2106 =
SIS 11 36 87, Rz 16, m.w.N.). Schließlich darf die
Anforderung einer Sicherheitsleistung nicht erfolgen, wenn sie mit
Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des
Steuerpflichtigen eine unbillige Härte für ihn bedeuten
würde, etwa weil der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer
Anstrengungen nicht in der Lage ist, Sicherheit zu leisten (vgl.
z.B. BFH-Beschlüsse vom 26.5.1988 V B 26/86, BFH/NV 1989, 403
= SIS 88 21 51; vom 28.6.1994 V B 18/94, BFH/NV 1995, 515). Lassen
die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eine
Sicherheitsleistung nicht zu, darf deshalb der Rechtsvorteil der
Aussetzung bzw. der Aufhebung der Vollziehung bei ernstlichen
Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids -
auch bei fortlaufend veranlagten und festgesetzten Steuern wie
Lohn- und Umsatzsteuer - grundsätzlich nicht versagt werden
(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 22.9.2009 1
BvR 1305/09, HFR 2010, 70 = SIS 09 33 45, unter IV.1.b).
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d) § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO gilt auch im
Falle der Anordnung des dinglichen Arrests.
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aa) Gegen die Anordnung des dinglichen Arrests
i.S. des § 324 Abs. 1 AO ist
der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3
Satz 3 FGO statthaft (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20.3.1969 V
B 5/69, BFHE 95, 317, BStBl II 1969, 399 = SIS 69 02 55; vom
13.9.2001 IV B 87/01, BFH/NV 2002, 352 =
SIS 02 53 48, unter II.1.b; Beschluss des FG Hamburg vom
20.8.2007 2 V 167/07, juris = SIS 07 37 28). Dafür, dass eine solche Aussetzung
grundsätzlich nicht ohne Sicherheitsleistung angeordnet werden
könnte, wovon das FG ausgeht, ist der Regelung in § 69
Abs. 3 Satz 3 FGO nichts zu entnehmen (offengelassen im
BFH-Beschluss vom 18.8.1987 VII B 97/87, BFH/NV 1988, 374).
Das Verfahren nach § 69 FGO
wird auch nicht durch § 45 Abs. 4
FGO verdrängt, wonach gegen die Anordnung des dinglichen
Arrests die Klage ohne Vorverfahren zulässig ist.
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bb) Gemäß
§ 324 Abs. 1 AO kann die für die Steuerfestsetzung
zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung
von Geldforderungen den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche
Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die
Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Der
Arrest ist ein Mittel zur Sicherung künftiger
Geldvollstreckung (Klein/Brockmeyer, AO, 11. Aufl., § 324 Rz
2). Er soll verhindern, dass der Steuerpflichtige einen bestehenden
Zustand verändert, um die zukünftige Zwangsvollstreckung
zu gefährden. Wegen des Zeitbedarfs des Hauptverfahrens wird
dem Steuergläubiger zwar gesetzlich zugestanden, das Interesse
an der Sicherung seiner Ansprüche bereits vor Ergehen
entsprechender Steuerbescheide zu befriedigen (Urteil des FG
Düsseldorf vom 3.5.2000 5 K 5963/92 U, juris = SIS 02 68 34).
Wenn es das Sicherungsinteresse des Steuergläubigers nach dem
Willen des Gesetzgebers aber zulässt, dass die Vollziehung
eines Steuerbescheides ggf. auch ohne Sicherungsleistung ausgesetzt
bzw. aufgehoben wird, so muss dies erst recht gelten, wenn der
Steueranspruch noch nicht in Steuerbescheiden - hier nach Aktenlage
jedenfalls noch nicht in einem Haftungsbescheid gegen den
Antragsteller - festgesetzt worden ist und es somit nur um die
Sicherung einer künftigen Forderung geht. Dafür spricht
auch der vom FA herausgestellte Umstand, dass das vorläufige
Sicherungsverfahren nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit ohne
weiteres in das Beitreibungsverfahren übergeleitet wird (seit
BFH-Beschluss vom 28.8.1968 I B 18/68, BFHE 93, 405, BStBl II 1968,
832 = SIS 68 05 77; BFH-Urteil vom 27.6.2006 VII R 34/05, BFH/NV
2006, 2024 = SIS 06 41 22).
