Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 20.09.2019 - 11 K 4132/15 E,G =
SIS 19 20 85 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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A. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) wurde in den Streitjahren 2004 bis 2008 einzeln zur
Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus
Gewerbebetrieb (X-Einrichtung). Den Gewinn ermittelte er durch
Betriebsvermögensvergleich. Daneben bezog er als
Gesellschafter-Geschäftsführer der Vermittlungs-GmbH
(GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die GmbH
stand in Vertragsbeziehungen zu der X-Einrichtung. Die Eltern des
Klägers hatten die X-Einrichtung bis 1994 als Gesellschafter
einer GbR betrieben; nach dem Tod des Vaters hatte die am
xx.xx.1935 geborene Mutter (M) des Klägers die X-Einrichtung
als gewerbliches Einzelunternehmen fortgeführt.
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Am 15.12.1995 hatten M und der Kläger
im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen
„Hofübergabevertrag nebst
Auflassung“ (Übergabevertrag)
geschlossen. Nach § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 des
Übergabevertrags übertrug M dem Kläger die
X-Einrichtung, die als Hof im Sinne der Höfeordnung
eingetragen war, mit allen landwirtschaftlichen und gewerblich
genutzten Gebäuden sowie allen Aktiva und Passiva und den im
Grundbuch verzeichneten Lasten. An dem Hof wie dem Hofvermögen
hatte sich M gemäß § 3 Abs. 1 des
Übergabevertrags den lebenslänglichen Nießbrauch
vorbehalten. Sie hatte nach § 3 Abs. 2 Satz 2 des
Übergabevertrags alle Aufwendungen auf den Grundbesitz zu
tragen, die nach dem Gesetz einem Eigentümer obliegen,
insbesondere auch Großreparaturen und solche Aufwendungen,
die auf den Stammwert der Sache angelegt sind. Im Rahmen ihres
Nießbrauchs hatte M auch die vorhandenen Darlehen zu bedienen
einschließlich Tilgung und Verzinsung. Nach § 3 Abs. 3
des Übergabevertrags sollte sie den Hof weiterbewirtschaften
und so behandelt werden „wie ein wirtschaftlicher
Eigentümer im Sinne des
Einkommensteuerrechtes“. § 4 des
Übergabevertrags gab ihr das Recht, jederzeit auf den
Nießbrauch gegen Einräumung eines Altenteils zu
verzichten. Die Übergabe erfolgte gemäß § 7
Abs. 1 des Übergabevertrags zum 31.12.1995. Nach § 7 Abs.
2 des Übergabevertrags ging mit der Übergabe,
„soweit nicht der Vorbehalt des Nießbrauchs etwas
anderes bewirkt“, die Gefahr sowie die
Nutzungen und Lasten des übertragenen Hofvermögens auf
den Kläger über. Im Fall des Vorversterbens des
Klägers sollte das Eigentum an dem Hof an M zurückfallen
(§ 6 des Übergabevertrags). Steuerliche Folgen zogen die
Vertragsbeteiligten aus dem Übergabevertrag nicht. M
bilanzierte das betrieblich genutzte Vermögen wie bislang im
Rahmen ihres Gewerbebetriebs.
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In der Folgezeit kam es zu mehreren
Änderungen des Übergabevertrags. Unter anderem
verzichtete M mit Vertrag vom 27.11.1996 auf das Rückfallrecht
aus § 6 des Übergabevertrags. Mit notariellem Vertrag vom
23.12.2002 verzichtete M schließlich zum 31.12.2002 auf ihr
Nießbrauchsrecht. Der Kläger übernahm die aktive
Betriebsführung. Er erstellte zum 01.01.2003 eine
Eröffnungsbilanz für seinen Gewerbebetrieb und aktivierte
die Buchwerte des Einzelunternehmens wie sie in der Bilanz der M
zum 31.12.2002 ausgewiesen waren.
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Nachdem der Beklagte und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - )
erklärungsgemäß Einkommensteuer- und
Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre 2004 bis 2008
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen hatte,
führte das Finanzamt für Groß- und
Konzernbetriebsprüfung zwei Außenprüfungen unter
anderem für die Streitjahre durch. Die Prüfer und der
Kläger gingen übereinstimmend davon aus, dass das
gewerbliche Einzelunternehmen der M erst aufgrund deren Verzichts
auf das Nießbrauchsrecht zum 01.01.2003 auf den Kläger
zu Buchwerten übergegangen sei.
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Neben anderen Streitpunkten, die nicht mehr
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, konnte über den
folgenden Sachverhalt keine Einigung erzielt werden:
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Mit einem Vertrag, der nach
Einschätzung des Prüfers im Jahre 1998 abgeschlossen
worden war, hatte M als Einzelunternehmerin der GmbH die bis zum
31.12.1997 entstandenen und mit xx DM valutierenden Forderungen
erlassen. Im Rahmen einer bei M durchgeführten
Außenprüfung war der Forderungsverzicht aus
verschiedenen Gründen nicht anerkannt worden. In der
Schlussbesprechung war es jedoch zu einer tatsächlichen
Verständigung dahin gekommen, dass auf diese Forderungen zum
31.12.1999 eine Teilwertabschreibung bis auf xx DM (dies ist der in
der Gesamtforderung enthaltene Umsatzsteuerbetrag zu 7 %)
vorzunehmen sei. In der Bilanz der GmbH waren nach den
Ausführungen des Prüfers, denen kein Beteiligter
widersprochen hatte, die Verbindlichkeiten noch im Jahre 2002
ungekürzt ausgewiesen worden.
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Der Prüfer vertrat die Ansicht, wegen
Beseitigung der Überschuldung und verbesserter Liquidität
der GmbH sei zum 31.12.2004 eine vollständige Wertaufholung
vorzunehmen gewesen. Die Gewinnerhöhung im Einzelunternehmen
des Klägers betrage folglich xx DM (= xx EUR). Dabei sei zu
unterstellen, dass der Kläger einen Antrag auf Bildung einer
Wertaufholungsrücklage (§ 52 Abs. 16 Satz 3 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - 1999) gestellt habe, so dass diese
Gewinnerhöhung zu gleichen Teilen (jeweils xx EUR) auf die
Jahre 2004 bis 2008 zu verteilen sei.
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Das FA erließ nach Maßgabe der
Prüfungsfeststellungen geänderte Einkommensteuerbescheide
für die Streitjahre 2004 bis 2008 und änderte die
Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2005 bis
2008.
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Nach erfolglosen Einspruchsverfahren machte
der Kläger mit der Klage unter anderem geltend, die
Wertaufholung hätte mangels Nachweises der geminderten
Werthaltigkeit der zuvor teilwertberichtigten Forderungen bereits
zum 31.12.2000, angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung der
GmbH aber spätestens in der Bilanz der M zum 31.12.2002
stattfinden müssen. Das FA erwiderte, in der Gewinnermittlung
und den Steuererklärungen der M sei keine Wertaufholung
vorgenommen worden, so dass vom Fortbestand der Wertminderung
auszugehen sei. Mit dem Übertragungsvertrag vom 15.12.1995
habe sich die ertragsteuerrechtliche Zurechnung des Betriebs nicht
geändert, da M sich das (maßgebende) wirtschaftliche
Eigentum vorbehalten habe. Der Betrieb sei erst aufgrund des
Vertrags vom 23.12.2002 zum 01.01.2003 auf den Kläger
übertragen worden; auf diesen Vorgang sei § 6 Abs. 3 EStG
anzuwenden.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im
angefochtenen Urteil (EFG 2020, 255 = SIS 19 20 85) insoweit statt.
Die im Unternehmen der M entstandenen Forderungen gegen die GmbH
seien nicht dem Betriebsvermögen des Klägers zuzuordnen,
so dass es keine Grundlage für eine gewinnerhöhende
Wertaufholung gebe.
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Zwar habe M ihren Betrieb zum 01.01.1996
auf den Kläger übertragen, da der Kläger (auch)
wirtschaftlicher Eigentümer der Betriebsgrundstücke - der
funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen - geworden sei. Diese
Übertragung sei auch unentgeltlich gewesen. Doch seien mangels
Einstellung der Tätigkeit der M die Voraussetzungen des §
7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung in der
damals geltenden Fassung (EStDV a.F.) nicht erfüllt gewesen.
Vielmehr seien die zum 01.01.1996 bestehenden Forderungen zwar
zivilrechtlich und auch wirtschaftlich von M auf den Kläger
übergegangen, dort aber Privatvermögen geworden. Sie
könnten daher zum 01.01.2003 nicht mehr im Wege einer
unentgeltlichen Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG
übergegangen sein. Sie seien kein notwendiges
Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs des Klägers und
trotz Erfassung in der Eröffnungsbilanz zum 01.01.2003 auch
nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen eingelegt worden.
