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In der gleichen Sitzung beschloss der
Kreistag, das Stammkapital von 2.761.282,93 EUR auf 0 EUR
herabzusetzen. Die auszuzahlenden Beträge wurden aus dem
Verkaufserlös der Aktien finanziert.
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Der BgA erwirtschaftete im Jahr 2002 einen
Jahresgewinn von 40.212.574,54 EUR. Mit Beschluss des Kreistages
vom 24.2.2003 wurde das Stammkapital des BgA auf 2 Mio. EUR neu
festgesetzt und aus Eigenmitteln (Gewinnen) finanziert. In einem
weiteren Beschluss des Kreistages vom 24.2.2003 wurde in
Ergänzung des Beschlusses vom 23.9.2002 beschlossen, dem
Kläger zusätzlich einen Rückzahlungsanspruch gegen
den BgA in Höhe von 4.363.890,44 EUR einzuräumen, so dass
der (Brutto-)Ausschüttungsbetrag insgesamt 41.363.890,44 EUR
betrug.
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Der Kläger meldete mit Steueranmeldung
für Oktober 2002 vom 20.12.2002 1.627.024,60 EUR
Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag zur
Kapitalertragsteuer an. Darin wertete er als
kapitalertragsteuerpflichtig den Bilanzgewinn 2001 sowie die
Vorabausschüttung des Jahresgewinns 2002. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) war hingegen der
Auffassung, auch die Rückzahlung des Stammkapitals sei
kapitalertragsteuerpflichtig und setzte mit Änderungsbescheid
vom 24.2.2006 Kapitalertragsteuer für 2002 in Höhe von
1.935.720 EUR fest. Dem lag als Bemessungsgrundlage die Summe der
Ausschüttungen aus der Vorabausschüttung 2002
(7.649.001,74 EUR), des Bilanzgewinns 2001 (6.904.734,05 EUR) und
der Herabsetzung des Stammkapitals (2.761.282,93 EUR) in Höhe
von 17.315.018,71 EUR zu Grunde, woraus sich ein
Ausschüttungsbetrag einschließlich Kapitalertragsteuer
in Höhe von 19.357.203,71 EUR und eine Kapitalertragsteuer von
1.935.720 EUR ergab.
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Mit seiner Klage begehrte der Kläger
eine Festsetzung der Kapitalertragsteuer auf 855.114 EUR. Er war
nunmehr der Auffassung, nur die Vorabausschüttung des
Jahresgewinns 2002 führe zu kapitalertragsteuerpflichtigen
Einkünften. Die Klage hatte insoweit Erfolg, als das Hessische
Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 7.10.2009 4 K 3240/06 die
Kapitalertragsteuer 2002 auf 1.201.289 EUR festsetzte. Im
Übrigen wies es die Klage ab. Es hielt die
Vorabausschüttung des Jahresgewinns 2002 in Höhe von
7.649.001,74 EUR und den Rückzahlungsanspruch in Höhe von
4.363.890,44 EUR für kapitalertragsteuerpflichtig. Im
Übrigen sei der Gewinn 2002 den Rücklagen zugeführt
worden. Die Ausschüttung der übrigen Beträge
führe nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Das
Urteil des FG ist in EFG 2010, 1319 = SIS 10 19 50
veröffentlicht.
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Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung materiellen Rechts; das FG habe zu Unrecht den
Bilanzgewinn 2001 (6.904.734,05 EUR) und die Herabsetzung des
Stammkapitals (2.761.282,93 EUR) nicht in die Bemessungsgrundlage
der Kapitalertragsteuer einbezogen. Das FA beantragt, das Urteil
des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Feststellungen des
FG ermöglichen keine abschließende Beurteilung, in
welcher Höhe die Kapitalertragsteuer festzusetzen ist.
