Liquidationsverlust in 2001, Halbeinkünfteverfahren: Im Veranlagungszeitraum 2001 realisierte Auflösungsverluste wesentlich Beteiligter unterliegen ebenso wie Veräußerungsverluste noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren. § 52 Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG erfordern insoweit entsprechend dem Normzweck eine einschränkende Auslegung. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 4.4.2008, IV B 7 - S 2760/0, BStBl 2008 I S. 542 = SIS 08 17 00) - Urt.; BFH 27.3.2007, VIII R 25/05; SIS 07 21 06
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war seit den 80 er Jahren neben einem weiteren
Gesellschafter zu 50 v.H. (= 75.000 DM) an der X-GmbH (künftig
GmbH) beteiligt. Beide Gesellschafter waren zu
Geschäftsführern bestellt.
Der Kläger hielt seine Beteiligung im
Privatvermögen. Die GmbH machte Jahresabschlüsse nach
einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. November bis 31. Oktober
des Folgejahres.
Mit Beschluss vom 22.10.2001 lösten
die Gesellschafter die GmbH mit Wirkung zum 31.10.2001 auf und
bestellten sich zu Liquidatoren. Die GmbH hatte ihren
Geschäftsbetrieb bereits eingestellt. Das Anlagevermögen
und der Warenbestand waren bereits im Jahr 2000/Anfang 2001
veräußert worden.
Das am 22.4.2002 über das
Vermögen der GmbH eröffnete Insolvenzverfahren ist noch
nicht abgeschlossen.
Der mit seiner Ehefrau zusammen veranlagte
Kläger machte mit der Einkommensteuererklärung für
das Jahr 2001 einen Auflösungsverlust aus seiner Beteiligung
in Höhe von 143.481 DM geltend (Verlust des Stammkapitals in
Höhe von 75.000 DM und 68.481 DM für die Ablösung
einer durch Bürgschaften gesicherten Kontokorrentschuld, die
von den Gesellschaftern im Januar 2002 beglichen worden
sei).
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte den Verlust bei der
Einkommensteuerfestsetzung für 2001 nicht. Der Einspruch hatte
ebenfalls keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom
21.2.2003).
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in
EFG 2005, 1347 = SIS 05 27 81 veröffentlichtem Urteil
teilweise statt.
Das FA rügt mit der - vom FG wegen der
zeitlichen Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens zugelassenen
- Revision die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA wendet sich ausschließlich
gegen die Nichtanwendung des Halbeinkünfteverfahrens. Das FA
sieht - anders als noch im finanzgerichtlichen Verfahren - nunmehr
ebenfalls den Auflösungsverlust als bereits im Streitjahr 2001
realisiert an.
Entgegen der Auffassung des FG könne
weder der Besteuerungszeitraum i.S. von § 11 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) noch der Zeitraum, für
den handelsrechtlich Liquidationszwischenbilanzen aufzustellen
seien, als Wirtschaftsjahr angesehen werden. Mithin sei § 52
Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht
anwendbar.
Sei die Übergangsregelung in § 52
Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 EStG nicht anwendbar, so gelte die Grundregel
des § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des Art. 3 des Gesetzes zur
Senkung der Steuersätze und zur Reform der
Unternehmensbesteuerung (StSenkG 2001/2002) vom 23.10.2000 (BGBl I
2000, 1433, BStBl I 2000, 1428). Danach sei das
Halbeinkünfteverfahren in Übereinstimmung mit der
Auffassung zahlreicher Autoren bereits ab dem Veranlagungszeitraum
2001 anzuwenden.
Nach der Auslegung des FG wäre noch
über Jahre auf der Ebene des Anteilseigners in Fällen des
§ 17 Abs. 4 EStG altes Recht anzuwenden, was eindeutig nicht
dem Willen des Gesetzgebers entspräche. Es gebe auch
überzeugende sachliche Gründe (nur) für die
Anwendung der §§ 27, 37, 38 und 40 KStG den
Besteuerungszeitraum „quasi“ als Wirtschaftsjahr und
Veräußerungsgewinne/-verluste bzw.
Auflösungsgewinne/-verluste unterschiedlich zu
behandeln.
Im Rahmen der Anwendung der §§
27, 38 und 40 KStG gehe es im Gegensatz zur erstmaligen Anwendung
des Halbeinkünfteverfahrens auf
Auflösungsgewinne/-verluste nicht um eine Systemabgrenzung
zwischen altem und neuem Körperschaftsteuerrecht, sondern um
die Frage, auf welche Stichtage die im neuen Recht gesondert
festzustellenden Beträge bei der Kapitalgesellschaft zu
ermitteln seien. Es gehe also ausschließlich um die Anwendung
des neuen Rechts, das auf der Ebene der Kapitalgesellschaft in
Liquidationsfällen nach § 34 Abs. 14 Satz 1 KStG stets ab
dem Veranlagungszeitraum 2001 zum Zuge komme.