Aufgrund der - wenn auch rechtsirrigen - Ansicht des Klägers,
zum 01.01.2003 habe eine Buchwertübertragung nach § 6
Abs. 3 EStG stattgefunden, fehle es am Widmungsakt, der im
Übrigen die Aktivierung zum (nicht bekannten) seinerzeitigen
Teilwert zur Folge hätte haben müssen.
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Soweit die Forderungen schließlich
erst nach dem 31.12.1995 entstanden seien, sei M über den
01.01.2003 hinaus Gläubigerin geblieben. Insoweit fehle es an
einem Rechtsakt, durch den diese Forderungen auf den Kläger
übertragen worden sein könnten.
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Mit seiner Revision macht das FA geltend,
das FG habe zu Unrecht eine unentgeltliche Betriebsübertragung
zu Buchwerten von M auf den Kläger verneint und darüber
hinaus auch unzutreffend den Ansatz der Forderungen in der
Eröffnungsbilanz nicht als Widmungsakt für eine Einlage
in das Betriebsvermögen angesehen.
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Zu Recht habe der VI. Senat des
Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 08.05.2019 - VI R 26/17
(BFHE 265, 82, BStBl II 2019, 660 = SIS 19 13 48) entschieden, dass
die unentgeltliche Übertragung eines aktiven land- und
forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt
(ebenso wie die Übertragung eines Verpachtungsbetriebs) von
§ 6 Abs. 3 EStG erfasst werde und die Entstehung eines
ruhenden Eigentümer- und eines aktiven
Nießbrauchsbetriebs bewirke. Mit Verzicht auf das
Nießbrauchsrecht werde der aufgespaltene Betrieb in der
Person des Rechtsnachfolgers wiedervereinigt, so wie es M und der
Kläger stets beabsichtigt hätten. Diese Vorgänge
führten nicht zu einer Betriebsaufgabe, sondern zu einer
steuerneutralen Betriebsübertragung. Anders als in der
Konstellation des Senatsurteils vom 25.01.2017 - X R 59/14 (BFHE
257, 227, BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88) habe M ihren Betrieb
zumindest gestaffelt oder sukzessive übergeben, zwar nicht
unmittelbar zum 01.01.1996, doch zum 01.01.2003, dem Tag, an dem
der Kläger die betriebliche Tätigkeit selbst aufgenommen
habe. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG lasse es zu, dass
sowohl der bisherige Betriebsinhaber bei der Aufnahme einer
natürlichen Person in ein bestehendes Einzelunternehmen als
auch der bisherige Mitunternehmer bei der unentgeltlichen
Übertragung eines Teils seines Mitunternehmeranteils auf eine
natürliche Person weiterhin aktiv tätig bleibe. In seinem
Urteil vom 06.11.2019 - II R 34/16 (BFHE 267, 440, BStBl II 2020,
465 = SIS 20 01 38) habe der BFH entschieden, dass die sogenannte
doppelte Mitunternehmerstellung für den nach § 13a des
Erbschaftsteuergesetzes begünstigten Erwerb unschädlich
sei. Da der dort verwendete Gesellschaftsbegriff ertragsteuerlich
zu verstehen sei, sei eine gleichgerichtete Auslegung vorzunehmen.
Soweit der BFH im Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14 (BFHE
257, 227, BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88) die Übertragung
gewerblicher Betriebe anders behandelt habe als die von land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben, verstoße dies gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz. Es gebe keinen Grund, der
Tätigkeit des Betriebsinhabers je nach Einkunftsart
unterschiedliche Bedeutung zuzumessen. Aufgrund ihrer Angaben in
den Steuererklärungen seien schließlich M und auch der
Kläger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran
gehindert, nunmehr eine unentgeltliche Betriebsübertragung
nach § 6 Abs. 3 EStG zum 01.01.2003 zu verneinen.
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Zumindest seien die wertgeminderten
Forderungen durch die Aktivierung in der Eröffnungsbilanz des
Klägers zum 01.01.2003 Wirtschaftsgüter des
gewillkürten Betriebsvermögens geworden. Die Einlage
müsse zwar zum Teilwert auf den 31.12.2002 vorgenommen werden,
der aber wegen der vorherigen Teilwertabschreibungen bei M dem
niedrigen Buchwert bei M entspreche.
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16
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Das FA beantragt
sinngemäß,
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das angegriffene Urteil aufzuheben, soweit
in ihm eine Gewinnerhöhung in den Streitjahren 2004 bis 2008
in Höhe von jeweils xx EUR aufgrund der Wertaufholung der
Forderungen gegen die GmbH abgelehnt wurde, und die Klage auch
insoweit abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er bezieht sich zur Begründung auf das
FG-Urteil und trägt ergänzend vor, dass die Forderungen
auch deshalb kein gewillkürtes Betriebsvermögen sein
könnten, weil es ihnen an der Eignung fehle, dem Betrieb zu
dienen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten. Es hat keinen Antrag gestellt,
unterstützt im Ergebnis aber das Vorbringen des FA.
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Die unentgeltliche Betriebsübertragung
in der Weise, dass zunächst das Betriebsvermögen unter
Nießbrauchsvorbehalt übertragen werde, zu einem
späteren Zeitpunkt der Übertragende unter Aufgabe des
Nießbrauchsrechts seine Tätigkeit einstelle und der
Übernehmende sie fortführe, bewirke nur dann keine
Buchwertfortführung, wenn es sich um einen verpachteten
(ruhenden) Gewerbebetrieb handele. Bei Betrieben der Land- und
Forstwirtschaft seien die Buchwerte unabhängig davon
fortzuführen, ob ein aktiver (BFH-Urteil vom 07.04.2016 - IV R
38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765 = SIS 16 14 17) oder ein
verpachteter (BFH-Urteil vom 08.05.2019 - VI R 26/17, BFHE 265, 82,
BStBl II 2019, 660 = SIS 19 13 48) Betrieb übertragen werde.
Bei Gewerbebetrieben sei § 6 Abs. 3 EStG/§ 7 Abs. 1 EStDV
a.F. nicht anwendbar, wenn der Betrieb verpachtet sei (Senatsurteil
vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227, BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88), wohl aber, wenn der Betrieb aktiv bewirtschaftet werde
(anders jedoch BFH-Urteil vom 02.09.1992 - XI R 26/91, BFH/NV 1993,
161).
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Weder § 7 Abs. 1 Satz 1 EStDV a.F.
noch § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG verlange die sofortige Einstellung
der bisherigen betrieblichen Tätigkeit. Ein Betrieb werde auch
dann „übertragen“, wenn es noch ein
Zwischenstadium gebe, während dessen sich der
Übertragende auf die aktive Nutzung des nunmehr fremden
Eigentums und der Übernehmende auf die passive Stellung als
Eigentümer beschränke. Wenn am Ende des Vorgangs das
Betriebsvermögen und die betriebliche Tätigkeit bei dem
Übernehmenden wieder zusammenfielen, sei der Gesamtbetrieb
übergegangen. Das tätigkeitsbezogene Element des
Gewerbebetriebs müsse bei der Übertragung unter
Vorbehaltsnießbrauch wie im Fall der Betriebsverpachtung
phasenweise in den Hintergrund treten.
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Soweit § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
eine Tätigkeitseinstellung voraussetze, könne dies
angesichts der abweichenden Zielrichtung nicht auf § 7 Abs. 1
Satz 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3 EStG übertragen werden.
Andere Tatbestände des § 6 Abs. 3 EStG forderten die
Einstellung der Tätigkeit durch den Übertragenden
ebenfalls nicht. Die Zielsetzung der Vorschrift, die unentgeltliche
Übertragung ganzer Betriebe ohne Steuerbelastung zu
ermöglichen, stehe dem Weg über den Nießbrauch
nicht entgegen. Gerade im Fall der Generationennachfolge könne
ein wirtschaftliches und auch erbschaftsteuerliches Interesse an
einem mehrstufigen Übergang bestehen. Die wirtschaftliche
Einheit bleibe über die Zeit erhalten, da spätestens mit
dem Tod des Nießbrauchers der Nießbrauch
erlösche.
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In diese Überlegungen füge sich
das Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14 (BFHE 257, 227, BStBl
II 2019, 730 = SIS 17 09 88) insoweit ein, als die dortige
Konstellation andernfalls die Atomisierung des Betriebs in nicht
nur zwei, sondern drei Betriebe zur Folge gehabt hätte und
nicht mehr von einer Übertragung eines noch hinreichend
geschlossenen betrieblichen Organismus in einem innerlich
zusammenhängenden Vorgang gesprochen werden könnte. Das
dem wiederum entgegenstehende BFH-Urteil vom 08.05.2019 - VI R
26/17 (BFHE 265, 82, BStBl II 2019, 660 = SIS 19 13 48) beruhe auf
einer bereichsspezifischen Auslegung des § 6 Abs. 3 EStG
für die Land- und Forstwirtschaft, in der allgemein die
Sachwerte im Vergleich zur Tätigkeit stärker in den
Vordergrund träten.