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1. Von Kapitalerträgen i.S. des § 20
Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG
2002) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag
erhoben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG 2002). Als
Gläubiger der Kapitalerträge und damit als Schuldner der
Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002) gilt in
diesen Fällen gemäß § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG
2002 die juristische Person des öffentlichen Rechts; der BgA
gilt als Schuldner der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer
entsteht, auch soweit sie auf verdeckte Gewinnausschüttungen
(vGA) entfällt, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr
vorgenommen worden sind, im Zeitpunkt der Bilanzerstellung; sie
entsteht spätestens acht Monate nach Ablauf des
Wirtschaftsjahrs; in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b Satz 2 EStG 2002 entsteht sie am Tag nach der
Beschlussfassung über die Verwendung (§ 44 Abs. 6 Satz 2
EStG 2002). Die Kapitalertragsteuer ist gemäß § 44
Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 EStG 2002 von der die
Kapitalerträge auszahlenden Stelle für Rechnung des
Gläubigers der Kapitalerträge einzubehalten.
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2. Zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b
EStG 2002 gehören bei nicht von der Körperschaftsteuer
befreiten BgA i.S. des § 4 KStG 2002 ohne eigene
Rechtspersönlichkeit unter den weiteren in der Vorschrift
genannten Voraussetzungen der nicht den Rücklagen
zugeführte Gewinn und vGA. Die Auflösung der
Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA führt zu
einem Gewinn i.S. des Satzes 1. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b
EStG 2002 enthält eine Ausschüttungsfiktion, denn
aufgrund der fehlenden rechtlichen Selbständigkeit des BgA
kann eine tatsächliche Gewinnausschüttung an die
Trägerkörperschaft nicht erfolgen (BTDrucks 14/2683, S.
114 f.).
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3. Der BgA „...“ ist
rechtlich unselbständig, ermittelt seinen Gewinn durch
Betriebsvermögensvergleich und hat im Wirtschaftsjahr 2002,
das dem Kalenderjahr entspricht, einen Gewinn in Höhe von
40.212.574,54 EUR erzielt. Dieser Gewinn führt
gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 beim
Kläger grundsätzlich zu Einkünften aus
Kapitalvermögen, sofern er nicht den Rücklagen
zugeführt wurde.
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4. Nach den Feststellungen des FG unterliegt
der BgA dem Hessischen Eigenbetriebsgesetz. Während bei
Regiebetrieben Einnahmen und Ausgaben unmittelbar in den
allgemeinen Haushalt der Trägerkörperschaft fließen
und von dort bestritten werden, kann die
Trägerkörperschaft auf die im Eigenbetrieb erzielten
Gewinne nicht unmittelbar zugreifen (vgl. Senatsurteil vom
23.1.2008 I R 18/07, BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67). Denn es handelt sich um eine organisatorisch und
haushaltsmäßig verselbständigte Einrichtung, die
finanzwirtschaftlich Sondervermögen der
Trägerkörperschaft ist. Erst wenn das hierfür
zuständige Gremium - im Streitfall der Kreistag -
beschließt, den Gewinn ganz oder teilweise in den allgemeinen
Haushalt der Trägerkörperschaft zu überführen,
kann die Trägerkörperschaft hierüber
verfügen.
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Hieraus folgt, dass in Eigenbetrieben erzielte
Gewinne, deren Überführung in den allgemeinen Haushalt
noch nicht beschlossen wurde und die auch nicht ohne einen
entsprechenden Beschluss tatsächlich an die
Trägerkörperschaft zur allgemeinen Verwendung geleistet
wurden (vGA), noch nicht zu Einkünften i.S. des § 20 Abs.
1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 führen, sondern als den
Rücklagen zugeführt gelten.
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Soweit die Verwaltung (Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 8.8.2005, BStBl I 2005,
831 = SIS 05 36 13) die Bildung von Rücklagen in Abkehr von
ihrer bisherigen Auffassung (BMF-Schreiben vom 11.9.2002, BStBl I
2002, 935 = SIS 02 95 25) nur zulassen will, wenn die Zwecke des
BgA ohne die Rücklagenbildung nachhaltig nicht erfüllt
werden können, folgt dem der Senat für Eigenbetriebe
nicht (gleicher Ansicht Bott, DStZ 2009, 710, 724). § 20 Abs.
