|
A. Sachverhalt und Verfahrensstand
|
|
|
1
|
Der Kläger, der im Streitjahr 2003 mit
seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurde,
betrieb ein im Handelsregister eingetragenes Bauunternehmen, dessen
Gewinn er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung
ermittelte.
|
|
|
2
|
Mit notarieller Urkunde vom 30.3.2004
gliederte er das Einzelunternehmen gemäß § 123 Abs.
3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) auf eine neu gegründete
GmbH aus, deren Alleingesellschafter und einziger
Geschäftsführer er wurde. Er legte der Ausgliederung die
Eröffnungsbilanz der GmbH zum 1.1.2004 zugrunde, in der die
Buchwerte des Einzelunternehmens fortgeführt wurden. Die GmbH
wurde am 21.6.2004 in das Handelsregister eingetragen.
|
|
|
3
|
Am 10.6.2004 reichte der Kläger
für Zwecke einer vom Beklagten und Revisionsbeklagten
(Finanzamt - FA - ) beabsichtigten Anpassung der Vorauszahlungen
seine Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 2003 ein. Darin
war eine Betriebsausgabe in Höhe von 200.000 EUR für eine
Ansparabschreibung i.S. des § 7g Abs. 3, 6 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung der
Bekanntmachung vom 19.10.2002 (BGBl I 2002, 4210) - EStG 2002 -
enthalten. Am 6.8.2004 ging die Einkommensteuererklärung beim
FA ein.
|
|
|
4
|
Im Anschluss an eine
Außenprüfung erkannte das FA die Ansparabschreibung
nicht mehr an und erhöhte mit den angefochtenen
Änderungsbescheiden die Festsetzungen der Einkommensteuer und
des Gewerbesteuermessbetrags entsprechend.
|
|
|
5
|
Sowohl das Einspruchs- als auch das
Klageverfahren, in dem der Kläger zuletzt noch eine
Ansparabschreibung in Höhe von 154.000 EUR begehrte, blieben
ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung
seiner klageabweisenden Entscheidung (abgedruckt in EFG 2009, 1005
= SIS 09 16 77) aus, der Zweck des § 7g EStG 2002 erfordere,
dass ein Finanzierungszusammenhang zwischen der Vornahme der
Ansparabschreibung und der Investition bestehe. Die Investition
müsse im Zeitpunkt der Einreichung der Gewinnermittlung noch
objektiv möglich sein; andernfalls sei das gesetzliche
Tatbestandsmerkmal der „voraussichtlichen“ Anschaffung
oder Herstellung nicht erfüllt. Da nach der
höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits der Entschluss zur
Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs dem erforderlichen
Finanzierungszusammenhang entgegenstehe, müsse dasselbe
für den - hier vom Kläger gefassten - Entschluss zur
Einbringung des Betriebs gelten. Denn die Einbringung stelle einen
tauschähnlichen Vorgang und damit eine
Betriebsveräußerung dar. Auch bei Fortführung der
Buchwerte setze der Übergang der „Rücklage“
auf die Kapitalgesellschaft voraus, dass sie zuvor zu Recht
gebildet worden sei.
|
|
|
6
|
Mit seiner Revision vertritt der
Kläger die Auffassung, eine Einbringung zu Buchwerten sei
jedenfalls dann, wenn der frühere Einzelunternehmer
Alleingesellschafter der GmbH sei, als unentgeltlich anzusehen.
Nach § 22 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 des
Umwandlungssteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom
15.10.2002 (BGBl I 2002, 4133) - UmwStG 2002 - trete die
übernehmende Körperschaft in die steuerliche
Rechtsstellung des Einbringenden ein, und zwar ausdrücklich
auch hinsichtlich der den steuerlichen Gewinn mindernden
Rücklagen. Eine Buchwerteinbringung sei im Hinblick auf den
Tatbestand des § 7g EStG 2002 nicht mit einer
Betriebsveräußerung vergleichbar, weil nur im
erstgenannten Fall auch noch nach dem Rechtsträgerwechsel
Investitionen im selben Betrieb objektiv möglich seien. Die
aufnehmende Kapitalgesellschaft profitiere unmittelbar von der dem
Einbringenden gewährten Steuervergünstigung, weil eine
Steuerzahlungspflicht das eingebrachte Betriebsvermögen
gemindert hätte. Ferner behauptet der Kläger, er habe im
Einzelunternehmen zwischen dem Beginn des Jahres 2004 und der
Errichtung der notariellen Urkunde bereits Investitionen in
Höhe von 81.620 EUR getätigt; bis zur Eintragung der GmbH
in das Handelsregister seien weitere Investitionen in Höhe von
51.303 EUR hinzugekommen.
|
|
|
7
|
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 5.11.2007 aufzuheben
und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2003 vom
26.9.2006 und des Gewerbesteuermessbescheids 2003 vom 27.9.2006
weitere Betriebsausgaben in Höhe von 154.000 EUR zu
berücksichtigen.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
Es ist der Auffassung, die im UmwStG 2002
angeordnete Rechtsnachfolge beziehe sich nur auf zulässige
Bilanzansätze. Unzulässige Bilanzansätze seien
bereits beim Einbringenden zu korrigieren. Vorliegend fehle es
schon deshalb am Finanzierungszusammenhang, weil der
Steuerstundungseffekt beim Kläger eintrete, die Investition
aber erst durch die GmbH vorgenommen werde, die nicht vom
Steuerstundungseffekt profitiere.
|
|
|
10
|
Die Beteiligten haben auf die
Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet.
|
|
|
11
|
B. Zuständigkeit
|
|
|
12
|
Der vorlegende Senat ist - vorbehaltlich der
Zuständigkeit des Großen Senats des Bundesfinanzhofs
(BFH) - für die Entscheidung des Streitfalls zuständig.
Dies folgt aus Nr. 1 der für den X. Senat in Teil A. des
Geschäftsverteilungsplans des BFH für das Jahr 2012 (GVP
2012) getroffenen Zuständigkeitsregelung. Danach ist der X.
Senat u.a. für Einkommensteuer betreffend Einkünfte aus
Gewerbebetrieb natürlicher Personen mit den Anfangsbuchstaben
A bis S zuständig.
|
|
|
13
|
Es handelt sich nicht um einen Fall der
Zuständigkeit des I. Senats gemäß Teil A. Nr. 3
Buchst. a GVP 2012, die u.a. die Einkommensteuer betreffend die
Anwendung des Achten Teils (§§ 20-23) des UmwStG
1995/2002 umfasst. Denn der vorliegende Rechtsstreit betrifft nicht
die Anwendung der §§ 20 ff. UmwStG 2002, sondern den
Gewinn aus Gewerbebetrieb des Klägers als Einzelunternehmer.
Lediglich im Rahmen der Prüfung, ob im Streitjahr 2003 die
Voraussetzungen für die Vornahme einer Ansparabschreibung
gemäß der einkommensteuerrechtlichen
Gewinnermittlungsvorschrift des § 7g EStG 2002 erfüllt
sind, ist zu entscheiden, ob die - erst in einem späteren
Veranlagungszeitraum verwirklichte - Einbringung Auswirkungen auf
die Subsumtion unter die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des
§ 7g EStG 2002 hat. Insoweit geht es entscheidend um die
Tatbestandsmerkmale „Betrieb“ bzw.
„voraussichtlich“. Dabei handelt es sich aber nicht um
Begriffe des Umwandlungssteuerrechts, sondern um Voraussetzungen
der Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG 2002.
|
|
|
14
|
C. Vorlageentscheidung
|
|
|
15
|
Der Senat legt die Rechtsfrage, ob eine
Ansparabschreibung nach § 7g EStG 2002 auch dann vorgenommen
werden darf, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim FA bereits
feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine
Kapitalgesellschaft eingebracht wird, dem Großen Senat des
BFH zur Entscheidung vor.
|
|
|
16
|
I. Maßgebende Rechtsvorschriften;
Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur
|
|
|
17
|
1. Rechtsgrundlagen
|
|
|
18
|
a) Gemäß § 7g Abs. 3 Satz 1
EStG 2002 können Steuerpflichtige - unter weiteren, hier nicht
streitigen Voraussetzungen - für die künftige Anschaffung
oder Herstellung eines Wirtschaftsguts i.S. des § 7g Abs. 1
EStG 2002 eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden
(Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 40 % der Anschaffungs-
oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht
überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis
zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden
Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird (§ 7g Abs. 3
Satz 2 EStG 2002). Ermittelt der Steuerpflichtige - wie der
Kläger im Streitfall - seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3
EStG, sind die Vorschriften des § 7g Abs. 3 bis 5 EStG 2002
mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass u.a. die
Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) zu behandeln
ist (§ 7g Abs. 6 EStG 2002).
|
|
|
19
|
b) Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder
Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt
körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft eingebracht
und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der
Gesellschaft (Sacheinlage), gelten gemäß § 20 Abs.