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Selbst wenn nach Auffassung des FG im
Streitfall eine Aufhebung der Vollziehung nicht ohne
Sicherheitsleistung ausgesprochen werden konnte, wäre zu
prüfen gewesen, ob - unter Beachtung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit (BFH-Beschluss vom 4.4.1996 V S
1/96, V B 6/96, BFH/NV 1996, 795) - ggf. eine nur teilweise
Sicherheitsleistung in Betracht kommen könnte (vgl.
Beschlüsse des Hessischen FG vom 29.4.2005 3 V 517/04,
Haufe-Index 1406716, unter II.4.; des FG München vom
17.12.2007 6 V 4166/06, Haufe-Index 1965867; vom 20.8.2009 14 V
521/09, EFG 2009, 1866 = SIS 09 34 70, unter II.6.). Soweit der BFH
in seinem Beschluss in BFH/NV 1988, 374 ausgeführt hat, das FG
habe zu Recht die Höhe der
Sicherheitsleistung nach Maßgabe des Werts der Sicherung
festgesetzt, die das FA durch die Arrestvollziehung erlangt habe,
handelt es sich um die Würdigung des Einzelfalls, nicht aber
um eine Aussage dahingehend, eine Sicherheitsleistung sei
gemäß § 69 FGO stets in Höhe des Werts der zu
sichernden Forderung festzusetzen.
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cc) Der Senat teilt nicht die von
Finanzgerichten vertretene Auffassung (vgl. auch Beschlüsse des Hessischen FG vom
4.10.1973 B VI 15/73, EFG 1974,
25; des FG München vom
4.10.1979 III 153/79 Aus Arr, EFG
1980, 110; des FG Hamburg vom
2.8.1999 IV 87/99, juris; vom 2.8.2007 2 V 167/07,
juris), dass eine Aufhebung der
Vollziehung - wie auch eine Aussetzung der Vollziehung vor Ablauf
der Vollziehungsfrist gemäß § 324 Abs. 3 Satz 1 AO
- grundsätzlich nur gegen Leistung einer Sicherheit in
Betracht komme, weil andernfalls selbst im Falle der
Bestätigung der Arrestanordnung im Hauptsacheverfahren eine
erneute Vollziehung nicht mehr möglich wäre und damit der
Sicherungszweck des Arrests endgültig beseitigt würde
(vgl. auch Tormöhlen in Beermann/Gosch, AO § 324 Rz 66;
Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 324 AO Rz 91;
Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, §
324 AO Rz 48 dazu, dass eine Aussetzung „in der
Regel“ nur gegen Sicherheitsleistung in Betracht komme,
wobei Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 324 AO Rz 48 darauf
hinweist, dass die Gefahr des Steuerausfalls vermindert sei, wenn
mit großer Wahrscheinlichkeit ein für den
Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten
sei).
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Diese Auffassung des FG entspricht weder der
gesetzlichen Regelung des § 69 Abs. 3 FGO noch den
Anforderungen an die nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes
verfassungsrechtlich gebotene Gewährleistung effektiven
(vorläufigen) Rechtsschutzes. Sind dem Richter im Interesse
einer angemessenen Verfahrensgestaltung Ermessensbefugnisse
eingeräumt, so müssen diese im konkreten Fall im Blick
auf die Grundrechte ausgelegt und angewendet werden. Sie
dürfen nicht zu einer Verkürzung des grundrechtlich
gesicherten Anspruchs auf einen effektiven Rechtsschutz führen
(vgl. BVerfG-Beschluss in HFR 2010, 70 = SIS 09 33 45). Dabei ist
zu berücksichtigen, dass, anders als im zivilprozessualen Arrestverfahren, der dingliche
Arrest nach der Abgabenordnung von der Steuerverwaltung und nicht
durch ein Gericht angeordnet wird. Die Aussetzung bzw.
Aufhebung der Vollziehung unter der Bedingung einer
Sicherheitsleistung stellt eine teilweise Ablehnung i.S. von §
69 Abs. 4 Satz 1 FGO dar (vgl. BFH-Beschluss vom 20.3.2002 IX S
27/00, BFH/NV 2002, 809 = SIS 02 67 62), gegen die vorläufiger
Rechtsschutz zu gewähren ist. Dies
gilt auch, soweit sich der Antragsteller gegen eine Arrestanordnung
gemäß § 324 AO wendet. Dem FA verbleiben die
Möglichkeiten einer beschleunigten
(ggf. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden)
Steuerfestsetzung - im Streitfall der Erlass eines
Haftungsbescheides gegen den Antragsteller - sowie einer raschen
Vollstreckung (vgl. Verfügung der Oberfinanzdirektion
Frankfurt vom 15.3.2006 S 0545-A-2-St II 4.04).
