1
|
I. Die Beteiligten streiten im
Revisionsverfahren um den festzustellenden Bestand des steuerlichen
Einlagekontos eines von der Klägerin und Revisionsbeklagten
(Klägerin) - einer Stadt - als Regiebetrieb geführten
Betriebs gewerblicher Art (BgA) zum 31. Dezember der Jahre 2002 bis
2004 und - daraus abgeleitet - darum, in welchem Umfang für
eine im Jahr 2005 vorgenommene verdeckte Gewinnausschüttung
(vGA) des BgA Kapitalertragsteuer angefallen ist, für welche
die Klägerin als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen
wird.
|
|
|
2
|
Die Klägerin unterhält einen
Bäderbetrieb als BgA. Dieser ermittelt seinen Gewinn durch
Bestandsvergleich. Bis einschließlich des Jahres 2003
führte die Klägerin den BgA als rechtlich und
wirtschaftlich unselbständigen Regiebetrieb. Seit 2004 wird er
als finanzwirtschaftliches Sondervermögen (Eigenbetrieb)
betrieben.
|
|
|
3
|
Zum Betriebsvermögen des BgA
gehörte eine Beteiligung der Klägerin an der V-GmbH. Die
V-GmbH schüttete ihre nach Verlustverrechnung verbleibenden
Gewinne in den Jahren 2003 (901.882 EUR) und 2004 (2.058.550 EUR)
an den BgA, im Jahr 2005 (4.303.572 EUR) unmittelbar an die
Stadtkasse der Klägerin aus; Kapitalertragsteuer führte
sie zunächst ab, machte die entsprechenden Anmeldungen jedoch
im Einverständnis mit dem Beklagten und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) rückgängig, weil es sich um
Kapitalrückzahlungen handele.
|
|
|
4
|
Das FA nahm beim BgA in Höhe der
Ausschüttungen jeweils Abschreibungen auf den Wert der
Beteiligung an der V-GmbH vor. Die damit verbundenen
Vermögensminderungen behandelte es als vGA, die zu
entsprechenden Minderungen des steuerlichen Einlagekontos
führten.
|
|
|
5
|
Im Übrigen stellte das FA den Bestand
des steuerlichen Einlagekontos des BgA zum 31.12.2002 und zum
31.12.2003 jeweils in der Weise fest, dass es die sich zu diesen
Zeitpunkten bei der steuerlichen Gewinnermittlung jeweils
ergebenden Verluste (1.292.445 EUR und 1.176.535 EUR) dem
Einlagekonto nicht hinzurechnete, obschon der BgA in dieser Zeit
noch als Regiebetrieb geführt wurde. Auf Grundlage dieser
Berechnungsweise ergab sich letztmalig zum 31.12.2004 ein positiver
Endbestand des steuerlichen Einlagekontos des BgA von 624.151 EUR
und führte die im Folgejahr angesetzte vGA von 4.303.572 EUR
zu einem kapitalertragsteuerpflichtigen Gewinntransfer an die
Klägerin als Trägerkörperschaft nach § 20 Abs.
1 Nr. 10 Buchst. b i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c des
Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) in Höhe von 3.679.421 EUR.
Dementsprechend nahm das FA die Klägerin mit Haftungsbescheid
für nicht abgeführte Kapitalertragsteuer 2005 in
Höhe von 367.942,10 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag 2005
in Höhe von 20.236,82 EUR in Anspruch.
|
|
|
6
|
Die u.a. gegen den Haftungsbescheid und
gegen die gesonderten Feststellungen des Bestands des steuerlichen
Einlagekontos des BgA zum 31. Dezember der Jahre 2001 bis 2006
gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG)
Düsseldorf hat die Bestände des Einlagekontos zum
31.12.2001 auf 1.311.823 EUR, zum 31.12.2002 auf 2.604.268 EUR, zum
31.12.2003 auf 5.130.317 EUR und zum 31.12.2004 auf 3.696.688 EUR
festgestellt; die Haftungsschuld über Kapitalertragsteuer 2005
hat das FG auf 60.688 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag
herabgesetzt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Sein
Urteil vom 18.10.2011 6 K 4267/09 K,F,H ist in EFG 2012, 1692 = SIS 12 17 19 abgedruckt.
