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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt an mehreren
Standorten in Deutschland Kinos.
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Neben diversen Süßwaren und
Getränken können Kinobesucher in den Foyers auch Popcorn
und Tortilla-Chips (Nachos) in verschiedenen Größen
erwerben. An den Verkaufsständen selbst sind keine
Verzehrtheken angebracht. In den Foyers der Kinos befinden sich
jedoch in unterschiedlicher Anzahl jeweils Stehtische, Barhocker,
zum Teil Sitzbänke, Stühle, Sitztische und teilweise sog.
Stehboards bzw. Wandtresen. Es sind jedoch nicht in allen Kinos
sämtliche der genannten Einrichtungsgegenstände
vorhanden. In einzelnen Kinosälen sind Getränkehalter an
den Kinosesseln angebracht. Sonstige Ablageflächen sind in den
Kinosälen nicht vorhanden.
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Das Popcorn wird in einer Popcornmaschine
hergestellt und in einem Tresenwärmer warmgehalten, der bei
Bedarf wieder nachgefüllt wird. Die Nachos bezieht die
Klägerin in kleineren Packungen von anderen Unternehmern,
erwärmt sie im Tresenwärmer und bietet als Ergänzung
hierzu Saucen in kleinen Portionen an, die sie in
größeren Mengen von anderen Unternehmern bezieht und zum
Teil erwärmt.
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In der Umsatzsteuervoranmeldung für
Juni 2005 erklärte die Klägerin die Umsätze aus dem
Verkauf des Popcorns und der Nachos mit dem ermäßigten
Steuersatz. Abweichend davon setzte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) im Vorauszahlungsbescheid
für den Monat Juni 2005 vom 5.9.2005 die Umsatzsteuer mit dem
Regelsteuersatz fest.
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Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Zur Begründung seines in EFG 2007, 1044 = SIS 07 11 43
veröffentlichten Urteils führte das Finanzgericht (FG) im
Wesentlichen aus, das FA habe zu Recht die streitigen Umsätze
als sonstige Leistung erfasst und mit dem Regelsteuersatz
besteuert. Zwar würden die Waren von der laufenden Nr. 31 der
Anlage 2 erfasst, da sie dem Kapitel 19 des Zolltarifs (ZT)
zuzuordnen seien. Es lägen aber nicht, wie nach § 12 Abs.
2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) i.V.m. der Anlage 2
erforderlich, Lieferungen, sondern sonstige Leistungen i.S. von
§ 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG vor, weil die Klägerin
keine „Nahrungsmittel zum Mitnehmen“, sondern Speisen
zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben habe.
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Mit der Revision macht die Klägerin
Verletzung materiellen Rechts geltend. Bei Berücksichtigung
der Grundsätze des Gerichtshofs der Europäischen Union
(EuGH) zur Abgrenzung von Lieferungen und Dienstleistungen liege
eine Dienstleistung nur vor, wenn im Zusammenhang mit der Abgabe
von Speisen ein Dienstleistungsanteil mit überwiegender
Bedeutung erbracht werde. Auf das Warmhalten des Popcorns und der
Nachos komme es nicht an, weil es sich dabei lediglich um eine
lebensmittelgerechte Lagerung bzw. die Gewährleistung einer
für den Verkauf optimalen Temperatur gehandelt habe. Auch die
Reinigung der Kinosäle dürfe nicht zu ihren Lasten
berücksichtigt werden. Die Stehtische, Barhocker usw. seien
nicht zum Verzehr des Popcorns und der Nachos bestimmt gewesen,
weil die Kinobesucher diese Lebensmittel ganz überwiegend
nicht im Foyer, sondern im Kinosaal verzehrt hätten.
Dienstleistungen im Darreichungsbereich, wie Bedienung am Platz,
erbringe sie nicht.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG und die Einspruchsentscheidung vom 9.1.2006 aufzuheben und die
im Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 19.4.2007 festgesetzte
Umsatzsteuer um 142.912,16 EUR auf ./. 404.318,55 EUR
herabzusetzen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Der Senat hat das Verfahren ausgesetzt und
dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: „1.
Handelt es sich um eine Lieferung i.S. von Art. 5 der Richtlinie
77/388/EWG, wenn zum sofortigen Verzehr zubereitete Speisen oder
Mahlzeiten abgegeben werden? 2. Kommt es für die Beantwortung
der Frage 1 darauf an, ob zusätzliche Dienstleistungselemente
erbracht werden (Nutzungsüberlassung von Tischen,
Stühlen, sonstigen Verzehrvorrichtungen, Präsentation
eines Kinoerlebnisses)? 3. Falls die Frage zu 1 bejaht wird: Ist
der Begriff ‘Nahrungsmittel’ im Anhang H Kategorie 1
der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass darunter nur
Nahrungsmittel ‘zum Mitnehmen’ fallen, wie sie
typischerweise im Lebensmittelhandel verkauft werden, oder fallen
darunter auch Speisen oder Mahlzeiten, die - durch Kochen, Braten,
Backen oder auf sonstige Weise - zum sofortigen Verzehr zubereitet
worden sind?“
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Der EuGH hat in seinem Urteil vom 10.3.2011
C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, Bog u.a. (UR 2011, 272 =
SIS 11 06 35) die Fragen wie folgt beantwortet: „1. Die Art.