1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002, dessen Wortlaut eine dementsprechende
Einschränkung nicht enthält, bezweckt, die juristische
Person des öffentlichen Rechts mit ihrer wirtschaftlichen
Betätigung durch den rechtlich unselbständigen BgA im
Ergebnis derselben Steuerbelastung zu unterwerfen wie
Anteilseigner, die sich wirtschaftlich über eine
Kapitalgesellschaft betätigen (BTDrucks 14/2683, S. 114; vgl.
Senatsurteil in BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67).
Der im BgA erzielte Gewinn wird daher einer zusätzlichen
Kapitalertragsteuerbelastung unterworfen. Solange der in einem
Eigenbetrieb erzielte Gewinn der Trägerkörperschaft aber
nicht zur Verwendung im allgemeinen Haushalt zur Verfügung
gestellt wird, kann diese hierauf ebenso wenig zugreifen wie in der
vergleichbaren Situation der Anteilseigner einer
Kapitalgesellschaft auf den Gewinn der Gesellschaft. Insoweit
unterscheiden sich Regie- und Eigenbetriebe. Über Gewinne
eines Regiebetriebs kann die Trägerkörperschaft
unmittelbar verfügen, sodass es gerechtfertigt ist,
Rücklagen nur zuzulassen, wenn dies betrieblich erforderlich
ist.
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5. Der Kreistag hat am 23.9.2002 eine
Vorabausschüttung des Jahresgewinns 2002 in Höhe von
7.649.001,74 EUR beschlossen. Zutreffend hat das FG angenommen,
dass insoweit grundsätzlich kapitalertragsteuerpflichtige
Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002
vorliegen. In dieser Höhe ist der Gewinn des Jahres 2002 nicht
den Rücklagen zugeführt, sondern in den allgemeinen
Haushalt des Klägers ausgeschüttet worden. Ob es sich um
eine vGA oder eine offene Ausschüttung handelt, kann
dahingestellt bleiben, weil die Rechtsfolgen hier wie dort gleich
sind. Die Kapitalertragsteuer entsteht sowohl für offene
Ausschüttungen als auch für vGA im Zeitpunkt der
Bilanzerstellung, spätestens jedoch acht Monate nach Ablauf
des Wirtschaftsjahrs (§ 44 Abs. 6 Satz 2 EStG 2002).
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6. Das FG hat angenommen, der Kläger habe
auch insoweit Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, als
ihm durch Beschluss des Kreistages vom 24.2.2003 ein
Rückzahlungsanspruch von 4.363.890,44 EUR eingeräumt
worden ist. Dies trifft zwar zu. Denn ab diesem Zeitpunkt konnte
der Kläger über diesen Teil des Gewinns frei
verfügen und es stand fest, dass eine Gewinnrücklage
nicht gebildet werden sollte. Dieser Sachverhalt war aber nicht
Gegenstand der angefochtenen Kapitalertragsteuerfestsetzung und
damit auch nicht Gegenstand der Anfechtungsklage vor dem FG.
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Während Körperschaftsteuer- und
Einkommensteuerbescheide sämtliche Einkünfte erfassen,
die innerhalb des Veranlagungszeitraums bezogen werden, werden der
Kapitalertragsteuer nur einzelne Einkünfte unterworfen. Die
Anmeldung der Kapitalertragsteuer gemäß § 45a
i.V.m. § 44 Abs. 1 und Abs. 6 EStG 2002 ist deswegen ebenso
wie die davon abweichende Nachforderung durch einen
Festsetzungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung unbeschadet des in § 44 Abs. 1 Satz 5 EStG 2002
geregelten Anmeldungszeitraums sachverhalts- und nicht
zeitraumbezogen ausgestaltet. Bei Zusammenfassung mehrerer
Zahlungen in einer Anmeldung oder in einem Nachforderungsbescheid
handelt es sich mithin um einen sog. Sammelbescheid; es liegen
mehrere Streitgegenstände vor. Im Streitfall hat das FA zwar -
insoweit missverständlich - den angefochtenen
Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer mit
„Zeitraum 2002“ bezeichnet. Es hat aber im
Bescheid jene Vorgänge, die es als
kapitalertragsteuerpflichtig beurteilt hat, im Einzelnen benannt:
die Herabsetzung des Stammkapitals, die Ausschüttung des
Gewinns 2001 und die Vorabausschüttung des Gewinns 2002.