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24
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B. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Revisionsverfahren ist allein
noch streitig, ob und in welcher Höhe sich ein etwaiger
Wertzuwachs der zum 31.12.1997 valutierenden Forderungen der M
gegen die GmbH auf den Gewinn des Klägers in den Streitjahren
2004 bis 2008 ausgewirkt hat. Der Senat geht mit den Beteiligten
davon aus, dass M mit der streitbefangenen Vereinbarung keinen
wirksamen Forderungsverzicht erklärt hat, sondern auf den
31.12.1999 eine Teilwertabschreibung in der Bilanz der M
vorgenommen wurde. Soweit die Forderungen bis zum 31.12.1995
entstanden waren, können Wertzuwächse gegenüber dem
abgeschriebenen Wert bei dem Kläger nicht gewinnwirksam sein
(dazu I.). Soweit die Forderungen zwischen dem 01.01.1996 und dem
31.12.1997 entstanden sind, ist eine gewinnerhöhende
Wertaufholung denkbar (dazu II.). Der Senat vermag jedoch für
alle Streitjahre nicht abschließend zu entscheiden, da weder
die Höhe der jeweiligen Forderungen noch ein etwaiger
Wertaufholungsbetrag festgestellt sind (dazu III.).
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25
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I. Hinsichtlich der bis zum 31.12.1995
entstandenen Forderungen ist eine erfolgswirksame Aufstockung des
Bilanzwerts bei dem Kläger nicht zulässig. Diese
Forderungen sind am 01.01.1996 auf den Kläger
übergegangen (dazu 1.), jedoch nicht in dessen
Betriebsvermögen, sondern in sein Privatvermögen (dazu
2.). Zum 01.01.2003 sind sie zum Teilwert in sein
Betriebsvermögen eingelegt worden (dazu 3.), was einen allein
auf Wertveränderungen beruhenden höheren Bilanzansatz
ausschließt (dazu 4.).
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1. Zum 01.01.1996 sind alle
Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der M (Aktiva und
Passiva) und damit auch die zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden
Forderungen auf den Kläger übergegangen. Mit dem
Übergabevertrag ist nicht nur, wie zwischen den Beteiligten zu
Recht unstreitig ist, das zivilrechtliche Eigentum
übergegangen. Das FG hat revisionsrechtlich beanstandungsfrei
und damit den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend entschieden,
dass auch das wirtschaftliche Eigentum auf den Kläger
übertragen wurde.
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a) Wirtschaftliches Eigentum im Sinne des
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ist gegeben, wenn ein
anderer als der rechtliche Eigentümer die tatsächliche
Herrschaft über das Wirtschaftsgut ausübt und den nach
bürgerlichem Recht Berechtigten durch vertragliche
Vereinbarungen oder aus anderen Gründen für die
gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung
ausschließen kann. Ein Vorbehaltsnießbraucher kann nur
dann wirtschaftlicher Eigentümer sein, wenn sich seine
rechtliche und tatsächliche Stellung gegenüber dem
zivilrechtlichen Eigentümer von der normalen - lediglich eine
Nutzungsbefugnis vermittelnden - Position eines Nießbrauchers
so deutlich unterscheidet, dass er die tatsächliche Herrschaft
über das jeweilige mit einem Nießbrauch belastete
Wirtschaftsgut ausübt (so für ein
nießbrauchsbelastetes Grundstück schon Senatsurteil vom
25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227, BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 35, m.w.N.).
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28
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b) Nach der ständigen Rechtsprechung des
BFH gehört die Auslegung von Verträgen zum Bereich der
tatsächlichen Feststellungen und bindet das Revisionsgericht
gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie den
Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) entspricht und nicht gegen Denkgesetze und
Erfahrungssätze verstößt, das heißt
jedenfalls möglich ist. Eine Bindungswirkung entfällt
allerdings - mit der Folge, dass das Revisionsgericht die
erforderliche Auslegung gegebenenfalls selbst vornehmen kann -,
wenn die Auslegung des FG anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze
oder Erfahrungssätze verletzt. Zu den anerkannten
Auslegungsgrundsätzen in diesem Sinne gehören bei
Verträgen auch die vollständige Erfassung des
Vertragstextes und - darauf fußend - die Einbeziehung der
systematischen Stellung der zu betrachtenden Regelungen im
jeweiligen Gesamtzusammenhang (vgl. nur Senatsurteil vom 19.08.2015
- X R 30/12, BFH/NV 2016, 203 = SIS 16 00 42, Rz 38, m.w.N.).
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29
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c) Das FG hat den Übergabevertrag vom
15.12.1995 ohne Rechtsfehler dahin gewürdigt, dass M nicht
wirtschaftliche Eigentümerin des Betriebsvermögens
geblieben war. Mit dieser Auslegung befindet sich das FG in
Übereinstimmung mit den etwa im Senatsurteil vom 28.07.1999 -
X R 38/98 (BFHE 190, 139, BStBl II 2000, 653 = SIS 99 21 29, unter
II.2.c) dargelegten Auslegungskriterien zur Beurteilung von
wirtschaftlichem Eigentum im Zusammenhang mit der Übertragung
von Wirtschaftsgütern unter Vorbehaltsnießbrauch.
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aa) Gemäß § 7 Abs. 1 und 2 des
Übergabevertrags wurde der Grundbesitz übergeben. Mit der
Übergabe gingen Gefahr, Nutzungen und Lasten des
übertragenen Hofvermögens von M auf den Kläger
über. Die Einschränkung in § 7 Abs. 2 des
Übergabevertrags nahm lediglich den Nießbrauchsvorbehalt
auf und änderte daran nichts. Insbesondere nahm M an
Wertveränderungen der auf den Kläger übergegangenen
Wirtschaftsgüter nicht mehr teil. Damit hatte sie den
Substanzwert nicht mehr inne. Sie besaß auch kein
bedingungsloses Widerrufs- oder Rückforderungsrecht. Die in
§ 6 des Übergabevertrags vereinbarte Rückfallklausel
betraf lediglich den Fall des Vorversterbens des Klägers.
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bb) Unerheblich ist, dass die Vertragsparteien
in § 3 des Übergabevertrags vereinbart hatten, M solle so
wie ein wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des
Einkommensteuerrechts (gemeint ist: im ertragsteuerrechtlichen
Sinne) behandelt werden. Zwar kann bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen aufgrund einer vertraglichen Absprache zwischen den
Parteien selbst dann von wirtschaftlichem Eigentum ausgegangen
werden, wenn diese Vereinbarung zivilrechtlich unwirksam ist, von
den Vertragsparteien jedoch für verbindlich erachtet und
vollzogen wird (vgl. etwa Senatsurteil vom 22.04.2015 - X R 8/13,
BFH/NV 2015, 1409 = SIS 15 20 87, Rz 23, m.w.N.). Dies setzt aber
voraus, dass nicht nur auf den - lediglich deskriptiven - Begriff
des „wirtschaftlichen Eigentums“
verwiesen wird. Das FG hat zu Recht ausgeführt, es bleibe
unklar, welche konkreten vertraglichen Vereinbarungen zur Annahme
eines wirtschaftlichen Eigentums der M hätten führen
sollen, die Anlass dazu gegeben hätten, von Besonderheiten im
Hinblick auf die Vereinbarung des Nießbrauchs auszugehen,
zumal der Nießbrauch lediglich für die Lebenszeit der M
als Nießbraucherin und nicht für die gewöhnliche
Nutzungsdauer vereinbart worden war. Damit stellt diese
Vertragsformulierung die bloße Äußerung einer
Rechtsansicht dar, aus der sich aber keine konkreten Folgen
ableiten lassen; sie läuft daher leer. Hätten die
Parteien eine wirtschaftliche Zurechnung des Betriebsvermögens
beabsichtigt, die von der zivilrechtlichen Zuordnung abweicht,
hätten sie dies eindeutig vereinbaren und klar regeln
müssen.
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32
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cc) Für die Forderungen der M
gegenüber der GmbH gelten keine Besonderheiten. Sie
gehören zu den vertragsgemäß übertragenen
Aktiva. Das FG macht hier zutreffend unter Rückgriff auf das
Zivilrecht ergänzend deutlich, dass das Nießbrauchsrecht
an einer Forderung dem wirtschaftlichen Eigentum nicht gleichkommt,
da der Nießbraucher kein Recht am Substanzwert der Forderung
hat und auch nicht das Risiko des Forderungsausfalls trägt.
Der Nießbraucher ist zwar zur Einziehung einer Forderung
berechtigt, muss in diesem Fall jedoch dem Besteller des
Nießbrauchs Wertersatz für die Forderungsvaluta leisten
(vgl. §§ 1074, 1075 i.V.m. § 1067 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 2 BGB). Zu anderen Verfügungen über die
Forderung ist er nicht berechtigt (§ 1074 Satz 3 BGB).