1 Satz 1 UmwStG 2002 für die Bewertung des eingebrachten
Betriebsvermögens die Vorschriften des § 20 Abs. 2 bis 8
UmwStG 2002. Insoweit sieht § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2002
vor, dass die Kapitalgesellschaft das eingebrachte
Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder einem höheren
Wert ansetzen darf. Der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das
eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, gilt für den
Einbringenden als Veräußerungspreis (§ 20 Abs. 4
Satz 1 UmwStG 2002). Das Einkommen und Vermögen des
Einbringenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaft sind
auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte
Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen
Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin
übergegangen wäre (§ 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 2002).
Als steuerlicher Übertragungsstichtag darf in den Fällen
der - hier vorliegenden - Sacheinlage durch Ausgliederung (§
123 UmwG) der Stichtag angesehen werden, für den die
Schlussbilanz des übertragenden Unternehmens i.S. des §
17 Abs. 2 UmwG aufgestellt worden ist; dieser Stichtag darf
höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Ausgliederung zur
Eintragung in das Handelsregister liegen (§ 20 Abs. 8 Satz 2
i.V.m. Satz 1 UmwStG 2002).
|
|
|
20
|
Gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG 2002
gelten § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG
2002 entsprechend, wenn die Kapitalgesellschaft das eingebrachte
Betriebsvermögen mit dem Buchwert ansetzt. Die darin in Bezug
genommene Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 2002 sieht
sinngemäß vor, dass in Fällen, in denen die Dauer
der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum
Betriebsvermögen für die Besteuerung bedeutsam ist, der
Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum bisherigen
Betriebsvermögen anzurechnen ist. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1
UmwStG 2002 tritt die übernehmende Kapitalgesellschaft in die
steuerliche Rechtsstellung des übertragenden
Rechtsträgers ein, insbesondere bezüglich der Bewertung
der übernommenen Wirtschaftsgüter, der Absetzungen
für Abnutzung (AfA) und der den steuerlichen Gewinn mindernden
Rücklagen.
|
|
|
21
|
2. Normzwecke
|
|
|
22
|
a) Zweck des § 7g EStG ist es, die
Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe dadurch zu
verbessern, dass deren Liquidität und Eigenkapitalbildung
unterstützt und deren Investitions- und Innovationskraft
gestärkt wird (Antwort der Bundesregierung vom 6.5.1987 auf
eine parlamentarische Anfrage, BTDrucks 11/257, 8 f., betr.
Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1, 2 EStG). Mit Hilfe der
Rücklage, die zu einer Steuerstundung führt, sollen
künftige Investitionen im Vorgriff auf spätere
Abschreibungsmöglichkeiten finanziert werden können
(Regierungsentwurf eines Standortsicherungsgesetzes vom 5.3.1993,
BTDrucks 12/4487, 33). Damit bewirkt die Ansparabschreibung eine
Vorverlagerung des Abschreibungspotenzials und fördert die
Innenfinanzierung von Investitionen, indem der Kreditbedarf
verringert wird (BFH-Urteil vom 14.8.2001 XI R 18/01, BFHE 198,
415, BStBl II 2004, 181 = SIS 02 84 89, unter II.1.). Daneben ist
Normzweck auch die Förderung tatsächlicher Investitionen
(BFH-Urteil vom 6.9.2006 XI R 28/05, BFHE 215, 115, BStBl II 2007,
860 = SIS 07 00 08, unter II.1.).
|
|
|
23
|
Es entspricht sowohl den ausdrücklichen
Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 12/4487, 33)
als auch der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung
(BFH-Urteile vom 12.12.2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II
2002, 385 = SIS 02 06 15, unter II.3.; vom 25.4.2002 IV R 30/00,
BFHE 199, 170, BStBl II 2004, 182 = SIS 02 09 52, unter 2.; vom
17.11.2004 X R 41/03, BFH/NV 2005, 848 = SIS 05 21 93, unter
II.3.a; vom 20.12.2006 X R 31/03, BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862
= SIS 07 07 83, unter II.2., und vom 1.8.2007 XI R 47/06, BFHE 218,
509, BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82, unter II.1.), dass die
Fördermaßnahme des § 7g EStG 2002 - im Gegensatz zu
der in § 6b EStG vorgesehenen Möglichkeit zur
Übertragung stiller Reserven - nicht personen-, sondern
betriebsbezogen ausgestaltet ist. Dies zeigt sich u.a. an der
amtlichen Überschrift, in der von der „Förderung
kleiner und mittlerer Betriebe“ die Rede ist, an dem
Größenmerkmal, das auf die Verhältnisse des
einzelnen Betriebs abstellt (§ 7g Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3
Nr. 2 EStG 2002), an der Notwendigkeit, dass das Wirtschaftsgut
während eines bestimmten Zeitraums in einer inländischen
Betriebsstätte „dieses Betriebs“ verbleibt (§
7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002), sowie daran, dass der in
§ 7g Abs. 3 Satz 5 EStG 2002 genannte Höchstbetrag von
154.000 EUR für jeden Betrieb des Steuerpflichtigen gesondert
ausgeschöpft werden kann (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 10.8.2011
I R 45/10, BFHE 234, 412, BStBl II 2012, 118 = SIS 11 37 53, unter
II.2.d bb). Umgekehrt kann eine vorhandene Ansparrücklage
nicht auf einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen
übertragen werden (BFH-Urteil vom 29.3.2011 VIII R 28/08, BFHE
233, 434 = SIS 11 25 96, unter II.1.d).
|
|
|
24
|
b) Das UmwStG verfolgt den Zweck,
betriebswirtschaftlich erwünschte und handelsrechtlich
mögliche Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Folgen zu
behindern, die ohne die besonderen Regelungen des
Umwandlungssteuerrechts eintreten würden (Fraktionsentwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Umwandlungssteuerrechts vom
24.2.1994, BTDrucks 12/6885, 14).
|
|
|
25
|
3. Rechtsprechung
|
|
|
26
|
a) Zu der Frage, ob die Inanspruchnahme der
Ansparabschreibung eine Investitionsabsicht des Steuerpflichtigen
voraussetzt, hatte der XI. Senat des BFH zunächst
ausgeführt, vom Steuerpflichtigen könne lediglich
verlangt werden, das Vorhaben konkret zu bezeichnen (formelle
Voraussetzung); die Glaubhaftmachung einer Investitionsabsicht
(materielle Voraussetzung) sei hingegen nicht erforderlich. Eine
Notwendigkeit hierfür ergebe sich insbesondere nicht aus dem
in § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG 2002 verwendeten Begriff
„voraussichtlich“ (BFH-Urteil in BFHE 197, 448, BStBl
II 2002, 385 = SIS 02 06 15, unter II.1.a, 2.). Demgegenüber
haben andere Senate des BFH aus dem Merkmal
„voraussichtlich“ abgeleitet, es sei zumindest zu
prüfen, ob die Investition überhaupt noch
durchführbar und objektiv möglich sei. Erforderlich sei
eine Prognoseentscheidung über künftiges
Investitionsverhalten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteile vom
19.9.2002 X R 51/00, BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184 = SIS 03 07 67, unter II.2., 4.; vom 6.3.2003 IV R 23/01, BFHE 202, 250, BStBl
II 2004, 187 = SIS 03 37 78, unter 2., und in BFH/NV 2005, 848 =
SIS 05 21 93, unter II.2.). Dem hat sich später auch der XI.
