Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.6.2013 6 K 2867/11 KE, F
= SIS 13 23 99 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu
tragen.
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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger), ein Landkreis, ist als Kommanditist an der Abfall...
mbH & Co. KG (KG) beteiligt. Die KG betrieb in den Streitjahren
2002 bis 2007 ein Abfallentsorgungszentrum, in dem u.a. der im
Landkreis anfallende Hausmüll entsorgt wird. Die Beteiligung
des Klägers an der KG wurde als Betrieb gewerblicher Art (BgA)
behandelt. Die Errichtung des Entsorgungszentrums finanzierte die
KG mit Krediten. Der Kreis verbürgte sich für deren
Rückzahlung und erhielt dafür in den Streitjahren
Avalprovisionen, die in den für die KG ergangenen
Gewinnfeststellungsbescheiden als Sonderbetriebseinnahmen
berücksichtigt wurden.
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Die Beteiligungseinkünfte wurden beim
BgA der Körperschaftsteuer unterworfen. Nachdem keine
Kapitalertragsteueranmeldungen abgegeben worden waren, setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gegen den
Kläger fest. Hierbei ging das FA davon aus, dass die
Avalprovisionen zum Gewinn des BgA gehören und folglich als
Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b des
Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) i.d.F. des Gesetzes zur
Förderung von Kleinunternehmern und zur Verbesserung der
Unternehmensfinanzierung (Kleinunternehmerförderungsgesetz)
vom 31.7.2003 (BGBl I 2003, 1550, BStBl I 2003, 398) - EStG 2002
n.F. - dem Steuerabzug unterliegen. Einspruch und Klage blieben
erfolglos. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf folgte der
Auffassung des FA im Wesentlichen. Das Urteil ist in EFG 2013, 1509
= SIS 13 23 99 veröffentlicht.
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Dagegen wendet sich der Kläger mit
seiner Revision, mit der er eine Verletzung des § 20 Abs. 1
Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 n.F. rügt.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz und die
angefochtenen Steuerbescheide aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat rechtsfehlerfrei
entschieden, dass Kapitalertragsteuer auch auf die Avalprovisionen
zu erheben ist.
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1. Zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen gehört gemäß § 20 Abs. 1
Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 n.F. unter weiteren hier nicht
streitigen Voraussetzungen auch der nicht den Rücklagen
zugeführte Gewinn eines nicht von der Körperschaftsteuer
befreiten Betriebs gewerblicher Art i.S. des § 4 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) ohne eigene
Rechtspersönlichkeit.
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Diese Kapitaleinkünfte unterlagen in den
Streitjahren gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c,
§ 43a Abs. 1 Nr. 6, § 44 Abs. 6 Satz 1 und 4 EStG 2002
n.F. einer 10 %-igen Kapitalertragsteuer, deren Schuldner die
juristische Person des öffentlichen Rechts als
Trägerkörperschaft des BgA ist. Die
Körperschaftsteuer der mit diesen abzugspflichtigen
Kapitaleinkünften gemäß § 2 Nr. 2 KStG 2002
i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher
Vorschriften - Steueränderungsgesetz 2003 - (BGBl I 2003,
2645, BStBl I 2003, 710) - KStG 2002 n.F. - beschränkt
steuerpflichtigen Trägerkörperschaft ist durch die
Kapitalertragsteuer abgegolten (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG
2002).
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Betriebe gewerblicher Art sind nach § 4
Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 - mit Ausnahme der Hoheitsbetriebe (vgl.
§ 4 Abs. 5 KStG 2002) - alle Einrichtungen, die einer
nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von
Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und
die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen
Person wirtschaftlich herausheben.
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2. Nach diesen Maßstäben sind die
angegriffenen Kapitalertragsteuerbescheide nicht zu
beanstanden.
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a) Sondervergütungen, wie die im
Streitfall bezogenen Avalprovisionen (Schmidt/Wacker, EStG, 34.