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d) Etwas anderes ist nicht aus der zwischen M
und der GmbH nach dem 01.01.1996 getroffenen Vereinbarung über
den Forderungsverzicht herzuleiten. Allein der Umstand, dass M
davon ausging, zum Abschluss einer solchen Vereinbarung befugt zu
sein, erbringt keinen Beweis dafür, dass sie es
tatsächlich war. Im Übrigen scheint die GmbH diese
Vereinbarung in ihrer Bilanz nicht vollzogen zu haben, was die
Frage offenlässt, ob die Parteien tatsächlich meinten,
eine rechtswirksame Vereinbarung zu schließen.
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34
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e) Wirtschaftliches Eigentum der M an dem
Betriebsvermögen konnte sich auch nicht aus dem Vertrag vom
27.11.1996 ergeben. Zum einen wurde dieser Vertrag erst nach dem
maßgebenden Übergabevertrag geschlossen und konnte
dessen Rechtsfolgen nicht mehr ohne Weiteres rückwirkend
modifizieren oder beseitigen. Zum anderen hat das FG zutreffend
unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 28.07.1999 - X R 38/98
(BFHE 190, 139, BStBl II 2000, 653 = SIS 99 21 29, unter II.2.c)
darauf hingewiesen, dass eine Regelung, aufgrund derer ein
Nießbraucher einer Verfügung des zivilrechtlichen
Eigentümers über ein Grundstück zustimmen muss,
selbst dann nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums
führt, wenn bei der Nichteinhaltung dieser Vorgabe ein
Rücknahmerecht des Nießbrauchers vereinbart wird.
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f) Soweit der Kläger im Klageverfahren
auf verschiedene Urteile des BFH verwiesen hatte, die seine
gegenteilige Ansicht stützen sollten, hat das FG sie zu Recht
als nicht relevant angesehen. Sie betreffen nicht die Frage des
wirtschaftlichen Eigentums an sich, sondern die Berechtigung zur
Absetzung für Abnutzung eines Nießbrauchers sowie die
hier nicht vorliegende Einschränkung der
Unternehmerinitiative.
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2. Das zum 31.12.1995 bestehende
Betriebsvermögen der M ist zum 01.01.1996 nicht in ein
Betriebsvermögen, sondern in das Privatvermögen des
Klägers gelangt, da zu diesem Stichtag keine unentgeltliche
Betriebsübertragung im Ganzen stattgefunden hatte. Werden die
Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens eines
Gewerbebetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen,
führt der Vorbehaltsnießbraucher jedoch seine bisherige
gewerbliche Tätigkeit fort, liegt darin keine unentgeltliche
Übertragung des Gewerbebetriebs im Sinne von § 7 Abs. 1
Satz 1 EStDV a.F./seit 1999 § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG.
Das gilt für einen aktiven wie für einen verpachteten
Gewerbebetrieb.
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a) Wird ein Betrieb unentgeltlich
übertragen, sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen
Betriebsinhabers die Wirtschaftsgüter mit den Werten
anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die
Gewinnermittlung ergeben (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStDV a.F./§
6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Der Rechtsnachfolger ist an diese
Werte gebunden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3
Satz 3 EStG). Eine Entnahme oder Betriebsaufgabe liegt dann nicht
vor (BFH-Urteil vom 02.09.1992 - XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161,
unter II.1., m.w.N.). Eine Übertragung unter
Nießbrauchsvorbehalt ist unentgeltlich, da die Bestellung des
Nießbrauchs keine Gegenleistung darstellt (vgl. nur
Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227, BStBl II
2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 37, m.w.N.). Fehlt es dagegen an einer
Betriebsübertragung nach § 7 Abs. 1 EStDV a.F./§ 6
Abs. 3 Satz 1 EStG, kommt es zu einer Entnahme der
übertragenen, bisher betrieblich genutzten
Wirtschaftsgüter, die bei dem Übertragenden mit dem
Teilwert zu bewerten ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV
R 1/20, BStBl II 2025, 122 = SIS 24 16 62, Rz 36, 38). Der
Übernehmer wird zwar Eigentümer der
Wirtschaftsgüter. Die schon bisher und auch weiterhin allein
vom Rechtsvorgänger betrieblich genutzten
Wirtschaftsgüter werden beim Übernehmer indes
Privatvermögen.
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b) Die Übertragung eines Betriebs im
Sinne des § 7 Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3 EStG setzt
voraus, dass das (wirtschaftliche) Eigentum an den wesentlichen
Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang und unter
Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus auf einen
Erwerber übertragen wird (Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R
59/14, BFHE 257, 227, BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 42,
m.w.N.).
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Dies setzt weiter voraus, dass der
Übertragende die im Rahmen des übertragenen Betriebs
ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aufgibt. Der Begriff des
Betriebs ist insoweit nicht allein gegenstands-, sondern auch
tätigkeitsbezogen zu verstehen. Nur so ist sichergestellt,
dass nicht lediglich einzelne Wirtschaftsgüter des
Unternehmens, also Betriebsmittel, übertragen werden (vgl. nur
BFH-Urteile vom 02.09.1992 - XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, unter
II.2., m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung, sowie insbesondere auch
vom 12.06.1996 - XI R 56, 57/95, BFHE 180, 436, BStBl II 1996, 527
= SIS 96 19 14, unter II.2., und im Ergebnis auch das BFH-Urteil
vom 12.04.1989 - I R 105/85, BFHE 157, 93, BStBl II 1989, 653 = SIS 89 16 17, unter II.4.a).
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c) An dieser Rechtsprechung hält der
erkennende Senat für die unentgeltliche Übertragung eines
Betriebs gemäß § 7 Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs.
3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG fest. Für den Fall eines gewerblichen
Verpachtungsbetriebs hat sich jüngst der IV. Senat des BFH
dieser Auffassung des Senats ausdrücklich angeschlossen
(BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV R 1/20, BStBl II 2025, 122 = SIS 24 16 62, Rz 37).
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aa) Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs.
2 Satz 1 EStG ist eine mit Gewinnerzielungsabsicht unternommene,
selbständige und nachhaltige Tätigkeit, die sich als
Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und
weder Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch
Ausübung eines freien Berufs noch eine andere
selbständige Arbeit ist. Seit jeher wird der Begriff des
Betriebs im Sinne des § 7 Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3
EStG deckungsgleich zu dem identischen, in § 16 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 EStG verwendeten Begriff ausgelegt. In beiden Fällen
muss die Veräußerung/Übertragung einer
betrieblichen Einheit von der Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter solcher Unternehmenseinheiten unterschieden
werden (BFH-Urteil vom 02.09.1992 - XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161,
unter II.2.). Untrennbar mit der betrieblichen Einheit verbunden
ist die Tätigkeit des jeweiligen Betriebsinhabers für
diesen Betrieb. Wird der neue Betriebsinhaber nicht in die Lage
versetzt, die gewerbliche Tätigkeit fortzusetzen, kann eine
wirtschaftliche Einheit nicht übergehen.
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bb) Überträgt der Gewerbetreibende
die im Rahmen seiner aktiven gewerblichen Betätigung genutzten
Wirtschaftsgüter auf eine andere Person, nutzt sie danach aber
aufgrund eines Vorbehaltsnießbrauchs (oder aus anderem Recht)
wie bislang weiter, führt er seinen bisherigen Betrieb fort.
Zwar ändert sich die Zusammensetzung seines
Aktivvermögens. Die Rechtsgrundlage für die Nutzung der
Betriebsmittel ist nunmehr statt des Eigentumsrechts ein
Nutzungsrecht (vgl. Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,
§ 6 Rz J 14a). Er hat aber die von ihm ausgeübte
Tätigkeit nicht beendet und insbesondere keine andere
betriebliche Tätigkeit begonnen. Bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise sind nach Art und Intensität die bisherige
und die „neue“ Tätigkeit identisch.
Insoweit macht es keinen Unterschied, ob eine gewerbliche
Tätigkeit mit eigenen oder fremden Wirtschaftsgütern
ausgeübt wird (so für die Übertragung eines
gewerblichen Verpachtungsbetriebs unter Vorbehaltsnießbrauch
auch das BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV R 1/20, BStBl II 2025, 122
= SIS 24 16 62, Rz 38). Ob Gegenstand der Übertragung unter
Vorbehaltsnießbrauch ein gewerblicher Verpachtungsbetrieb
oder ein aktiv bewirtschafteter Betrieb ist, spielt in diesem
Zusammenhang keine Rolle.
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cc) Dem Zweck der in § 7 Abs. 1 EStDV
a.F./§ 6 Abs. 3 EStG enthaltenen Ausnahmeregelung wird -
anders als das BMF meint - allein eine Übertragung der
wesentlichen Betriebsgrundlagen bei gleichzeitiger Einstellung der
vom Übergeber bislang ausgeübten Tätigkeit gerecht.
Das gilt auch dann, wenn sich der Vorgang später -
rückblickend betrachtet - als
„gestaffelte“ oder
„sukzessive“ Betriebsübergabe
darstellt.