Senat klarstellend angeschlossen (BFH-Urteile in BFHE 215, 115,
BStBl II 2007, 860 = SIS 07 00 08, unter II.1., und vom 1.8.2007 XI
R 47/06, BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82, unter
II.1.).
|
|
|
27
|
Aus dieser Begrenzung der Förderung auf
noch durchführbare und objektiv mögliche Investitionen
hat die Rechtsprechung den weiteren Schluss gezogen, dass zwischen
der Geltendmachung der Ansparabschreibung und der Investition ein
„Finanzierungszusammenhang“ bestehen muss. Dieser ist
nicht mehr gewahrt, wenn die Ansparabschreibung erstmals
später als zwei Jahre nach der - tatsächlich
vorgenommenen - Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts
geltend gemacht wird (BFH-Urteile in BFHE 198, 415, BStBl II 2004,
181 = SIS 02 84 89, unter II.2.; vom 8.11.2006 I R 89/05, BFH/NV
2007, 671 = SIS 07 09 19, unter II.3., und vom 17.6.2010 III R
43/06, BFHE 230, 517 = SIS 10 36 32, unter II.2.d). Gleiches gilt,
wenn die Ansparabschreibung erstmals zu einem Zeitpunkt geltend
gemacht wird, der nach dem Zeitpunkt liegt, zu dem die
Rücklage - mangels erfolgter Investition - bereits wieder
aufzulösen gewesen wäre (BFH-Urteil in BFHE 202, 250,
BStBl II 2004, 187 = SIS 03 37 78, unter 4.), bzw. wenn die
Geltendmachung so kurzfristig vor diesem Zeitpunkt erfolgt, dass
auch der Steuerpflichtige selbst nicht mehr damit rechnet, die
Investition noch rechtzeitig vornehmen zu können (BFH-Urteil
vom 29.11.2007 IV R 83/05, BFH/NV 2008, 1130 = SIS 08 24 66, unter
II.1.b bb).
|
|
|
28
|
Der Gedanke einer Beschränkung auf noch
durchführbare und objektiv mögliche Investitionen liegt
auch der Rechtsprechung zur Anwendung des § 7g Abs. 3 EStG
2002 in Fällen der Betriebsveräußerung oder
-aufgabe zugrunde. Danach ist keine Ansparabschreibung zu
gewähren, wenn im Zeitpunkt ihrer Geltendmachung beim FA
bereits feststeht, dass die Investition wegen einer
zwischenzeitlich durchgeführten Betriebsveräußerung
oder -aufgabe nicht mehr vorgenommen werden kann (zur
Betriebsaufgabe BFH-Urteile vom 13.5.2004 IV R 11/02, BFH/NV 2004,
1400 = SIS 04 35 93, und in BFH/NV 2005, 848 = SIS 05 21 93, unter
II.3.b; zur Betriebsveräußerung BFH-Urteil vom
28.11.2007 X R 43/06, BFH/NV 2008, 554 = SIS 08 14 02, unter
II.4.). Darüber hinaus scheidet die Geltendmachung einer
Ansparabschreibung bereits dann aus, wenn der Steuerpflichtige in
diesem Zeitpunkt den Entschluss zur Veräußerung oder
Aufgabe des Betriebs gefasst hat (BFH-Urteile in BFHE 216, 288,
BStBl II 2007, 862 = SIS 07 07 83, unter II.4.; in BFHE 218, 509,
BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82, unter II.1., und in BFH/NV 2008,
554 = SIS 08 14 02, unter II.4.). Eine Ausnahme gilt nur, wenn der
Steuerpflichtige nach der Betriebsveräußerung einen
„Restbetrieb“ (ohne wesentliche Betriebsgrundlagen des
veräußerten Betriebs) fortführt. Dieser Restbetrieb
wird vom XI. Senat nicht als „anderer Betrieb“, sondern
als Fortführung des bisherigen Betriebs angesehen (BFH-Urteil
in BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82, unter II.2.b).
Demgegenüber deutet der VIII. Senat dieses Ergebnis als Folge
einer kraft Gesetzes bestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen
Kontinuität zwischen verschiedenen dem Steuerpflichtigen
zuzurechnenden Betriebsvermögen (BFH-Urteil vom 29.3.2011 VIII
R 28/08, BFHE 233, 434 = SIS 11 25 96, unter II.1.e).
|
|
|
29
|
Bei der Einbringung eines Betriebs in eine
Kapitalgesellschaft unter Ansatz der Teilwerte kann die aufnehmende
Kapitalgesellschaft eine im Einzelunternehmen vorhandene
Rücklage - ebenso wie ein Betriebserwerber - nicht
fortführen; die Rücklage ist vielmehr vom Einbringenden
als Teil des begünstigten Einbringungsgewinns aufzulösen
(BFH-Urteil vom 10.11.2004 XI R 69/03, BFHE 208, 190, BStBl II
2005, 596 = SIS 05 11 92).
|
|
|
30
|
b) Die instanzgerichtliche Rechtsprechung zur
Ansparabschreibung in Einbringungsfällen hatte sich bisher
hauptsächlich mit Sachverhaltsgestaltungen zu befassen, in
denen ein Einzelunternehmen gemäß § 24 UmwStG 2002
zu Buchwerten in eine Personengesellschaft eingebracht worden war.
Angesichts des in § 24 Abs. 4 UmwStG 2002 enthaltenen
Verweises auf § 22 Abs. 1 UmwStG 2002 sind die
umwandlungssteuerrechtlichen Rechtsfolgen insoweit identisch mit
denen der Buchwerteinbringung in eine Kapitalgesellschaft. Die
Finanzgerichte haben es überwiegend abgelehnt, eine für
das Einzelunternehmen erst nach dem Zeitpunkt der Einbringung
geltend gemachte Ansparabschreibung noch zuzulassen (FG Köln,
Urteil vom 28.8.2002 14 K 387/01, EFG 2003, 218 = SIS 03 10 70,
rkr.; FG Münster, Urteile vom 15.5.2003 14 K 7116/01 E, EFG
2003, 1368, rkr., und vom 26.5.2011 3 K 1416/08 E,G,EZ, EFG 2011,
1695 = SIS 11 28 49, Revision beim vorlegenden Senat unter dem Az.
X R 31/11 anhängig). Zur Begründung wurde darauf
verwiesen, dass kein Zwang, sondern lediglich ein Wahlrecht zur
Buchwertfortführung bestehe, auch sei die Buchwerteinbringung
als entgeltlicher Vorgang anzusehen und eine Investition im
Einzelunternehmen objektiv nicht mehr möglich. Der 14. Senat
des FG Münster (Urteil in EFG 2003, 1368) hat dabei allerdings
offengelassen, ob eine Ansparabschreibung zuzulassen sei, wenn der
Betrieb unverändert fortgeführt werde. Im entschiedenen
Fall sei dies jedenfalls zu verneinen gewesen, da der dortige
Einzelunternehmer nur mit 6,25 % an der aufnehmenden
Personengesellschaft beteiligt war. Demgegenüber hat das FG
Niedersachsen (Urteil vom 25.3.2009 2 K 273/06, EFG 2009, 1478 =
SIS 09 24 80, unter I.3.b, rkr.) die Ansparabschreibung zugelassen
und zur Begründung auf den in § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG
2002 angeordneten Eintritt in die Position des Einbringenden
verwiesen.
|
|
|
31
|
Mit einer Ansparabschreibung im Vorfeld einer
Buchwerteinbringung in eine Kapitalgesellschaft hatte sich in der
FG-Rechtsprechung bisher lediglich die Vorinstanz zum vorliegenden
Revisionsverfahren zu befassen, die die Möglichkeit zur
Vornahme einer Ansparabschreibung verneint hat.
|
|
|
32
|
c) In anderen Fällen der
Buchwertübertragung lässt die höchstrichterliche
Rechtsprechung eine Übernahme der Rücklage zu.
|
|
|
33
|
So hat der VIII. Senat des BFH für den
Fall der unentgeltlichen Betriebsübertragung (§ 6 Abs. 3
EStG) ausgeführt, der Erwerber trete nicht nur hinsichtlich
der Buchwerte, sondern auch aller weiteren betrieblichen Merkmale
in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers ein. Dies gelte
insbesondere für alle die Rücklagenbildung nach § 7g
Abs. 3 EStG betreffenden Umstände (BFH-Beschluss vom 28.8.2001
VIII B 54/01, BFH/NV 2002, 24 = SIS 02 50 20, unter II.2.b:
für die Rücklagenbildung im ersten Wirtschaftsjahr des
Übernehmers Anknüpfung an die Höhe des
Betriebsvermögens im letzten Wirtschaftsjahr des
Übergebers). Der BFH hat hier ausdrücklich auf die nicht
etwa personen-, sondern betriebsbezogene Betrachtung des § 7g
EStG abgestellt (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 24 = SIS 02 50 20,
unter II.2.c), sowie darauf, dass der Betrieb im Anwendungsbereich
des § 6 Abs. 3 EStG nicht als vom Übergeber beendet und
vom Übernehmer neu eröffnet gilt, sondern vom
Rechtsnachfolger „unverändert fortgeführt“
wird.
