Beihilfeberechtigtes Kind, private Kranken- und Pflegeversicherung, Jahresgrenzbetrag: Beiträge eines beihilfeberechtigten Kindes für eine private Kranken- und Pflegeversicherung sind nicht in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) einzubeziehen, soweit sie auf Tarife entfallen, mit denen der von der Beihilfe nicht freigestellte Teil der beihilfefähigen Aufwendungen für ambulante, stationäre und zahnärztliche Heilbehandlungen abgedeckt wird. - Urt.; BFH 14.12.2006, III R 24/06; SIS 07 04 33
(Anmerkung der Redaktion:
vgl. auch BMF-Schreiben vom 18.11.2005, IV C 4 - S 2282 - 27/05,
BStBl 2007 I S. 1027 = SIS 06 00 02)
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) hat eine im Jahr 1975 geborene Tochter, für die
er Kindergeld erhielt.
Am 1.2.2001 wurde die Tochter als
Anwärterin in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt
eingestellt. Dies teilte der Kläger der Beklagten und
Revisionsklägerin (Familienkasse) mit Schreiben vom 19.1.2001
mit. Da die monatlichen Bezüge der Tochter rund 1.900 DM
betrügen und sie noch keine Vorstellungen über die
Höhe der Werbungskosten habe, könne die Familienkasse die
Kindergeldzahlung einstellen. Er werde ggf. am Ende des Jahres
erneut Kindergeld für das Jahr 2001 beantragen.
Mit Bescheid vom 1.2.2001 hob die
Familienkasse daraufhin die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2001
auf und forderte das bereits gezahlte Kindergeld
zurück.
Im Mai 2002 legte der Kläger der
Familienkasse eine Kopie des Einkommensteuerbescheids der Tochter
für 2001 vor, in dessen Berechnungsteil die Einkünfte mit
13.007 DM (Bruttoarbeitslohn in Höhe von 22.943 DM
abzüglich Werbungskosten in Höhe von 9.936 DM) angesetzt
worden waren, und beantragte, das Kindergeld für das Jahr 2001
nachzuzahlen.
Die Familienkasse lehnte den Antrag mit
Bescheid vom 12.9.2002 ab, da die Tochter Einkünfte und
Bezüge von mehr als 14.040 DM habe (§ 32 Abs. 4 Satz 2
des Einkommensteuergesetzes in der für das Jahr 2001 geltenden
Fassung - EStG - ). Die Familienkasse erkannte bei ihrer Berechnung
lediglich Werbungskosten in Höhe von 7.915,73 DM an.
Den Einspruch des Klägers, mit dem er
weitere Werbungskosten der Tochter geltend machte, wies die
Familienkasse durch Einspruchsentscheidung vom 25.4.2005 als
unbegründet zurück. Auch bei Anerkennung weiterer
Werbungskosten werde der Jahresgrenzbetrag überschritten
(Bruttoarbeitslohn in Höhe von 22.943 DM abzüglich
Werbungskosten in Höhe von 8.461,87 DM = 14.481,13
DM).
Im Klageverfahren machte der Kläger
geltend, nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG)
vom 11.1.2005 2 BvR 167/02 (BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage
3, 260 = SIS 05 30 28) seien die von seiner Tochter im Jahr 2001
gezahlten Beiträge zu ihrer privaten Kranken- und
Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 1.666,39 DM von ihren
Einkünften abzuziehen, so dass der Jahresgrenzbetrag
unterschritten werde. Die Tarife des Krankenversicherungsvertrags
seien auf die Beihilfevorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen
für die ambulante, stationäre und zahnärztliche
Heilbehandlung sowie einen Beihilfeergänzungstarif abgestimmt.
Die Familienkasse war dagegen der Auffassung, aufgrund der
Entscheidung des BVerfG seien nur die Beiträge zur
Pflegeversicherung in Höhe von 249,15 DM nicht in die
Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag
einzubeziehen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Unter Aufhebung des Bescheids vom 12.9.2002 und der dazu ergangenen
Einspruchsentscheidung verpflichtete es die Familienkasse, dem
Kläger Kindergeld für den Zeitraum Januar bis Dezember
2001 zu zahlen. Das Urteil des FG ist in EFG 2006, 1071 = SIS 06 19 59 abgedruckt.