|
|
|
7
|
Gegen das FG-Urteil richtet sich die
Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts geltend
gemacht wird.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, das FG-Urteil teilweise
aufzuheben, die Klage insoweit abzuweisen und das steuerliche
Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 2 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) zum 31.12.2002 auf
1.311.823 EUR, zum 31.12.2003 auf 2.661.337 EUR und zum 31.12.2004
auf 1.227.708 EUR gesondert festzustellen sowie auf den
Kapitalertrag von 3.075.864 EUR im Haftungswege eine
Kapitalertragsteuer 2005 von 307.586 EUR zzgl.
Solidaritätszuschlag festzusetzen.
|
|
|
9
|
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
II. Die Revision ist begründet und
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Zurückverweisung der Sache an
das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG hat
zwar zu Recht angenommen, dass das steuerliche Einlagekonto des BgA
gemäß § 27 Abs. 2 KStG 2002 zum 31. Dezember der
Jahre 2002 und 2003 um die Verluste zu erhöhen war, die der
BgA in diesen Wirtschaftsjahren erwirtschaftet hatte.
Maßgeblich für die Höhe der Zuführungen zum
steuerlichen Einlagekonto ist indes nicht das steuerbilanzielle,
sondern das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ermittelte
Jahresergebnis, dessen Höhe sich aus den tatrichterlichen
Feststellungen nicht ergibt. Es bedarf deswegen weiterer
Sachaufklärung. Hiernach bestimmt sich dann auch, in welchem
Umfang die Klägerin für nicht abgeführte
Kapitalertragsteuer betreffend die vom FA im Folgejahr 2005
angesetzte vGA als Haftende in Anspruch genommen werden kann.
|
|
|
11
|
1. Unbeschränkt steuerpflichtige
Kapitalgesellschaften haben die nicht in das Nennkapital
geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem
besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Das
steuerliche Einlagekonto ist ausgehend von dem Bestand des
vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und
Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben und zum Schluss
eines jeden Wirtschaftsjahrs gesondert festzustellen (§ 27
Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 KStG 2002). Dieser
Bescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die
gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt
(§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002).
|
|
|
12
|
2. Die Regelungen in § 27 Abs. 1 bis 6
KStG 2002 gelten gemäß § 27 Abs. 7 KStG 2002
sinngemäß für andere Körperschaften und
Personenvereinigungen, die Leistungen i.S. des § 20 Abs. 1
Nrn. 1, 9 und 10 EStG 2002 gewähren können. Diese
Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Nach § 20 Abs.
1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 gehören zu den Einkünften
aus Kapitalvermögen der nicht den Rücklagen
zugeführte Gewinn und vGA eines nicht von der
Körperschaftsteuer befreiten BgA i.S. des § 4 KStG 2002
ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch
Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze
erzielt, die bestimmte Grenzbeträge überschreiten. Die
Klägerin unterhielt mit dem Bäderbetrieb einen BgA ohne
eigene Rechtspersönlichkeit und ermittelte den Gewinn durch
Betriebsvermögensvergleich.
|
|
|
13
|
3. Den Bestand des Einlagekontos des BgA zum
31.12.2001 hat das FG in dem angefochtenen Urteil gesondert auf
1.311.823 EUR festgestellt. Insoweit ist das FG-Urteil nicht
angefochten worden und ist der festgestellte Betrag mithin für
das Revisionsverfahren verbindlich als Anfangsbestand des
steuerlichen Einlagekontos zum 1.1.2002 anzusetzen.
|
|
|
14
|
4. Das steuerliche Einlagekonto ist u.a. um
die in den Wirtschaftsjahren 2002 und 2003 vom BgA erzielten
Verluste zu erhöhen.