|
|
|
34
|
Für den Fall der Realteilung einer
Personengesellschaft hat ebenfalls der VIII. Senat entschieden,
dass es der Vornahme einer Ansparabschreibung im
Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft nicht
entgegenstehe, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung der
Steuervergünstigung der Betrieb der Personengesellschaft
bereits real geteilt gewesen sei, der frühere Gesellschafter
seine Tätigkeit aber als Einzelunternehmer fortsetze
(BFH-Urteil in BFHE 233, 434 = SIS 11 25 96, unter II.2.b bb). Zwar
sei die Realteilung als Betriebsaufgabe anzusehen, die die Vornahme
einer Ansparabschreibung wegen des Unmöglichwerdens der
vorgeblich geplanten Investition grundsätzlich
ausschließe. Jedoch ordne § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG - im
Unterschied zum Regelfall der Betriebsaufgabe - gerade nicht die
Aufdeckung der stillen Reserven, sondern die
Buchwertfortführung an, weil das unternehmerische Engagement
fortgeführt werde.
|
|
|
35
|
4. Verwaltungsauffassung
|
|
|
36
|
Im Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen (BMF) vom 12.12.1996 (BStBl I 1996, 1441 = SIS 97 02 15,
Nr. 3) hieß es zwar, die Investitionsabsicht sei
„jeweils glaubhaft zu machen“. Hierfür sollten
jedoch bereits die Benennung des anzuschaffenden oder
herzustellenden Wirtschaftsguts seiner Funktion nach sowie die
Angabe des beabsichtigten Investitionszeitpunkts und der Höhe
der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten
genügen. Die Finanzverwaltung stellte damit seinerzeit
lediglich formelle, aber keinerlei materiell-rechtliche
Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Investitionsabsicht.
|
|
|
37
|
Das nachfolgende, zu § 7g EStG 2002
ergangene BMF-Schreiben vom 25.2.2004 (BStBl I 2004, 337 = SIS 04 09 22, Rz 10) enthielt dann die Einschränkung, dass eine
Ansparabschreibung nicht mehr erstmals zu einem Zeitpunkt geltend
gemacht werden könne, in dem der Betrieb bereits
veräußert und aufgegeben worden sei, sofern
tatsächlich bis zur Betriebsveräußerung oder
-aufgabe keine Investition getätigt worden sei. Im
BMF-Schreiben vom 30.10.2007 (BStBl I 2007, 790 = SIS 07 37 68, Nr.
2) wurde dies - in Aufnahme der zwischenzeitlich ergangenen
Rechtsprechung - dahingehend ergänzt, dass eine
Rücklagenbildung bereits ab dem Zeitpunkt ausgeschlossen sei,
in dem der Steuerpflichtige seinen Entschluss gefasst habe, den
Betrieb zu veräußern oder aufzugeben.
|
|
|
38
|
Im Umwandlungserlass in der für das
Streitjahr geltenden Fassung (BMF-Schreiben vom 25.3.1998, BStBl I
1998, 268 = SIS 98 09 38, Rz 22.06 Satz 3) heißt es
lediglich: „Steuerfreie Rücklagen können bei
Buchwertansatz von der Kapitalgesellschaft fortgeführt
werden“ (gleichlautend BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I
2011, 1314 = SIS 11 41 63, Rz 23.06 Satz 4). Von
Einschränkungen hinsichtlich der Bildung der Rücklagen im
eingebrachten Betrieb ist dort nicht die Rede.
|
|
|
39
|
Im BMF-Schreiben vom 8.5.2009 (BStBl I 2009,
633 = SIS 09 15 06, Rz 22) zum Investitionsabzugsbetrag wurden die
Ausführungen zur Geltendmachung der Steuervergünstigung
im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder
-aufgabe, die in den zu § 7g EStG 2002 ergangenen
Verwaltungsanweisungen enthalten sind, unter Einarbeitung der
seither ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung
sinngemäß wiederholt.
|
|
|
40
|
Keine der angeführten
Verwaltungsanweisungen enthält eine Stellungnahme zur
Inanspruchnahme der Ansparabschreibung bzw. des
Investitionsabzugsbetrags im zeitlichen Zusammenhang mit einer
Buchwerteinbringung in eine Kapital- oder Personengesellschaft.
Allerdings hat die Finanzverwaltung zum Investitionszulagengesetz
2007 ausgeführt, dass in Fällen der Einbringung eines
Betriebs in eine Kapital- oder Personengesellschaft zum Buchwert
nach §§ 20, 24 UmwStG der Rechtsnachfolger die
Anspruchsberechtigung des Rechtsvorgängers übernehme
(BMF-Schreiben vom 8.5.2008, BStBl 2008, 590, Rz 10). Es entspricht
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass
hinsichtlich der betriebsbezogenen Merkmale des § 7g EStG 2002
die zum Investitionszulagenrecht entwickelten Grundsätze wegen
der ähnlichen Zielsetzung der beiden
Fördermaßnahmen übertragen werden können
(BFH-Urteil in BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82,
unter II.3.).
|
|
|
41
|
5. Literatur
|
|
|
42
|
Im Schrifttum wird die Vornahme einer
Ansparabschreibung im Einzelunternehmen trotz bereits in Gang
gesetzter Einbringung in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten
unter Bezugnahme auf den in § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002
angeordneten Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung des
Einbringenden überwiegend für zulässig gehalten
(Kratsch in Frotscher, EStG, § 7g Rz 45; Schmidt/Kulosa, EStG,
31. Aufl., § 7g Rz 16; W.-D. Hoffmann, GmbH-Steuerberater
2003, 363, 364; kk, Kölner Steuer-Dialog 2003, 13934;
Vogelgesang, BB 2004, 640, 642; Meyer/Ball, FR 2004, 984, 994;
Wüllenkemper, EFG 2011, 1533, 1534 und EFG 2011, 1696; wohl
auch Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7g EStG Rz 5; Widmann
in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 4 UmwStG Rz 903, 909;
Meyer/Ball, Die Information 2001, 105). Vereinzelt wird sogar
vertreten, dass selbst „echte“
Betriebsveräußerungen der Fortführung einer
gebildeten Rücklage nicht entgegenstehen sollen (Lambrecht,
in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g Rz D 44
„Betriebsveräußerungen“). Die
Gegenauffassung (Blümich/ Brandis, § 7g a.F. EStG Rz 85;
Lambrecht in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 7g Rz 18; J.
Hoffmann, EFG 2003, 1369) verweist demgegenüber auf den
Veräußerungscharakter der Einbringung sowie darauf, dass
der Steuerpflichtige die Investition selbst tätigen
müsse.
|
|
|
43
|
II. Divergenzentscheidung des I. Senats
|
|
|
44
|
Das BFH-Urteil vom 19.5.2010 I R 70/09 (BFH/NV
2010, 2072 = SIS 10 32 26) ist zu einer Fallgestaltung ergangen, in
der die klagende GmbH zum 1.1.2000 durch eine Buchwerteinbringung
des früheren Einzelunternehmens des Alleingesellschafters
gegründet worden war. Die GmbH übernahm eine im
Einzelunternehmen gebildete Rücklage. Zum 31.12.2000
löste sie die Rücklage auf, nahm aber sogleich eine neue
Ansparabschreibung in Höhe desselben Betrags vor. Das
Betriebsvermögen des Einzelunternehmens zum 31.12.1999
überstieg die in § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG
genannte Grenze; das Betriebsvermögen der GmbH zum 31.12.2000
lag hingegen innerhalb dieser Grenze.