Aufl., § 15 Rz 594) gehören zu den gewerblichen
Einkünften eines - einzigen - BgA und unterliegen deshalb auf
der Ebene des BgA der Körperschaftsteuer und auf der Ebene der
Trägerkörperschaft dem abgeltenden
Kapitalertragsteuerabzug.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des
Reichsfinanzhofs (RFH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die
Beteiligung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an
einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ein Betrieb
gewerblicher Art (RFH-Urteil vom 8.11.1938 I 347/38, RFHE 45, 155,
RStBl 1939, 301; BFH-Urteile vom 6.4.1973 III R 78/72, BFHE 109,
266, BStBl II 1973, 616 = SIS 73 03 25; vom 9.5.1984 I R 25/81,
BFHE 141, 252, BStBl II 1984, 726 = SIS 84 17 34). Dies beruht auf
der Vorstellung, dass die aus der Beteiligung bezogenen
Gewinnanteile Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb
darstellen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002) und dass die
einzelnen Mitunternehmer nach dem System der Besteuerung von
Mitunternehmerschaften selbst als Gewerbetreibende und
Steuersubjekte behandelt werden. Mit der Erzielung von
Einkünften aus Gewerbebetrieb werden somit
regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des
§ 4 Abs. 1 KStG 2002 erfüllt, begrifflich ist
insbesondere auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung
überschritten (vgl. Senatsurteile vom 25.5.2011 I R 60/10,
BFHE 234, 59, BStBl II 2011, 858 = SIS 11 24 26, zum insoweit
vergleichbaren Fall des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs; in
BFHE 141, 252, BStBl II 1984, 726 = SIS 84 17 34; Meier/Semelka in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 KStG Rz 24, 28).
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bb) Zu den Einnahmen, die die juristische
Person aus ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit als
Mitunternehmerin einer gewerblich tätigen Personengesellschaft
erzielt, gehören nicht nur die Gewinnanteile, sondern auch die
Sondervergütungen. Denn die wirtschaftliche Tätigkeit ist
eine einheitliche und die gewerblichen Einkünfte des
Mitunternehmers im Rahmen der Beteiligung umfassen deshalb beides,
sowohl die Gewinnanteile als auch die Sondervergütungen (vgl.
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3.7.1995 GrS 1/93,
BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 = SIS 95 19 11; Schmidt/Wacker,
a.a.O., § 15 Rz 163, 167).
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cc) Aus dem Senatsurteil in BFHE 234, 59,
BStBl II 2011, 858 = SIS 11 24 26, wonach die Beteiligung einer
gemeinnützigen Körperschaft an einer gewerblich
geprägten Personengesellschaft kein wirtschaftlicher
Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 der Abgabenordnung ist,
kann der Kläger keine für ihn günstigen Rechtsfolgen
ableiten. Die im Streitfall zu würdigende Beteiligung der
öffentlichen Hand an einer gewerblich tätigen
Personengesellschaft ist mit einer Beteiligung an einer bloß
gewerblich geprägten Personengesellschaft nicht vergleichbar.
Im letztgenannten Fall übt die Personengesellschaft
vermögensverwaltende Tätigkeiten aus, die erst durch eine
gesetzliche Fiktion zu gewerblichen Einkünften führen.
Demgegenüber geht es im Streitfall um originär
gewerbliche Tätigkeiten, die die öffentliche Hand als
Mitunternehmer selbst ausübt und aus der sie Gewinnanteile und
Sondervergütungen als gewerbliche Einkünfte bezieht.
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dd) Nur mit einer solchen Betrachtungsweise
kann die Einmalbesteuerung des von der Personengesellschaft
erzielten Gewinnes sichergestellt und dem Zweck des § 4 KStG
2002 entsprochen werden (Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 4 Rz 6
und 50, m.w.N.). Die Einmalbesteuerung des Gewinns ist aus
Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung geboten (vgl.
RFH-Urteil in RFHE 45, 155, RStBl 1939, 301).
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Bei Privatrechtssubjekten, die sich in
vergleichbarer Weise wie der Kläger unternehmerisch
engagieren, unterliegt der Gewinn der Personengesellschaft anteilig
bei den Beteiligten der Einkommensteuer oder der
Körperschaftsteuer. Hinzu tritt die Gewerbesteuerbelastung auf
der Ebene der Personengesellschaft (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 des
Gewerbesteuergesetzes 2002), die den Gesamtgewinn der
Mitunternehmerschaft (Gesamthands- und Sonderbereich) erfasst (vgl.
z.B. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 400 ff.). Würde die
Beteiligung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts
an der Personengesellschaft nicht als steuerpflichtiger BgA
qualifiziert, käme es mangels subjektiver Einkommen- oder
Körperschaftsteuerpflicht dieser juristischen Person zu keiner
Ertragsbesteuerung, was der unternehmerisch tätigen
öffentlichen Hand offenkundig Wettbewerbsvorteile verschaffen
würde.
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Dieser Gleichbehandlungsgedanke gebietet es
aber auch, nicht nur die Besteuerung der Gewinnanteile, sondern
auch der Sondervergütungen bei mitunternehmerischer
Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts
sicherzustellen (gleicher Auffassung Krämer in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer,
§ 4 KStG Rz 51). Denn Privatrechtssubjekte müssen die
Sondervergütungen als Teil ihrer gewerblichen Einkünfte
ebenfalls der Ertragsbesteuerung unterwerfen.