|
|
|
15
|
a) In den Jahren 2002 und 2003 führte die
Klägerin den BgA noch als Regiebetrieb. Regiebetriebe sind
rechtlich unselbständige Einheiten der
Trägerkörperschaft, die finanzwirtschaftlich nicht
Sondervermögen der Gemeinde darstellen. Demgemäß
fließen Einnahmen der Regiebetriebe - anders als bei
Eigenbetrieben - unmittelbar in den Haushalt und Ausgaben werden
unmittelbar aus dem Haushalt der Trägerkörperschaft
bestritten. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 23.1.2008 I R
18/07 (BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67)
entschieden, dass aufgrund dieser spezifischen Umstände beim
Regiebetrieb ein bilanzieller Verlustvortrag nicht möglich
ist, sondern der Verlust im Entstehungsjahr als durch Einlagen der
Gemeinde ausgeglichen gilt und deshalb zu einem entsprechenden
Zugang im Einlagekonto führt (dem folgend Verfügungen der
Oberfinanzdirektionen Magdeburg vom 28.1.2009 S 2706 a-3-St 217,
juris = SIS 09 40 53, und Niedersachsen vom 23.8.2010 S 2836-17-St
241, juris = SIS 11 01 94; Krämer in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG und EStG,
§ 4 KStG Rz 319, 358, § 27 KStG Rz 101a; Bott in Ernst
& Young, KStG, § 4 Rz 450; Frotscher in Frotscher/Maas,
KStG/GewStG/UmwStG, § 27 KStG Rz 109g; Nordmeyer in
Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 27 Rz 161;
Blümich/Werning, § 27 KStG Rz 78).
|
|
|
16
|
b) Dieser Grundsatz ist auf den Streitfall
anwendbar. Er gilt entgegen der Annahme des FA nicht nur für
Regiebetriebe, die - wie jener im Falle des Senatsurteils in BFHE
220, 357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67 - ihren Gewinn durch
Einnahmenüberschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3
EStG 2002 ermitteln. Denn die das Senatsurteil tragenden
Erwägungen bezüglich der haushaltsrechtlichen
Besonderheiten bei Regiebetrieben sind unabhängig von der im
Einzelfall gewählten Methode der Gewinnermittlung. Die Frage,
ob der in einem Wirtschaftsjahr entstandene Verlust eines BgA
für Zwecke der Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos mit
Gewinnen des Folgejahrs verrechnet werden kann oder ob er wegen der
einheitlichen Vermögenssphäre im Jahr der Entstehung
unmittelbar als von der Trägerkörperschaft ausgeglichen
zu gelten hat, stellt sich ebenso bei bilanzierenden BgA und ist
für diese in gleicher Weise zu beantworten.
|
|
|
17
|
c) Die Zuschreibung der Verluste zum
steuerlichen Einlagekonto des Regiebetriebs verstößt
entgegen der Sichtweise der Revision nicht gegen § 27 Abs. 1
Satz 4 KStG 2002 (inzwischen § 27 Abs. 1 Satz 5 KStG 2002
i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen
zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur
Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften vom
7.12.2006, BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4), wonach als
ausschüttbarer Gewinn das in der Steuerbilanz ausgewiesene (um
das gezeichnete Kapital geminderte) Eigenkapital abzgl. des
Bestands des steuerlichen Einlagekontos gilt. Aus dieser - auf
Kapitalgesellschaften zugeschnittenen - Regelung kann kein Verbot
abgeleitet werden, im Rahmen der
„sinngemäßen“ Anwendung der
Bestimmung auf in Form von Regiebetrieben geführte BgA
gemäß § 27 Abs. 7 KStG 2002 einen erwirtschafteten
Verlust als unmittelbar durch die Trägerkörperschaft
ausgeglichen anzusehen.