|
|
|
45
|
Der I. Senat schloss sich zunächst der
bereits vom VIII. Senat (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 24 = SIS 02 50 20) - für unentgeltliche Betriebsübertragungen -
begründeten Rechtsprechung an, wonach es in derartigen
Fällen darauf ankomme, ob das Betriebsgrößenmerkmal
beim Rechtsvorgänger zum Schluss des der Rücklagenbildung
vorangehenden Wirtschaftsjahres erfüllt sei. Es handele sich
nicht etwa um eine Betriebsneugründung, bei der das
Größenmerkmal im ersten Wirtschaftsjahr nicht von
Bedeutung sei (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 199, 170, BStBl II
2004, 182 = SIS 02 09 52). Vielmehr sei - ausdrücklich trotz
der Einordnung der Buchwerteinbringung als eines entgeltlichen
Geschäfts und des lediglich bestehenden Wahlrechts, nicht aber
eines Zwangs zur Buchwertfortführung - „auch in
dieser Konstellation davon auszugehen, dass der Betrieb
unverändert fortgeführt wurde“ (BFH-Urteil in
BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26, unter II.b aa). Weiter
heißt es (unter II.b bb), der Eintritt der
Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des
eingebrachten Einzelunternehmens rechtfertige ungeachtet der
Entgeltlichkeit des Vorgangs und der fehlenden Verpflichtung zur
Buchwertfortführung „die Annahme, dass der Betrieb
vom Rechtsnachfolger unverändert fortgeführt wird
(‚betriebsbezogene Betrachtung‘). Diese Rechtsfolge ist
Ausgangspunkt dafür, eine Rücklage gemäß
§ 7g Abs. 3 EStG 1997 nach einer Umwandlung fortführen zu
können, so dass sie eben nicht - wie bei einer
Veräußerung des Betriebs - zwangsweise aufzulösen
ist. Der Zusammenhang mit ‚dem Betrieb‘ wird damit
durch die Sacheinbringung zu Buchwerten, die die Rechtsfolge des
§ 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 nach sich zieht, nicht
gelöst. Dann kommt es aber auch nicht in Betracht, von einer
Neugründung des Betriebs der Klägerin auszugehen, die
eine Förderung der Klägerin durch eine neu gebildete
Rücklage im Streitjahr 2000 unabhängig von einem
Betriebsgrößenmerkmal rechtfertigt“ (die in
der vorstehend wörtlich zitierten Passage aus dem Urteil des
I. Senats zusätzlich enthaltenen Nachweise wurden hier aus
Gründen der Übersichtlichkeit nicht mit abgedruckt).
|
|
|
46
|
Anschließend führt der I. Senat
jedoch aus (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26, unter
II.c bb): „Eine solche Fortführung auf der Grundlage
von § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1995 setzt aber voraus, dass die
Rücklagenbildung im früheren Einzelunternehmen zu Recht
erfolgt ist. Daran wiederum fehlt es, wenn im Augenblick der
Rücklagenbildung im Einzelunternehmen mit Einreichen der
Steuererklärung beim Finanzamt das Investitionsvorhaben in
diesem Einzelunternehmen nicht mehr realisiert werden konnte, weil
die Umwandlung zu diesem Zeitpunkt bereits in Gang gesetzt
war“. Der I. Senat gibt für diese Aussage keine
eigene Begründung, sondern verweist ausschließlich auf
die - noch nicht rechtskräftige, sondern im vorliegenden
Revisionsverfahren angefochtene - Entscheidung des FG Münster
in EFG 2009, 1005 = SIS 09 16 77.
|
|
|
47
|
III. Auffassung des vorlegenden Senats
|
|
|
48
|
Der vorlegende Senat möchte die
Rechtsfrage dahingehend entscheiden, dass der
Finanzierungszusammenhang zwischen der Geltendmachung der
Ansparabschreibung und der Investition, der für die
Inanspruchnahme der in § 7g Abs. 3 EStG 2002 vorgesehenen
Steuervergünstigung erforderlich ist, nicht dadurch
ausgeschlossen wird, dass im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits
die Einbringung des Betriebs zu Buchwerten in eine
Kapitalgesellschaft in Gang gesetzt war. Er sieht sich an einer
solchen Entscheidung indes durch die gegenteilige - tragende -
Aussage im Urteil des I. Senats in BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26
gehindert.
|
|
|
49
|
1. In Übereinstimmung mit dem I. Senat
ist der vorlegende Senat der Auffassung, dass bei der Einbringung
eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft unter Wahl des
Buchwertansatzes - ungeachtet des grundsätzlichen Charakters
einer solchen Einbringung als tauschähnliches, entgeltliches
Geschäft (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 25.9.1991 I R 183/87,
BFH/NV 1992, 469, unter II.2.a) - der Betrieb durch die
Kapitalgesellschaft „unverändert
fortgeführt“ wird (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2072 =
SIS 10 32 26, unter II.b aa). Der in § 22 Abs. 1 i.V.m. §
12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 angeordnete Eintritt der
Kapitalgesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung des
Einbringenden erstreckt sich auch auf die den steuerlichen Gewinn
mindernden Rücklagen. Daher kann eine nach § 7g Abs. 3
EStG 2002 gebildete Rücklage - anders als bei einer
Veräußerung des Betriebs - nach der Einbringung
fortgeführt werden; der Zusammenhang mit „dem
Betrieb“ wird durch die Sacheinbringung zu Buchwerten
nicht gelöst (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26,
unter II.b bb).
|
|
|
50
|
a) Der Eintritt der Kapitalgesellschaft in die
steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden gilt für alle
Gewinnermittlungsvorschriften; die Rechtsnachfolge in die Position
des Übertragenden ist auch nach Auffassung des I. Senats eine
umfassende (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 28.7.2010 I R
89/09, BFHE 230, 408, BStBl II 2011, 528 = SIS 10 33 13, unter
II.2.b). In der vorstehend angeführten Entscheidung, in der es
um die Erfüllung des für die Annahme einer Organschaft
erforderlichen Merkmals der finanziellen Eingliederung ging, hat
der I. Senat ausgeführt, es sei dem Einwand nicht
beizupflichten, dass ein Eintritt in das Merkmal der finanziellen
Eingliederung nicht möglich sei, weil es personenbezogen und
als solches nachfolgefeindlich ausgestaltet sei. Denn indem das
Umwandlungssteuerrecht für seinen Regelungsbereich
„eine letztlich vorbehaltlose Rechtsnachfolge in die
Position des Rechtsvorgängers“ gewähre, werde
die Durchbrechung des steuerlichen Subjektprinzips einbezogen.
Entsprechend genüge es, wenn die Voraussetzung der
finanziellen Eingliederung zunächst zum übertragenden
Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden
Rechtsträger bestehe.
|
|
|
51
|
Auch im Urteil vom 29.2.2012 I R 16/11 (BFH/NV
2012, 1340 = SIS 12 19 27, unter II.2.c bb) hat der I. Senat
betont, dass mit Wirkung vom 1.1.2000 aufgrund der seinerzeitigen
Neufassung des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG durch das
Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601)
„eine generelle steuerliche Rechtsnachfolge der
übernehmenden Körperschaft“ angeordnet worden
sei. Die Aufzählung, die sich an diese im ersten Halbsatz des
§ 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 enthaltene Generalklausel
anschließe, und in der „insbesondere“ die
Bewertung, die AfA und die Rücklagen genannt würden, sei
nur noch als beispielhaft anzusehen.
|
|
|
52
|
b) Aus dieser im Umwandlungssteuerrecht
angeordneten „Durchbrechung des steuerlichen
Subjektprinzips“ lässt sich - übertragen auf
den vorliegend zu entscheidenden Fall - zwanglos folgern, dass es
für die Inanspruchnahme einer Ansparabschreibung genügen
muss, wenn die objektive Möglichkeit zur Investition
zunächst beim Einbringenden und anschließend bei der
aufnehmenden Kapitalgesellschaft besteht. Der für die
Inanspruchnahme der Vergünstigung des § 7g Abs. 3 EStG
2002 erforderliche Finanzierungszusammenhang zwischen der
Geltendmachung der Ansparabschreibung und der Investition wird
angesichts der „letztlich vorbehaltlosen
Rechtsnachfolge“ nicht dadurch unterbrochen, dass
zwischenzeitlich eine Einbringung zu Buchwerten vollzogen wird. Der
„Finanzierungszusammenhang“ ist als objektives
Tatbestandsmerkmal des § 7g Abs. 3 EStG 2002 anzusehen, das
von dem umfassenden Eintritt der aufnehmenden Kapitalgesellschaft
in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden mit erfasst
wird. Da der Betrieb „unverändert
fortgeführt“ wird und der Vorschrift des § 7g
EStG 2002 eine betriebsbezogene Betrachtung zugrunde liegt, kann
dem eingetretenen Rechtsträgerwechsel keine entscheidende
Bedeutung bei der Beurteilung der Frage zukommen, ob die
Voraussetzungen des § 7g EStG 2002 erfüllt sind.