Hier sei allerdings über die
Systemabgrenzung auf der Ebene des Anteilseigners zu entscheiden.
Die Veräußerung einer Inlandsbeteiligung solle mit
offenen Gewinnausschüttungen gleich behandelt werden (§
52 Abs. 4 b Satz 1 Nr. 1 EStG). Altes bzw. neues
Körperschaftsteuerrecht sei bei der ausschüttenden
Kapitalgesellschaft und dem Anteilseigner somit deckungsgleich
anzuwenden. Bei der Auflösung der Körperschaft erhalte
der Anteilseigner hingegen die Gewinne der Kapitalgesellschaft
über Liquidationsraten, die nach § 34 Abs. 14 Satz 5 KStG
im Umkehrschluss ab dem Veranlagungszeitraum 2001 auf der Ebene der
leistenden Kapitalgesellschaft stets unter das neue Recht fielen.
Auf der Ebene der Kapitalgesellschaft werde nicht nach der
Besteuerung beim Anteilseigner nach § 17 Abs. 4 EStG oder -
wegen § 17 Abs. 4 Satz 3 EStG - nach § 20 Abs. 1 Nr. 1
oder 2 EStG differenziert. Trotz fehlender ausdrücklicher
Regelung in § 52 EStG zur erstmaligen Anwendung des
Halbeinkünfteverfahrens auf Auflösungsgewinne/-verluste
führe die Anwendung der Grundregel in § 52 Abs. 1 EStG zu
der vom Gesetzgeber gewollten deckungsgleichen Abgrenzung von altem
und neuem Körperschaftsteuerrecht auf Gesellschafts- und
Gesellschafterebene.
Für die von § 20 Abs. 1 Nr. 1
oder 2 EStG erfassten Teile der Liquidationsraten stelle § 52
Abs. 4 b Satz 1 Nr. 1 EStG spiegelbildlich die erstmalige Anwendung
des neuen Rechts sicher, für die von § 17 Abs. 4 EStG
erfassten Teile führe die Grundregel zur deckungsgleichen
Anwendung neuen Rechts auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und
auf der Ebene des Anteilseigners ebenfalls bereits im Jahr
2001.
Anderenfalls wäre ein
Auflösungsverlust in voller Höhe abziehbar, die nach
§ 17 Abs. 4 Satz 3 EStG zu erfassenden Einnahmen hingegen nur
im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens.
Die Gesetzessystematik verbiete danach die
Gleichbehandlung mit Veräußerungsvorgängen bei noch
nicht aufgelösten Kapitalgesellschaften.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Einkommensteuer für 2001 unter Ansatz des
nach dem Halbeinkünfteverfahren geminderten
Auflösungsverlustes festzusetzen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Er schließt sich der Begründung
des angefochtenen Urteils an.
II. Die Revision ist unbegründet (§
126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat im Ergebnis zu Recht den Verlust
des Stammkapitals durch den Kläger in voller Höhe als
Auflösungsverlust im Streitjahr 2001 berücksichtigt.
1. Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1
i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 34 a Satz 1 2.
Halbsatz EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb
auch der Gewinn aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft,
wenn der Anteilseigner in den letzten fünf Jahren am Kapital
der Gesellschaft wesentlich (d.h. im Streitfall nach § 17 Abs.
1 Satz 1 EStG zu mindestens 10 v.H.) beteiligt war und er die
Beteiligung in seinem Privatvermögen gehalten hat.
Entsprechendes gilt für die aus der
Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.11.1997 VIII R 18/94,
BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344 = SIS 98 04 27; vgl. zu den
Voraussetzungen BFH-Urteile vom 25.1.2000 VIII R 63/98, BFHE 191,
115, BStBl II 2000, 343 = SIS 00 07 80; vom 12.12.2000 VIII R
36/97, BFH/NV 2001, 761 = SIS 01 65 39 zum Zeitpunkt der
Realisierung eines Auflösungsverlustes und einer ausnahmsweise
früheren Realisierung vor Abschluss eines
Liquidationsverfahrens). Gegen die Annahme des FG, dass der
Auflösungsverlust danach bereits im Zeitpunkt der
Auflösung der GmbH am 31.10.2001 - ausnahmsweise - realisiert
worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2001 VIII R 36/00, BFHE 197,
394, BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22), wendet sich auch das FA
als Revisionskläger nicht mehr.
2. Das FA erhebt ausschließlich
Einwendungen gegen die Nichtanwendung des
Halbeinkünfteverfahrens und den dementsprechenden Ansatz des
Auflösungsverlustes in voller Höhe.