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ee) Schließlich ist auch die
Nachbelastung der gesamten Einkünfte des BgA auf der Ebene der
Trägerkörperschaft geboten. Die ausweislich der
Klagebegründung vom Kläger konzedierte Erfassung der
Sondervergütungen beim BgA und der damit einhergehenden
Körperschaftsteuerbelastung auf der Ebene der
Trägerkörperschaft (erster Belastungsschritt) muss
konsequent durchgehalten werden, um das von § 4 KStG 2002
verfolgte Gleichbehandlungsziel zu erreichen. § 20 Abs. 1 Nr.
10 Buchst. b EStG 2002 n.F. verfolgt den Zweck, durch die Fiktion
einer steuerpflichtigen Ausschüttung des von einem BgA ohne
eigene Rechtspersönlichkeit erzielten Gewinns an die
Trägerkörperschaft die vom Gesetzgeber gewollte
steuerliche Gesamtbelastung des - fiktiv ausgeschütteten -
Gewinns auf der Ebene des Anteilseigners herzustellen (zweiter
Belastungsschritt; vgl. Senatsurteile vom 16.11.2011 I R 108/09,
BFHE 236, 48, BStBl II 2013, 328 = SIS 12 04 55; vom 23.1.2008 I R
18/07, BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67; Intemann
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 340, m.w.N.;
Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die
Körperschaftsteuer, § 4 KStG Rz 240). Ohne eine solche
Nachbelastung auf der Ebene der Trägerkörperschaft, die
insoweit dem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft entspricht,
wäre die öffentliche Hand wiederum gegenüber
Privatrechtssubjekten privilegiert. Denn beteiligen sich
Kapitalgesellschaften an gewerblich tätigen
Personengesellschaften, dann erhöhen die Gewinnanteile und
Sondervergütungen den körperschaftsteuerlichen Gewinn und
es kommt im Falle der Ausschüttung zur Nachbelastung auf der
Ebene des Anteilseigners (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002). Bei
der besonderen Konstellation des aus der Beteiligung der
öffentlichen Hand an einer gewerblich tätigen
Personengesellschaft entstehenden BgA muss der Begriff des Gewinns
dieses BgA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002
n.F. (hierzu Senatsurteil vom 11.9.2013 I R 77/11, BFHE 242, 481,
BStBl II 2015, 161 = SIS 13 30 39) im Lichte der vorstehend
beschriebenen Zwecksetzung modifizierend verstanden werden; er
erfasst auch die Sondervergütungen (vgl. Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 9.1.2015, BStBl I 2015, 111 =
SIS 15 00 06, Rz 31; Bott, DStZ 2015, 112; Schiffers, DStZ 2015,
144).
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b) Es kann dahinstehen, ob Abfallbeseitigung
eine hoheitliche Tätigkeit i.S. des § 4 Abs. 5 KStG 2002
darstellt. Denn die Beteiligung an einer gewerblich tätigen
Mitunternehmerschaft begründet immer einen BgA, auch wenn
deren Gegenstand bei der juristischen Person des öffentlichen
Rechts keinen BgA darstellen würde (R 6 Abs. 2 Satz 2 und 4
KStH 2004; Musil in Mössner/Seeger,
Körperschaftsteuergesetz, § 4 Rz 135; Meier/ Semelka in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 KStG Rz 30).
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c) Auch die weiteren von der Revision ins Feld
geführten Argumente überzeugen nicht. Dass
Privatrechtssubjekte ihre Sonderbetriebsverluste zur Verrechnung
mit positiven Einkünften anderer Art nutzen können, zeigt
keine Schlechterstellung der öffentlichen Hand auf. Es handelt
sich lediglich um die Kehrseite der prinzipiellen
Ertragsteuerfreiheit der öffentlichen Hand, die
außerhalb ihrer Betriebe gewerblicher Art im Unterschied zu
Privaten nichts zu versteuern hat. Die außerdem von der
Revision monierte Ungleichbehandlung, dass Avalprovisionen bei
einer Beteiligung der öffentlichen Hand an einer
Kapitalgesellschaft auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als
Betriebsausgaben abzugsfähig wären und deswegen im
Unterschied zum Streitfall unbesteuert blieben, liegt zwar vor.
Diese Ungleichbehandlung ist aber eine typische Folge der fehlenden
Rechtsformneutralität des geltenden Steuerrechts, wonach
Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in vielfacher Weise anders
behandelt werden als Beteiligungen an Personengesellschaften (dazu
anschaulich Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9.
Aufl., S. 1027 ff.). Daran können nur - verfassungsrechtlich
aber grundsätzlich nicht gebotene (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116,
164 = SIS 06 33 60) - Maßnahmen des Gesetzgebers etwas
ändern.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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