Streitgegenstand kann daher auch nur die Frage sein, ob diese
Ausschüttungen eine Kapitalertragsteuerpflicht auslösen,
nicht aber, ob weitere, bislang nicht einbezogene
steuerauslösende Beträge aus dem Gewinn des Jahrs 2002
kapitalertragsteuerpflichtig sind.
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7. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die
Ausschüttung des Bilanzgewinns 2001 in Höhe von
6.904.734,05 EUR nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen
i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 geführt
hat.
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a) Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b Satz 2 EStG 2002 führt die Auflösung von
Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA zu
Einkünften aus Kapitalvermögen. Da die Vorschrift im
Wirtschaftsjahr 2002 anwendbar ist (§ 52 Abs. 37a Satz 2 EStG
2002/1997 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und
zur Reform der Unternehmensbesteuerung - StSenkG - vom 23.10.2000,
BGBl I 2000, 1433), hat der Kläger Einkünfte aus
Kapitalvermögen in dieser Höhe erzielt, für die
Kapitalertragsteuer am Tag nach der Beschlussfassung über die
Verwendung entstanden ist (§ 44 Abs. 6 Satz 2 EStG 2002).
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b) Der Senat hat allerdings mit Urteil vom
11.7.2007 I R 105/05 (BFHE 218, 327, BStBl II 2007, 841 = SIS 07 29 00) entschieden, dass Gewinne eines BgA ohne eigene
Rechtspersönlichkeit, die - bei kalenderjahrgleichem
Wirtschaftsjahr - 2001 erwirtschaftet werden, noch nicht zu
Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Dem lag die
Erwägung zu Grunde, dass der Gewinn des BgA und die
Einkünfte aus Kapitalvermögen wegen der rechtlichen
Identität der Trägerkörperschaft und des BgA
zeitgleich erzielt würden. Diese zu einem Regiebetrieb
entwickelte Annahme ist auf den hier vorliegenden Fall des
Eigenbetriebs nicht übertragbar. Wie vorstehend unter II.4.
und im Senatsurteil in BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67, unter II.2.b cc ausgeführt, kann die
Trägerkörperschaft auf in Eigenbetrieben erwirtschaftete
Gewinne - ähnlich dem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft
- erst zugreifen, wenn der Gewinn durch Ausschüttungsbeschluss
oder vGA an die Trägerkörperschaft für Zwecke
außerhalb des BgA überführt wird. Dies rechtfertigt
es, auch erst zu diesem Zeitpunkt von einer Verwirklichung des
Tatbestands des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002
auszugehen. Soweit sich die Ausführungen im Senatsurteil in
BFHE 218, 327, BStBl II 2007, 841 = SIS 07 29 00 unterschiedslos
auf alle BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit beziehen,
hält der Senat daran mithin nicht fest.
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c) § 52 Abs. 37a Satz 2 EStG 1997 i.d.F.
des StSenkG stellt entgegen der Auffassung des Klägers den vom
BgA erzielten Gewinn 2001 nicht unabhängig davon frei, wann er
der Trägerkörperschaft zugeflossen ist. Der Wortlaut der
Regelung könnte zwar diese Deutung zulassen. Dies ließe
aber außer Acht, dass § 52 Abs. 37a EStG 1997 i.d.F. des
StSenkG eine Überleitungsvorschrift zu § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StSenkG ist und folglich nur
regeln kann, wann die Trägerkörperschaft erstmals
Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. § 52 Abs. 37a
Satz 2 EStG 1997 i.d.F. des StSenkG ist daher dahingehend
auszulegen, dass die Trägerkörperschaft - bei
kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr - erstmals in 2002 (fiktiv)
zugeflossene Gewinne ihrer BgA als Einkünfte aus
Kapitalvermögen versteuern muss. Wird der Gewinn 2001 eines
Eigenbetriebs weder im Wege der vGA noch durch
Vorabausschüttung an die Trägerkörperschaft
ausgeschüttet, sondern erst durch Gewinnverwendungsbeschluss
im Jahr 2002 der Trägerkörperschaft zugewiesen oder wird
er zur Gänze zunächst den Rücklagen zugeführt
und später aufgelöst, steht § 52 Abs. 37a Satz 2
EStG 1997 i.d.F. des StSenkG der Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr.