Die rechtliche Würdigung des FG ist indes
im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz
1 EStG ist die Hälfte des Veräußerungspreises oder
des gemeinen Wertes i.S. des § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Satz
1 ist nach Satz 2 dieser Vorschrift entsprechend in den Fällen
des § 17 Abs. 4 EStG anzuwenden. Diese Regelung ist nach
§ 52 Abs. 4 b Nr. 2 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 23.12.2002
(BGBl I 2002, 4621) erstmals auf Erträge i.S. des § 3 Nr.
40 Satz 1 Buchst. c (Sätze 1 und 2) EStG nach Ablauf des
ersten Wirtschaftsjahres der Gesellschaft, an der die Anteile
bestehen, für das das KStG i.d.F. StSenkG 2001/2002 gilt,
anzuwenden.
Bei einem dem Kalenderjahr entsprechenden
Wirtschaftsjahr wird das neue Körperschaftsteuerrecht somit
erstmals 2001 angewendet. Bei nicht dem Kalenderjahr entsprechendem
Wirtschaftsjahr wird das neue Körperschaftsteuerrecht nach
§ 34 Abs. 2 KStG erstmals im Veranlagungszeitraum 2002
angewandt, wenn das erste im Veranlagungszeitraum 2001 endende
Wirtschaftsjahr vor dem 1.1.2001 begonnen hat.
Veräußerungen werden bei
kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahren somit erstmals nach dem
Halbeinkünfteverfahren besteuert, wenn die
Veräußerung im Jahr 2002 erfolgt, bei einem vom
Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr für
Veräußerungen im Jahr 2003.
Hingegen ist nach § 34 Abs. 11 Satz 1
KStG i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes vom
20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858) und nach § 34 Abs. 14 Satz 1
KStG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung von
Steuergesetzen vom 23.7.2002 (BGBl I 2002, 2715 - dort
inhaltsgleich übernommen - ) das neue
Körperschaftsteuerrecht erstmals auf Liquidationen anzuwenden,
deren Besteuerungszeitraum im Jahr 2001 endet.
Diese Anordnung entspricht dem allgemeinen
Grundsatz, dass für den gesamten Besteuerungszeitraum das zum
Ende des Liquidationszeitraums geltende Recht anzuwenden ist (vgl.
Gosch/ Lambrecht, KStG § 34 Rz 155).
Nach § 11 Abs. 1 KStG wird der
Besteuerungszeitraum abweichend von § 7 Abs. 4 KStG nicht
kalenderjahrbezogen bestimmt, sondern als der die gesamte
Abwicklung umfassende Zeitraum, der allerdings nach Satz 2 dieser
Vorschrift den Zeitraum von drei Jahren nicht übersteigen
soll.
Besteuerungszeitraum ist somit
grundsätzlich nicht das einzelne Kalenderjahr, sondern der
gesamte Abwicklungszeitraum (BFH-Urteil vom 22.2.2006 I R 67/05,
BFHE 213, 301 = SIS 06 37 76). Auf der Ebene der Körperschaft
ist die Liquidationsbesteuerung somit nach den Regeln des
Halbeinkünfteverfahrens vorzunehmen.
Grundsätzlich wird die Anwendung des
neuen Körperschaftsteuerrechts auf der Ebene des
Anteilseigners von der Besteuerung auf der Ebene der
Kapitalgesellschaft abhängig gemacht (vgl. Crezelius, DB 2001,
221, 222).
b) Die besondere Anwendungsregelung in §
52 Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht sich sowohl auf
Veräußerungsgewinne/-verluste i.S. von § 17 Abs. 1
EStG als auch auf Auflösungsgewinne/-verluste i.S. von §
17 Abs. 4 EStG, denn sie nimmt auf die gesamte Regelung zum
Halbeinkünfteverfahren in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c
EStG Bezug (so zutreffend Oltmanns, DB 2005, 2713, 2714).
Da die Anwendungsregelung für die
erstmalige Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens indes an das
Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft, nicht jedoch an den
Besteuerungszeitraum der Gesellschaft anknüpft, wird die Frage
unterschiedlich beantwortet, ab welchem Zeitpunkt das
Halbeinkünfteverfahren auf den Anteilseigner in
Liquidationsfällen anzuwenden ist.
c) aa) Überwiegend (vgl. Pung/Dötsch
in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, §
17 Rz 214 f., m.w.N.; Jünger, BB 2002, 1178, 1183;
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 25. Aufl., § 17 Rz 11) wird die
Auffassung vertreten, dass während des Liquidationszeitraums
kein Wirtschaftsjahr mehr besteht, weil der Besteuerungszeitraum
kein Wirtschaftsjahr darstelle, so dass die Sonderregelung des
§ 52 Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 EStG, die gerade ein
Wirtschaftsjahr voraussetzt, gar nicht anwendbar sei.