Das FG führte im Wesentlichen aus,
nach dem Beschluss des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005,
Beilage 3, 260 = SIS 05 30 28 sei § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG
verfassungskonform so auszulegen, dass der Relativsatz „die
zur Bestreitung des Unterhalts (...) bestimmt oder geeignet
sind“ nicht nur auf Bezüge, sondern auch auf
Einkünfte des Kindes zu beziehen sei. Daher seien
Beträge, die wie die gesetzlichen
Sozialversicherungsbeiträge von Gesetzes wegen dem
Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur
Verfügung stünden und deshalb die Eltern nicht entlasten
könnten, nicht in die Bemessungsgröße für den
Jahresgrenzbetrag einzubeziehen. Auch die Beiträge der Tochter
zu einer beihilfekonformen privaten Krankenversicherung, die zur
Abdeckung existenzieller Lebensrisiken unvermeidbar seien,
stünden der Tochter nicht zur Bestreitung ihres
Lebensunterhaltes zu Verfügung und könnten daher nicht
die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber seiner
Tochter mindern.
Mit ihrer Revision rügt die
Familienkasse die Verletzung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Das
BVerfG habe im Hinblick auf die gesetzlichen
Sozialversicherungsbeiträge formuliert, „in Höhe
dieser Beiträge, die vom Arbeitgeber abgeführt werden und
deshalb nicht in den Verfügungsbereich des Arbeitnehmers
gelangen“, könnten die „Einkünfte des Kindes
keine Minderung der Unterhaltslasten und somit auch keine
Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
unterhaltsverpflichteten Eltern bewirken“. Aus dieser
Formulierung könne nicht abgeleitet werden, dass die
freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge eines Beamten ebenso
wie gesetzliche Sozialversicherungsbeiträge zu behandeln
seien. Denn anders als Sozialversicherungsbeiträge gelangten
die Mittel für die Bezahlung einer (freiwilligen)
Krankenversicherung in den freien Verfügungsbereich des
Kindes. Es könne frei darüber entscheiden, ob und ggf.
mit welchem Umfang es eine private Krankenversicherung
abschließen wolle. Eine „erweiterte“
verfassungskonforme Auslegung sei nicht möglich. Sofern der
Senat die Nichtberücksichtigung von Beiträgen für
eine freiwillige Krankenversicherung für verfassungswidrig
halte, müsse er nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)
das Revisionsverfahren aussetzen und eine Entscheidung des BVerfG
einholen.
Die Familienkasse beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision führt zur Aufhebung des
finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache
an das FG, soweit das FG die Familienkasse verpflichtet hat, auch
für die Monate Januar und Februar 2001 Kindergeld zu zahlen
(§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im
Übrigen ist die Revision unbegründet und insoweit
zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Das FG hat im Ergebnis zu Recht
entschieden, dass die Beiträge der Tochter zur privaten
Kranken- und Pflegeversicherung nach den Rechtsgrundsätzen des
BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260
= SIS 05 30 28 nicht in die Bemessungsgröße für den
Jahresgrenzbetrag einzubeziehen sind.