10 Buchst. b Satz 2 EStG 2002 nicht entgegen. Nur diese Auslegung
meidet Wertungswidersprüche zu § 52 Abs. 37a Satz 1 EStG
1997 i.d.F. des StSenkG, nach der bei rechtlich selbständigen
BgA die Trägerkörperschaft erstmals Leistungen als
Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1
Nr. 10 Buchst. a EStG 1997 i.d.F. des StSenkG versteuern muss, die
- bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr - im Wirtschaftsjahr
2002 der Trägerkörperschaft zufließen. Es ist nicht
ersichtlich, dass der Gesetzgeber abweichend hiervon bei rechtlich
unselbständigen BgA den im ersten Jahr des
Halbeinkünfteverfahrens erzielten Gewinn gänzlich als
Einkünfte aus Kapitalvermögen freistellen wollte.
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8. Ob die Herabsetzung des Nennkapitals eine
Vorabausschüttung des Gewinns 2002 ist und damit im Grundsatz
zu kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünften aus
Kapitalvermögen führt, hängt davon ab, ob diese nach
den landesrechtlichen Vorschriften zulässig war.
Feststellungen zum einschlägigen Landesrecht hat das FG - aus
seiner rechtlichen Sicht zu Recht - nicht getroffen. Da die
Feststellung von Landesrecht zu den tatsächlichen
Feststellungen gehört (§ 118 Abs. 2 FGO), kann der Senat
sie nicht selbständig treffen. Sollte eine Herabsetzung des
Nennkapitals und zeitnahe Heraufsetzung des Nennkapitals in nahezu
gleicher Höhe nach den einschlägigen landesrechtlichen
Vorschriften zulässig gewesen sein, führte dies zu einem
Zugang auf dem steuerlichen Einlagekonto in Höhe des
Nennkapitals und einem entsprechenden Abgang, ohne dass die
Verwendungsreihenfolge des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 1999 n.F.
zu beachten ist (§ 27 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 28 Abs. 2
Satz 2 KStG 1999 n.F.; Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 27 KStG Rz 150; Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 28 Rz
21a). Es läge dann eine steuerfreie
Einlagenrückgewähr vor. War hingegen die Herabsetzung des
Nennkapitals und die unverzügliche nachfolgende Heraufsetzung
landesrechtlich nicht erlaubt, handelt es sich um eine
kapitalertragsteuerpflichtige Vorabausschüttung des Gewinns
2002.
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9. In welcher Höhe der Kläger
steuerpflichtige Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b EStG 2002 erzielt hat, hängt auch von den
Beständen des steuerlichen Einlagekontos des BgA zum
31.12.2001 ab. Denn steuerpflichtige Einkünfte liegen insoweit
nicht vor, als für die Ausschüttungen Beträge aus
dem steuerlichen Einlagekonto des BgA i.S. des § 27 KStG 2002
als verwendet gelten (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5
i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG 2002; vgl. Senatsurteil vom 9.6.2010 I R
43/09, BFH/NV 2010, 2117 = SIS 10 32 65, a.E.). Das FG hat hierzu
keine Feststellungen getroffen; aus den Akten ist aber ersichtlich
und wurde so von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung
auch bestätigt, dass der Stand zum 31.12.2001 19.684.971,28
EUR betragen hat.