Dementsprechend sei die Grundregel des § 52 Abs. 1 EStG i.d.F.
des StSenkG 2001/2002 anzuwenden, so dass ein ab dem
Veranlagungszeitraum 2001 erzielter Gewinn oder Verlust i.S. des
§ 17 Abs. 4 EStG dem neuen Körperschaftsteuerrecht und
damit dem Halbeinkünfteverfahren unterfalle. Die
Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -
BMF - vom 26.8.2003 IV A 2 - S 2760 - 4/03, BStBl I 2003, 434 = SIS 03 37 69 Tz. 1, und vom 31.3.2004 IV A 6 -6 - S 2244 - 5/04, DB
2004, 1289 = SIS 04 23 30) vertritt ebenfalls diese Auffassung.
Dies hat zur Folge, dass für Gewinne oder
Verluste i.S. des § 17 Abs. 4 EStG neues Recht stets ab dem
Veranlagungszeitraum 2001 gelten würde.
bb) Zum Teil wird die Auffassung vertreten,
die Kapitalgesellschaft habe nach § 270 des Aktiengesetzes
oder § 71 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit
beschränkter Haftung (GmbHG) auch nach ihrer Auflösung
jährliche Abschlüsse aufzustellen. Diese Geschäfts-
bzw. Wirtschaftsjahre seien auch für die erstmalige Anwendung
des Halbeinkünfteverfahrens maßgebend. Auch eine in
Liquidation befindliche Kapitalgesellschaft habe ein nicht mit dem
Besteuerungszeitraum in § 11 KStG identisches Wirtschaftsjahr.
§ 11 KStG verlängere nur den Veranlagungszeitraum, nicht
indes das Wirtschaftsjahr. Der Besteuerungszeitraum könne
mithin nicht für die (erstmalige) Anwendung auf Sachverhalte
nach § 17 Abs. 4 EStG maßgebend sein. Vielmehr bleibe
das Geschäfts-/Wirtschaftsjahr der Kapitalgesellschaft
unverändert. Nach § 71 GmbHG seien für das
Wirtschaftsjahr handelsrechtlich weiterhin Abschlüsse
aufzustellen. Dieses Wirtschaftsjahr müsse auch für die
Anwendung des neuen Rechts und damit für die Anwendung des
Halbeinkünfteverfahrens oder noch des alten
Körperschaftsteuerrechts maßgebend sein (vgl. Frotscher
in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 17 Rz
110).
Indes haben die in § 71 Abs. 1 GmbHG
vorgeschriebenen Liquidationsbilanzen lediglich den Charakter einer
Vermögensermittlungsbilanz und dienen nicht der
Gewinnermittlung (BFH-Urteil vom 17.7.1974 I R 233/71, BFHE 113,
112, BStBl II 1974, 692 = SIS 74 03 90). Der Regelung kann somit
auch nicht für die steuerliche Gewinnermittlung, die sowohl in
§ 11 Abs. 1 KStG für die Kapitalgesellschaft als auch
für den Anteilseigner in § 17 Abs. 4 EStG jeweils eigene
steuerrechtliche Regelungen bereitstellt, entnommen werden, dass
die handelsrechtlich weiterhin zu bildenden Wirtschaftsjahre
gleichermaßen für steuerliche Zwecke gelten.
cc) Schließlich vertreten das FG im
Ausgangsverfahren und das FG Düsseldorf mit Urteil vom
13.9.2005 9 K 745/04 E = SIS 06 05 00, Revision unter dem Az. VIII
R 60/05) die Ansicht, als Wirtschaftsjahr im Sinne der
Übergangsregelungen in § 52 Abs. 34 a, Abs. 4 b Satz 1
Nr. 2 und Abs. 8 a EStG sei der steuerliche
Gewinnermittlungszeitraum nach Maßgabe des § 11 Abs. 1
Satz 1 KStG anzusehen. Danach sei das KStG a.F. nicht nur auf
Liquidationen anzuwenden, deren Besteuerungszeitraum bereits vor
dem 1.1.2000 begonnen habe und erst im Jahr 2001 ende, sondern
unter bestimmten Voraussetzungen auch auf erst im Jahr 2001
begonnene Liquidationen (vgl. Semmler/Zimmermann, DB 2006, 1804,
1806).
3. Der Senat teilt nicht die Auffassung,
während der Liquidation verdränge die Sonderregelung in
§ 11 Abs. 1 Satz 1 KStG über den Besteuerungszeitraum das
Bestehen eines „Wirtschaftsjahres“. Ebenso wenig
können - wie ausgeführt - aus der handelsrechtlichen
Verpflichtung, während der Liquidation gemäß §
71 Abs. 1 GmbHG Jahresabschlüsse aufzustellen,
Schlussfolgerungen für das Besteuerungsverfahren gezogen
werden.