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(1) Die Buchwertfortführung nach § 7
Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3 EStG soll eine interpersonelle
Verlagerung der stillen Reserven bei der unentgeltlichen
Übertragung bestimmter wirtschaftlicher Einheiten
ermöglichen und so eine Steuerverschonung für den
Übergeber erreichen (Beschluss des Großen Senats des BFH
vom 17.12.2007 - GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608 = SIS 08 13 73, unter D.III.6.a bb; vgl. auch BFH-Urteil vom 06.05.2010 -
IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261 = SIS 10 19 12, Rz 18
und Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227, BStBl
II 2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 46). Das setzt voraus, dass diese
wirtschaftliche Einheit tatsächlich erhalten bleibt.
Untrennbarer Bestandteil der wirtschaftlichen Einheit ist aber die
Tätigkeit des jeweiligen Betriebsinhabers für diesen
Betrieb (Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227,
BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 48).
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(2) Wird der Übernehmer der
Wirtschaftsgüter nicht in die Lage versetzt, die gewerbliche
Tätigkeit fortzuführen, weil der Betriebsinhaber
weiterhin unter Einsatz des übertragenen, aber weiterhin von
ihm genutzten Betriebsvermögens gewerblich tätig ist,
kann eine wirtschaftliche Einheit nicht übergegangen sein. Die
Übertragung eines Gewerbebetriebs in der Weise, dass
zunächst nur das Betriebsvermögen, jedenfalls die
wesentlichen Betriebsgrundlagen, und erst zu einem späteren
Zeitpunkt die damit verbundene betriebliche Tätigkeit
übergeht, wird nur unzureichend als „sukzessive oder
zeitlich gestaffelte Betriebsübergabe“
beschrieben. Fallen die wesentlichen Betriebsgrundlagen einerseits
und die gewerbliche Tätigkeit andererseits auseinander,
erlangt der Übernehmer der Wirtschaftsgüter nicht die
bisherige wirtschaftliche Einheit, deren Erhalt die
Buchwertfortführung ermöglichen soll (vgl. auch
Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227, BStBl II
2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 46 ff.). Eine unentgeltliche
Betriebsübertragung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 EStDV
a.F./§ 6 Abs. 3 EStG liegt erst dann vor, wenn mit dem
Verzicht auf den Nießbrauch der Erwerber selbst die
betriebliche Tätigkeit aufnimmt.
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d) Die hiergegen vorgebrachten Einwände
überzeugen den Senat nicht.
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aa) Bei dem Eigentümer der unter
Vorbehaltsnießbrauch übergegangenen
Wirtschaftsgüter entsteht kein „ruhender
Gewerbebetrieb“, ganz abgesehen davon, dass
dieser Begriff dem Gesetz fremd ist (so ausdrücklich Beschluss
des Großen Senats des BFH vom 13.11.1963 - GrS 1/63 S, BFHE
78, 315, BStBl III 1964, 124 = SIS 64 00 77 und BFH-Urteil vom
13.12.1983 - VIII R 90/81, BFHE 140, 526, BStBl II 1984, 474 = SIS 84 11 07, unter III.3.c). Der Eigentümer übt selbst keine
gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG aus.
Seine tatsächliche „Tätigkeit“
erschöpft sich, solange der Nießbrauch besteht, in der
unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an den Nießbraucher.
Das ist keine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung.
Anders als wohl das FA und das BMF (vgl. dazu auch Wendt, FR 2017,
1055, 1061) ist der Senat der Auffassung, dass eine aufgespaltene
Betriebsübertragung, in der zunächst das
Betriebsvermögen und zu einem späteren Zeitpunkt die
betriebliche Tätigkeit übergeht, der Betriebsverpachtung
nicht vergleichbar ist. Die Übertragung eines Gewerbebetriebs
unter Vorbehaltsnießbrauch führt - anders als bei der
Betriebsverpachtung - nicht dazu, dass zwei selbständige
Gewerbebetriebe entstehen, ein wirtschaftender in der Hand des
Nießbrauchers und ein „ruhender“
in der Hand des Eigentümers.
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(1) Anders ist es im Fall der
Betriebsverpachtung. Hier geht die Rechtsprechung von einer
Betriebsunterbrechung aus. Dem Betriebsverpächter, der nicht
eindeutig die Betriebsaufgabe erklärt, wird unterstellt, dass
er die Absicht hat, den bisherigen, nur unterbrochenen Betrieb
wieder aufzunehmen, sofern dies mit den zurückbehaltenen
Wirtschaftsgütern objektiv möglich ist (vgl. BFH-Urteil
vom 09.11.2017 - IV R 37/14, BFHE 259, 545, BStBl II 2018, 227 =
SIS 17 24 78, Rz 25, m.w.N.). Dann überführt er erst mit
der Aufgabeerklärung die zurückbehaltenen
Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen in sein
Privatvermögen (inzwischen gesetzlich geregelt in § 16
Abs. 3b EStG in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011
vom 01.11.2011 - BGBl I 2011, 2131 -, in Kraft seit dem
05.11.2011). Bis dahin ist der Gewerbebetrieb lediglich
unterbrochen. Die Behandlung der Betriebsverpachtung im Ganzen
beruht auf der modellhaften Vorstellung, dass der Betriebsinhaber
den Betrieb zwar einem anderen zur aktiven Betriebsführung
überlässt, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt die
Betriebsführung wieder an sich ziehen will, mit der Folge,
dass in Ansehung des Betriebs wieder die ursprünglichen
Verhältnisse hergestellt sind.
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(2) Die Übertragung eines Betriebs unter
Vorbehaltsnießbrauch hingegen zielt darauf ab, die
Verhältnisse in Bezug auf einen Teilbereich des betrieblichen
Organismus endgültig zu ändern, nämlich hinsichtlich
des Betriebsvermögens einen Rechtsträgerwechsel
herbeizuführen, während die betriebliche Tätigkeit
unverändert beim bisherigen Betriebsinhaber bleibt. Das ist
eine grundlegend andere Ausgangslage. Zwar gleicht der
Vorbehaltsnießbraucher insoweit einem Pächter im Rahmen
einer Betriebsverpachtung im Ganzen, als allein er mit dem zur
Nutzung überlassenen Betriebsvermögen am Markt tätig
wird. Er beginnt jedoch nicht wie der Pächter eine neue
Tätigkeit, die der Eigentümer des Betriebs, der bisherige
Gewerbetreibende, unterbrochen hat, sondern führt seinen
eigenen Betrieb fort. Umgekehrt gleicht zwar der neue
Eigentümer des Betriebs insoweit dem Verpächter im Rahmen
der Betriebsverpachtung im Ganzen, als er dem Nießbraucher
das Betriebsvermögen für eine gewisse Zeit zur Nutzung
überlässt. Er hat jedoch nicht wie der Verpächter
seine bisherige Tätigkeit unterbrochen, sondern diese
Tätigkeit nie ausgeübt. Auch erzielt er keinerlei
Einnahmen, was aber - in Gestalt der Gewinnerzielungsabsicht
(§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) - Wesensmerkmal eines
Gewerbebetriebs ist. Wesentlich ist, dass der für die
Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch charakteristische
Eigentumsübergang des Betriebsvermögens in der
Betriebsverpachtung im Ganzen keine Parallele hat, weil jene nicht
das Ziel verfolgt, den Betrieb zu übertragen.
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(3) Für die Annahme, der Übernehmer
sei fiktiv gewerblich tätig (so wohl Hübner/Friz, DStR
2017, 2353, 2355), fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
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bb) Richtig ist allerdings, worauf das BMF
hinweist, dass § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EStG seit der
Änderung durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz
vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3858), anders als § 7 Abs. 1
EStDV a.F. und auch anders als noch § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG in
der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom
24.03.1999 (BGBl I 1999, 402), nunmehr die Buchwertfortführung
auch in bestimmten Fällen vorsieht, in denen der
Übertragende seine betriebliche Tätigkeit nicht
einstellt. Es handelt sich jedoch um Sonderregelungen, die auf das
Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem
Nießbraucher an einem Einzelunternehmen nicht
übertragbar sind. Beide Alternativen, sowohl die
unentgeltliche Aufnahme einer natürlichen Person in ein
Einzelunternehmen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alternative 1
EStG) als auch die Übertragung eines Teils eines
Mitunternehmeranteils (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2
Alternative 2 EStG), betreffen die Begründung/den Fortbestand
einer Mitunternehmerschaft. Im Fall der Betriebsübertragung
unter Vorbehaltsnießbrauch geht es aber um den Übergang
eines ungeteilten Einzelunternehmens von einem Steuerpflichtigen
auf einen anderen. Insbesondere entsteht durch eine solche
Übertragung keine Mitunternehmerschaft zwischen dem
Nießbraucher und dem Eigentümer der vom
Nießbraucher genutzten Wirtschaftsgüter. Das BFH-Urteil
vom 06.11.2019 - II R 34/16 (BFHE 267, 440, BStBl II 2020, 465 =
SIS 20 01 38) betraf ebenfalls nicht die Übertragung eines
Einzelunternehmens unter Vorbehaltsnießbrauch, sondern die
Übertragung von Mitunternehmeranteilen.