|
|
|
18
|
d) Die unterschiedliche Behandlung der
Verluste von einerseits Regiebetrieben und andererseits
Eigenbetrieben führt weder zu unbilligen noch zu
systemwidrigen Ergebnissen. Zwar sind die Verluste der als
Eigenbetriebe geführten BgA, die über ein
finanzwirtschaftliches Sondervermögen verfügen - wie auch
die Verluste von Kapitalgesellschaften - nicht deren steuerlichem
Einlagekonto zuzuschreiben. Jedoch dient die Führung des
Einlagekontos keinem Selbstzweck, sondern ist Hilfsmittel für
die Bemessung der Steuern auf Kapitalerträge; sie soll
verhindern, dass Rückzahlungen von Einlagen durch
Körperschaften als Einkünfte aus Kapitalvermögen
besteuert werden (vgl. Begründung des Fraktionsentwurfs eines
Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der
Unternehmensbesteuerung, BTDrucks 14/2683, S. 125). Dementsprechend
bestimmt § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 i.V.m. Nr. 1 Satz
3 EStG 2002, dass die Leistungen eines § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b EStG 2002 unterfallenden BgA nicht zu den Einnahmen aus
Kapitalvermögen gehören, soweit sie aus
Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem
steuerlichen Einlagekonto als verwendet gelten.
|
|
|
19
|
Verluste wirken sich indes auch bei
Kapitalgesellschaften und bei Eigenbetrieben - wenn auch auf andere
Weise - schmälernd auf die künftigen Einkünfte der
Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen aus: Die
Anteilseigner einer GmbH können die Ausschüttung des
Jahresgewinns nicht verlangen, wenn handelsrechtlich ein
Verlustvortrag besteht; denn nach § 29 Abs. 1 Satz 1 des
Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung haben die Gesellschafter einer GmbH Anspruch auf den
Jahresüberschuss zzgl. eines Gewinnvortrags abzgl. eines
Verlustvortrags. Auf ähnliche Weise können Eigenbetriebe
nach den Eigenbetriebsverordnungen der Länder einen
Jahresverlust, wenn er nicht von der Trägerkörperschaft
ausgeglichen wird, grundsätzlich auf neue Rechnung vortragen
(z.B. § 10 Abs. 6 der Eigenbetriebsverordnung für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 16.11.2004, Gesetz- und
Verordnungsblatt 2004, 644). Da die künftigen Gewinne in
diesen Fällen zunächst zur Verlustdeckung zu verwenden
sind und den Anteilseignern bzw. der Trägerkörperschaft
nicht für Zwecke außerhalb der Gesellschaft bzw. des BgA
zur Verfügung stehen, führen sie, soweit sie zum
Ausgleich eines handelsrechtlichen Verlustvortrags erforderlich
sind, nicht zu Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b EStG 2002 (vgl. abermals das Senatsurteil in BFHE 220,
357, BStBl II 2008, 573 = SIS 08 20 67, m.w.N.). Im Ergebnis werden
somit BgA in Form von Eigenbetrieben und Regiebetrieben
grundsätzlich gleichbehandelt (so auch Krämer in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 4 KStG Rz
358).
|
|
|
20
|
Allerdings besteht der Unterschied, dass die
Zuschreibung des Verlusts zum steuerlichen Einlagekonto beim
Regiebetrieb unmittelbar wirkt, während der Verlustvortrag
beim Eigenbetrieb sich erst dann auf die Bemessungsgrundlage der
Steuer auf Kapitalerträge auswirkt, wenn der BgA wieder
Gewinne erwirtschaftet. Diese unterschiedliche Wirkung ist indes
hinzunehmen. Sie ist dem Umstand geschuldet, dass der Regiebetrieb
kassenmäßig Teil der Trägerkörperschaft ist
und keine separate Vermögensmasse des BgA existiert. Dies
wirkt sich nicht nur auf die Behandlung von Verlusten, sondern
spiegelbildlich auch auf der Gewinnebene aus: Gewinne eines
Regiebetriebs sind bei der Trägerkörperschaft unmittelbar
und zeitgleich als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu
versteuern (Senatsurteile vom 11.7.2007 I R 105/05, BFHE 218, 327,
BStBl II 2007, 841 = SIS 07 29 00, und vom 16.11.2011 I R 108/09,
BFHE 236, 48, BStBl II 2013, 328 = SIS 12 04 55), während beim
Eigenbetrieb Gewinne erst dann zu Einkünften i.S. des §
20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 führen, wenn deren
Überführung in den allgemeinen Haushalt beschlossen
worden ist oder wenn sie ohne einen entsprechenden Beschluss
tatsächlich an die Trägerkörperschaft zur
allgemeinen Verwendung geleistet worden sind (Senatsurteil in BFHE
236, 48, BStBl II 2013, 328 = SIS 12 04 55). Vor diesem Hintergrund
ist es konsequent, die unterschiedliche haushaltsrechtliche Lage
auch auf der Verlustebene zu berücksichtigen.