Veranlagungs- und Gewinnermittlungszeitraum
ist grundsätzlich das Kalenderjahr (vgl. § 7 Abs. 3 und 4
KStG), § 11 Abs. 1 KStG regelt für den Fall einer
Liquidation eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Zweck der
Ausnahmeregelung ist es, den gesamten während der Abwicklung
entstandenen Gewinn einheitlich zu ermitteln und im Interesse der
Verwaltungsvereinfachung in einer einzigen Veranlagung zu erfassen
und zu besteuern. Grundsätzlich ist, sofern die Auflösung
nicht zum Schluss des laufenden Wirtschaftsjahres erfolgt, ein
Rumpfwirtschaftsjahr, das vor dem Tag der Auflösung endet, zu
bilden (BFH-Urteile in BFHE 113, 112, BStBl II 1974, 692 = SIS 74 03 90; vom 22.10.1998 I R 15/98, BFH/NV 1999, 829 = SIS 98 58 07).
Allerdings lässt die Finanzverwaltung es
zu, steuerlich kein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden und stattdessen
die Zeit vom Beginn des laufenden Wirtschaftsjahres bis zur
Auflösung in den Abwicklungszeitraum einzubeziehen (Abschn. 51
(1) Satz 3 der Körperschaftsteuer-Richtlinien - KStR - 2004).
Zwar wird für dieses Wahlrecht eine Rechtsgrundlage vermisst,
indes wird es aus Vereinfachungsgründen als
zweckmäßig beurteilt (vgl. Blümich/Hofmeister,
§ 11 KStG Rz 38, m.w.N.).
Da - anders als für die in Liquidation
befindliche Kapitalgesellschaft - bei der Ermittlung des
Auflösungsgewinns/-verlustes gerade keine laufende (vgl. auch
BFH-Urteile vom 9.3.1983 I R 202/79, BFHE 138, 81, BStBl II 1983,
433 = SIS 83 11 13; vom 8.12.1992 VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654),
sondern lediglich eine einmalige, stichtagsbezogene
Gewinnermittlung erfolgt, lässt sich der Normzweck des §
11 Abs. 1 KStG gerade nicht auf § 17 Abs. 4 EStG
übertragen.
4. Der Senat vertritt die Auffassung, dass
eine allein am Wortlaut orientierte Lösung zu sinnwidrigen
Ergebnissen führt und deshalb im Wege einer teleologischen
Reduktion der Regelungen in § 52 Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 i.V.m.
§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG bereits im
Veranlagungszeitraum 2001 entstandene Auflösungsverluste
ebenso wie offene Ausschüttungen und
Veräußerungsgewinne/-verluste in voller Höhe
steuerlich zu berücksichtigen sind.
a) Eine den Wortlaut korrigierende Auslegung
wird dann zugelassen, wenn eine allein wortlautgemäße
Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt und der Schluss
gerechtfertigt ist, dass der gesetzgeberische Wille planwidrig
umgesetzt worden ist. Weichen Gesetzeswortlaut und -zweck
voneinander ab, so ist der Wortlaut der Gesetzesbestimmung ihrem
Zweck entsprechend einzuschränken, sofern sich das Gesetz
gemessen an seinem Zweck als planwidrig zu weitgehend erweist.
Hingegen kommt eine teleologische Reduktion grundsätzlich dann
nicht in Betracht, wenn der weite Wortlaut der Vorschrift Folge
einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist
(vgl. BFH-Urteile vom 4.12.2001 III R 47/00, BFHE 197, 233, BStBl
II 2002, 195 = SIS 02 03 85; vom 17.2.1994 VIII R 30/92, BFHE 175,
226, BStBl II 1994, 938 = SIS 94 22 43; vom 1.3.2005 VIII R 25/02,
BFHE 209, 275, BStBl II 2005, 436 = SIS 05 18 67, m.w.N.).
Für die Besteuerung im
Veranlagungszeitraum 2001 auf der Ebene des Anteilseigners wird im
Schrifttum überwiegend eine unübersichtliche Rechtslage
reklamiert (vgl. Crezelius, DB 2001, 221).
b) Es ist weder dem Wortlaut des § 52
Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 EStG noch der Entstehungsgeschichte dieser
Regelung zu entnehmen, dass der Gesetzgeber, obwohl er ohne
Einschränkung § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG in Bezug
genommen hat, den Tatbestand in § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG aus
dem Anwendungsbereich hätte ausklammern wollen. Vielmehr hat
der Gesetzgeber durch die in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz
2 EStG angeordnete entsprechende Anwendung des Satzes 1 dieser
Vorschrift auf Fälle des § 17 Abs. 4 EStG und ebenso
durch die in § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG angeordnete entsprechende
Anwendung der Regelungen in § 17 Abs. 1 bis 3 EStG die Absicht
zum Ausdruck gebracht, wirtschaftlich als vergleichbar eingestufte
Sachverhalte auch steuerlich gleich zu behandeln, d.h. das
Halbeinkünfteverfahren frühestens ab dem
Veranlagungszeitraum 2002 zur Anwendung zu bringen.
