1
|
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist Landwirt und unterliegt mit seinen Umsätzen
der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß
§ 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Ihm stehen nach der
Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union
(sog. GAP-Reform) auf der Grundlage der
Betriebsprämienregelung in Art. 33 ff. der Verordnung (EG) Nr.
1782/2003 des Rates vom 29.9.2003 mit gemeinsamen Regeln für
Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit
bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber
landwirtschaftlicher Betriebe ... (Amtsblatt der Europäischen
Union - ABlEU - Nr. L 270/1) Zahlungsansprüche nach Art. 43
ff. dieser Verordnung zu. Diese Zahlungsansprüche können
durch Verkauf oder jede andere endgültige Übertragung mit
oder ohne Flächen übertragen werden. Dagegen sind
Verpachtung oder ähnliche Vorgänge nur zulässig,
wenn zusammen mit den Zahlungsansprüchen eine gleichwertige
Hektarzahl beihilfefähiger Flächen übertragen wird
(Art. 46 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003).
|
|
|
2
|
Unter Hinweis auf Art. 46 der Verordnung
(EG) Nr. 1782/2003 veräußerte der Kläger mit
Vertrag vom 10.5.2007 18,58 Zahlungsansprüche (ohne
Flächen) zu je 350 EUR, d.h. insgesamt 6.503 EUR, an Herrn A.
Den Nettobetrag daraus, 5.464 EUR, gab der Kläger in seiner
Umsatzsteuererklärung für 2007 als steuerbaren und
steuerpflichtigen Umsatz an.
|
|
|
3
|
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) folgte dem im Umsatzsteuerbescheid für 2007
vom 17.4.2008.
|
|
|
4
|
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger
Einspruch mit der Begründung ein, die Veräußerung
der Zahlungsansprüche unterliege als sog. Hilfsumsatz der
Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG; jedenfalls sei
der Umsatz nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfrei.
|
|
|
5
|
Das Finanzgericht (FG) gab der nach
erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 15.10.2008)
erhobenen Klage statt. Es verneinte eine Besteuerung des Umsatzes
nach § 24 UStG, folgte aber der Auffassung des Klägers
hinsichtlich der Steuerfreiheit. Nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG
seien u.a. steuerfrei die Umsätze im Geschäft mit
Forderungen. Darunter fielen alle Umsätze, die die Abtretung
oder eine andere Übertragung von Forderungen gegen Entgelt zum
Gegenstand hätten. Der Umsatzsteuerfreiheit stehe nicht
entgegen, dass die Forderung aufschiebend bedingt sei (Hinweis auf
das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.12.1963 V 60/61 U,
BFHE 78, 277, BStBl III 1964, 109 = SIS 64 00 68). Der Kläger
habe einen noch von der Bewirtschaftung seiner Flächen und der
Erfüllung bestimmter Auflagen abhängigen Zahlungsanspruch
übertragen. Dies stelle der Sache nach die Abtretung einer
aufschiebend bedingten Forderung dar.
|
|
|
6
|
Das Urteil ist u.a. in EFG 2010, 363 = SIS 10 03 10 veröffentlicht.
|
|
|
7
|
Mit der vom Senat zugelassenen Revision
rügt das FA die Verletzung von § 4 Nr. 8 Buchst. c
UStG.
|
|
|
8
|
Es macht im Wesentlichen geltend, der
Zahlungsanspruch nach Art. 43 ff. der Verordnung (EG) 1782/2003 sei
ein Recht für den Bezug einer Beihilfe zur Verbesserung der
Einkommensverhältnisse. Um die jährliche Auszahlung des
Zahlungsanspruchs, der sich aus einem flächenbezogenen und
einem betriebsindividuellen Anteil zusammensetze, zu erlangen,
müsse der Betriebsinhaber nachweisen, dass er seine
Flächen unter Beachtung bestimmter Anforderungen an den
Tierschutz, die Tiergesundheit, den Umweltschutz sowie die
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit (sog. „Cross
Compliance“) bewirtschaftet habe.