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a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3
KStG 2002 mindern Leistungen der Kapitalgesellschaft mit Ausnahme
der Rückzahlung von Nennkapital i.S. des § 28 Abs. 2 Satz
2 KStG 2002 das steuerliche Einlagekonto nur, soweit die Summe der
im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen den auf den Schluss des
vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelten ausschüttbaren
Gewinn übersteigt. Als ausschüttbarer Gewinn gilt das um
das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene
Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen
Einlagekontos (§ 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002). Diese
Vorschriften gelten sinngemäß auch für BgA (§
27 Abs. 7 KStG 2002), die seit Einführung des § 20 Abs. 1
Nr. 10 Buchst. b EStG 1997 i.d.F. des StSenkG ebenfalls
verpflichtet sind, ein steuerliches Einlagekonto zu führen
(vgl. Senatsurteil vom 21.8.2007 I R 78/06, BFHE 218, 515, BStBl II
2008, 317 = SIS 08 08 14).
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b) Der Kreistag hat am 23.9.2002 beschlossen,
insgesamt 37 Mio. EUR an den Kläger auszuschütten.
Insoweit handelt es sich mit Ausnahme der Herabsetzung des
Stammkapitals - sofern diese Herabsetzung landesrechtlich wirksam
ist - sämtlich um Leistungen, die in die Verwendungsrechnung
des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 einzubeziehen sind. Denn
unter Leistungen sind alle Auskehrungen an die Gesellschafter - bei
BgA an die Trägerkörperschaft - zu verstehen, die ihre
Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben (Senatsurteil in
BFH/NV 2010, 2117 = SIS 10 32 65; BMF-Schreiben vom 4.6.2003, BStBl
I 2003, 366 = SIS 03 28 90, Tz. 11). Erfasst werden dabei
Leistungen, die im Wirtschaftsjahr erbracht, d.h. abgeflossen sind.
Bezogen auf BgA, die als Eigenbetriebe geführt werden,
bedeutet dies, dass sämtliche Transferleistungen des BgA an
seine Trägerkörperschaft, die nicht auf der Grundlage
eines steuerlich anzuerkennenden (fiktiven) gegenseitigen Vertrages
erbracht werden, Leistungen i.S. des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG
2002 sind. Das Gesetz enthält zwar in § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b EStG 2002 eine Ausschüttungsfiktion; im Rahmen der
Verwendungsrechnung des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 kommt es
aber - jedenfalls bei Eigenbetrieben - auf den tatsächlichen
Abfluss an. Damit werden BgA, die als Eigenbetriebe geführt
werden, im Verhältnis zu ihrer Trägerkörperschaft
wie selbständige Kapitalgesellschaften behandelt. Wie bei
beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft führt
allerdings allein der Ausschüttungsbeschluss zu einem Abfluss
der entsprechenden Leistung beim BgA und damit zu einer Minderung
des steuerlichen Einlagekontos (Urteil des Bundesfinanzhofs vom
17.11.1998 VIII R 24/98, BFHE 187, 292, BStBl II 1999, 223 = SIS 99 06 01).
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c) Da der Stand des steuerlichen Einlagekontos
zum 31.12.2001 19.684.971,28 EUR beträgt, hat bereits die
Auskehrung der allgemeinen Rücklagen und des Bilanzgewinns bis
einschließlich 2000 der Höhe nach das steuerliche
Einlagekonto vollständig aufgezehrt. Da das steuerliche
Einlagekonto nicht negativ werden kann (Senatsurteile vom 6.10.2009
I R 24/08, BFH/NV 2010, 248 = SIS 10 01 83; in BFH/NV 2010, 2117 =
SIS 10 32 65), ist ausgeschlossen, dass die übrigen
Ausschüttungen (Bilanzgewinn 2001, Vorabausschüttung
Jahresgewinn 2002 und ggf. die Herabsetzung des Stammkapitals,
falls diese landesrechtlich nicht anzuerkennen ist) aus dem
steuerlichen Einlagekonto finanziert wurden.
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10. Das FG ist von anderen rechtlichen
Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben. Die
Sache ist aus den dargelegten Gründen nicht spruchreif und
daher an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen. Das FG wird bei der anderweitig
festzusetzenden Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen haben,
dass sich die Kapitalertragsteuer aus dem Ausschüttungsbetrag
zuzüglich der Kapitalertragsteuer ermittelt.
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