Die vollständige Bezugnahme in § 52
Abs. 4 b Satz 1 Nr. 2 EStG auf § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c
EStG würde indes leerlaufen, wäre von vornherein in den
Fällen des § 17 Abs. 4 EStG vom Fehlen eines
Wirtschaftsjahres auszugehen (so zutreffend Oltmanns in DB 2005,
2713, 2715).
c) Der Gesetzgeber hat u.a. mit der Absenkung
der Beteiligungsgrenze in § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des
StSenkG 2001/2002 auf 1 v.H. seine Konzeption der Gleichbehandlung
von Gewinnausschüttungen und Veräußerungen
absichern wollen. Offene Gewinnausschüttungen unterliegen
frühestens ab dem Veranlagungszeitraum 2002 dem
Halbeinkünfteverfahren (vgl. BFH-Urteil vom 1.3.2005 VIII R
92/03, BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398 = SIS 05 18 68; v.
Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr.
40 Rz B 40/62). Die Absenkung wurde vom Finanzausschuss des
Bundestages (BTDrucks 14/3366, S. 118, Einzelbegründung zu
§ 17 EStG) damit begründet, dass § 17 EStG
künftig grundsätzlich sicherstellen solle, dass es nicht
durch Veräußerung der Beteiligung möglich sein
solle, die Halbeinkünftebesteuerung auf der Ebene des
Anteilseigners, der seine Anteile nicht in einem
Betriebsvermögen halte, zu vermeiden. Sowohl in systematischer
als auch in zeitlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber deshalb den
Gleichlauf bei der Besteuerung von Gewinnausschüttung und
Veräußerung aufeinander abgestimmt (vgl. § 52 Abs.
34 a EStG i.d.F. des Gesetzes zur Umrechnung und Glättung
steuerlicher Euro-Beträge - StEuglG - vom 19.12.2000, BGBl I
2000, 1790, BStBl I 2001, 3; BFH-Beschluss vom 14.2.2006 VIII B
107/04, BFHE 212, 285, BStBl II 2006, 523 = SIS 06 20 52;
BFH-Urteil in BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398 = SIS 05 18 68).
Der Gesetzgeber geht in den Fällen der
Anteilsveräußerung von einer Totalausschüttung aus,
die er der offenen Gewinnausschüttung steuerlich gleichstellen
will (BTDrucks 14/2683, S. 120; BFH-Urteil in BFHE 209, 285, BStBl
II 2005, 398 = SIS 05 18 68; Crezelius, DB 2001, 221, 225; Nacke in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 3 Nr. 40 EStG Rz 136).
Grundsätzlich wird nicht mehr zwischen Quelleneinkünften
und Veräußerungsgewinn unterschieden. Bei der
Veräußerung werden thesaurierte Gewinne über den
Kaufpreis abgegolten. Wirtschaftlich entspricht die
Veräußerung einer letzten Dividendenausschüttung an
den Veräußerer. Der Veräußerungsgewinn wird
deshalb wie eine antizipierte (Total-)Gewinnausschüttung
behandelt.
d) Der Gesetzgeber hat indes auch die
Veräußerungsersatztatbestände der
Veräußerung steuerlich gleichgestellt. Dies hat er
sowohl in § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG durch Anordnung der
entsprechenden Anwendung der Abs. 1 bis 3 des § 17 EStG auf
den Tatbestand der Auflösung der Kapitalgesellschaft als auch
in § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 2 EStG, mit dem die
entsprechende Anwendung des die Veräußerung regelnden
Satzes 1 bestimmt wird, eindeutig zum Ausdruck gebracht (vgl. auch
Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 245; Pung/Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 17 Rz 202).
Die in den Anteilen enthaltenen stillen
Reserven, die - nicht anders als bei der Veräußerung im
Veranlagungszeitraum 2001 auch bei einem im Veranlagungszeitraum
2001 realisierten Auflösungsgewinn - im Wesentlichen noch
unter der Geltung des alten Körperschaftsteuerrechts gebildet
und entsprechend besteuert worden sind, werden durch die
Liquidation realisiert (vgl. Ommerborn/Altendorf, Neue
Wirtschafts-Briefe - NWB - Fach 3, S. 11193; Frotscher in
Frotscher, a.a.O., § 17 Rz 110; Pung/ Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 17 Rz 202).
Weder die auf die Beteiligung gemachten
Anschaffungskosten noch der hierdurch erwirtschaftete Gewinn stehen
bei einem im Jahr 2001 realisierten Auflösungsverlust in einem
Zusammenhang mit dem Halbeinkünfteverfahren (vgl.
Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2005, 1517, 1531). Der
Gesetzgeber geht wie bei der Veräußerung des Anteils von
einer Totalausschüttung aus (vgl. HHR/Nacke, § 3 Nr. 40
EStG Rz 136).
Dieser systematische Zusammenhang würde
jedoch in sachwidriger Weise vernachlässigt, wenn bei gleichen
Realisationszeitpunkten Veräußerungsgewinne
frühestens ab dem Veranlagungszeitraum 2002 - bei abweichendem
Wirtschaftsjahr sogar erstmals nach Ablauf des Wirtschaftsjahres
2002/2003 (vgl. HHR/Eilers/R. Schmidt, § 17 EStG Rz 1) -,
wirtschaftlich vergleichbare Liquidationsgewinne/-verluste hingegen
allein deshalb, weil auf der Ebene der Kapitalgesellschaft ein vom
Wirtschaftsjahr abweichender Liquidationszeitraum nach § 11
Abs. 1 KStG besteht, bereits im Veranlagungszeitraum 2001 vom
Halbeinkünfteverfahren erfasst würden.
Der Liquidationsverlust ist im Rahmen der
besonderen stichtagsbezogenen Gewinnermittlung nach § 17 Abs.
2 EStG auf den Zeitpunkt seiner Entstehung - endgültig - zu
ermitteln (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 654). Davon bleibt die
Ermittlung des Liquidationsgewinns oder -verlustes bei der
Körperschaft selbst (§ 11 KStG) sowie die Ermittlung
dessen, was dem Anteilseigner aus dem Vermögen der GmbH ggf.
zuzuteilen oder zurückzuzahlen ist (vgl. § 17 Abs. 4 Satz
2 EStG) unberührt (BFH-Urteile in BFH/NV 1993, 654; vom
2.10.1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 = SIS 85 15 15).
Die steuerliche Be- bzw. im Falle eines
Verlustes die Entlastung muss sich nach Ansicht des Senats
sachgerecht nach dem Zeitpunkt der Realisation des
Veräußerungsgewinns/-verlustes oder
Auflösungsgewinns/-verlustes ausrichten. Die
Entstehungsgeschichte, insbesondere die Gesetzesmaterialien, geben
keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber in
bewusster rechtspolitischer Entscheidung im Veranlagungszeitraum
2001 realisierte Liquidationsgewinne/-verluste bereits den Regeln
des Halbeinkünfteverfahrens hätte unterwerfen wollen.
e) Die Entstehung eines
Auflösungsverlustes setzt die zivilrechtliche Auflösung
der Kapitalgesellschaft voraus, z.B. durch einen - auch formlos
zulässigen - Auflösungsbeschluss gemäß §
60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG. Der späteren Eintragung der
Auflösung in das Handelsregister kommt dann lediglich
deklaratorische Bedeutung zu (§ 65 GmbHG). Indes ist damit
allein noch nicht der Tatbestand in § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG
verwirklicht, wie offenbar Oltmanns in DB 2005, 2713, 2716 meint.
Vielmehr setzt die Entstehung des Verlustes des Weiteren voraus,
dass mit Zuteilungen und Rückzahlungen gemäß §
17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zu rechnen ist und feststeht, ob
und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten
oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu
berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden
(BFH-Urteile in BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344 = SIS 98 04 27,
m.w.N.; in BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22;
BFH-Beschluss vom 28.1.2002 VIII B 63/01, BFH/NV 2002, 646 = SIS 02 62 27). Im Falle der Auflösung einer Kapitalgesellschaft durch
Eröffnung des Konkurses oder des Insolvenzverfahrens über
deren Vermögen steht regelmäßig erst im Zeitpunkt
der Vollbeendigung, d.h. der Beendigung der Liquidation, fest, ob
es zu einem endgültigen Liquidationsverlust kommen wird.
Ausnahmsweise kann aber auch in diesem Fall bereits vor Abschluss
des Liquidationsverfahrens ein Liquidationsverlust beim
Anteilseigner zu berücksichtigen sein (vgl. BFH-Urteile in
BFH/NV 2001, 761 = SIS 01 65 39; in BFHE 191, 115, BStBl II 2000,
343 = SIS 00 07 80, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 18.5.2005 VIII B
11/04, BFH/NV 2005, 1810 = SIS 05 40 63).
Dies ist gleichermaßen unter den oben
genannten Voraussetzungen der Fall (BFH-Urteile in BFHE 197, 394,
BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22; vom 1.3.2005 VIII R 46/03,
BFH/NV 2005, 2171 = SIS 05 48 12, mit umfangreichen
Nachweisen).