Andernfalls würde man eine personenbezogene Betrachtung
vornehmen, die das Gesetz zwar bei Rücklagen i.S. des §
6b EStG anordnet, die aber nicht dem Modell des § 7g EStG 2002
entspricht, und die zudem bei Buchwerteinbringungen durch § 12
Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 überspielt wird.
|
|
|
53
|
2. Die Normzwecke sowohl der §§ 20,
22, 12 UmwStG 2002 als auch des § 7g Abs. 3 EStG 2002 sprechen
für die Auffassung des vorlegenden Senats.
|
|
|
54
|
a) Zweck der Vorschriften des UmwStG 2002 ist
es, betriebliche Umstrukturierungen, die die im Gesetz genannten
Voraussetzungen erfüllen, nicht durch steuerliche Belastungen
zu behindern (vgl. den unter C.I.2.b angeführten Nachweis).
Eine solche Behinderung - in Gestalt der Versagung einer ansonsten
zu beanspruchenden Steuervergünstigung - träte aber ein,
wenn der Einzelunternehmer für Investitionen, die im
nämlichen Betrieb, aber erst nach dem Zeitpunkt der
Einbringung in die Kapitalgesellschaft vorgenommen werden sollen,
keine Ansparabschreibung geltend machen könnte. Dem Zweck des
UmwStG 2002 kann nichts entnommen werden, was ein solches Ergebnis
rechtfertigen könnte. Der in § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG
2002 ausdrücklich auch hinsichtlich der steuerlichen
Rücklagen angeordnete Eintritt in die Rechtsstellung des
Einbringenden würde entwertet, wenn aufgrund der späteren
Einbringung die Bildung einer Rücklage nicht mehr möglich
wäre; darin wäre zugleich ein Wertungswiderspruch zu
sehen. Gleiches gilt für die in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG
2002 angeordnete Anrechnung von Besitzzeiten, die im
Einzelunternehmen zurückgelegt worden und für die Wahrung
der Jahresfrist des § 7g Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a EStG 2002 von
Bedeutung sind.
|
|
|
55
|
b) Auch die vom Gesetzgeber mit der Vorschrift
des § 7g Abs. 3 EStG 2002 verfolgten Zwecke - Stärkung
der Liquidität, Eigenkapitalausstattung, Innovations- und
Investitionskraft kleiner und mittlerer Betriebe (vgl. dazu oben
C.I.2.a) - leiten zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeit zur
Inanspruchnahme einer Ansparabschreibung nicht durch eine
Buchwerteinbringung in eine Kapitalgesellschaft gehindert wird.
Denn der „Betrieb“ - um dessen Liquidität,
Eigenkapitalausstattung, Innovations- und Investitionskraft es dem
Gesetzgeber geht - wird auch nach der Einbringung unverändert
fortgeführt. Die Gesetzeszwecke werden auch dann in vollem
Umfang erfüllt, wenn die Investition - erst - durch die
aufnehmende Kapitalgesellschaft getätigt wird.
|
|
|
56
|
c) Wenn selbst so erhebliche
Veränderungen im Betrieb, wie sie für die
Zurückbehaltung eines „Restbetriebs“ im
Vergleich zum veräußerten, alle wesentlichen
Betriebsgrundlagen umfassenden „Vollbetrieb“
kennzeichnend sind, der Vornahme einer Ansparabschreibung für
den „Restbetrieb“ nicht entgegenstehen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82),
dann muss dies erst recht für die „unveränderte
Fortführung“ des Betriebs durch den aufnehmenden
Rechtsträger gelten.
|
|
|
57
|
d) Zudem würden sich bei Zugrundelegung
der Auffassung des I. Senats
„Förderlücken“ ergeben, die mit dem
Zweck des § 7g Abs. 3 EStG 2002 nicht in Einklang zu bringen
wären. So könnten zwar für alle Wirtschaftsjahre,
für die bis zum Zeitpunkt des
„In-Gang-Setzens“ der Einbringung bereits
Gewinnermittlungen beim FA eingereicht worden sind,
Ansparabschreibungen im Einzelunternehmen vorgenommen und die
entsprechenden Rücklagen in zulässiger Weise durch die
Kapitalgesellschaft fortgeführt werden. Ab dem genannten
Zeitpunkt wäre die Vornahme von Ansparabschreibungen im
Einzelunternehmen - auch für bereits abgelaufene
Wirtschaftsjahre - hingegen ausgeschlossen. Dies würde im
Streitfall dazu führen, dass für Investitionen, die im
Betrieb für das Jahr 2004 geplant sind, die Geltendmachung von
Ansparabschreibungen - und damit auch die Inanspruchnahme der
Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 1 EStG 2002 - endgültig
ausgeschlossen wäre. Die aufnehmende Kapitalgesellschaft
wiederum könnte erstmals in ihrem Jahresabschluss zum
31.12.2004 Ansparabschreibungen für solche Investitionen
vornehmen, die im Betrieb ab dem Jahr 2005 getätigt werden
sollen. Hierbei wäre nach der Rechtsprechung des I. Senats
sogar ein Rückgriff auf das beim Einzelunternehmer gegebene
Betriebsgrößenmerkmal vorzunehmen. Die sich damit
für Investitionen des Jahres 2004 ergebende
„Förderlücke“ lässt sich nach
Auffassung des vorlegenden Senats aus dem Wortlaut und Normzweck
des § 7g EStG 2002 nicht ableiten.
|
|
|
58
|
3. Auch die bereits vorliegenden
höchstrichterlichen Entscheidungen zu vergleichbaren
Fallkonstellationen, in denen es um die Gewährung einer
Ansparabschreibung in zeitlichem Zusammenhang mit einem
Rechtsträgerwechsel unter Fortführung der Buchwerte ging,
stützen die Auffassung des Senats.
|
|
|
59
|
a) In seiner Entscheidung zur Anwendung des
Betriebsgrößenmerkmals in Fällen unentgeltlicher
Betriebsübertragungen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 24 = SIS 02 50 20) brauchte sich der VIII. Senat zwar nicht zur Frage des
„Finanzierungszusammenhangs“ zu
äußern. Die Entscheidung betont allerdings den
umfassenden Eintritt des Betriebsübernehmers in die
steuerliche Rechtsposition des Übergebers sowie den
Gesichtspunkt der unveränderten Fortführung des Betriebs.
Ihr lässt sich nichts dafür entnehmen, dass beim
Übergeber die Vornahme einer Ansparabschreibung in Kenntnis
der „in Gang gesetzten“ Übergabe
ausgeschlossen sein könnte.
|
|
|
60
|
b) In der Entscheidung zur Ansparabschreibung
in einer Personengesellschaft trotz einer bereits „in Gang
gesetzten“ Realteilung (BFH-Urteil in BFHE 233, 434 = SIS 11 25 96) ging es zwar „nur“ um eine
Rücklagenbildung im Sonderbetriebsvermögen eines
Gesellschafters und späteren Einzelunternehmers. Gleichwohl
kann nicht zweifelhaft sein, dass während des Bestehens der
Personengesellschaft ausschließlich diese, nicht aber der
einzelne Gesellschafter (Mitunternehmer) einen
„Betrieb“ i.S. des § 7g EStG 2002
unterhalten hat (vgl. auch § 7g Abs. 7 EStG i.d.F. des
Unternehmensteuerreformgesetzes - UntStRefG - 2008). Allein das
Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters ist nicht als
eigenständiger „Betrieb“ anzusehen. Dann
hat aber auch in dem vom VIII. Senat entschiedenen Fall der
Realteilung - nicht anders als im Fall der Einbringung - ein
Rechtsträgerwechsel hinsichtlich des
„Betriebs“ stattgefunden.
|
|
|
61
|
Der VIII. Senat hat die angeführte
Entscheidung zusätzlich mit der Fortführung des bisher in
der Personengesellschaft entfalteten unternehmerischen Engagements
im neuen Rechtskleid des Einzelunternehmens begründet. Dieser
Gesichtspunkt gilt aber gleichermaßen für die
Fortführung des zuvor in einem Einzelunternehmen entfalteten
unternehmerischen Engagements in einer Kapitalgesellschaft nach
einer Buchwerteinbringung. Zweck der entsprechenden Regelungen des
UmwStG ist es gerade, eine solche Fortführung nicht durch
steuerliche Hürden zu behindern.