|
|
|
9
|
Der Zahlungsanspruch begründe kein
Schuldverhältnis, aus dem eine (aufschiebend bedingte)
Forderung auf eine (einmalige) Zahlung erwachse. Er sei vielmehr
ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens (Hinweis
auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom
25.6.2008, BStBl I 2008, 682 = SIS 08 25 94), bei dessen
Übertragung kein Umsatz im Geschäft mit Forderungen i.S.
von § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG ausgeführt werde (Hinweis
auf das BMF-Schreiben vom 26.2.2007, BStBl I 2007, 271 = SIS 07 07 90; vgl. auch Abschn. 4.8.4. Abs.
6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - vom
1.10.2010, BStBl I 2010, 846 = SIS 10 33 27). Eine steuerbefreite
Übertragung eines solchen Vermögenswerts entspreche nicht
dem Sinn und Zweck des § 4 Nr. 8 UStG, den Geld- und
Kapitalverkehr von der Umsatzsteuer zu entlasten.
|
|
|
10
|
Dass § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG im
Streitfall nicht anwendbar sei, folge auch aus einer
richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift unter Beachtung von
Art. 135 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem -
MwStSystRL - (ABlEU Nr. L 347/1).
|
|
|
11
|
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache zur
erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen, weiter hilfsweise, die Sache dem
Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorzulegen.
|
|
|
12
|
Der Kläger beantragt
sinngemäß, die Revision als unbegründet
zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache dem EuGH
vorzulegen.
|
|
|
13
|
Er ist der Ansicht, er habe ein Recht
(Zahlungsanspruch) veräußert, eine aufschiebend bedingte
(konkrete, der Höhe nach bekannte) Forderung
(Betriebsprämienanspruch) jährlich geltend zu machen.
Dieser Vorgang sei nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG
steuerfrei.
|
|
|
14
|
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ).
|
|
|
15
|
Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die
Veräußerung der Zahlungsansprüche durch den
Kläger nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfrei ist.
|
|
|
16
|
1. Das FG ist allerdings im Ergebnis
zutreffend davon ausgegangen, dass im Streitfall die für im
Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs
ausgeführte Umsätze geltende Durchschnittssatzbesteuerung
nach § 24 UStG nicht anwendbar ist.
|
|
|
17
|
a) Der BFH hat - was das FG allerdings nicht
beachtet hat - im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH
entschieden, dass § 24 UStG bei richtlinienkonformer
restriktiver Auslegung nur die Lieferung der in Art. 25 der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) genannten
landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftliche
Dienstleistungen i.S. des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG umfasst
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.9.2005 V R 28/03, BFHE 211, 566,
BStBl II 2006, 280 = SIS 05 49 02; vom 12.10.2006 V R 36/04, BFHE
215, 356, BStBl II 2007, 485 = SIS 07 03 18, jeweils m.w.N.; vom
13.8.2008 XI R 8/08, BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216 = SIS 08 40 95).
|
|
|
18
|
An die Stelle von Art. 25 der Richtlinie
77/388/EWG sind am 1.1.2007 - die mithin im Streitjahr 2007
geltenden - Art. 295 ff. MwStSystRL getreten (vgl. Art. 413
MwStSystRL).
|
|
|
19
|
aa) „Landwirtschaftliche
Erzeugnisse“ sind nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL
die Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang VII MwStSystRL
aufgeführten Tätigkeiten von den land-, forst- oder
fischwirtschaftlichen Betrieben der einzelnen Mitgliedstaaten
erzeugt werden. „Landwirtschaftliche
Dienstleistungen“ sind nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 5
MwStSystRL die Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen
Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen
Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen
Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur
landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, und zwar insbesondere die
in Anhang VIII MwStSystRL aufgeführten Dienstleistungen.
|
|
|
20
|
bb) Ausgehend von diesen Definitionen stellt
die Veräußerung der Zahlungsansprüche (ohne
Flächen) durch den Kläger nach Art. 46 der Verordnung
(EG) Nr. 1782/2003 weder eine Lieferung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse noch eine landwirtschaftliche Dienstleistung dar.
|
|
|
21
|
b) Nach der früheren Rechtsprechung des
BFH und der Praxis der Verwaltung konnten allerdings auch sog.