5 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977
zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Umsatzsteuern – Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des
Rates vom 14.12.1992 geänderten Fassung sind dahin auszulegen,
dass – die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder
Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder
-wagen oder in Kino-Foyers eine Lieferung von Gegenständen im
Sinne des genannten Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung
des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die
der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen,
nicht überwiegen; 2. Bei Lieferung von Gegenständen ist
der Begriff ‘Nahrungsmittel’ in Anhang H Kategorie 1
der durch die Richtlinie 92/111 geänderten Sechsten Richtlinie
77/388 dahin auszulegen, dass er auch Speisen oder Mahlzeiten
umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise
zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind.“
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Das FA vertritt hierzu die Auffassung, der
EuGH gehe zu Unrecht davon aus, dass - ebenso wie in den Verfahren
C-497/09 und C-501/09 - auch im vorliegenden Verfahren nur
behelfsmäßige Verzehrvorrichtungen vorgehalten
würden. Es handele sich vielmehr um in ausreichender Anzahl
vorhandene Tische, Stühle, Barhocker, Sessel und Bänke,
die in der Regel allen Kinobesuchern den Verzehr von Popcorn und
Nachos erlaubten. Das Urteil des EuGH führe außerdem zu
unbefriedigenden Ergebnissen, wenn darin auf eine standardisierte
Zubereitung abgestellt werde. Auch in sog. Fast-Food-Restaurants
würden standardisiert zubereitete Speisen verkauft, ohne dass
hierbei von steuerbegünstigten Lieferungen auszugehen sei. Das
Ergebnis des EuGH, dass das Bereitstellen einer organisatorischen
Gesamtheit bestehend aus klimatisierten Räumen, einer
ausreichenden Anzahl von für den Verzehr geeigneten
Sitzgelegenheiten sowie von Toiletten als in einem Fall wie dem
vorliegenden als untergeordnete Nebenleistung anzusehen sei,
müsse in Zweifel gezogen werden.
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Während des Revisionsverfahrens hat
das FA am 19.4.2007 den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2005
erlassen.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur antragsgemäßen Änderung des
Umsatzsteuerbescheides 2005 (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Entgegen der Auffassung des FG
handelt es sich bei den streitigen Umsätzen um Lieferungen,
die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 dem
ermäßigten Steuersatz unterliegen.
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1. Das Urteil des FG ist nicht deshalb
gemäß § 127 FGO aufzuheben und an das FG
zurückzuverweisen, weil das FA nach Ergehen des
finanzgerichtlichen Urteils einen Umsatzsteuerjahresbescheid
für 2005 erlassen hat.
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Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach
Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt,
so wird nach § 68 Satz 1 FGO der neue Verwaltungsakt
Gegenstand des Verfahrens. Nach ständiger Rechtsprechung
verlieren Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide durch den
Umsatzsteuerjahresbescheid ihre Wirksamkeit, wobei der
Jahresbescheid die Vorauszahlungsbescheide in seinen
Regelungsgehalt aufnimmt (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 19.5.2005 V R 31/03, BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671 =
SIS 05 31 27; BFH-Beschluss vom 16.12.2009 V B 23/08, BFH/NV 2010,
1866 = SIS 10 27 72, m.w.N.). Wird daher während des
Verfahrens der angefochtene Vorauszahlungsbescheid ersetzt, wird
dieser in entsprechender Anwendung des § 68 FGO Gegenstand des
Verfahrens, mit der Folge, dass dem FG-Urteil ein nicht mehr
existierender Bescheid zugrunde liegt und deshalb das Urteil keinen
Bestand mehr haben kann (z.B. BFH-Urteil vom 12.2.2009 V R 61/06,
BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828 = SIS 09 16 49).
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Einer Zurückverweisung an das FG nach
§ 127 FGO bedarf es nicht, weil sich durch den
Änderungsbescheid der bisherige Streitstoff nicht
verändert hat. Der erkennende Senat entscheidet deshalb
gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO in der Sache
selbst.
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2. Die Leistungen der Klägerin
unterliegen entgegen der Auffassung des FG dem
ermäßigten Steuersatz.
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a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG
ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. für die
Lieferung der in der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände. Dazu
gehören u.a. „Zubereitungen aus Getreide, Mehl,
Stärke oder Milch; Backwaren“ (Nr. 31) sowie
„verschiedene Lebensmittelzubereitungen“ (Nr.