|
|
|
62
|
c) In diesen Zusammenhang fügt sich auch
das BFH-Urteil vom 10.4.1984 VIII R 218/79 (BFHE 141, 395, BStBl II
1984, 734 = SIS 84 18 28, unter 3.) ein. Dort hat der VIII. Senat -
in einem obiter dictum zur Frage der Einhaltung der
Verbleibensfrist nach § 3 des Zonenrandförderungsgesetzes
- ausgeführt, es erscheine angemessen, auch die
Buchwerteinbringung nach dem UmwStG 1969 zu begünstigen. Zwar
erhalte der einbringende Unternehmer für die weggegebene
Betriebstätte in diesen Fällen - anders als bei einer
unentgeltlichen Übertragung durch Erbfall oder Schenkung -
Gesellschaftsrechte. Es sei jedoch zu bedenken, dass er kraft
dieser Gesellschaftsrechte - wenn auch eingeschränkt durch die
Befugnisse anderer Gesellschafter - wie bisher auf die
Betriebsführung einwirken könne. Daher sei es so
anzusehen, als ob er in der Kapitalgesellschaft, in die er sein
Unternehmen eingebracht habe, wie früher „schalten
und walten“ könne. Es gehe um eine wirtschaftliche
Abgrenzung der Betriebstätte „des
Steuerpflichtigen“ von der Betriebstätte eines
„anderen“.
|
|
|
63
|
d) Es spricht auch nichts dafür, eine
Differenzierung danach vorzunehmen, ob das Gesetz eine Pflicht zur
Buchwertfortführung vorsieht (so bei unentgeltlichen
Betriebsübertragungen i.S. des § 6 Abs. 3 EStG und
Realteilungen i.S. des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) oder lediglich
ein entsprechendes Wahlrecht enthält (so bei § 20 UmwStG
2002). Übt der Steuerpflichtige sein
umwandlungssteuerrechtliches Wahlrecht zur Buchwertfortführung
aus, unterscheiden sich die hierfür gesetzlich angeordneten
Rechtsfolgen - insbesondere der Eintritt in die steuerliche
Rechtsstellung des Einbringenden sowie in die steuerlichen
Rücklagen - nicht von denjenigen, die in Fällen einer
zwingenden Buchwertfortführung gelten.
|
|
|
64
|
4. Die vom I. Senat für seine Auffassung
gegebene Begründung - die aufgrund der im Urteil des I. Senats
in BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26 (unter II.c bb) enthaltenen
Bezugnahme identisch ist mit der Begründung der
vorinstanzlichen Entscheidung zum vorliegenden Revisionsverfahren -
vermag den vorlegenden Senat nicht zu überzeugen.
|
|
|
65
|
Die Vorinstanz führt insoweit den
Charakter der Einbringung als tauschähnlichen Vorgang, die zu
Fällen der Betriebsveräußerung oder -aufgabe
ergangene Rechtsprechung sowie das Erfordernis einer objektiven
Durchführbarkeit und Möglichkeit der Investition an. Nach
Auffassung des vorlegenden Senats steht jedoch keiner dieser
Gesichtspunkte der Geltendmachung einer Ansparabschreibung für
einen bereits zum Buchwert in eine Kapitalgesellschaft
eingebrachten Betrieb entgegen.
|
|
|
66
|
a) Die Übertragung der zu Fällen der
Betriebsveräußerung oder -aufgabe ergangenen
Rechtsprechung auf Fälle der Buchwerteinbringung erscheint
nicht folgerichtig. Sie kann nur auf das - weitgehend
formal-dogmatische - Argument gestützt werden, auch die
Buchwerteinbringung sei wegen der Gewährung von
Gesellschaftsrechten als tauschähnlicher und damit
entgeltlicher Vorgang anzusehen, der einer
Betriebsveräußerung gleichstehe. Dieser Befund wird aber
den erheblichen Unterschieden zwischen einer
Betriebsveräußerung und eine Buchwerteinbringung nicht
gerecht.
|
|
|
67
|
aa) Gerade in dem für die Anwendbarkeit
des § 7g Abs. 3 EStG 2002 entscheidenden Gesichtspunkt - dem
künftigen Vorhandensein eines zur Vornahme von Investitionen
fähigen „Betriebs“ - sind die Fälle
der Betriebsveräußerung und -aufgabe nicht mit
Buchwerteinbringungen vergleichbar. Während ein zum Buchwert
in eine Kapitalgesellschaft eingebrachter Betrieb nach der
übereinstimmenden Auffassung des I. Senats und des vorlegenden
Senats „unverändert fortgeführt“ wird,
existiert nach einer Betriebsaufgabe kein Betrieb mehr. Es steht
sicher fest, dass die angeblich geplante Investition objektiv nicht
durchführbar ist. In Fällen der
Betriebsveräußerung ließe sich zwar die Auffassung
vertreten, dass der Betrieb in der Hand des neuen Inhabers
fortbestehe. Aufgrund der Aufdeckung der stillen Reserven und des
beim Betriebserwerber gänzlich anders gearteten Bilanzbildes
(vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG) handelt es sich aber - im
Gegensatz zu einer Buchwerteinbringung - nicht mehr um denselben
Betrieb.
|
|
|
68
|
bb) Zudem sind die Argumente, die die
höchstrichterliche Rechtsprechung für die Versagung der
Ansparabschreibungen in Fällen der
Betriebsveräußerung oder -aufgabe anführt, auf die
Buchwerteinbringung nicht übertragbar.
|
|
|
69
|
(1) Der vorlegende Senat hat seine
Rechtsprechung, wonach die Ansparabschreibung zu versagen sei, wenn
bei ihrer Geltendmachung bereits feststehe, dass der Betrieb
veräußert oder aufgegeben werde, insbesondere damit
begründet, dass sich die Ziele des § 7g EStG 2002 -
Verbesserung der Liquidität, Eigenkapitalausstattung,
Investitions- und Innovationskraft kleiner und mittlerer Betriebe -
nach einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe nicht mehr
erreichen lassen (Senatsurteil in BFH/NV 2005, 848 = SIS 05 21 93,
unter II.3.b). Diese Argumentation kann für die
Buchwerteinbringung hingegen nicht herangezogen werden: Hier setzt
der Steuerpflichtige sein unternehmerisches Engagement - wenn auch
in anderer (Rechts-)Form - fort, und zwar unter Verwendung
desselben Betriebsvermögens wie zuvor im Einzelunternehmen.
Diese Fortführung der betrieblichen Tätigkeit trotz eines
Wandels im äußeren Rechtskleid ist gerade der Grund und
die Legitimation für die vielfältigen
Begünstigungen, die das UmwStG 2002 - einschließlich der
Buchwertfortführung und des Eintritts in vorhandene
Rücklagen - vorsieht.
|
|
|
70
|
(2) Der XI. Senat des BFH hat die Versagung
der Ansparabschreibung bei geplanter Betriebsveräußerung
oder -aufgabe zusätzlich damit begründet, dass in diesen
Fällen typischerweise nicht mehr in den Betrieb investiert
wird (BFH-Urteil in BFHE 218, 509, BStBl II 2008, 106 = SIS 07 37 82, unter II.1.). Ein solcher Befund ist aber gerade nicht
feststellbar, wenn der Betrieb nach einer Buchwerteinbringung durch
eine Kapitalgesellschaft „unverändert
fortgeführt“ werden soll.
|
|
|
71
|
(3) Die Rechtsprechung zur fehlenden
Möglichkeit der Vornahme einer Ansparabschreibung für
zurückliegende Wirtschaftsjahre bei bereits feststehender
Betriebsveräußerung oder -aufgabe ist auch vor dem
Hintergrund zu sehen, dass der Ertrag aus der im zeitlichen und
sachlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung
oder -aufgabe vollzogenen Auflösung einer Ansparrücklage
grundsätzlich nicht den laufenden Gewinn, sondern den
Veräußerungs- oder Aufgabegewinn erhöht
(Senatsurteil in BFH/NV 2008, 554 = SIS 08 14 02, unter II.3.,
m.w.N.), der durch den Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG, die
ermäßigten Steuersätze nach § 34 Abs. 1 oder 3
EStG und die fehlende Gewerbesteuerbarkeit in erheblicher Weise
steuerbegünstigt wird. Die dargestellte Rechtsprechung dient
insoweit auch der Vermeidung von Gestaltungen, die - in Kenntnis
der bevorstehenden oder bereits durchgeführten
Betriebsveräußerung oder -aufgabe - die Umwandlung
laufender Gewinne in begünstigt besteuerte Gewinne durch
Bildung und alsbaldige begünstigte Auflösung einer
Rücklage bezwecken.
|
|
|
72
|
Demgegenüber ist die steuerliche
Ausgangslage bei der Buchwerteinbringung eine ganz andere. Weder
besteht dort ein Zwang zur Auflösung gebildeter Rücklagen
noch wäre ein Gewinn aus der Auflösung einer
Rücklage steuerbegünstigt.
|
|
|
73
|
b) Der Charakter der Einbringung als
tauschähnlicher Vorgang rechtfertigt es nicht, die in §
12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 angeordneten Rechtsfolgen zu
suspendieren. Da der Eintritt der Kapitalgesellschaft in die
steuerliche Position des Einbringenden eine umfassende ist (vgl.
oben C.III.1. und die dort angegebenen Nachweise), gilt dies
insbesondere für das Merkmal des
Finanzierungszusammenhangs.
|
|
|
74
|
Wenn es in ständiger Rechtsprechung
heißt, die Einbringung in eine Kapitalgesellschaft nach
§ 20 UmwStG 1977/1995/2002 stelle zwar einen besonderen Fall
der Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1
EStG dar, deren Rechtsfolgen sich jedoch nach den vorrangigen
§§ 20-23 UmwStG 1977/1995/2002 ergäben (vgl.
