Ansparrücklage, wiederholte Bildung, Investitionszeitpunkt, Angabe in Buchführung: 1. Wurde für die Anschaffung eines Wirtschaftsguts eine sog. Ansparrücklage (§ 7 g Abs. 3 EStG) gebildet, ohne innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums die geplante Investition zu realisieren, kann für dasselbe Wirtschaftsgut nur dann wieder eine Rücklage gebildet werden, wenn der Steuerpflichtige eine einleuchtende Begründung dafür abgibt, weshalb die Investition trotz gegenteiliger Absichtserklärung bislang nicht durchgeführt wurde, gleichwohl aber weiterhin geplant ist (Abgrenzung von BFH-Urteil vom 12.12.2001 XI R 13/00, BFHE 197 S. 448, BStBl 2002 II S. 385 = SIS 02 06 15). - 2. Die Ansparrücklage setzt nicht voraus, dass der voraussichtliche Investitionszeitpunkt in der Buchführung oder den Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung ausgewiesen wird (anders BMF-Schreiben vom 25.2.2004, BStBl 2004 I S. 337 = SIS 04 09 22, Rn 8, 15). (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 30.10.2007, IV B 2 - S 2139-b/07/0001, BStBl 2007 I S. 790 = SIS 07 37 68) - Urt.; BFH 6.9.2006, XI R 28/05; SIS 07 00 08
I. Der mit der Klägerin im Streitjahr
1999 zusammen veranlagte Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ermittelt seine Einkünfte aus selbständiger
Tätigkeit als Rechtsanwalt nach § 4 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes (EStG). In der seiner
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr
beigefügten Gewinnermittlung berücksichtigte er eine sog.
Ansparrücklage als Betriebsausgabe in Höhe von 80.000 DM
für den geplanten Erwerb eines PKW der Marke Audi S 8 im Wert
von 160.000 DM. Bereits in seinen Ge-winnnermittlungen für
1995 und 1997 hatte er jeweils Ansparrücklagen für einen
Audi S 8 als Betriebsausgaben berücksichtigt, ohne diesen bis
zum Ablauf der jeweiligen Investitionsfrist angeschafft zu
haben.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung erkannte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) im Streitjahr die
Rücklage nicht mehr als Betriebsausgabe an. Es fehle an der
genauen Angabe des Investitionszeitpunkts. Der nachträglich
bei der Schlussbesprechung in Kopie vorgelegte Brief des
Klägers an seine Steuerberaterin vom 6.3.2000 über die
bis zum Ende des Jahres 2001 geplante Neuanschaffung des PKW reiche
nicht aus, denn der Investitionszeitpunkt müsse sich aus den
Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung ergeben. Auch habe der
Kläger nach Angaben seiner Beraterin letztendlich keinen Audi
S 8, sondern einen Geländewagen oder eine
Großraumlimousine angeschafft.
Nach erfolglosem Einspruch gab das
Finanzgericht (FG) der Klage statt (EFG 2005, 1413 = SIS 05 35 68).
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung des § 7g Abs. 3 EStG. Ob eine Investition i.S. des
§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG „voraussichtlich bis zum Ende
des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden
Wirtschaftsjahrs“ getätigt werde, sei
ausschließlich anhand des vom Steuerpflichtigen in seinen
Aufzeichnungen anzugebenen Investitionszeitpunkts zu prüfen.
Allein aus der Bezeichnung des anzuschaffenden Wirtschaftsguts
könne noch nicht geschlossen werden, dass der Steuerpflichtige
bis zum Ablauf des Zwei-Jahres-Zeitraums zu investieren
beabsichtige. Die Zeitangabe diene zugleich der gebotenen
Konkretisierung der Investition (Schreiben des Bundesministeriums
der Finanzen - BMF - vom 25.2.2004 IV A 6 - S 2183 b - 1/04, BStBl
I 2004, 337 = SIS 04 09 22, Rn 8). Der Gewinnzuschlag allein sei
kein ausreichendes Instrument zur Verhinderung einer
missbräuchlichen Rücklagenbildung, wie der Streitfall
zeige. Vielfach werde die Ansparrücklage ohne jegliche
Anschaffung oder Herstellung zur wiederholten Ergebnisglättung
gebildet, so z.B. zur Steuerung des (progressiven)
Einkommensteuersatzes, zur Inanspruchnahme
außergewöhnlicher Belastungen oder der Eigenheimzulage.
Zudem entfalle bei Existenzgründern ohnehin der
Gewinnzuschlag. Die Angabe des Investitionszeitpunkts sei
Tatbestandsvoraussetzung für die Bildung der
Gewinnrücklage. Dass die Rücklage mangels Investition zum
Ende des zweiten auf die Rücklagenbildung folgenden
Wirtschaftsjahrs aufzulösen sei, ändere daran
nichts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen. Die geplante Investition
sei mit „PKW Audi S 8“ ohne Angabe des
voraussichtlichen Investitionszeitpunkts hinreichend konkretisiert.