a) Für ein volljähriges Kind besteht
nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32
Abs. 4 Satz 2 EStG ein Anspruch auf Kindergeld nur dann, wenn es -
bezogen auf den streitigen Zeitraum - Einkünfte und
Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der
Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als
14.040 DM im Kalenderjahr hat.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteile vom 21.7.2000 VI R 153/99, BFHE
192, 316, BStBl II 2000, 566 = SIS 00 12 07, und vom 4.11.2003 VIII
R 59/03, BFHE 204, 126, BStBl II 2004, 584 = SIS 04 05 45) waren
Einkünfte und Bezüge i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2
EStG nicht um die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung
zu mindern. Nach Auffassung des BVerfG in dem Beschluss in BVerfGE
112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 = SIS 05 30 28
verstößt diese Auslegung jedoch gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn Eltern mit nicht
sozialversicherungspflichtigen Kindern, deren Einkünfte und
Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht überstiegen, seien
gegenüber Eltern mit sozialversicherungspflichtigen Kindern
begünstigt, deren Einkünfte und Bezüge den
Jahresgrenzbetrag nur wegen der als Einkünfte behandelten
Sozialversicherungsbeiträge überschritten. Denn in diesen
Fällen erhielten die Eltern mit nicht
sozialversicherungspflichtigen Kindern durch die Gewährung des
Kindergeldes einen Ausgleich für ihre durch
Unterhaltsverpflichtungen geminderte finanzielle
Leistungsfähigkeit, während den Eltern mit
sozialversicherungspflichtigen Kindern dieser Ausgleich
vorenthalten werde, obwohl die gesetzlichen Pflichtbeiträge
unabhängig von einer Willensbetätigung der Beteiligten
nicht für den laufenden Unterhalt des Kindes zur
Verfügung stünden und deshalb die finanzielle
Leistungsfähigkeit der Eltern nicht erhöhen
könnten.
Der Begriff der Einkünfte sei zwar in
§ 2 Abs. 2 EStG gesetzlich definiert und könne deshalb
nicht als „zu versteuerndes Einkommen“
interpretiert werden. Er sei aber verfassungskonform so auszulegen,
dass der Relativsatz „die zur Bestreitung des Unterhalts
(...) bestimmt oder geeignet sind“ nicht nur auf
Bezüge, sondern auch auf Einkünfte des Kindes zu beziehen
sei. Daher seien auch Einkünfte des Kindes nur dann in die
Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag des
§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einzubeziehen, wenn sie zur
Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder
geeignet seien. Nicht als Einkünfte anzusetzen seien daher
jedenfalls diejenigen Beträge, die - wie die gesetzlichen
Sozialversicherungsbeiträge - von Gesetzes wegen dem
Einkünfte erzielenden Kind oder dessen Eltern nicht zur
Verfügung stünden und deshalb die Eltern finanziell nicht
entlasten könnten. In welchen (weiteren) Fällen der
Relativsatz auf Einkünfte anzuwenden ist, hat das BVerfG
ausdrücklich offen gelassen.
b) Die auf die Pflegeversicherung entfallenden
Beiträge von 249,15 DM sind - wie auch die Familienkasse
einräumt - schon deshalb von den Einkünften der Tochter
abzuziehen, weil sie ihr von Gesetzes wegen nicht zur
Verfügung stehen. Denn Personen, die nach beamtenrechtlichen
Vorschriften oder Grundsätzen bei Pflegebedürftigkeit
Anspruch auf Beihilfe haben und nicht freiwillige Mitglieder der
gesetzlichen Krankenversicherung sind, sind nach § 23 Abs. 1
und Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Elftes Buch (SGB XI) zum
Abschluss einer privaten Pflegeversicherung verpflichtet.
c) Auch die Beiträge der Tochter für
die private Krankenversicherung sind nach den Grundsätzen der
Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage
3, 260 = SIS 05 30 28 nicht in die Bemessungsgröße
für den Jahresgrenzbetrag einzubeziehen. Dies folgt zwingend
aus der verfassungskonformen Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2
EStG durch das BVerfG. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100
Abs. 1 GG ist deshalb nicht erforderlich.
Die uneingeschränkte Einbeziehung von
Beiträgen für eine private Krankenversicherung in die
Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag (§
32 Abs. 4 Satz 2 EStG) würde gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (so im
Ergebnis auch Wüllenkemper, EFG 2006, 194, Seer/Wendt, NJW
2006, 1, und Hidien/Anzinger, Finanzrundschau 2005, 1016). Denn sie
würde unterhaltsverpflichtete Eltern von privat versicherten
Kindern, deren Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag
des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nur wegen der als Einkünfte
behandelten Versicherungsbeiträge übersteigen,
gegenüber unterhaltsverpflichteten Eltern von
pflichtversicherten Kindern benachteiligen, deren Einkünfte
den Jahresgrenzbetrag nur deshalb nicht überschreiten, weil
die Einkünfte um die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen
Krankenversicherung gemindert werden.