Hilfsumsätze unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach
§ 24 UStG fallen (vgl. BFH-Urteile vom 20.10.1994 V R 24/92,
BFH/NV 1995, 928 = SIS 95 12 37; vom 10.11.1994 V R 87/93, BFHE
176, 477, BStBl II 1995, 218 = SIS 95 06 20, unter II.B.I.1.;
Abschn. 265 Abs. 3 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien
2005/2008).
|
|
|
22
|
Daran dürfte indes angesichts der
gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 24 UStG nicht
mehr festzuhalten sein (so z.B. Klenk in Sölch/Ringleb,
Umsatzsteuer, § 24 Rz 187; Lange in Offerhaus/Söhn/Lange,
§ 24 UStG Rz 418 f.; Leonard in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl.,
§ 24 Rz 118; Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 961).
|
|
|
23
|
c) Dies braucht der Senat im Streitfall aber
nicht zu entscheiden. Denn als unter § 24 UStG fallende
Hilfsumsätze kamen nach der früheren Rechtsprechung des
BFH nur solche Umsätze in Betracht, „die die
übrigen Umsätze im landwirtschaftlichen Betrieb
unterstützen sowie abrunden und die durch die übrigen
Umsätze veranlasst sind“ (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV
1995, 928 = SIS 95 12 37). Die Veräußerung der
Zahlungsansprüche durch den Kläger erfüllt diese
Voraussetzungen nicht. Das hat das FG im Ergebnis zutreffend
entschieden und ergibt sich aus folgenden Gründen:
|
|
|
24
|
Die vom Kläger veräußerten
Zahlungsansprüche nach Art. 43 ff. der Verordnung (EG) Nr.
1782/2003 sind Bestandteil der Betriebsprämienregelung nach
Art. 33 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, die in der
Bundesrepublik Deutschland durch das
Betriebsprämiendurchführungsgesetz vom 21.7.2004 (BGBl I
2004, 1763) und die zu diesem Gesetz ergangene
Betriebsprämiendurchführungsverordnung vom 3.12.2004
(BGBl I 2004, 3204) umgesetzt worden ist. Voraussetzung für
die Inanspruchnahme der Betriebsprämienregelung ist nach Art.
33 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) 1782/2003, dass die
Betriebsinhaber einen Zahlungsanspruch erhalten haben. Diese
Zahlungsansprüche wurden den Betriebsinhabern bei
Einführung der Betriebsprämienregelung auf der Grundlage
eines Kombinationsmodells zugewiesen. In der Folge sind die
Zahlungsansprüche aber nicht an die Bewirtschaftung bestimmter
Flächen oder an eine konkrete landwirtschaftliche Nutzung
gebunden, vielmehr kann der Betriebsinhaber über sie (auch
ohne eine Fläche) verfügen und diese entweder durch
Aktivierung auf anderen Flächen oder - wie im Streitfall -
nach Art. 46 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 durch
Veräußerung nutzen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -
BGH - vom 22.1.2010 V ZR 170/08, Neue Juristische
Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht - NJW-RR - 2010,
885, unter II.2.a).
|
|
|
25
|
Die als Betriebsprämie gewährte
Beihilfe ist nach ihrem Zweck eine
„Gegenleistung“ für ein im
öffentlichen Interesse liegendes Verhalten des
Betriebsinhabers. Sie wird nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG)
Nr. 1782/2003 dafür gewährt, dass der Betriebsinhaber im
öffentlichen Interesse Grundanforderungen für eine
Erzeugung (nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 i.V.m.