|
|
|
21
|
5. All dies hat auch das FG richtig erkannt.
Als unzutreffend erweist sich das angefochtene Urteil jedoch,
soweit die Vorinstanz dem Einlagekonto den nach steuerlichen
Grundsätzen ermittelten Verlustbetrag zugeführt hat.
Maßgeblich für die Ermittlung des Gewinns für
Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 - und
dementsprechend in Verlustfällen für die Höhe der
Zuführung zum Einlagekonto - ist bei Regiebetrieben aber nicht
das steuerliche, sondern das handelsrechtliche Jahresergebnis i.S.
des § 275 des Handelsgesetzbuchs (vgl. Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 11.9.2002, BStBl I 2002, 935 =
SIS 02 95 25, Rz 22; Bott in Ernst & Young, a.a.O., § 4 Rz
449, 450.1; Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock,
a.a.O., § 4 KStG Rz 297 ff.; Hüttemann, Die Besteuerung
der öffentlichen Hand, 2002, S. 160; Schiffers, BB 2003, 398,
401, und GmbH-Steuerberater 2006, 325, 326). Diese Sichtweise liegt
erkennbar auch der bisherigen Senatsrechtsprechung zugrunde (vgl.
insbesondere das Senatsurteil in BFHE 220, 357, BStBl II 2008, 573
[unter II.2.b) bb] = SIS 08 20 67; ferner die Senatsurteile in BFHE
236, 48, BStBl II 2013, 328 = SIS 12 04 55; in BFHE 218, 327, BStBl
II 2007, 841 = SIS 07 29 00; vom 21.8.2007 I R 78/06, BFHE 218,
515, BStBl II 2008, 317 = SIS 08 08 14, und vom 9.6.2010 I R 43/09,
BFH/NV 2010, 2117 = SIS 10 32 65). Denn es geht bei der Besteuerung
des Kapitalertrags aus BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit um
die Erfassung von Vorgängen, die bei anderen
Körperschaften als (tatsächliche)
Gewinnausschüttungen anzusehen wären (vgl. z.B. § 20
Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG 2002 betreffend die Besteuerung von
„Leistungen“ von BgA mit eigener
Rechtspersönlichkeit). Und die Höhe des zur
Gewinnabführung tatsächlich zur Verfügung stehenden
Betrags richtet sich nach dem handelsrechtlichen
Jahresüberschuss.
|
|
|
22
|
Für die von der Revision ins Spiel
gebrachte Ermittlung auf der Grundlage einer
Liquiditätsbetrachtung („cash-flow“) sieht
der Senat demgegenüber keine gesetzliche Grundlage, keine
allgemein anerkannten Kriterien und keine hinreichenden
Erkenntnismöglichkeiten für die Finanzverwaltung.
|
|
|
23
|
6. Das FG ist insoweit von einer anderen
rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb
aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die Sache ist
nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat - von seinem rechtlichen
Standpunkt aus konsequent - in dem angefochtenen Urteil keine
Feststellungen zur Höhe des handelsrechtlichen
Jahresergebnisses des BgA getroffen. Dies ist im zweiten Rechtsgang
nachzuholen. Sollte sich dabei das Vorbringen der Klägerin in
der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als zutreffend
erweisen, demzufolge die vom FA steuerbilanziell vorgenommenen
(verlustverursachenden) Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung
des BgA an der V-GmbH auch nach handelsbilanziellen
Grundsätzen hätten vorgenommen werden müssen (§
253 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB), jedoch im festgestellten
Jahresabschluss des BgA tatsächlich nicht vorgenommen worden
sind, gilt das Folgende:
|
|
|
24
|
a) Maßgeblich wäre in diesem Fall
nicht der festgestellte Jahresabschluss, sondern das nach den
handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung zutreffende Jahresergebnis. Fehlerhafte
Bilanzansätze sind insoweit im Jahr der Fehlbuchung und nicht
erst im Zeitpunkt der Anpassung der Handelsbilanz an die
Steuerbilanz zu korrigieren (zutreffend Krämer in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 4 KStG Rz
299).