Entgegen der Auffassung der Familienkasse
stellt es keinen hinreichenden Differenzierungsgrund für eine
solche Ungleichbehandlung dar, dass die (freiwillige)
Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung auf einem
Willensentschluss des Kindes und nicht auf einer gesetzlichen
Versicherungspflicht beruht.
Die Einbeziehung von gesetzlichen
Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die
Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag des
§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verstößt gegen Art. 3 Abs.
1 GG, weil in Höhe dieser Beträge - die vom Arbeitgeber
abgeführt werden und deshalb nicht in den
Verfügungsbereich des Kindes gelangen - die Einkünfte des
Kindes keine Minderung der Unterhaltslasten und somit auch keine
Erhöhung der Leistungsfähigkeit der
unterhaltsverpflichteten Eltern bewirken. Werden Mittel in die
Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag (§
32 Abs. 4 Satz 2 EStG) einbezogen, die eine effektive Entlastung
der unterhaltsverpflichteten Eltern nicht bewirken können, so
wird einer Teilgruppe der durch Unterhaltspflichten belasteten
Eltern die staatliche Entlastung zweckwidrig und deshalb ohne
hinreichenden sachlichen Grund verweigert (vgl. BVerfG in BVerfGE
112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260 = SIS 05 30 28).
Daher wäre die Einbeziehung der
Einkünfte, die für eine private Krankenversicherung
verwendet werden, nur dann gerechtfertigt, wenn diese
Einkünfte - anders als die Beiträge eines
Pflichtmitglieds zu einer gesetzlichen Krankenversicherung - die
unterhaltsverpflichteten Eltern tatsächlich entlasten
würden. Eine tatsächliche Entlastung der Eltern wird
jedoch nicht nur dann verfehlt, wenn die fraglichen Einkünfte
dem Kind von Gesetzes wegen nicht zur Verfügung stehen,
sondern auch dann, wenn sie nicht verfügbar sind, weil die
Einkünfte durch unvermeidbare (zwangsläufige)
Aufwendungen gebunden sind und daher nicht zur Bestreitung des
Existenzminimums zur Verfügung stehen.
Die Beiträge zu einer privaten
Krankenversicherung sind solche unvermeidbaren Aufwendungen. Die
(Mindest-)Vorsorge für den Krankheitsfall führt zu
Aufwendungen, welche die steuerliche Leistungsfähigkeit des
Steuerpflichtigen unvermeidbar mindern und für ihn
indisponibel sind. Die Absicherung gegen existenzgefährdende
Wechselfälle des Lebens ist zwingendes Erfordernis einer
„sozialgerechten Existenz“. Versicherungsschutz
insbesondere gegen Krankheit ist existentiell notwendig (vgl.
Vorlagebeschluss des BFH vom 14.12.2005 X R 20/04, BFHE 211, 351,
BStBl II 2006, 312 = SIS 06 06 88, m.w.N.).
Für Beamte, die in Krankheits-, Geburts-
und Todesfällen Anspruch auf Beihilfe haben, gilt nichts
anderes.