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cc) Die zum Zuwendungsnießbrauch
ergangene Rechtsprechung kann nicht auf den
Vorbehaltsnießbrauch übertragen werden (so aber
Hübner/Friz, DStR 2017, 2353, 2356). Vielmehr ist zwischen den
verschiedenen Arten des Nießbrauchs zu unterscheiden.
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(1) Im Fall des Zuwendungsnießbrauchs
wendet der Eigentümer dem Nießbrauchsberechtigten mit
dem Nutzungsrecht am Betriebsvermögen das Recht zur
Ausübung der gewerblichen Tätigkeit und zum
Behaltendürfen der Ergebnisse dieser Tätigkeit zu. Der
Nießbraucher trägt nunmehr anstelle des Eigentümers
das Unternehmerrisiko und übt die Unternehmerinitiative aus -
in diesem Fall also tatsächlich vergleichbar einem
Betriebspächter - und erzielt die Erträge des
Gewerbebetriebs. Bei der unentgeltlichen Überlassung des
gesamten Betriebs zur Nutzung kommt der in § 7 Abs. 1 EStDV
a.F. zum Ausdruck gebrachte Grundsatz zur Anwendung, dass eine
unentgeltliche Betriebsübertragung keine Entnahme zu
betriebsfremden Zwecken ist. Der Zuwendungsnießbraucher tritt
hinsichtlich des Nutzungsrechts am Betriebsvermögen wie ein
Rechtsnachfolger an die Stelle des Eigentümers (zum
Vermächtnisnießbrauch BFH-Urteil vom 04.11.1980 - VIII R
55/77, BFHE 132, 414, BStBl II 1981, 396 = SIS 81 14 10, unter
3.).
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(2) An der für den
Zuwendungsnießbrauch charakteristischen Übertragung des
Nutzungsrechts, des Unternehmerrisikos und der
Unternehmerinitiative fehlt es dagegen, wenn, wie im Fall des
Vorbehaltsnießbrauchs, der bisherige Gewerbebetreibende nur
seine betrieblichen Wirtschaftsgüter überträgt, aber
das Nutzungsrecht behält und die gewerbliche Betätigung
selbst unter Ausschluss des Rechtsnachfolgers fortsetzt. Der
Zuwendungsnießbrauch entspricht strukturell einer (dinglich
abgesicherten) Betriebsverpachtung im Ganzen, mit der die
Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch gerade nicht
vergleichbar ist.
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dd) Ebenfalls nicht folgen kann der Senat
für den gewerblichen Bereich der Auffassung, dass bei
Übertragung eines Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch
die bisherige Tätigkeit deshalb eingestellt würde, weil
sie aufgespalten würde in eine Tätigkeit, die der
Eigentümer ausübte (Nutzung des Eigentums) und eine
andere Tätigkeit (aktive Bewirtschaftung ohne Nutzung des
Eigentums) (vgl. nur Uhl-Ludäscher in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 6 EStG Rz 1212, mit Hinweisen auf das Schrifttum, das der
Senatsrechtsprechung überwiegend kritisch gegenübersteht;
für land- und forstwirtschaftliche Betriebe BFH-Urteil vom
07.04.2016 - IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765 = SIS 16 14 17, Rz 28).
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Diese Ansicht wird dem Betriebsbegriff im
Sinne des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. sowie § 6 Abs. 3 EStG bei
Gewerbebetrieben nicht gerecht. Wenn der Nießbraucher weder
seine Tätigkeit einstellt noch der neue Eigentümer
gewerblich tätig wird, kann unter Zugrundelegung eines
tätigkeitsbezogenen Betriebsbegriffs kein Betrieb
übergegangen sein. Sowohl in Bezug auf die unentgeltliche
Betriebsübertragung als auch auf die
Betriebsveräußerung ist die tatsächlich
ausgeübte gewerbliche Betätigung maßgeblich. Hieran
ändert die Hergabe des Eigentums an dem Betriebsvermögen
nichts, gleich, ob der vormalige Eigentümer sich die
Nutzungsmöglichkeit über einen Nießbrauch oder etwa
im Sale-and-Lease-back-Verfahren sichert. Der Betriebsbegriff im
Sinne des § 7 Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3 EStG setzt
zwar aus tatsächlichen Gründen die
Verfügungsmöglichkeit über die für die
Betriebsführung notwendige Sachsubstanz voraus, jedoch ist
diese nicht auf bestimmte Rechtstitel beschränkt.
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ee) Eine Übertragung unter
Vorbehaltsnießbrauch ist auch nicht als aufschiebend bedingt
vorgenommene unentgeltliche Betriebsübertragung anzusehen (so
aber Weber-Grellet, BB 2018, 43, 50). Der Wortlaut des § 7
Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3 EStG ermöglicht es - anders
als das BMF meint - nicht, eine Betriebsübertragung in wie
auch immer gearteten Zwischenschritten als privilegiert anzusehen.
Die Betriebsübertragung muss Gegenstand eines einheitlichen
Vorgangs sein. Soweit sich die Betriebsübertragung
überhaupt über eine gewisse Zeitspanne hinweg vollziehen
kann (anders für die Betriebsveräußerung im Rahmen
von § 16 Abs. 3 EStG Senatsurteil vom 26.05.1993 - X R 101/90,
BFHE 171, 468, BStBl II 1993, 710 = SIS 93 18 16, unter 1.a; vgl.
zur Betriebsaufgabe auch die Formulierung
„Zeitpunkt“ in § 16 Abs. 3b Satz 2,
3 EStG), muss dies ein enger Zeitraum sein. Das zeigt sich bereits
an § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG. Ein Fünfjahreszeitraum kann
nicht an eine sich gegebenenfalls über mehrere Jahre
erstreckende Zeitspanne anknüpfen. Ansonsten bestünde die
Notwendigkeit, zwei parallele Gewerbebetriebe zu fingieren, die
nach allgemeinen Kriterien für die Existenz eines
Gewerbebetriebs tatsächlich nicht existieren.
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ff) Wenn - so das BMF - aus praktischen
Erwägungen ein mehrstufiger Übergang ermöglicht
werden muss, um im Sinne einer Generationennachfolge die
„neue Generation“ schrittweise in ihre
künftige Rolle und Verantwortung als Eigentümer des
Betriebs heranzuführen, ist darauf hinzuweisen, dass der
Gesetzgeber eine solche Möglichkeit im Rahmen der
Einführung des § 6 Abs. 3 EStG hätte schaffen
können. Das hat er nicht getan, obwohl ihm die bisherige
höchstrichterliche Rechtsprechung zur Übertragung von
Gewerbebetrieben unter Vorbehaltsnießbrauch nach § 7
Abs. 1 EStDV a.F. bekannt sein musste.
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e) Soweit die dargestellte
höchstrichterliche Rechtsprechung für die unentgeltliche
Übertragung von Gewerbebetrieben zu anderen Ergebnissen kommt
als die Rechtsprechung zur unentgeltlichen Übertragung land-
und forstwirtschaftlicher Betriebe, ist dies nach fortbestehender
Ansicht des Senats der bereichsspezifischen Auslegung des § 7
Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs. 3 EStG geschuldet (vgl. insoweit
weiterführend Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE
257, 227, BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 52 ff.; ebenso
BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV R 1/20, BStBl II 2025, 122 = SIS 24 16 62, Rz 41). Dies verstößt schon deshalb nicht gegen
Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, weil insoweit nicht wesentlich
Gleiches ungleich behandelt wird. Zutreffend führt das BMF in
seiner Stellungnahme an, dass in der Land- und Forstwirtschaft der
betriebliche Organismus als solcher weniger betont sei und die
einzelnen Sachwerte stärker in den Vordergrund
träten.
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f) Nach diesen Maßstäben hat im
Streitfall eine Betriebsübertragung auf den Kläger zum
01.01.1996 nicht stattgefunden. Die auf ihn übergegangenen
Forderungen sind Teil seines Privatvermögens geworden.
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aa) Die Vertragsparteien haben im Rahmen des
vorliegend zu beurteilenden Hofübergabevertrags zwar einen Hof
im Sinne der Höfeordnung übertragen. Der Betrieb der
X-Einrichtung stellt jedoch, was auch zwischen den Beteiligten
unstreitig ist, ertragsteuerrechtlich einen Gewerbebetrieb dar. Aus
diesem Grunde bedarf es keiner Ausführungen zu der Frage, wie
die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs
unter Vorbehaltsnießbrauch zu beurteilen wäre (vgl.
insoweit Senatsurteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, BFHE 257, 227,
BStBl II 2019, 730 = SIS 17 09 88, Rz 49 ff.; BFH-Urteil vom
08.05.2019 - VI R 26/17, BFHE 265, 82, BStBl II 2019, 660 = SIS 19 13 48, Rz 18, m.w.N.).