Anhang III) einhält oder die Flächen, die nicht mehr
für die Erzeugung genutzt werden, nach Art. 5 der Verordnung
(EG) Nr. 1782/2003 in gutem landwirtschaftlichen und
ökologischen Zustand erhält (vgl. BGH-Urteil vom
24.11.2006 LwZR 1/06, NJW-RR 2007, 1279, unter II.2.b aa).
|
|
|
26
|
d) Die Nichtanwendbarkeit des § 24 UStG
im Streitfall entspricht der Ansicht der Finanzverwaltung (vgl.
BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 271 = SIS 07 07 90; Abschn. 24.3.
Abs. 9 Satz 2 UStAE in der Fassung vom 27.10.2010, BStBl I 2010,
1273 = SIS 10 33 52).
|
|
|
27
|
2. Entgegen der Auffassung des FG ist die
Veräußerung der Zahlungsansprüche durch den
Kläger nach Art. 46 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 nicht
gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG steuerfrei.
|
|
|
28
|
a) Nach § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG sind
steuerfrei die Umsätze im Geschäft mit Forderungen,
Schecks und anderen Handelspapieren sowie die Vermittlung dieser
Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen.
|
|
|
29
|
Die Vorschrift ist - was das FG übersehen
hat - richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom
17.5.2001 V R 34/99, BFHE 194, 544 = SIS 01 11 13; vom 16.4.2008 XI
R 54/06, BFHE 221, 464, BStBl II 2008, 772 = SIS 08 24 12).
|
|
|
30
|
aa) Sie setzt Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3
der Richtlinie 77/388/EWG - bzw. seit dem 1.1.2007 Art. 135 Abs. 1
Buchst. d MwStSystRL - um. Danach befreien die Mitgliedstaaten die
Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im
Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und
Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks
und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von
Forderungen von der Steuer.
|
|
|
31
|
bb) Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL
erfasst nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 13 Teil B Buchst.
d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG nur Finanzgeschäfte, auch
wenn diese nicht notwendigerweise von Banken oder Finanzinstituten
getätigt werden müssen (vgl. EuGH-Urteile vom 19.4.2007
C-455/05 - Velvet & Steel Immobilien -, Slg. 2007, I-3225,
BFH/NV Beilage 2007, 294 = SIS 07 14 92, Rz 22; vom 22.10.2009
C-242/08 - Swiss Re Germany Holding -, Slg. 2009, I-10099, BFH/NV
2009, 2108 = SIS 09 37 69, Rz 46; vom 28.10.2010 C-175/09 - AXA UK
-, UR 2011, 265, HFR 2011, 119 = SIS 11 01 67, Rz 26).
|
|
|
32
|
b) Im vorliegenden Fall stellt die
Veräußerung der Zahlungsansprüche (ohne
Flächen) nach Art. 46 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 durch
den Kläger ihrer Art nach kein Finanzgeschäft i.S. des
Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL dar und fällt demnach
nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung.
|
|
|
33
|
aa) Das ergibt sich aus dem Wesen der
Zahlungsansprüche nach Art. 43 ff. der Verordnung (EG) Nr.
1782/2003.
|
|
|
34
|
Hierzu hat die Europäische Kommission
u.a. ausgeführt, die Inhaberschaft von Zahlungsansprüchen
sei Voraussetzung dafür, in den Genuss der
Betriebsprämienregelung zu gelangen. Hiermit werde jedoch
nicht automatisch ein Anspruch auf Betriebsprämie
begründet. Diese werde nur gewährt, wenn der
Betriebsinhaber über beihilfefähige Flächen
verfüge und somit die betreffende Anzahl der
Zahlungsansprüche aktivieren könne. Um die im Rahmen der
Betriebsprämienregelung vorgesehene Prämie in voller
Höhe zu erhalten, müsse der Betriebsinhaber
außerdem eine Reihe von Auflagen erfüllen. Ansonsten
könne die Betriebsprämie gekürzt oder ganz
gestrichen werden (vgl. Europäische Kommission,
Generaldirektion Steuern und Zollunion, TAXUD.d.1(2009)188306-DE
vom 9.9.2009, S. 4 f.).
|
|
|
35
|
Hiervon ausgehend vertritt die
Europäische Kommission die - nach Ansicht des Senats
zutreffende - Auffassung, dass eine Übertragung von
Zahlungsansprüchen nach Art. 46 der Verordnung (EG) Nr.