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e) Die Arrestanordnung hat sich durch den -
nach Vortrag des FA erfolgten - Erlass von Steuerbescheiden gegen
die OHG nicht erledigt, indem das Sicherungsverfahren in das
Beitreibungsverfahren übergegangen wäre (vgl. BFH-Urteil
in BFH/NV 2006, 2024 = SIS 06 41 22). Denn diese Steuerbescheide
betreffen nicht den Antragsteller, sondern mit der OHG ein von
diesem zu unterscheidendes Steuersubjekt.
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3. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung
ohne Sicherheitsleistung ist auch begründet.
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a) Im Beschwerdeverfahren beschränkt sich
die Aufgabe des BFH nicht darauf, die Entscheidung der Vorinstanz
auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren. Vielmehr hat der Senat das
Begehren des Antragstellers im Rahmen seiner Anträge erneut in
jeder Hinsicht zu prüfen und dabei die Sach- und Rechtslage im
Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen. Danach muss
über den Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der
Vollziehung ohne Sicherheitsleistung sachlich erneut entschieden
werden (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1988, 374; vom 15.5.2009
IV B 24/09, BFH/NV 2009, 1402 = SIS 09 26 47, unter II.1.).
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b) Ordnet die Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung
von Geldforderungen gemäß § 324 Abs. 1 AO den
Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen an, so
müssen Arrestanspruch (die zu sichernde Geldforderung) und
Arrestgrund zwar nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts
feststehen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 352 = SIS 02 53 48),
aber doch mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit
vorliegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8.4.1986 VII R 187/83,
BFH/NV 1986, 508 = SIS 86 25 24;
vom 26.2.2001 VII B 265/00, BFHE
194, 40, BStBl II 2001, 464 = SIS 01 07 02).
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aa) Der Senat kann im Streitfall dahingestellt
sein lassen, ob sich aus dem Vorbringen des FA mit einem hinreichenden Maß an
Wahrscheinlichkeit das Vorliegen eines Arrestanspruchs gegen den Antragsteller ergibt,
insbesondere auch bezüglich dessen Haftung nach § 69 oder
§ 71 AO und seine ermessensfehlerfreie Inanspruchnahme (vgl.
dazu bspw. BFH-Beschluss in BFH/NV 1986, 508 = SIS 86 25 24). Denn bei der gebotenen summarischen
Prüfung ist das Vorliegen eines Arrestgrundes ernstlich
zweifelhaft.
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bb) Ein Arrestgrund
besteht nach ständiger Rechtsprechung, wenn bei objektiver
Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung
aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne
sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des
Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird; dabei kann es
auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und
damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen (BFH-Beschluss vom
25.4.1995 VII B 174/94, BFH/NV 1995, 1037 = SIS 95 27 05). In Anwendung dieses Grundsatzes hat
der BFH bspw. erkannt, dass eine wesentliche Erschwerung der
Vollstreckung bereits dann zu besorgen ist, wenn der
Steuerpflichtige ein wertvolles Grundstück
veräußert, weil Bargeld oder Geldforderungen der
Vollstreckung leichter entzogen werden können als
unbewegliches Vermögen, oder wenn auch nur die nach
außen zutage getretene Absicht besteht, den wertvollsten
Gegenstand des Vermögens, ein Grundstück, zu
veräußern (vgl. BFH-Urteil vom 10.3.1983 V R 143/76,
BFHE 138, 16, BStBl II 1983, 401 = SIS 83 11 46). Ebenso wie
Vermögensumschichtungen im Inland können auch
Vermögensverlagerungen ins Ausland einen Arrestgrund abgeben
(vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 1037 = SIS 95 27 05).
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Demgegenüber
vermag die allgemein schlechte Vermögenslage des
Arrestschuldners ebenso wie die bloße Möglichkeit, dass
der Arrestschuldner sein Vermögen beiseiteschaffen
könnte, für sich genommen keinen Arrest zu rechtfertigen.