Nach den hergebrachten Grundsätzen des
Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) hat der Dienstherr
grundsätzlich den gesamten Unterhalt des Beamten und seiner
Familie sicherzustellen. Darauf beruht es, dass Beamte kraft
Gesetzes von der Versicherungspflicht auch in der gesetzlichen
Krankenversicherung freigestellt sind. Da die nicht vorhersehbaren
Aufwendungen bei Krankheit aber nicht in die Regelung über die
laufende Zahlung der Dienstbezüge einbezogen werden
können, wird den Beamten mit den Dienstbezügen nur ein
Durchschnittssatz der zu erwartenden Aufwendungen im Krankheitsfall
zur Verfügung gestellt, mit dem die Beamten eine zumutbare
Krankenversicherung abschließen können. An die
Leistungen aus einer solchen Krankenversicherung knüpfen die
zusätzlichen beihilferechtlichen Leistungen des Dienstherrn
an. Das Beihilferecht in Bund und Ländern geht nicht nur davon
aus, dass es Versicherungsmöglichkeiten für alle in
Betracht kommenden Krankheitsfälle zu regelmäßig
zumutbaren Bedingungen gibt und Beamte sich auch tatsächlich
versichern können, sondern setzt auch voraus, dass Beamte
für Krankheitsfälle durch den freiwilligen Abschluss
einer Krankenversicherung mit eigenen Mitteln selbst vorsorgen
(Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom
25.6.1987 2 N 1/86, BVerwGE 77, 345, m.w.N.).
Auch nach der Rechtsprechung des BVerfG kann
die im Beihilferecht vorausgesetzte Eigenvorsorge des Beamten
für den Krankheitsfall angesichts der möglichen Höhe
der Krankheitskosten in aller Regel sinnvoll nur durch den
Abschluss einer angemessenen Krankenversicherung getroffen werden.
Der Dienstherr dürfe somit die - als Ergänzung der
Eigenvorsorge des Beamten konzipierte - Beihilfe nicht ohne
Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten
ausgestalten (vgl. Beschluss des BVerfG vom 13.11.1990 2 BvF 3/88,
BVerfGE 83, 89, m.w.N.).
Bei Beiträgen des Kindes zu einer
privaten Krankenversicherung ist allerdings zu
berücksichtigen, dass der Leistungsumfang der privaten
Krankenversicherung - im Unterschied zur gesetzlichen
Krankenversicherung (vgl. §§ 11 ff. des
Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - SGB V - ) - nicht gesetzlich
bestimmt ist, sondern sich nach den im Krankenversicherungsvertrag
vereinbarten Tarifen richtet. Als unvermeidbar (zwangsläufig)
sind nur die Beiträge für Tarife anzusehen, mit denen der
nach den Beihilfevorschriften des jeweiligen Dienstherrn von der
Beihilfe nicht freigestellte Teil der beihilfefähigen
Aufwendungen - bei aktiven Beamten sind dies 50 v.H. der
beihilfefähigen Aufwendungen (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 und
2 Buchst. a der Nordrhein-Westfälischen Verordnung über
die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und
Todesfällen) - für ambulante, stationäre und
zahnärztliche Heilbehandlungen abgedeckt wird. Denn nur in
diesem Umfang sind die Aufwendungen des Kindes für
Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung als
(Mindest-)Vorsorge für den Krankheitsfall anzusehen. Soweit
die Beiträge zur privaten Krankenversicherung für
über das Leistungsniveau der Beihilfe hinausgehende Tarife,
insbesondere Beihilfeergänzungstarife, gezahlt werden, sind
sie nicht unvermeidbar und deshalb aus Gründen der
Gleichbehandlung nicht von den Einkünften des Kindes
abzuziehen.
Dagegen kann für die Entscheidung, in
welcher Höhe private Krankenversicherungsbeiträge eines
Beamtenanwärters unvermeidbar sind, nicht darauf abgestellt
werden, ob der von der privaten Krankenversicherung gewährte
Leistungsumfang mit demjenigen der gesetzlichen Krankenversicherung
vergleichbar ist. Zwischen den Sicherungssystemen der gesetzlichen
Krankenversicherung und der für Beamte geltenden privaten
Vorsorge einschließlich ergänzender Beihilfe bestehen
derart grundlegende Strukturunterschiede, dass ein Vergleich nicht
möglich ist; beide Systeme sind nicht
„gleich“, sondern
„gleichwertig“ (vgl. hierzu Urteil des BVerwG
vom 15.12.2005 2 C 35/04, BVerwGE 125, 21, Zeitschrift für
Beamtenrecht - ZBR - 2006, 195, unter 3., sowie Beschluss des
BVerfG vom 23.6.1981 2 BvR 1067/80, BVerfGE 58, 68, unter B.2.,
jeweils m.w.N.).