In der Vergangenheit habe das FA daher auch keine zeitlichen
Angaben verlangt.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist an das FG
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Entgegen der Auffassung des FG kommt eine
wiederholte Rücklagenbildung nach § 7g Abs. 3 EStG
für das gleiche Wirtschaftsgut nur in Betracht, wenn der
Steuerpflichtige nachvollziehbare Gründe dafür
anführen kann, weshalb die Investition zunächst nicht
durchgeführt worden ist und die Investitionsabsicht
fortbesteht.
1. Die Auffassung des FG, der Kläger sei
nicht gehindert gewesen, über Jahre hinweg die Rücklage
für die Anschaffung eines Audi S 8 fortzuführen, steht
weder mit dem Gesetzeswortlaut noch mit dem genannten Gesetzeszweck
in Einklang.
Nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG darf die
Rücklage im Streitjahr 50 v.H. der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht
überschreiten, das der Steuerpflichtige
„voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung
der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder
herstellen wird“. Dies setzt eine Prognoseentscheidung
über das künftige Investitionsverhalten des
Steuerpflichtigen aus der Sicht des Endes des jeweiligen
Gewinnermittlungszeitraums voraus (vgl. z.B. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17.11.2004 X R 38/02, BFH/NV 2005, 846
= SIS 05 21 92, m.w.N.; vom 19.9.2002 X R 51/00, BFHE 200, 343,
BStBl II 2004, 184 = SIS 03 07 67; vom 6.3.2003 IV R 23/01, BFHE
202, 250, BStBl II 2004, 187 = SIS 03 37 78; BFH-Beschluss vom
28.11.2003 III B 65/03, BFH/NV 2004, 632 = SIS 04 17 63). Die
Bildung von Ansparrücklagen „ins Blaue“ ist
unzulässig (BFH-Urteil in BFHE 200, 343, 348, BStBl II 2004,
184 = SIS 03 07 67), denn Normzweck ist die Förderung
tatsächlicher Investitionen.
Dem steht die Entscheidung des erkennenden
Senats vom 12.12.2001 XI R 13/00 (BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385
= SIS 02 06 15) nicht entgegen. Sollte aus ihr etwas anderes
entnommen werden können, hält der erkennende Senat hieran
nicht fest. In dem bezeichneten Urteil hatte er über die Frage
zu entscheiden, ob der Steuerpflichtige bei erstmaliger Bildung
einer Rücklage für ein im Übrigen hinreichend
konkretisiertes Wirtschaftsgut seine Investitionsabsicht, wie
seinerzeit von der Finanzverwaltung verlangt (BMF-Schreiben vom
12.12.1996 IV B 2 - S 2138 - 37/96, BStBl I 1996, 1441 = SIS 97 02 15, Tz. 3) g l a u b h a f t zu machen hat. Dies hat er verneint.
Dabei ist er davon ausgegangen, dass mit dem Ausweis der geplanten
Investition in der Gewinnermittlung dem ersten Anschein nach
zugleich die Investitionsabsicht dokumentiert wird.
Im Streitfall geht es jedoch nicht um eine
erstmalige, sondern um eine wiederholte Rücklagenbildung
für das gleiche Wirtschaftsgut. Hat der Steuerpflichtige eine
nach seiner eigenen Erklärung beabsichtigte Investition
tatsächlich nicht innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums
getätigt, sind an die Plausibilität seines Vorbringens
über das Fortbestehen seiner Investitionsabsicht erhöhte
Anforderungen zu stellen. Bei diesem Sachverhalt ist es zumutbar
und daher auch gerechtfertigt, vom Steuerpflichtigen eine -
sachlich einleuchtende - Begründung dafür zu verlangen,
weshalb die Investition trotz gegenteiliger Absichtserklärung
bislang nicht durchgeführt worden, aber gleichwohl weiterhin
geplant ist.
2. Im Übrigen ist die Entscheidung des FG
nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Behandlung der
Rücklage als Betriebsausgabe nicht von zusätzlichen
Angaben über den Investitionszeitpunkt in der Buchführung
bzw. den Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung abhängig
(anders BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 337 = SIS 04 09 22, Rn 8,
15).
a) Die Angaben des Klägers genügen
§ 7g Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG.
Nach mittlerweile ständiger
Rechtsprechung des BFH ist die voraussichtliche Investition bei
Bildung jeder einzelnen Rücklage so genau zu bezeichnen, dass
künftig festgestellt werden kann, ob eine tatsächlich
durchgeführte Investition derjenigen entspricht, für
deren Finanzierung die Rücklage gebildet wurde. Notwendig sind
insbesondere Angaben zur Funktion des Wirtschaftsguts und zu den
voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (vgl. z.B.