|
|
|
25
|
b) Die vom Regiebetrieb erwirtschafteten
Verluste wären auch insoweit dem steuerlichen Einlagekonto
gutzubringen, als sie auf jenen abschreibungsbedingten
„Buchverlusten“ beruhten. Es besteht kein
sachlicher Grund dafür, in diesem Zusammenhang - wie von der
Revision gefordert - nur solche Verluste zu berücksichtigen,
die aus direkten Abflüssen aus dem Haushalt der
Trägerkörperschaft herrühren. Bei Eigenbetrieben
wirken sich abschreibungsbedingte Verluste auf die Höhe des
Verlustvortrags aus und schmälern deshalb später ggf.
ebenfalls die Einkünfte der Trägerkörperschaft aus
Kapitalvermögen.
|
|
|
26
|
Dies gilt im Übrigen unabhängig
davon, ob das Wirtschaftsgut, auf das die Abschreibung
entfällt, zuvor von der Trägerkörperschaft eingelegt
und dessen Wert deshalb seinerzeit dem Einlagekonto gutgeschrieben
worden ist oder nicht. Soweit die Revision eine Unbilligkeit
jedenfalls in diesem Fall für gegeben hält, weil im
Ergebnis die Einlage das steuerliche Einlagekonto zweifach
erhöhen würde, ist ihr nicht zu folgen. Davon abgesehen
besteht nach den tatrichterlichen Feststellungen des FG kein Anhalt
dafür, dass im Streitfall eine derartige Konstellation gegeben
ist.
|
|
|
27
|
c) Neben den abschreibungsbedingten Verlusten
wären dem steuerlichen Einlagekonto auch die von der
Klägerin im Jahr 2003 geleisteten, nicht näher
beschriebenen „tatsächlichen“ Einlagen im
Betrag von insgesamt 2.251.396 EUR gutzubringen. Entgegen der
Auffassung der Revision können dem Einlagekonto eines
Regiebetriebs nicht alternativ entweder nur die tatsächlichen
Einlagen der Trägerkörperschaft oder nur der aus der
Einheit der Vermögenssphäre zu folgernde fiktive
Verlustausgleich zugeschrieben werden. Vielmehr sind
tatsächliche Einlagen der Trägerkörperschaft - d.h.
die auf dem Trägerverhältnis beruhende Überlassung
von Wirtschaftsgütern zu Zwecken des BgA - dem Einlagekonto
des Regiebetriebs (wie auch dem des Eigenbetriebs) stets
zuzuschreiben. Die Berücksichtigung tatsächlicher
Einlagen im steuerlichen Einlagekonto kann nicht davon
abhängig sein, ob der BgA im betreffenden Jahr einen Gewinn
oder einen Verlust erwirtschaftet hat. Auch insoweit beruht die
gegenteilige Auffassung der Revision auf der Fehlvorstellung, der
Regiebetrieb bzw. dessen Trägerkörperschaft erlange mit
der unmittelbaren Zuschreibung des erwirtschafteten Verlusts zum
steuerlichen Einlagekonto im Vergleich zum Eigenbetrieb einen
ungerechtfertigten Sondervorteil, der in irgend einer Form
kompensiert werden müsste.
|
|
|
28
|
7. Abhängig davon, in welcher Höhe
nach den vorstehenden Maßgaben der Bestand des steuerlichen
Einlagekontos des BgA zum 31.12.2004 festzustellen ist, bestimmt
sich dann auch die Höhe der Haftungssumme für nicht
abgeführte Kapitalertragsteuer betreffend die im Folgejahr
2005 angesetzte vGA, für die die Klägerin in Anspruch zu
nehmen ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c, § 44 Abs. 6 Satz 5
EStG 2002, § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung).
|