Ebenso genügt der dringende Verdacht einer Steuerhinterziehung
oder sonstige steuerliche Unzuverlässigkeit für sich
allein nicht zur Begründung einer Arrestanordnung (vgl. Urteil
des Bundesgerichtshofs vom 3.10.1985 III ZR 28/84, HFR 1987, 96 =
SIS 86 24 54; BFH-Beschluss in BFHE 194, 40, BStBl II 2001, 464 =
SIS 01 07 02, unter II.b).
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32
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cc) Unter Beachtung
dieser Grundsätze genügen die in der
Arrestanordnung angegebenen Tatsachen bei
summarischer Prüfung nicht, den Arrestgrund zu belegen, noch
sind solche Tatsachen sonst ersichtlich.
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33
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Das FA hat keine
konkreten Tatsachen angeführt, wie etwa Maßnahmen des
Antragstellers, ein Grundstück zu veräußern
oder Bank- und Sparkonten leerzuräumen, aus denen sich ergeben würde, dass ohne
Anordnung des dinglichen Arrests zu besorgen sei, dass die
Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert werde (vgl. auch
Wolf in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl., § 324 Rz 13 f.).
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34
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Soweit das FA den Arrestgrund daraus ableitet,
dass gegen den Antragsteller der Anfangsverdacht der
Steuerhinterziehung bestehe, besagt dies nach der dargelegten
Rechtsprechung allein noch nicht, dass die Beitreibung ohne
Anordnung des dinglichen Arrests vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Im Übrigen mag zwar aus den in
der Begründung der Arrestanordnung angegebenen
„belastbaren Tatsachen“, deren Richtigkeit
unterstellt, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit folgen, dass zu
Gunsten der OHG zielgerichtet Steuerstraftaten in Gestalt eines
Umsatzsteuerkarussells begangen worden sind. Es werden aber keine
erheblichen Anhaltspunkte dafür benannt, dass der
Antragsteller dies auch wusste und billigte. Soweit das FA im
Verfahren vor dem FG mit Schriftsatz vom 20.2.2012 auf die
Ergebnisse einer Telefonüberwachung Bezug genommen hat, sind
diese im finanzgerichtlichen Verfahren nicht verwertbar (vgl.
BFH-Beschluss vom 19.2.2004 VII B 260/03, BFH/NV 2004, 807 = SIS 04 29 69).
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Entsprechendes gilt für die Behauptung,
der Antragsteller sei wegen seiner Teilnahme an einem
Umsatzsteuerbetrugsmodell als besonders steuerunehrlich anzusehen,
sowie für die Erwägung, es sei im Allgemeinen zu
erwarten, dass derjenige, der sich oder einem Dritten durch eine
Straftat einen Vermögensvorteil verschafft hat, nachhaltige
Unternehmungen anstelle, um die Tatvorteile dauerhaft zu sichern.
Derartige allgemeine Ausführungen können nach den oben angeführten
Grundsätzen für sich allein eine Arrestanordnung nicht
begründen.
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c) Die Aufhebung der Vollziehung ist ohne
Sicherheitsleistung anzuordnen.
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Die Entscheidung über die Anordnung einer
Sicherheitsleistung ergeht bei der gebotenen summarischen
Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag
der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Es ist Sache der
Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und
glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht.
Für die Anordnung einer Sicherheitsleistung ergibt sich
hieraus, dass die Finanzbehörde die für eine
Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte
vortragen muss und der Steuerpflichtige ggf. Umstände, die ein
(dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen
oder unangemessen erscheinen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse in
BFH/NV 2002, 809 = SIS 02 67 62; vom 7.5.2008 IX S 26/07, BFH/NV
2008, 1498 = SIS 08 31 95).
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Danach war die Anordnung der
Sicherheitsleistung aufzuheben. Nach Auffassung des Senats
bestehen, wie dargelegt, bereits ernstliche Zweifel an der
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Das FA
hat zudem eine Gefährdung des Steueranspruchs nicht
schlüssig dargelegt. Die Vermutung, der Antragsteller sei
bestrebt und in der Lage, die Geldansprüche des Staates durch
Verschiebung oder Beiseiteschaffung etwaigen Vermögens zu
verhindern, stellt sich bislang als
bloße Behauptung des FA dar.
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