BFH-Urteil vom 7.7.1998 VIII R 5/96, BFHE 186, 526, BStBl II 1999,
209 = SIS 99 02 35, unter II.1.c aa), dann sind auch in Bezug auf
die Anwendung des § 7g Abs. 3 EStG 2002 die Rechtsfolgen nach
§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 zu
bestimmen, nicht aber nach der - verdrängten - Norm des §
16 Abs. 1 Satz 1 EStG.
|
|
|
75
|
c) Die objektive Durchführbarkeit und
Möglichkeit der Investition bei der aufnehmenden
Kapitalgesellschaft ist gegeben (vgl. auch zu diesem Gesichtspunkt
oben C.III.1.).
|
|
|
76
|
5. Ergänzend weist der vorlegende Senat
darauf hin, dass die Vorlagefrage nicht nur den engeren Bereich der
im konkreten Streitfall zu beurteilenden Sachverhaltsgestaltung und
der im Streitjahr anwendbaren Rechtsvorschriften betrifft, sondern
auch darüber hinaus von Bedeutung ist.
|
|
|
77
|
a) So geht der Senat davon aus, dass die
Vorlagefrage im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG
i.d.F. des UntStRefG 2008 und des UmwStG i.d.F. des Gesetzes
über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung
der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer
steuerrechtlicher Vorschriften vom 7.12.2006, BGBl I 2006, 2782
(SEStEG) in gleicher Weise zu entscheiden wäre, sie also nicht
lediglich auslaufendes Recht betrifft.
|
|
|
78
|
Denn auch nach der aktuellen Rechtslage tritt
die übernehmende Körperschaft bei einer
Buchwerteinbringung in die steuerliche Rechtsstellung des
Einbringenden ein (§ 23 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 erster
Halbsatz UmwStG i.d.F. des SEStEG). Dies gilt auch für
steuerfreie Rücklagen bzw. - ab Inkrafttreten des UntStRefG
2008 - für den Investitionsabzugsbetrag, wenngleich § 23
Abs. 1 UmwStG i.d.F. des SEStEG keinen ausdrücklichen Verweis
auf die - nunmehr in § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG i.d.F. des
SEStEG enthaltene und nach Auffassung des vorlegenden Senats
lediglich deklaratorische - Anordnung eines Eintritts in die den
steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen mehr enthält
(zutreffend Kratsch in Frotscher, a.a.O., § 7g Rz 45; dieser
Ansicht ist ausweislich des BMF-Schreibens in BStBl I 2011, 1314 =
SIS 11 41 63, Rz 23.06 Satz 4 auch die Finanzverwaltung).
|
|
|
79
|
b) Die für den konkret zu beurteilenden
Sachverhalt dargelegte Auffassung des vorlegenden Senats gilt
ebenso, wenn der Einbringende nicht Alleingesellschafter der
aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird, sondern weitere
Gesellschafter vorhanden sind. Denn die Vorschriften der § 20
Abs. 2, § 22 Abs. 1, § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002
differenzieren hinsichtlich der Zulässigkeit der
Buchwertfortführung und des Eintritts in die steuerliche
Rechtsstellung „insbesondere hinsichtlich der den
steuerlichen Gewinn mindernden Rücklagen“ nicht
danach, ob der Einbringende an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft
zu 100 % oder mit einem geringeren Anteil beteiligt ist. Dies ist
angesichts der Grundkonzeption des UmwStG auch folgerichtig, weil
es dort um die Kontinuität der Fortführung des
„Betriebs“ geht und die Person des
Betriebsinhabers bei Zugrundelegung dieser Sichtweise nur von
nachrangiger Bedeutung ist. Ebenso verhält es sich nach der
Grundkonzeption des § 7g EStG 2002.
|
|
|
80
|
c) Auch für Fälle der Einbringung zu
Zwischenwerten lässt sich die Lösung unmittelbar aus den
Vorschriften des UmwStG 2002 ableiten.
|
|
|
81
|
Dabei ist davon auszugehen, dass eine
beabsichtigte Einbringung zu Teilwerten einer Rücklagenbildung
im Einzelunternehmen entgegen steht. Dies folgt bereits aus dem
BFH-Urteil in BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596 = SIS 05 11 92.
|
|
|
82
|
Für Einbringungen zu Zwischenwerten
ordnet § 22 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG 2002 an, dass § 12 Abs. 3
Satz 1 UmwStG 2002 - der Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung
insbesondere hinsichtlich der gewinnmindernden Rücklagen -
entsprechend gilt, allerdings mit der Maßgabe, dass sich die
Bemessungsgrundlage für die AfA um den Unterschiedsbetrag
zwischen dem Buchwert und dem von der aufnehmenden
Kapitalgesellschaft angesetzten Wert erhöht.
|
|
|
83
|
Wenn eine Teilwerteinbringung die vorherige
Bildung einer Rücklage im Einzelunternehmen ausschließt,
dies bei einer Buchwerteinbringung - so die Auffassung des
vorlegenden Senats - aber zulässig ist, dann kann der
eingeschränkte Verweis des § 22 Abs. 2 UmwStG 2002 auf
die Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 nur so zu
verstehen sein, dass die Rücklagenbildung in dem Umfang
zulässig ist, in dem der Aufstockungsbetrag hinter dem
Teilwert zurückbleibt. Wird also beispielsweise der Buchwert
um einen Betrag aufgestockt, der sich auf 40 % des
Unterschiedsbetrags zwischen Buchwerten und Teilwerten
beläuft, kann die Rücklage maximal in Höhe von 60 %
des sich nach § 7g EStG 2002 ergebenden Betrags gebildet
werden.
|
|
|
84
|
IV. Rechtsgrundlage der Vorlage
|
|
|
85
|
1. Der Senat stützt seine Vorlage auf
§ 11 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung. Er würde bei
Zugrundelegung der von ihm für zutreffend erachteten
Rechtsauffassung in entscheidungserheblicher Weise vom Urteil des
I. Senats in BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26 abweichen.
|
|
|
86
|
Wäre die Auffassung des I. Senats
zutreffend, hätte der Kläger die Voraussetzungen des
§ 7g Abs. 3, 6 EStG 2002 im Streitjahr 2003 nicht
erfüllt, weil im Zeitpunkt der Einreichung der
Gewinnermittlung beim FA die Einbringung bereits in Gang gesetzt
war. Die Revision des Klägers gegen das klageabweisende Urteil
des FG wäre in diesem Fall zurückzuweisen.
|
|
|
87
|
Wäre hingegen die Auffassung des
vorlegenden Senats zutreffend, hätte die zu Buchwerten
vorgenommene Einbringung nicht zu einer Unterbrechung des
erforderlichen Finanzierungszusammenhangs geführt. Da alle
anderen in § 7g Abs. 3, 6 EStG 2002 genannten Voraussetzungen
für die Vornahme einer Ansparabschreibung erfüllt sind -
was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist und wogegen nach
Aktenlage auch keine Bedenken bestehen -, wäre das
finanzgerichtliche Urteil auf die Revision des Klägers
aufzuheben; die angefochtenen Bescheide wären i.S. des
Revisionsantrags zu ändern.
|
|
|
88
|
2. Der I. Senat hat auf Anfrage des
vorlegenden Senats erklärt, dass er an seiner im Urteil in
BFH/NV 2010, 2072 = SIS 10 32 26 geäußerten
Rechtsauffassung festhält.
|