Eine Kapitalgesellschaft kann trotz
vorhandener Aktivwerte auch dann in diesem Sinne als
vermögenslos und damit ggf. als aufgelöst angesehen
werden, wenn der wesentlich beteiligte Gesellschafter mit einer
Auskehrung von Gesellschaftsvermögen im Rahmen der
Vermögensverteilung nach § 72 GmbHG nicht mehr rechnen
konnte. Diese Beurteilung beruht auf der besonderen Zwecksetzung
des § 17 EStG. Danach ist eine Kapitalgesellschaft bereits
dann vermögenslos, wenn die Aktiva zwar für eine
Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger, nicht aber auch
für eine Verteilung unter den Gesellschaftern ausreichen
(BFH-Urteile vom 21.1.2004 VIII R 8/02, BFH/NV 2004, 947 = SIS 04 22 74; VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551 = SIS 04 22 00; BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 646 = SIS 02 62 27, m.w.N.)
Die unterschiedliche steuerrechtliche
Erfassung von Liquidationsgewinnen oder -verlusten auf der Ebene
des Anteilseigners im Rahmen des § 17 Abs. 4 EStG einerseits
und bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft während des
Abwicklungszeitraums andererseits verdeutlicht zusätzlich den
entstehenden und sachlich nicht hinreichend begründbaren
Widerspruch, wenn nach dem deutlich zum Ausdruck gelangten
gesetzgeberischen Willen der Gleichstellung von zum gleichen
Zeitpunkt verwirklichten Veräußerungsvorgängen und
Liquidationsvorgängen auf der Ebene des Anteilseigners dieses
gesetzgeberische Ziel indes weitgehend leerliefe und es dadurch zu
schwerwiegenden unterschiedlichen steuerlichen
Belastungsunterschieden käme, weil auch die Besteuerung des
Anteilseigners an den vom Gesetzgeber im Interesse der
Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für in Liquidation
befindliche Körperschaften in § 11 Abs. 1 Satz 1 KStG
zusammengefassten Gewinnermittlungs- und Besteuerungszeitraum
gebunden wäre (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 213, 301 = SIS 06 37 76; HHR/ H. Klein, § 11 KStG Rz 5, 6 und 41).
Anders als bei der in Liquidation befindlichen
Kapitalgesellschaft, die auch während der Abwicklung
grundsätzlich eine laufende Gewinnermittlung (vgl. § 71
Abs. 1 GmbHG) durchzuführen hat, ist der selbst bei einer sich
über einen längeren Zeitraum erstreckenden Liquidation
(vgl. HHR/Eilers/R. Schmidt, § 17 EStG Rz 276) nach den
(handelsrechtlichen) Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung stichtagsbezogen zu ermittelnde
Auflösungsgewinn oder -verlust bereits im Zeitpunkt der
Realisation endgültig zeitlich festgelegt. Die
stichtagsbezogene Gewinnermittlung zum Zeitpunkt der
Veräußerung oder der Liquidation der Gesellschaft
erlaubt mithin keine Differenzierung (vgl. BFH-Urteil vom 5.10.2004
VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54 = SIS 05 04 17). Eine weitere Gewinn-
oder Verlustermittlung in späteren Veranlagungszeiträumen
- wie bei der Körperschaft - ist beim Anteilseigner
ausgeschlossen (BFH-Urteil in BFHE 191, 115, BStBl II 2000, 343 =
SIS 00 07 80). Vielmehr sind allenfalls rückwirkende
Korrekturen des Sachverhalts auf den Realisationszeitpunkt nach
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung vorzunehmen (vgl.
BFH-Urteile vom 21.12.1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II
1994, 648 = SIS 94 15 51; in BFH/NV 2005, 54 = SIS 05 04 17; in
BFH/NV 1993, 654).
f) Eine sachgerechte Lösung hinsichtlich
der zeitlichen Abgrenzung bei der Anwendung des
Halbeinkünfteverfahrens auf der Ebene des Anteilseigners
erfordert es danach, auch im Kalenderjahr 2001 nach den vom BFH in
ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen
für den Realisationszeitpunkt entstandene Liquidationsverluste
noch nicht im Halbeinkünfteverfahren - also nur zur
Hälfte - steuerlich zu berücksichtigen (so im Ergebnis
ebenfalls Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 17 Rz 110;
Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2005, 1517, 1531, die insoweit
auch einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Prinzip
der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
geltend machen und das Halbeinkünfteverfahren jedenfalls nicht
auf im Veranlagungszeitraum 2001 abgeschlossene
Liquidationsverfahren anwenden wollen).
5. Nach den vom FA nicht mit zulässigen
und begründeten Verfahrensrügen angefochtenen
Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), ist im
Streitfall der der Höhe nach unstreitige
Auflösungsverlust bereits im Streitjahr 2001 realisiert
worden, so dass das FG im Ergebnis zu Recht der Klage insoweit
stattgegeben hat.