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bb) M hat ihre bisherige gewerbliche
Tätigkeit nicht eingestellt, da sie die X-Einrichtung nach dem
31.12.1995 in gleicher Art und Weise weiterbetrieb. Sie war nach
wie vor nach außen hin werbend tätig und unterlag
insoweit keinen Beschränkungen seitens des Klägers.
Für die Art ihrer betrieblichen Betätigung ist es
unerheblich, dass sie das Betriebsvermögen zunächst als
Eigentümerin und fortan lediglich aufgrund ihres
Nießbrauchsrechts nutzte.
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cc) Da es an einer Betriebsübertragung
nach § 7 Abs. 1 EStDV a.F. fehlte, sind die auf den 31.12.1995
bestehenden Forderungen der M gegen die GmbH von ihr aus ihrem
Betriebsvermögen entnommen worden und unentgeltlich in das
Privatvermögen des Klägers übergegangen. Da er zu
diesem Zeitpunkt über keinen eigenen Gewerbebetrieb
verfügte, konnte er die Forderungen nicht in ein
Betriebsvermögen einlegen.
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3. Die Forderungen, die bis zum 31.12.1995
entstanden, zum 01.01.1996 in das Privatvermögen des
Klägers übergegangen und zum 31.12.2002 dort noch
vorhanden waren, sind mit dem Nießbrauchsverzicht der M zum
01.01.2003 im Wege der Einlage in das Betriebsvermögen des
Klägers überführt worden. Der Kläger hatte sie
in seiner auf den 01.01.2003 zu erstellenden ersten Bilanz mit
ihrem aktuellen Teilwert anzusetzen.
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Sind die Wirtschaftsgüter eines
Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt auf einen Dritten
in der Weise übertragen worden, dass der Nießbraucher
seinen Betrieb fortführt, und erlischt zu einem späteren
Zeitpunkt der Nießbrauch, ohne dass hierfür ein Entgelt
gezahlt wird, geht der Betrieb des Nießbrauchers zu diesem
Zeitpunkt auf den Eigentümer der Wirtschaftsgüter
über, wenn dieser die bisherige betriebliche Tätigkeit
des Vorbehaltsnießbrauchers fortsetzt. Zu diesem Zeitpunkt
werden die mit der Übertragung zunächst in das
Privatvermögen des Eigentümers übergegangenen,
nießbrauchsbelasteten Wirtschaftsgüter zwingend
notwendiges Betriebsvermögen des nunmehr übergegangenen
Betriebs. Denn sie werden mit dem Erlöschen des
Nießbrauchs in einem eigenen gewerblichen Betrieb eingesetzt
und dienen diesem Betrieb unmittelbar. Das führt zu einer
Einlage, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 EStG mit
dem Teilwert anzusetzen ist. Dies hat der IV. Senat
ausdrücklich für die Übertragung eines gewerblichen
Verpachtungsbetriebs entschieden und dabei exemplarisch auf das
Erlöschen des Nießbrauchs durch den Tod des
Nießbrauchers verwiesen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 08.08.2024
- IV R 1/20, BStBl II 2025, 122 = SIS 24 16 62, Rz 40). Der
erkennende Senat sieht keinen Grund, dies für einen aktiven
Gewerbebetrieb anders zu betrachten. Es besteht auch kein Anlass,
danach zu differenzieren, ob der Nießbrauch durch den Tod des
Nießbrauchers oder durch Rechtsgeschäft unter Lebenden
erlischt. In jedem Fall eröffnet das Erlöschen des
Nießbrauchs dem Eigentümer die Möglichkeit, den
Betrieb nunmehr selbst zu führen.
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66
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4. Eine Gewinnerhöhung in einem Folgejahr
durch Ansatz eines den Einlagewert übersteigenden Werts im
Wege einer Wertaufholung ist ausgeschlossen (dazu unten a). Auch im
Fall eines zu niedrigen Einlagewerts käme es im Ergebnis nicht
zu einer Gewinnerhöhung (unten b).
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a) Die gewinnerhöhende Wertaufholung nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG findet ihre
Obergrenze im Einlagewert.
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aa) Die Wirtschaftsgüter des Betriebs
sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder dem an
deren Stelle tretenden Wert, vermindert um Absetzungen und
Sonderabschreibungen (im Fall von Anlagevermögen) sowie
weitere Abzüge anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG
für Anlagevermögen, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG
unter anderem für Umlaufvermögen). Ist der Teilwert
aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger,
so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr.
2 Satz 2 EStG).
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Wirtschaftsgüter, die bereits am Schluss
des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum
Anlagevermögen/Umlaufvermögen des Steuerpflichtigen
gehört haben, sind in den folgenden Wirtschaftsjahren
gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2 Satz 1 EStG
anzusetzen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein
niedrigerer Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz
2 EStG angesetzt werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2
Satz 3 EStG). Wie sich aus diesem Regelungszusammenhang ergibt, ist
entweder der Wert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2 Satz 1
EStG oder der niedrigere Teilwert anzusetzen, niemals ein
höherer Wert.
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bb) Der Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5
Satz 1 Halbsatz 1 EStG ist ein „an deren
Stelle“ - an die Stelle der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten - tretender Wert im Sinne des § 6 Abs. 1
Nr. 1 Satz 1, Nr. 2 Satz 1 EStG und kann auch im Rahmen der
Bewertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG
nicht überschritten werden. Der Ansatz eines höheren
Werts ist auch dann nicht zulässig, wenn das betreffende
Wirtschaftsgut bei einem Rechtsvorgänger vormals zu einem
höheren Wert als dem Einlagewert angesetzt worden war. Das
bedeutet, dass eine bei dem Rechtsvorgänger vorgenommene
Teilwertabschreibung bei dem Rechtsnachfolger nicht im Wege der
Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG
„rückgängig“ gemacht werden
kann. Die Einlage und der Einlagewert bilden bereits nach dem
Wortlaut dieser Vorschriften eine Sperre.
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b) Eine gewinnerhöhende Bilanzkorrektur
im Jahre 2004 wäre auch dann nicht möglich, wenn und
soweit der Wert der bis zum 31.12.1995 entstandenen Forderungen in
der Eröffnungsbilanz des Klägers zum 01.01.2003 zu
niedrig angesetzt worden sein sollte.
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aa) Das ist denkbar, weil der Kläger
fälschlich die Buchwerte der M fortgeführt hatte, die
ihrerseits, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, in allen
Bilanzen bis zum 31.12.2002 denjenigen Wert angesetzt hatte, der
Ergebnis der zum 31.12.1999 vorgenommenen Teilwertabschreibung war.
Ob es sich dabei überhaupt (noch) um den nach § 6 Abs. 1
Nr. 1 Satz 1, Nr. 2 Satz 1 EStG bei M zutreffend anzusetzenden Wert
handelte und ob dies auch tatsächlich der bei dem Kläger
anzusetzende Einlagewert, nämlich der Teilwert, auf den
01.01.2003 war, vermag der Senat mangels entsprechender
tatrichterlicher Feststellungen nicht zu beurteilen, ist jedoch im
Ergebnis nicht erheblich.
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bb) Sollte der Teilwert der Forderungen zum
01.01.2003 höher gewesen sein als der bei M zum 31.12.2002
angesetzte und durch den Kläger übernommene Buchwert,
wäre dieser Bilanzierungsfehler zwar in dem ersten noch
offenen Jahr, hier 2004, zu korrigieren, jedoch, da er sich auf den
Gewinn des Klägers nicht ausgewirkt hatte, erfolgsneutral
durch Einbuchung in die Anfangsbilanz, denn die Voraussetzungen
einer gewinnerhöhenden Korrektur lägen in diesem Fall
nicht vor.
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(1) Der Grundsatz des formellen
Bilanzenzusammenhangs besagt, dass ein fehlerhafter Bilanzansatz,
der einer bestandskräftigen Veranlagung zugrunde liegt, in der
Schlussbilanz des ersten Wirtschaftsjahres zu berichtigen ist,
dessen Ergebnis unter Beachtung der Rechtsregeln über die
Bestandskraft und Verjährung noch Eingang in die
Steuerveranlagung oder einen hierfür bindenden
Feststellungsbescheid finden kann. Die Grundsätze des
formellen Bilanzenzusammenhangs gelten für alle aktiven und
passiven Bilanzposten. Diese Korrektur ist nach dem sogenannten
Stornierungsgedanken dann erfolgswirksam vorzunehmen, wenn auch der
Bilanzierungsfehler den Gewinn oder Verlust beeinflusst hat. Wenn
sich ein Bilanzierungsfehler steuerlich bislang nicht ausgewirkt
hat, ist der fehlerhafte Bilanzansatz unter Durchbrechung des
formellen Bilanzenzusammenhangs hingegen in der Anfangsbilanz des
ersten noch änderbaren Veranlagungszeitraumes gewinnneutral
durch den richtigen zu ersetzen (BFH-Urteil vom 20.10.2015 - VIII R
33/13, BFHE 253, 28, BStBl II 2016, 596 = SIS 16 07 67, Rz 35,
m.w.N.).