33). Damit hat der nationale Gesetzgeber von dem ihm in Art. 12
Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3, Anhang H Nr. 1 der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) eingeräumten Ermessen
hinsichtlich der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes
Gebrauch gemacht. Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der
Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten einen oder
zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Diese
ermäßigten Steuersätze „... sind nur auf
Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in
Anhang H genannten Kategorien anwendbar“. In Anhang H Nr.
1 der Richtlinie 77/388/EWG sind genannt: „Nahrungs- und
Futtermittel (einschließlich Getränke, alkoholische
Getränke jedoch ausgenommen), lebende Tiere, Saatgut, Pflanzen
und üblicherweise für die Zubereitung von Nahrungs- und
Futtermitteln verwendete Zutaten, üblicherweise als Zusatz
oder Ersatz für Nahrungs- und Futtermittel verwendete
Erzeugnisse.“
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b) Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG
Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt,
im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen
(Verschaffung der Verfügungsmacht). Nicht begünstigt sind
sonstige Leistungen. Eine sonstige Leistung ist nach § 3 Abs.
9 Satz 4 UStG die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr
an Ort und Stelle. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an
Ort und Stelle abgegeben, wenn sie nach den Umständen der
Abgabe dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit
dem Abgabeort in einem räumlichen Zusammenhang steht, und
besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle
bereitgehalten werden (§ 3 Abs. 9 Satz 5 UStG).
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c) Die Abgabe von verzehrfertig erwärmtem
Popcorn und zusammen mit Saucen abgegebenen erwärmten Nachos
in einem Kino ist auch dann eine Lieferung, die gemäß
§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 31 und 33 der Anlage 2 zu
§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz
unterliegt, wenn zusätzlich behelfsmäßige
Verzehrvorrichtungen bereitgehalten werden.
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aa) Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und
Dienstleistung ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers
abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller
Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt. Im Rahmen dieser
Gesamtbetrachtung ist „die qualitative und nicht nur
quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu
den Elementen einer Lieferung von Gegenständen zu
bestimmen“ (EuGH-Urteil Bog u.a. in UR 2011, 272 = SIS 11 06 35 Rdnr. 62; BFH-Urteile vom 18.2.2009 V R 90/07, BFHE 225, 210,
BFH/NV 2009, 1551 = SIS 09 25 70; vom 26.10.2006 V R 59/04, BFHE
215, 360, BStBl II 2007, 487 = SIS 07 00 39, m.w.N., und vom
10.8.2006 V R 55/04, BFHE 214, 474, BStBl II 2007, 480 = SIS 06 40 95, m.w.N.).
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bb) Zu der Frage, ob die einheitliche Leistung
beim Verkauf von Popcorn und Tortilla-Chips (Nachos) in einem Kino
als Lieferung oder als Dienstleistung einzustufen ist, hat der EuGH
in dem das vorliegende Verfahren (C-499/09) betreffenden Urteil Bog
u.a. in UR 2011, 272 = SIS 11 06 35 ausgeführt: „...
72 Wie aus der Sachverhaltsschilderung des vorlegenden Gerichts
hervorgeht, sind die Zubereitung von Popcorn, die mit dessen
Herstellung zusammenfällt, sowie die Abgabe von Popcorn und
„Tortilla“-Chips in Verpackungen Bestandteil des
Verkaufs dieser Waren und stellen somit keine vom Verkauf
unabhängigen Umsätze dar. Zudem erfolgen sowohl die
Zubereitung der Nahrungsmittel als auch ihre Warmhaltung
gleichmäßig und nicht auf Bestellung eines bestimmten
Kunden. 73 Überdies wird das Mobiliar (Stehtische, Hocker,
Stühle und Bänke), das es außerdem nicht in allen
Kinos gibt, in der Regel unabhängig vom Verkauf von Popcorn
und „Tortilla“-Chips zur Verfügung
gestellt, und die mit ihm ausgestatteten Bereiche dienen ebenso als
Warteraum wie als Treffpunkt. Der Verzehr erfolgt in der Praxis
zudem im Kinosaal. Dazu sind manche Kinosäle mit
Getränkehaltern ausgestattet, die zugleich dazu dienen, die
Säle sauber zu halten. Das bloße Vorhandensein dieses
Mobiliars, das nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den
Verzehr solcher Lebensmittel möglicherweise zu erleichtern,
kann nicht als Dienstleistungselement angesehen werden, das
geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer
Dienstleistung zu verleihen. 74 Folglich ist bei den
Tätigkeiten wie den in den Ausgangsverfahren in den
Rechtssachen C-497/09, C-499/09 und C-501/09 fraglichen das
überwiegende Element der betreffenden Umsätze bei einer
Gesamtbetrachtung die Lieferung von Speisen oder Mahlzeiten zum
sofortigen Verzehr, wobei die diesen wesenseigene einfache,
standardisierte Zubereitung und die Bereitstellung
behelfsmäßiger Vorrichtungen, die einer
beschränkten Zahl von Kunden den Verzehr an Ort und Stelle
erlaubt, eine rein untergeordnete Nebenleistung ist. Ob die Kunden
die genannten behelfsmäßigen Vorrichtungen benutzen, ist
ohne Bedeutung, da der sofortige Verzehr an Ort und Stelle, der
kein wesentliches Merkmal des betreffenden Umsatzes darstellt,
nicht für dessen Natur bestimmend sein kann.“
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cc) Der Anwendung dieser Grundsätze im
Streitfall steht die Regelung in § 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5
UStG nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung hat das
innerstaatliche Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit
die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden hat, für
die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es
erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen
Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt
(vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 19.11.2009 C-314/08, Filipiak, Slg.