1782/2003 durch Verkauf ohne Fläche als Dienstleistung i.S.
von Art. 25 Buchst. a MwStSystRL (Abtretung eines nicht
körperlichen Gegenstands) behandelt werden muss, die nicht als
steuerbefreiter Finanzumsatz i.S. von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b bis
g MwStSystRL gelten darf (vgl. Europäische Kommission,
Generaldirektion Steuern und Zollunion, TAXUD.d.1(2009)188306-DE
vom 9.9.2009, S. 6 ff.).
|
|
|
36
|
Der Beratende Ausschuss für die
Mehrwertsteuer (Art. 398 MwStSystRL) ist dieser Auffassung mit
großer Mehrheit gefolgt (vgl. Europäische Kommission,
Generaldirektion Steuern und Zollunion, TAXUD.c.1(2010)637456-DE
vom 9.9.2010).
|
|
|
37
|
bb) Dass die Veräußerung der
Zahlungsansprüche (ohne Fläche) nach Art. 46 der
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 durch den Kläger nicht in den
Anwendungsbereich des Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL
fällt, wird durch den Zweck der Befreiung von
Finanzgeschäften bestätigt.
|
|
|
38
|
Dieser besteht darin, die Schwierigkeiten, die
mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der
abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen und
eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu vermeiden
(vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2007, I-3225, BFH/NV Beilage 2007, 294,
Rz 24).
|
|
|
39
|
Da solche Schwierigkeiten nicht auftreten,
wenn die Veräußerung der Zahlungsansprüche durch
den Kläger nach Art. 46 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 der
Mehrwertsteuer unterliegt und außerdem dieser Umsatz in
keinem Zusammenhang mit den Kosten eines Verbraucherkredits steht,
eignet sich dieses Geschäft nicht für eine Befreiung
(vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile in Slg. 2007, I-3225, BFH/NV
Beilage 2007, 294, Rz 24; in Slg. 2009, I-10099, BFH/NV 2009, 2108
= SIS 09 37 69, Rz 49).
|
|
|
40
|
3. Der Senat sieht angesichts der schon
vorhandenen und dargelegten Rechtsprechung des EuGH zu der Art. 135
Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL entsprechenden Bestimmung des Art. 13
Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG keinen Anlass, im
Streitfall gemäß Art. 267 Abs.
3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen
Union eine Vorabentscheidung des
EuGH einzuholen.
|
|
|
41
|
Zwar hat der Kläger darauf hingewiesen,
die Übertragung der Zahlungsansprüche nach der Verordnung
(EG) Nr. 1782/2003 werde in Dänemark, den Niederlanden und
Belgien als umsatzsteuerfrei behandelt, wie sich aus einem
Schreiben der European Federation of Agricultural Consultancy
(EFAC) an die Europäische Kommission vom 26.6.2008 ergebe. Die
in dem Schreiben genannten Verwaltungsentscheidungen dieser
Länder datieren aber sämtlich aus dem Jahr 2006, sind
also vor der Klärung der Rechtslage durch das EuGH-Urteil -
Velvet & Steel Immobilien - (Slg. 2007, I-3225, BFH/NV Beilage
2007, 294) und die nachfolgende Rechtsprechung des EuGH zu Art. 13
Teil B Buchst. d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG sowie vor den
erwähnten Stellungnahmen der Europäischen Kommission und
des Mehrwertsteuerausschusses ergangen.
|
|
|