BFH-Urteil in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385 = SIS 02 06 15;
BFH-Beschluss vom 24.5.2005 X B 137/04, BFH/NV 2005, 1563 = SIS 05 37 16; BFH-Urteil in BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187 = SIS 03 37 78). Diesen Anforderungen an die Konkretisierung der beabsichtigten
Investition ist mit der Angabe des Klägers, einen
„PKW Audi S 8“ für 160.000 DM anschaffen zu
wollen, Genüge getan. Außerdem hat der Kläger im
Rahmen der Außenprüfung ein Schreiben vom 6.3.2000 an
seine Steuerberaterin vorgelegt, wonach der PKW bis 2001
angeschafft werden sollte.
b) Unter diesen Umständen steht der
Behandlung der Rücklage als Betriebsausgabe nicht entgegen,
dass der Investitionszeitpunkt nicht in den der Gewinnermittlung
dienenden Aufzeichnungen gemäß § 7g Abs. 3 Satz 3
Nr. 3, Abs. 6 EStG festgehalten war. Die Frage, ob trotz § 7g
Abs. 3 Satz 2 EStG auf jegliche zeitliche Angaben - so FG -
verzichtet werden kann, ist auf Grund des Schreibens des
Klägers an die Steuerberaterin im Streitfall nicht
entscheidungserheblich.
aa) Der Zeitangabe in der Buchführung
bzw. den Aufzeichnungen für die Gewinnermittlung nach § 4
Abs. 3 EStG kommt als solcher keine materiell-rechtliche Bedeutung
zu. Aus § 7g Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 EStG ergibt sich,
dass die Investition bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der
Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs getätigt werden muss,
anderenfalls der Gewinn in diesem Wirtschaftsjahr um die
aufgelöste Rücklage zuzüglich eines Aufschlags von 6
v.H. (§ 7g Abs. 5 EStG) zu erhöhen ist. Aus der
Nichteinhaltung der von den Steuerpflichtigen nach Auffassung des
FA zu fordernden zeitlichen Angaben ergeben sich keine
weitergehenden Rechtsfolgen. Sollte ein Steuerpflichtiger z.B. in
seiner Gewinnermittlung für den Veranlagungszeitraum 2001 eine
Rücklage für die Anschaffung eines (konkretisierten)
Wirtschaftsguts bis zum Ende des Veranlagungszeitraums 2002 bilden
und diese Frist nicht einhalten, hat dies keine Gewinnauswirkung,
denn die Rücklage ist erst zum Ende des Veranlagungszeitraums
2003 aufzulösen. Entsprechendes gilt - entgegen z.B. FG
Hamburg, Beschluss vom 24.10.2000 II 357/00 (DStRE 2001, 175 = SIS 02 60 85) - erst recht, wenn der Investitionszeitpunkt auf einen
bestimmten Monat innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums festgelegt
wird, da sich die Auflösung der Rücklage bzw. die nach
§ 7g Abs. 6 EStG anzusetzende Betriebseinnahme stets nur zum
Ende eines Wirtschaftsjahrs auswirken (z.B. BFH-Urteil in BFHE 202,
250, BStBl II 2004, 187 = SIS 03 37 78). Wird die geplante
Investition innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums aufgegeben, ist die
Rücklage, unabhängig von früheren Zeitangaben
aufzulösen (BFH-Urteil vom 21.9.2005 X R 32/03, BFHE 211, 221,
BStBl II 2006, 66 = SIS 06 00 16).
bb) Es besteht keine Rechtsgrundlage
dafür, die Bildung einer Ansparrücklage an der danach nur
formalen Angabe des voraussichtlichen Investitionszeitpunkts bzw.
-jahrs in der Buchführung bzw. in den Aufzeichnungen für
die Gewinnermittlung scheitern zu lassen. § 7g Abs. 3 Satz 3
EStG listet im Einzelnen die neben der Konkretisierung der
geplanten Investition notwendigen Voraussetzungen für die
Bildung einer Ansparrücklage auf. Dazu gehört zwar nach
Nr. 3, dass die Bildung und Auflösung der Rücklage in der
Buchhaltung bzw. in den entsprechenden Aufzeichnungen verfolgt
werden können, nicht aber die Angabe des
Investitionszeitpunkts. Weitergehende formale Anforderungen zu
stellen, liefe dem Normzweck zuwider und stünde auch im
Gegensatz zur Gesetzesbegründung, wonach die Rücklage
ohne Vorlage von Investitionsplänen gebildet werden kann
(BTDrucks 12/4487, S. 33; FG Köln, Beschluss vom 13.3.2002 7 V
126/02, DStRE 2002, 807 = SIS 02 70 87; Meyer/Ball, FR 2001, 1206,
1208). Begünstigt werden sollte letztendlich der
Steuerpflichtige, der die geplante Investition innerhalb des
gesetzlichen Investitionszeitraums realisiert.