2009, I-11049, BFH/NV 2010, 136 = SIS 10 02 35 Rdnrn. 81, 82,
m.w.N.; BFH-Urteile vom 17.7.2008 X R 62/04, BFHE 222, 428, BStBl
II 2008, 976 = SIS 08 37 64, unter II.2.a; vom 22.7.2008 VIII R
101/02, BFHE 222, 453, BStBl II 2010, 265 = SIS 08 33 42, unter
IV.1.). Für die Anwendung des § 3 Abs. 9 Sätze 4 und
5 UStG bedeutet dies, dass, soweit die Vorschrift nicht
richtlinienkonform ist, die unionsrechtlichen Grundsätze zur
Abgrenzung Lieferung und sonstige Leistung maßgebend sind
(BFH-Urteil vom 18.12.2008 V R 55/06, BFHE 223, 539, BFH/NV 2009,
673 = SIS 09 08 71, unter II.4.a, m.w.N.) und dabei die vorstehende
EuGH-Rechtsprechung zu beachten ist, dessen Auslegung
unionsrechtlicher Bestimmungen grundsätzlich verbindlich ist.
Dies übersieht das FA, wenn es eine andere Auslegung des
Begriffs der Lieferung unter Berücksichtigung des § 3
Abs. 9 Sätze 4 und 5 UStG beansprucht.
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3. Bei Anwendung der vorstehenden
Grundsätze handelt es sich bei der Abgabe von Popcorn und
Nachos durch die Klägerin in ihren Kinos um Lieferungen, die
dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
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a) Die mit dem Verkauf im Zusammenhang
stehenden Dienstleistungselemente reichen nicht aus, den Umsatz
insgesamt als Dienstleistung zu beurteilen. Die Zubereitung hat
sich auf die gleichmäßige einfache Herstellung von
Popcorn und dessen Warmhaltung sowie der von Nachos
beschränkt, und war weiter nicht auf Bestellung eines
bestimmten Kunden erfolgt; sie hatte somit standardisierten
Charakter.
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b) Entgegen dem Urteil des FG kann die
Bereitstellung von Mobiliar im Streitfall nicht als
Dienstleistungselement berücksichtigt werden, weil es nicht
ausschließlich dazu bestimmt war, den Verzehr von
Lebensmitteln zu erleichtern, sondern die derart ausgestatteten
Bereiche zugleich auch als Warteraum und Treffpunkt für
Kinobesucher dienten. Dasselbe gilt für das
Zurverfügungstellen von Toiletten, weil auch diese in erster
Linie den Kinobesuchern, unabhängig vom Verzehr von Speisen,
dienten. Soweit sich hinsichtlich der Bedeutung von
Verzehrvorrichtungen aus den BFH-Urteilen in BFHE 215, 360, BStBl
II 2007, 487 = SIS 07 00 39 und vom 10.8.2006 V R 38/05 (BFHE 214,
480, BStBl II 2007, 482 = SIS 06 40 93), auf die das FG seine
Entscheidung gestützt hatte, etwas Anderes ergibt, hält
der Senat hieran nicht fest.
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c) Die streitigen Umsätze der
Klägerin unterliegen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1
UStG dem ermäßigten Steuersatz, weil die von ihr
gelieferten Lebensmittel in der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1
UStG bezeichnet sind (Zubereitungen aus Getreide, Mehl, Stärke
oder Milch sowie Backwaren - Nr. 31 -, Zubereitungen von
Gemüse, Früchten usw. - Nr. 32 - oder verschiedene
Lebensmittelzubereitungen - Nr. 33 - ). Aus der Antwort zu Leitsatz
Nr. 2 des EuGH im Urteil Bog u.a in UR 2011, 272 = SIS 11 06 35
ergibt sich, dass dies im Einklang mit Anhang H der Richtlinie
77/388/EWG steht, weil Anhang H auch Speisen oder Mahlzeiten
umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise
zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind.
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