Ohne praktische Bedeutung und deshalb nicht zu
entscheiden ist im Streitfall, ob die Beiträge zu einer
privaten Krankenversicherung in dem Umfang unvermeidbar sind, in
dem die Beiträge zur privaten Krankenversicherung diejenigen
zur gesetzlichen Krankenversicherung übersteigen. Denn die
Beiträge zur (ergänzenden) privaten Krankenversicherung
eines Beamtenanwärters - wie im Streitfall der Tochter des
Klägers - sind nahezu immer günstiger als die
Beiträge zu einer freiwilligen gesetzlichen
Krankenversicherung.
2. Da bei Abzug der Krankenkassenbeiträge
von den Einkünften der Tochter der Jahresgrenzbetrag für
das Kalenderjahr 2001 unterschritten ist, hat der Kläger
materiell-rechtlich für das gesamte Kalenderjahr 2001 einen
Anspruch auf Kindergeld für die Tochter. Jedenfalls für
den Zeitraum März bis Dezember 2001 ist die Verpflichtung der
Familienkasse zur Zahlung von Kindergeld daher
rechtmäßig und insoweit die Revision unbegründet.
Aus verfahrensrechtlichen Gründen ist jedoch zweifelhaft, ob
das Kindergeld auch für die Monate Januar und Februar
gewährt werden kann.
Das FG hat unter Aufhebung des Bescheids vom
12.9.2002 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung die
Familienkasse verpflichtet, dem Kläger Kindergeld für
seine Tochter für die Monate Januar bis Dezember 2001 zu
zahlen. Dabei hat das FG nicht berücksichtigt, dass die
Familienkasse bereits am 1.2.2002 einen Bescheid erlassen hat, mit
dem die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2001 aufgehoben wurde.
Dieser Bescheid ist mangels Anfechtung bestandskräftig
geworden. Die in diesem Bescheid getroffene Regelung über den
Kindergeldanspruch ist bindend bis zum Ende des Monats der
Bekanntgabe dieses Bescheids, also bis Ende Februar 2001 (vgl.
BFH-Urteil vom 25.7.2001 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002,
88 = SIS 01 13 65).
Für die Monate Januar und Februar 2001
könnte die Familienkasse nur zur Zahlung von Kindergeld
verpflichtet werden, wenn der bestandskräftige
Aufhebungsbescheid vom 1.2.2001 nach § 70 Abs. 4 EStG
aufgehoben oder geändert werden könnte.
Die Familienkasse hat die
Kindergeldfestsetzung aufgehoben, weil im Hinblick auf die
Höhe des monatlichen Bruttolohns die Einkünfte und
Bezüge der Tochter im Kalenderjahr 2001 voraussichtlich den
Jahresgrenzbetrag übersteigen würden. Nach dem
Senatsurteil vom 28.11.2006 III R 6/06 = SIS 07 03 15 (zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt; derzeit:
www.bundesfinanzhof.de) kann ein solcher als Prognoseentscheidung
ergangener Bescheid nur dann nach § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben
oder geändert werden, wenn nachträglich bekannt wird,
dass sich die Einkünfte und Bezüge entgegen der Prognose
im laufenden Kalenderjahr vermindert haben, nicht aber, wenn sich
ein von der Prognose abweichender Betrag ergibt, weil sich nach
Erlass des Kindergeldbescheids aufgrund einer Entscheidung des
BVerfG die Rechtsauffassung zur Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz
2 EStG geändert hat.
Im Streitfall könnte der Bescheid vom
1.2.2001 daher nur aufgehoben werden, wenn die Einkünfte der
Tochter aufgrund der weiteren vom Kläger im
Einspruchsverfahren geltend gemachten und in der
Einspruchsentscheidung nicht anerkannten Werbungskosten den
Jahresgrenzbetrag von 14.040 DM nicht überschreiten
würden. Da das FG insoweit keine Feststellungen enthält,
wird die Sache an das FG zurückverwiesen.