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(2) Ein etwa fehlerhafter Wertansatz in der
Eröffnungsbilanz des Klägers auf den 01.01.2003 wäre
gewinnneutral in der Anfangsbilanz des ersten noch offenen Jahres,
hier zum 01.01.2004, zu korrigieren, denn er hat sich auf den
Gewinn (des Jahres 2003) nicht ausgewirkt.
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II. Die Forderungen, die zwischen dem
01.01.1996 und dem 31.12.1997 entstanden sind, könnten
hingegen tauglicher Gegenstand einer gewinnerhöhenden
Wertaufholung in den Streitjahren 2004 bis 2008 sein. Diese
Forderungen sind mit dem am 23.12.2002 ausgesprochenen Verzicht der
M auf ihr Nießbrauchsrecht zum 01.01.2003 zum Buchwert auf
den Kläger übertragen worden (unten 1.). Die
maßgebende Obergrenze der Wertaufholung ist insoweit nicht
der Eröffnungsbilanzwert des Klägers, sondern entspricht
der für M geltenden Obergrenze (unten 2.).
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1. Anders als vom FG angenommen sind die nach
dem 31.12.1995 entstandenen Forderungen der M gegen die GmbH
aufgrund des Verzichts der M auf den Nießbrauch zum
31.12.2002 als Betriebsvermögen in den vom Kläger zum
01.01.2003 aufgenommenen Betrieb gemäß § 6 Abs. 3
Satz 1 EStG übergegangen.
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a) Ist mit dem Erlöschen des
Nießbrauchs der Betrieb auf den Eigentümer
übergegangen, ohne dass ein Entgelt zu entrichten war (s.
bereits oben unter I.3.), liegen die Voraussetzungen einer
unentgeltlichen Betriebsübertragung nach § 7 Abs. 1 EStDV
a.F./§ 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG vor (vgl. insoweit auch
BFH-Urteil vom 08.08.2024 - IV R 1/20, BStBl II 2025, 122 = SIS 24 16 62, Rz 40). Alle Wirtschaftsgüter, die sich zum Zeitpunkt
der Übertragung im Betriebsvermögen des bisherigen
Betriebsinhabers (Nießbrauchers) befinden, namentlich solche,
die er nach der Nießbrauchsbestellung neu erworben hat,
werden Betriebsvermögen im Gewerbebetrieb des neuen
Betriebsinhabers. Während die zuvor in dessen
Privatvermögen übergegangenen Wirtschaftsgüter zum
Teilwert eingelegt werden, werden für die erst mit dem
Erlöschen des Nießbrauchs übergehenden
Wirtschaftsgüter nach § 7 Abs. 1 EStDV a.F./§ 6 Abs.
3 EStG die Buchwerte fortgeführt. Unerheblich ist, ob diese
Wirtschaftsgüter bei dem bisherigen Betriebsinhaber
notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen waren.
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b) Nach diesen Grundsätzen sind aufgrund
des von M zum 31.12.2002 ausgesprochenen unentgeltlichen Verzichts
auf den Vorbehaltsnießbrauch die Forderungen der M
gegenüber der GmbH, soweit sie nach dem 31.12.1995 in ihrem
Betrieb entstanden waren, zum 01.01.2003 zu Buchwerten in das
Betriebsvermögen des Gewerbebetriebs des Klägers
übergegangen. Einer besonderen und diesbezüglich
ausdrücklich gefassten Vereinbarung zwischen M und dem
Kläger bedurfte es nicht. Die Verzichtserklärung reicht
aus.
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2. Hinsichtlich der nach dem 31.12.1995
entstandenen Forderungen ist eine gewinnerhöhende
Wertaufholung im Betrieb des Klägers zum 31.12.2004 und/oder
zu späteren Zeitpunkten denkbar.
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a) Die Buchwertfortführung bewirkt, dass
die bilanziellen Verhältnisse des Rechtsvorgängers dem
Rechtsnachfolger zugerechnet werden. Insoweit besteht ein
interpersoneller Bilanzenzusammenhang (s. oben, unter B.I.2.c cc
(1)). Die Wertobergrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2
Satz 1 EStG ist nicht derjenige Wert, mit dem das Wirtschaftsgut in
der ersten Anfangsbilanz des Rechtsnachfolgers angesetzt wird, wie
im Fall der Einlage der Einlagewert. Sie entspricht vielmehr der
bereits für den Rechtsvorgänger geltenden Wertobergrenze
nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Nr. 2 Satz 1 EStG (vgl. zur
Buchwerteinbringung nach § 20 des Umwandlungssteuergesetzes
BFH-Urteil vom 08.11.2016 - I R 49/15, BFHE 256, 264, BStBl II
2017, 1002 = SIS 17 03 78).
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82
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b) Nach diesem Maßstab hat der
Kläger in den Schlussbilanzen aller noch offenen folgenden
Jahre die nach dem 31.12.1995 entstandenen Forderungen
grundsätzlich zum Nennwert anzusetzen, es sei denn, er wiese
nach, dass ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden kann. Soweit
dies zu einem höheren Ansatz als in der Schlussbilanz des
vorhergehenden Jahres führt, ist die Erhöhung
gewinnwirksam. Das gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen
für eine Teilwertabschreibung tatsächlich bereits im
Jahre 2003 nicht erfüllt gewesen sein sollten. Dies ergibt
sich sowohl aus den Grundsätzen über den formellen
Bilanzenzusammenhang als auch daraus, dass eine Wertaufholung nach
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG in jedem Jahr erneut zu
prüfen ist.
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83
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Nicht anders wäre der Fall zu beurteilen,
wenn die Grundlage für die Teilwertabschreibung noch vor 2003
und damit noch bei M entfallen sein sollte. Der auf der
Buchwertfortführung beruhende Bilanzenzusammenhang zwischen M
und dem Kläger ermöglicht erfolgswirksame
Bilanzkorrekturen auch über den Rechtsträgerwechsel
hinweg und steht damit der Erfolgswirksamkeit einer etwaig
verspätet vorgenommenen Wertaufholung nicht im Wege.
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III. Die Sache ist nicht spruchreif. Das
Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126
Abs. 5 FGO).
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85
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1. Das FG hat, auf Grundlage seiner
Rechtsauffassung zu Recht, die zur Bezifferung einer etwaigen
Wertaufholung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen. Es
steht schon nicht fest, welcher Teil der zum 31.12.1997 vorhandenen
und von der Teilwertabschreibung umfassten Forderungen bis zum
31.12.1995 und welcher seit dem 01.01.1996 entstanden ist. Soweit
überhaupt eine Wertaufholung in Betracht kommt, nämlich
hinsichtlich der seit dem 01.01.1996 entstandenen Forderungen,
steht auch nicht fest, zu welchem Zeitpunkt und in welchem
Ausmaß die Forderungen wieder werthaltig geworden sein
mögen.
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2. Im Rahmen des zweiten Rechtsgangs wird das
FG zu beachten haben, dass die Voraussetzungen für die Bildung
einer Wertaufholungsrücklage (§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG
1999) im Streitjahr 2004 nicht erfüllt sind. Die Beteiligten
gehen davon aus, dass aufgrund eines Antrags des Klägers die
Bildung einer Wertaufholungsrücklage möglich und die auf
ihrer späteren Auflösung beruhende Gewinnerhöhung
auf die weiteren Streitjahre 2005 bis 2008 zu verteilen sei. Nach
§ 52 Abs. 16 Satz 3 EStG 1999 kann im Erstjahr der Anwendung
des Wertaufholungsgebots eine gewinnmindernde Rücklage von
vier Fünfteln des Wertaufholungsbetrags gebildet werden. Im
Einklang mit dem klaren Gesetzeswortlaut und dem eindeutig
erkennbaren Gesetzeszweck kann eine Rücklage nach § 52
Abs. 16 Satz 3 EStG 1999 allerdings nur in dem ersten nach dem
31.12.1998 endenden Wirtschaftsjahr und nur für einen Gewinn
gebildet werden, der in diesem Jahr durch die Anwendung des
Wertaufholungsgebots entsteht. Für Wertaufholungen in einem
späteren Wirtschaftsjahr sieht das Gesetz keine
Verteilungsregelung vor (ausführlich zum Ganzen Senatsurteil
vom 27.01.2016 - X R 33/13, BFH/NV 2016, 1002 = SIS 16 11 29, Rz 24
ff.). Da im Streitfall die Wertaufholung nicht im ersten nach dem
31.12.1998 endenden Wirtschaftsjahr, sondern frühestens zum
31.12.2004 vorgenommen würde, ist die Anwendung von § 52
Abs. 16 Satz 3 EStG 1999 nicht möglich.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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